Protokoll der Sitzung vom 13.05.2009

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Eine Steigerung von jetzt 1.800 Gigawatt auf circa 10.000 Gigawatt unterstellt zum Beispiel, dass im Offshorebereich lediglich das zur Anrechnung gebracht wird, was bereits genehmigt ist. Allein durch die Anlagen, die bereits genehmigt sind, werden wir bis 2020 fast 7.000 Gigawattstunden haben. Das heißt, man unterstellt von vornherein, bis 2020 wird keine weitere Offshoreanlage genehmigt. Ich halte das Ziel für nicht realistisch. Positiv formuliert: Ich hoffe, dass von den Anträgen, die jetzt in der Pipeline sind, die bereits im Genehmigungsverfahren sind, noch weitere genehmigt werden. Dann werden wir locker diese 7.000 Gigawattstunden auch überschreiten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Wolfgang Griese, DIE LINKE: Völlig richtig.)

Im Onshorebereich ist es das Gleiche. Bei 1.774 liegen wir jetzt und es wird lediglich eine Verdopplung bis 2020 angenommen.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, warum so defensiv?

(Toralf Schnur, FDP: Du hast doch gar keinen Platz mehr, wo du die hinstellen kannst.)

Genau auf diesen Hinweis habe ich gewartet. Bis 2020 ist in der Gesamtstrategie ausgewiesen, wir machen das jetzt in dem Raumentwicklungsprogramm, ein Flächenzuwachs, eine Flächenausdehnung um 3.700 Hektar. Das ist neue Fläche, die zur Verfügung steht für neue Anlagen. Das ist aber nur ein Aspekt. Der zweite ist Repowering.

(Toralf Schnur, FDP: Ja, genau.)

Es gibt in der Gesamtstrategie leider kaum Aussagen zum Repowering und zu der Frage: Wie verhalten wir uns zu den neuen technischen Möglichkeiten bei Abstandsregelung und bei möglichem Wegfall, zumindest Reduzierung der Höhenbegrenzung? Repowering ist das eigentliche Zukunftspotenzial bei Windkraft. Leider findet das Thema hier in der Gesamtstrategie zumindest bisher nicht ausreichend Beachtung.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ich dachte immer, das ist ein Ergebnis der Koalitionsarbeit.)

Insofern, glaube ich, ist es absolut zielführend, noch mal die Frage zu diskutieren,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja, das können wir doch in den Ausschüssen machen.)

ob das, was wir uns bis 2020 vorgenommen haben im Bereich Windenergie, Windstrom, wirklich ausreichend ist.

Ein zweites Beispiel. Trotz guter Potenziale – Stichwort Sonneninsel Usedom und lange Sonnenscheindauer immer wieder als Werbeslogan für unser Land – sind wir zurzeit bei der Nutzung der Solarenergie auf Platz 13, wenn es um Wärmeerzeugung aus Solarthermie geht, auf dem vorletzten Platz, wenn es um Solarstromerzeugung geht. Es ist in der Gesamtstrategie überhaupt gar nicht erkennbar, warum das so ist und was man eigentlich tun müsste, um dieses zu verändern.

Zu dem Thema Fotovoltaik gibt es in der Gesamtstrategie auf Seite 75 eine halbe Seite. Ich halte dieses Thema für ausbaufähig, weil Sonne und Sonnenenergie das eigentliche langfristige Zukunftsthema ist. In Brandenburg und in Sachsen-Anhalt haben zurzeit die international – nicht nur deutschland- und europaweit – in der Welt führenden Unternehmen in der Solarbranche inzwischen ihre Unternehmungen. Sie haben Zuwachsraten auch in der Wirtschaftskrise im Bereich der Solarbranche zwischen 20 und 30 Prozent. Und ich habe den Eindruck, dass wir bei diesem Thema momentan im Land noch nicht gut genug aufgestellt sind.

(Toralf Schnur, FDP: In Sachsen ist gerade eine Firma mit 1.000 Leuten pleitegegangen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich halte es für sehr wichtig, dass wir bei den erneuerbaren Energien insbesondere die Chance für den ländlichen Raum – und das wurde bisher, glaube ich, noch nicht in ausreichendem Maße heute in der Debatte angesprochen – noch stärker begreifen und auch stärker umsetzen. Es geht um regionale Wertschöpfung durch erneuerbare Energien.

