Protokoll der Sitzung vom 13.05.2009

(Udo Pastörs, NPD: Die kommt ganz zum Schluss, die Erkenntnis.)

Um keine Missverständnisse – auch das ist mir wichtig – aufkommen zu lassen, wir wollen aus MecklenburgVorpommern heraus keine Abkehr von dem generellen Ausstieg aus der Milchquote. Für mich ist sie beschlossen und ich bedauere sehr, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, dass sich das in Ihrem Wahlprogramm wiederfindet. Ich glaube, es ist der verkehrte Weg. Wir haben klare Beschlusslagen zum Ausstieg aus der Quote, und auch gerade für Deutschland, für Mecklenburg-Vorpommern, für die Zukunft der Wettbewerbsfähigkeit der Milcherzeuger ein freies Agieren auf den Märkten zu gewährleisten, bleibt für uns oberstes Gebot.

In der derzeitigen Situation sind aber Maßnahmen, die kurzfristig Effekte bringen, unabdingbar. Ansonsten gehen gerade unsere hochmodernen Betriebe kaputt, da sie den Kapitalmarkt nicht mehr bedienen können. Hiervon sind tragischerweise besonders Betriebe betroffen, die in der Vergangenheit sehr stark investiert haben und dadurch die Sicherheit in den Betrieben nicht mehr voll in Anspruch nehmen können. Und wie die Banken darauf reagieren, wissen Sie.

Ich arbeite im Übrigen mit Hochdruck an einer Landesbürgschaft, an dem Landesbürgschaftsrahmen, und ich bin auch dem Finanzministerium dankbar,

(Udo Pastörs, NPD: Damit die Verschuldung noch höher getrieben werden kann in den Betrieben.)

dass die Bürgschaftsrichtlinie möglichst zügig vorangetrieben werden kann.

(Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Ich will an dieser Stelle ausdrücklich betonen, hier wird es dann um Betriebe gehen, die in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gesichert werden und damit auch die Fördermit

tel, die das Land Mecklenburg-Vorpommern, der Bund und die Europäische Union in die Betriebe hineingegeben haben, dass sie diese Durststrecke jetzt überstehen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Hier wird es eine sehr genaue Überprüfung geben.

Ich will, meine Damen und Herren, dann aber auch die agrarpolitische Zukunftsdebatte selbstverständlich hier ansprechen. Mecklenburg-Vorpommern ist bestimmt – und davon bin ich überzeugt –

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So lautet ja der Antrag, nicht wahr?)

einer der leistungsfähigsten Agrarstandorte in Europa und die Landesregierung ist sich der Verantwortung auch und gerade mit dem Blick nach 2013 für diesen Bereich bewusst.

Es liegt im Interesse des Landes Mecklenburg-Vorpommern, den ländlichen Raum und die Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern am bewährten europäischen Agrarmodell, nämlich das, was wir auch in den vergangenen Jahren mitgestaltet haben, nämlich die multifunktionale Landwirtschaft, festzuhalten. Unsere Landwirtschaft leistet wesentliche Beiträge zur sicheren Grundversorgung mit hochwertigen Nahrungs- und Futtermitteln, zur Erhaltung lebensfähiger ländlicher Regionen und Infrastrukturen. Sie erhält Arbeitsplätze und sichert Wertschöpfung. Auch das Thema Energie, das heute hier schon eine Rolle gespielt hat, wird zunehmend zu einer Einkommensquelle im ländlichen Raum. Sie bewahrt und gestaltet unsere Kulturlandschaft und trägt zum Umweltschutz bei. Und sie gewährleistet im hohen Maße Tier-, Natur- und Ressourcenschutz. Das bleiben auch künftig die wesentlichen, eben die vielfachen Funktionen, die die Landwirtschaft in den ländlichen Räumen zu erhalten haben.

Und deshalb, meine Damen und Herren, müssen die Landwirte auch von ihrer Arbeit leben können. Die Formel, mit der wir in die Verhandlungen gehen, die im Übrigen längst laufen, lautet also: Einkommenssicherung durch Absatz der Erzeugnisse am Markt plus Vergütung der Leistungen für die Gesellschaft, nämlich die Punkte, die ich eben angedeutet habe.

