Protokoll der Sitzung vom 14.05.2009

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

das wirkt manchmal schon ein bisschen komisch.

(Sebastian Ratjen, FDP: Es ist schon lange nicht mehr komisch, was mit dem Mittelstand passiert.)

Wissen Sie, Sie haben mich gerade gefragt und ich will die Antwort auch geben. Ich soll Ihnen jetzt beweisen, warum wir diese Maßnahmen nicht brauchen würden. Sie vermuten da etwas, was ich gar nicht tun will. Ich will Ihnen nur sagen: 90 Prozent der Dinge, die Sie hier aufgezählt haben, 95 würde ich eher sagen, machen wir bereits.

(Udo Pastörs, NPD: Jawohl. – Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Herr Roolf, darauf komme ich gleich.

Die machen wir bereits. Da nützt es nun wirklich nichts, hier irgendwie das Wort „Mittelstand“ hundertmal, wenn es geht, zu erwähnen, damit es irgendwann mal einer glaubt. Also das bringt nichts. Wirklich, das sollten wir uns auch gegenseitig nicht antun. Insofern hätte ich mir ja fast aufgeschrieben, dass ich das als eine persönliche Beleidigung auffassen muss, mir vorzuwerfen, dass ich mich nicht mit dem Mittelstand hier auseinandersetzen würde, mich nicht für ihn einsetze, aber das lassen wir jetzt mal. Ich denke, über die allgemeine These, dass der Mittelstand das Fundament der Wirtschaft in Deutschland darstellt, muss man sich jetzt gar nicht mehr unterhalten.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Das betonen alle.

Ich will jetzt mal sagen, was wir tun, damit man das auch ein bisschen konkreter macht und nicht irgendwelche Dinge nur in den Raum stellt, die aber so überhaupt nicht das Thema treffen. Ich will Ihnen sagen:

Erstens. Ich nehme mal das Thema „Gemeinschaftsaufgabe zur Förderung der regionalen Infrastruktur“.

(Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Da muss ich jetzt auch andere Minister mit in Anspruch nehmen, denn von 1990 bis heute sind es in der Gemein

schaftsaufgabe 54 Prozent aller Förderfälle, und das waren immerhin 5.010, die ganz konkret für den Mittelstand am Ende Förderung zur Folge hatten mit einem Zuschussvolumen – gut zuhören – von 1,6 Milliarden Euro.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Das hat ungefähr ein Investitionsvolumen ausgemacht, so ganz genau kann man es nicht sagen, aber so bei 6 Milliarden. Ich finde, das sind schon ganz nennenswerte Zahlen, wenn man die mal hier erwähnen darf.

Zweitens. Ich nehme aktuell die Situation des Mittelstandes. Wir haben bei all dem, was wir tun, immer den Mittelstand im Auge. Und wenn Sie mich jetzt hier bei den Werften annehmen, dann sind es auch dort die Zulieferer, die wir ganz besonders im Auge haben, die im Übrigen uns auch sagen, dass wir dort tätig werden sollen.

Die Hotline hatte ich schon mehrfach erwähnt, man muss es immer wiederholen. Das wollte ich eigentlich gar nicht, aber Sie fordern mich ja dazu heraus. Das ist nur Mittelstand, das sind die ganz Kleinen, das sind die Unternehmen mit zehn Beschäftigten, die sich bei uns melden, mit denen wir uns auch nicht nur am Telefon unterhalten, sondern wo wir auch hinfahren und versuchen zu helfen, was nicht immer möglich ist, das muss ich allerdings sagen.

Das dritte Beispiel, die Zusammenarbeit mit dem Handwerk. Sie sind mit mir sicherlich einer Meinung, dass das Handwerk ein ganz großer Teil des Mittelstands hier in Mecklenburg-Vorpommern ist – immerhin 100.000 Arbeitsplätze und 52.000/53.000 Unternehmen, so ungefähr liegt die Größenordnung. Und – das wissen Sie aber auch, es ist schon komisch, dass man das alles wieder erzählen muss – wir haben gerade die große Kampagne, die Meisterkampagne, aus unserem Ministerium gefördert, die das Handwerk bei uns im Lande in die Lage versetzt hat, im Hinblick auf die Unterstützung des Meistergedankens deutschlandweit Maßstäbe zu setzen, sagen wir es mal so, um junge Leute zu begeistern, sich auch einer Meisterausbildung zuzuwenden. Wir beide waren gemeinsam bei der Veranstaltung der Jungmeister, wo 120 junge Leute ihre Meisterprüfung bekamen, voller Stolz. Es ist für mich eine angenehme Geschichte und Sie werden mich selten erwischen, dass ich einen solchen Termin nicht wahrnehme. Da muss schon etwas ganz Schlimmes passieren, wenn ich dort nicht hingehe. Also da sind wir dabei. Wir unterstützen das Handwerk natürlich bei der Ausbildung, bei der Verbundausbildung, bei der überbetrieblichen Lehrunterweisung. Das sind die Dinge, die unmittelbar dort eine Rolle spielen.

