Nein, Frau Müller, Entschuldigung. Sie haben gesagt, das würde alles irgendwie, also generationsgerecht, gehen und ohne Mehrkosten. Das ist nicht der Fall.
(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das hat sie nicht gesagt. – Irene Müller, DIE LINKE: Das habe ich nicht gesagt.)
Und fragen Sie die Sozialverbände! Die teilen unsere Auffassung hier in Ostdeutschland, aber sie haben selbst innerhalb ihrer Strukturen große Probleme mit den vielen, vielen Mitgliedern aus Westdeutschland. Wer denkt, dass dieses Problem einfach zu lösen ist,
(Irene Müller, DIE LINKE: Wir haben immer gesagt, die Einnahmesituation muss verbessert werden und demzufolge müssen Vorschläge gemacht werden.)
Zum Schluss würde ich Ihnen gern vorrechnen, warum ich die Einführung von Mindestlöhnen für unverzichtbar halte. Der Grundsicherungsbedarf im Alter beläuft sich im Durchschnitt auf etwa 627 Euro im Monat. Um eine gesetzliche Rente in dieser Höhe zu erhalten, muss ein versicherungspflichtig Beschäftigter brutto rund 1.450 Euro pro Monat verdient haben, und zwar 45 Jahre lang. Wenn ich 40 Stunden pro Woche zugrunde lege, komme ich auf einen Stundenlohn von etwa 8,30 Euro. Wohlgemerkt, dieser Stundenlohn von 8,30 Euro würde bei 40 Stunden über 45 Jahre erst die Grundsicherung erwirtschaften. 8,30 Euro, vor allem in den strukturschwachen Gebieten unseres Landes sind Frauen und Männer von einem solchen Stundenlohn weit entfernt. Die Zeitungen sind voll von Artikeln, die immer neue Niedrigstlöhne geißeln. Oft beantragen Arbeitnehmer zusätzlich ALG-II-Leistungen, um überhaupt über die Runden zu kommen. Und das darf nicht sein.
Wer Vollzeit arbeitet, muss so viel verdienen, dass der Staat diesen Lohn nicht noch aufstocken muss.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Irene Müller, DIE LINKE: Das ganze System ist falsch.)
Und ich möchte betonen, dass die von mir skizzierten Positionen durch den Ministerpräsidenten bereits in die bundesweite Diskussion eingebracht wurden.
(Rudolf Borchert, SPD: Sehr gut. – Irene Müller, DIE LINKE: Gute Arbeit, gute Löhne, gute Rente, so stimmt’s.)
Abschließend möchte ich einen Appell an alle Demokraten richten. Wir brauchen eine bundesweite, und ich betone, bundesweite, und das heißt eben Ost und West, parteiübergreifende Lösungen und deshalb kann ich nur eindringlich davor warnen, das Thema Rente als Wahlkampfthema zu missbrauchen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Irene Müller, DIE LINKE: Wir missbrauchen es nicht, wir benennen es.)
Wenn Sie es nicht tun, dann müssen Sie sich nicht angesprochen fühlen. Ich habe es an alle Demokraten gerichtet, weil ich bin in diesen Bundesdiskussionen, und glauben Sie es mir, Frau Müller, es wird kein leichter Weg.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch hier handelt es sich wieder um einen Dringlichkeitsantrag aus dem JanuarLandtag, der aufgrund der damaligen Ablehnung der Dringlichkeit jetzt automatisch wieder auf der Tagesordnung ist. Es ist ein Folgeantrag zum Antrag der Fraktion DIE LINKE, die gesetzliche Rente zu einer armutsfesten Alterssicherung zu entwickeln, der im Dezember vergangenen Jahres hier ebenfalls keine Mehrheit fand, ein Antrag voller schöner Worte aus der Kategorie „Wünsch dir was“ und „Mehr für alle“. Die Frage der Finanzierung beantworten Sie nicht.
(Dr. Marianne Linke, DIE LINKE: Doch, ich wünsche mir auch was. – Irene Müller, DIE LINKE: Sie müssten den Antrag bloß mal lesen.)
Auch wird mit diesem Antrag, Frau Müller, das grundgesetzlich geschützte Beitragsprinzip infrage gestellt.
Das geltende Prinzip besagt nämlich, dass sich die Rente nach der Höhe der eingezahlten Beiträge bemisst.
(Irene Müller, DIE LINKE: Eben! Und dann muss man die eingezahlten Beiträge erhöhen, dann muss man vernünftige Arbeit haben.)
Nach dem Grundgesetz muss jeder Beitragseuro gleich behandelt werden. Wer das Beitragsprinzip in der Rentenversicherung infrage stellt,
(Torsten Koplin, DIE LINKE: Machen wir ja nicht. – Irene Müller, DIE LINKE: Das machen wir gar nicht.)
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Irene Müller, DIE LINKE: Wo haben Sie denn das gelesen?)
Zudem wird verkannt, dass es schon jetzt mit der Grundsicherung im Alter gemäß SGB XII de facto eine Mindestrente gibt.
das nur durch Transfers aus dem Westen gestopft werden kann, Tendenz: weiter dramatisch ansteigend. Das Minus in der Ostrentenkasse steigt von derzeit 12,1 Milliarden Euro in diesem Jahr bereits auf 18,8 Milliarden Euro im Jahr 2022. Das ist somit ein Plus von 55 Prozent in den nächsten 15 Jahren.
Außerdem ist der gesetzliche Zuschuss aus Steuergeldern zur gesetzlichen Rentenversicherung schon jetzt der größte Einzelposten im Bundeshaushalt, 78,2 Milliarden Euro zusätzlich aus der Staatskasse. Dazu kommen die Beamtenpensionen. Damit wird mehr als ein Viertel beziehungsweise fast ein Drittel des Bundeshaushaltes in Höhe von 283 Milliarden Euro zur Finanzierung der Rente heute verwendet.
Ich kann abschließend nur feststellen, und Sie haben es ja auch gesagt, Sie eröffnen den Bundestagswahlkampf, Sie führen ihn hiermit. Ich kann hier nur feststellen, dass wir den Antrag erneut ablehnen werden. – Danke schön.
(Vincent Kokert, CDU: Liberale Wunderwaffe. – Irene Müller, DIE LINKE: Jetzt kommt die liberale Rente.)
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine lieben Kollegen! Die OECD-Studie aus dem Jahr 2007 zum Deutschen Rentensystem befürwortet den grundsätzlichen Ansatz des deutschen Systems der Altersvorsorge. Rente in Deutschland ist ein Vorsorgemix
aus umlagefinanzierter, gesetzlicher Rentenversicherung und kapitalgedeckter, betrieblicher, privater Vorsorge. Dass das Niveau der Vorsorge aus der gesetzlichen Rentenversicherung als ein Teil dieses Mixes in den nächsten Jahren deutlich zurückgeht, ist für sich genommen doch kein Grund zur Panikmache. Erst wenn es nicht gelingt, die durch die Absenkung des Nettorentenniveaus vor Steuern entstehenden Versorgungslücken durch den Ausbau der kapitalgedeckten Eigenversorgung anderweitig zu schließen, werden wir ein ernstes Problem hinsichtlich der Sicherung des Lebensstandards im Alter bekommen.
Die gesetzliche Rente reduziert sich in ihrer Funktion mehr und mehr auf eine Existenzsicherung. Wer mehr als nur Existenzsicherung will, ist gut beraten, sich beizeiten darum zu kümmern.