Es gilt, beide Faktoren neu zu bewerten. Ich betone das noch mal, es gilt, diese beiden Faktoren neu zu bewerten. Ich bin der festen Überzeugung, dass auch nach 2013 ein hohes Maß an gesellschaftlicher Transferleistung an die Landwirtschaft erforderlich ist, weil wir in Europa eben hohe soziale Standards, hohe ökologische Standards haben und weil wir auch in einer Kulturlandschaft weiterhin leben wollen, die gerade auch für Europa von besonderer Bedeutung ist.

Doch es wird umso stabiler und sicherer sein, je besser die Menschen in Europa diese Leistungen ihrer Landwirtschaft und ihrer ländlichen Regionen vor Ort nachvollziehen können. Die neuen Herausforderungen wie Klimawandel, Ressourcenschutz, demografischer Wandel, Fachkräftemangel und biologisch-technischer Fortschritt – im Übrigen auch ein ganz außerordentlich wichtiges Thema in den letzten Tagen wieder in MecklenburgVorpommern – stehen ebenso für mich auf der Agenda wie veränderte Rahmenbedingungen durch sinkende öffentliche Mittel, volatile Märkte oder auch steigende Nachfrage nach Agrarprodukten weltweit, worin wir uns auch in diesem Bereich profilieren wollen.

Wie sich Europa diesen Entwicklungen stellen soll und wie die gemeinsame Agrarpolitik für die ländlichen Räume und die Landwirtschaft langfristig ausgerichtet werden muss, dazu gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen der europäischen Mitgliedsstaaten.

Die tschechische Ratspräsidentschaft hat alle Mitgliedsstaaten im Übrigen aufgefordert, bis Ende Mai – und wir haben nicht mehr viel Zeit – anhand eines Fragenkataloges ihre nationalen Positionen zur Weiterentwicklung der gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013 darzustellen. Ziel der Präsidentschaft ist es, auf der Basis der Diskussion beim informellen Agrarrat vom 31.05. bis 01.06. in Brünn im darauf folgenden Agrarrat Ende Juni Schlussfolgerungen des Rates zur Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik und der ländlichen Entwicklung zu verabschieden. Deswegen, glaube ich, ist es richtig, dass wir diese Diskussion hier und heute führen.

Meine Position zur Weiterentwicklung der gemeinsamen Agrarpolitik in Europa will ich damit in sechs Thesen wie folgt benennen:

1. Eine vollständige oder teilweise Renationalisierung der Agrarpolitik kann nicht im Sinne des europäischen Gedankens sein. Nur eine zukunftsfähige, gemeinsame Agrarpolitik unter der Weiterentwicklung des agrarpolitischen Instrumentariums stärkt die Wettbewerbsposition der Landwirte und der ländlichen Räume.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist ein Hetzen aller Länder gegeneinander um den besten Preis.)

2. Die europäische Agrarpolitik wird umso zukunftssicherer, je besser es gelingt, sie von einer stark sektoral geprägten – so war es in der Vergangenheit und das, was Sie wiederhaben wollen –

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

zu einer Regionalpolitik für die integrierte Politik der ländlichen Räume umzugestalten.

(Udo Pastörs, NPD: Aber ob das angepasst wird?)

Hier sind wir auf einem sehr, sehr guten Weg und das bewahrheitet sich auch.

(Udo Pastörs, NPD: Und die ländlichen Räume? – Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Dabei ist die Flankierung der Strukturentwicklung der europäischen Landwirtschaft weiter erforderlich. Diese muss sich selbst jedoch noch stärker als Teil der Entwicklung der ländlichen Räume verstehen. Hier hat die Landwirtschaft auch einen wichtigen Beitrag zu leisten.

3. Es sollte nach 2013 aus unserer Überzeugung heraus zwei Säulen der gemeinsamen Agrarpolitik geben. Dabei ist es wichtig, entkoppelte Direktzahlungen als flächenbezogene Grundvergütung auf angemessenem Niveau zu halten, um damit auch diese gemeinwohlorientierten Leistungen in die Betriebe und in die ländlichen Räume zu transferieren. Die Angemessenheit begründet sich auf der Basis berechenbarer Leistungen, also Arbeit, Wertschöpfung, das heißt, ökonomische, ökologische und auch die sozialen Komponenten sind hier mit einzubeziehen, weil wir eben deutlich höhere Standards in Europa als im Vergleich zu anderen Regionen haben. Ich glaube auch, inhaltlich parallele Förderansätze von Maßnah

men, insbesondere was die zweite Säule anbetrifft, die ländliche Entwicklung, sind hiervon weiter auszurichten.