Ich hatte das große Glück, am letzten Sonnabend an einer Tagung in Güstrow teilzunehmen, organisiert von der Agentur für nachhaltige Entwicklung Güstrow zum Thema „Bioenergiedörfer in MV – Chancen für den ländlichen Raum durch Wertschöpfung und Teilhabe“. Wie gesagt, das war großes Glück. Wie es manchmal so ist, man fährt zu einem Termin und denkt, na ja, schönes Wetter, ganzer Sonnabend ist nicht so besonders erfreulich, aber als ich dann da war und erlebt habe, mit welcher Kompetenz, mit welchem Engagement sich die Referenten, vor allem die Vertreter aus den Gemeinden, sich schon längst mit dem Thema beschäftigen, die teilweise weiter sind als die Politik, wie die sich mit dem Thema auseinandergesetzt haben, das war für mich

sehr beeindruckend. Und besonders beeindruckend, meine Damen und Herren, waren für mich die Vertreter der erfolgreichen Bewerber beim Bundeswettbewerb „Bioenergieregion“. Die Vertreter der Insel Rügen und der Mecklenburgischen Seenplatte haben dort eine sehr gute Präsentation geboten

(Vincent Kokert, CDU: Genau.)

und haben deutlich gemacht, wie sie es geschafft haben, unter die besten 25 Bewerber der Bundesrepublik zu kommen, und in den nächsten drei Jahren mit 400.000 Euro gefördert werden, um ihre Netzwerke weiterzuentwickeln.

Und, meine Damen und Herren, bei dieser Veranstaltung ist noch mal deutlich geworden, dass bei diesem Thema bei aller Wertschätzung – unser Minister hat dort sehr viel Lob bekommen, zu Recht,

(Vincent Kokert, CDU: Was?!)

da sind wir uns sicherlich auch mit dem Minister einig – das Tempo nicht ausreichend ist.

(Vincent Kokert, CDU: Das ist die falsche Seite. Du musst dich dahin drehen, Rudi!)

Na, jetzt habe ich aber erst mal den Minister angesprochen.

(Toralf Schnur, FDP: Aber da ist auch einer.)

In dem Fall geht es um den ländlichen Raum.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Den Minister spreche ich auch gern an,

(Vincent Kokert, CDU: Ach so?)

wenn es zukünftig bei dem Thema um finanzielle Unterstützung geht.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Da bin ich natürlich gern mit dabei.

(Vincent Kokert, CDU: Der eine hat Ideen, der andere bezahlt sie. – Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, diejenigen, die hier im Land am Thema Bioenergiedörfer arbeiten, die vor Ort Konzepte entwickeln, denen ist relativ egal, von wem das Geld kommt. Die brauchen Unterstützung, meine Damen und Herren.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Wir reden schon seit geraumer Zeit viel über das Thema, aber es gibt de facto in Mecklenburg-Vorpommern noch kein Bioenergiedorf. Was heißt Bioenergiedorf? Das heißt, energieautark von fossilen Energieträgern zu sein und eine Gemeinde in der Größenordnung 300 bis 500, 800 Einwohner, wie auch immer,

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

komplett aus erneuerbaren Energien mit Wärme und Strom zu versorgen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Die schaffen wir doch ab. – Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Meine Damen und Herren, wir werden …

(Toralf Schnur, FDP: Bei der kleinen Strukturreform sind sie doch ganz groß dran.)

Wir werden uns bei diesem Thema neue ehrgeizige Ziele stellen müssen. Ich bin davon überzeugt, dass wir im Land Mecklenburg-Vorpommern ähnliche Potenziale haben wie das Burgenland in Österreich, wo es gelungen ist, eine ganze Region energieautark zu entwickeln. Ich bin der Meinung, dass wir hier Chancen haben, die wir in der Verantwortung dann auch nutzen müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden in den nächsten Monaten weiter an dem Thema arbeiten.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ich denke, das ist erledigt.)

Insofern sei mir gestattet, fünf Punkte anzusprechen, die aus meiner Sicht in den nächsten Monaten wichtig sind:

Erstens müssen wir in Form einer Bestandsaufnahme umfassend analysieren, viel weiter, als es in den Anlagen zur Gesamtstrategie möglich war: Was machen wir momentan bei dem Thema finanzpolitisch? Daraus werden natürlich entsprechende Konsequenzen zu ziehen sein, denn wenn ein Thema Schwerpunktthema in der Landespolitik ist, muss es sich natürlich auch in der Haushalts- und Finanzpolitik widerspiegeln.

Zweitens brauchen wir eine Überprüfung des Kommunal- und Planungsrechts.