4. Langfristig sollte eine Vereinheitlichung des Direktzahlungsniveaus in Europa auf regionaler und nationaler Ebene angestrebt werden. Uns ist jeder Hektar gleich viel wert. Die Begründung hierfür liegt insbesondere in der sogenannten Entkopplung von den Tierprämien, den Quoten und Lieferrechten. Somit sind die Zahlungen quasi ein Basisausgleich für die Einhaltung von Umwelt-, Verbraucher- und letzten Endes auch Tierschutzstandards. Das heißt, Ökonomie, Ökologie und soziale Verantwortung werden damit ineinander verknüpft.

(Udo Pastörs, NPD: Wird damit gekauft. Das ist die Logik.)

5. In dem Maße, wie es der europäischen Landwirtschaft gelingt, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, erscheinen auch aus agrarstruktureller, ökonomischer und ökologischer Sicht Perspektiven der geringeren Direktzahlungen vereinbar mit dem, was wir vorschlagen. Es bedarf einer nachvollziehbaren, von der Gesellschaft akzeptierten Legitimierung für die Höhe der Verteilung der Direktzahlungen. Eben kein Weg führt an einem klaren Leistungsbezug, an Kriterien der Zukunft, die ich hier genannt habe, vorbei.

6. Die heutige zweite Säule sollte als Instrument der integrierten ländlichen Entwicklung weiter ausgebaut und finanziell gestärkt werden. Die Modulation ist im Übrigen dafür kein geeignetes Instrument. Es sollte vielmehr von vornherein eine sachgerechte Aufteilung der Mittel in den beiden Säulen erfolgen.

(Ute Schildt, SPD: Richtig.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in den kommenden Wochen und Monaten werden die Dynamik und die Intensität im Rahmen der agrarpolitischen Diskussionen deutlich zunehmen. Spätestens dann, wenn die neue EU-Kommission ihre Arbeit aufnimmt und über die finanzielle Vorausschau 2014 im EU-Parlament diskutiert wird, müssen die Eckwerte für die Weiterentwicklung der europäischen Agrarpolitik und der ländlichen Räume stehen. Und deswegen arbeiten wir wirklich sehr, sehr intensiv in den Arbeitsgruppen an diesem Thema.

Mecklenburg-Vorpommern wird sich sowohl im nationalen als auch im internationalen Kontext sehr intensiv in diese Diskussionen einbringen,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist ja völlig überraschend.)

und ich hoffe, Sie haben vernommen, dass wir das jetzt schon tun. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Danke, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Professor Tack von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag hat mich etwas überrascht, weil Sie vor einem Monat unseren Antrag zum Konjunkturprogramm hier abgelehnt haben.

Wenn meine Fraktion diesen Antrag hier heute so eingebracht hätte, wie er von Ihnen hier vorliegt, hätten Sie sich mit einer langen Liste von Aktivitäten an das Pult gestellt, um zu sagen, dass bereits alles bestens läuft, alles fast schon fertig ist und dass es sowieso viel besser gemacht würde, als wenn die LINKE es beantragen würde.

(Regine Lück, DIE LINKE: Typisch.)

Aber man könnte dem Text und der Diktion dieses Antrages auch die Sorge entnehmen, Sorge darüber, dass die Landesregierung, speziell das Agrarministerium, einer wesentlichen Entscheidung der EU weiter mit der Landwirtschaft nach 2013 unvorbereitet entgegengehen würde. Da habe ich doch ein wesentlich höheres Vertrauen in das Ministerium.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Na, sicher ist sicher. Sie müssen dem Minister schon sagen, was er machen soll.)

Ich konnte mir auch nicht vorstellen – und Herr Minister Dr. Backhaus hat eben darüber gesprochen –, dass er auf der Magdeburger Agrarministerkonferenz zu dem entsprechenden Tagesordnungspunkt und den dort behandelten Ergebnissen der Konsultationen zum EUHaushalt nach 2013 ohne eigene Vorstellungen gewesen wäre.

Ich erinnere auch an das Papier „Land der Zukunft“, das wir vor zwei Jahren ausführlich diskutiert haben. Vielleicht hat Sie aber auch aufgeschreckt, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, dass die Bayerische Staatsregierung schon in der vergangenen Woche in Passau mit dem österreichischen Nachbarn über ihre diesbezüglichen Vorstellungen konferiert hat.