Und nun kommt der Mittelstandsbeirat. Nun haben Sie gemerkt, dass Sie beim Aufschreiben, das ist wahrscheinlich ein bisschen schnell geschehen,

(Udo Pastörs, NPD: Tja.)

der Themen, die Sie dort genommen haben, einfach übersehen haben, dass wir seit zweieinhalb Jahren einen Mittelstandsbeirat bei uns im Ministerium haben – hätten Sie die Koalitionsvereinbarung richtig gelesen, dann wüssten Sie es auch –, mit dem wir inzwischen sechsmal getagt haben. Und wenn Sie nun sagen, der ist so unbedeutend, dass man von ihm nichts hört, dann werde ich das natürlich so eins zu eins den Mitgliedern übermitteln. Das sind immerhin 18 gestandene Unternehmerinnen und Unternehmer aus Mecklenburg-Vorpommern.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist überhaupt nicht lustig, Herr Roolf.)

Das finde ich schon ein bisschen traurig, wenn man sich so abwertend hier äußert.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Das sollte man wirklich nicht machen.

Ich kann nur sagen, ich arbeite mit diesem Beirat sehr gut zusammen. Wir haben jetzt auch eine Sondersitzung durchgeführt zum Thema Krisenbewältigung. Da kam auch der Vorschlag, einen Konjunkturrat zu berufen. Im Übrigen war das jetzt der Versuch einer Kurve, dass man also irgendwo mal sagen musste und dann versucht, Konjunkturrat und Mittelstandsbeirat zusammenzulegen. Beides sind sehr unterschiedliche Gremien. Insofern will ich nur deutlich machen, dass wir hier sehr erfolgreich zusammenarbeiten. Alle Fragen, die wir hatten, Schulgesetz, Vergabepraxis, Betriebsnachfolge, das sind Themen, wo mir gerade der Mittelstandsbeirat sehr wichtige Hinweise für die laufende Arbeit gegeben hat. Und genau das ist ein Beratungsgremium, wo wir nicht unbedingt darauf Wert legen, dass nach der Sitzung eine Pressekonferenz durchgeführt wird. Wir haben das auch nicht nötig, muss ich ganz ehrlich sagen, weil es da um die laufende Arbeit im Wirtschaftsministerium geht. Insofern werde ich auch diese Praxis so weiter fortführen.

Beim Thema Bürokratieabbau wünschte ich mir mehr, das ist wohl richtig. Ich will zumindest hier erwähnen, dass wir bei uns die interministerielle Arbeitsgruppe „Bürokratieabbau und Deregulierung“ haben. Das Innenministerium ist hier federführend. Ihre Forderungen nach Einführung einer Mittelstandsverträglichkeitsprüfung bei behördlichen Vorgängen sind, wenn man es sich mal in der Sache anschaut, dort erfüllt. Das wird nämlich genau gemacht. Mit den neuen Richtlinien im Hinblick auf die gemeinsame Geschäftsordnung, also die sogenannte GGO 2, ist genau dies dort geregelt. Wenn vielleicht der Name dort nicht fällt, ja, dann sehen Sie es einfach nach. Aber genau das, was eine solche Prüfung zum Inhalt hat, wird dort auch getan.

Sie haben angesprochen das Thema Berichterstattung. Da haben Sie auch wieder übersehen, dass es natürlich Jahresberichte, Jahreswirtschaftsberichte gibt, die wir alle zwei Jahre auflegen, die wir alle zwei Jahre erarbeiten, und, ich glaube, auch in recht ordentlicher Qualität, wenn ich das mal in aller Bescheidenheit sagen darf. Diese Berichte sind an sich natürlich schon Mittelstandsberichte, weil sie schlichtweg auf der Basis der durchschnittlichen Unternehmensgrößen in MecklenburgVorpommern ihre Grundlage finden und damit – wie gesagt – vom Mittelstand absolut geprägt sind.

Wir haben trotzdem noch eine Forderung aus dem Gesetz, dem wir natürlich nachkommen müssen, und zwar jeweils zum Ende der Legislaturperiode einen gesonderten Mittelstandsbericht herauszugeben. Darüber könnten wir erst mal diskutieren. Ich denke, wir wollen doch alle Entbürokratisierung. Ob man das vielleicht wirklich so machen muss, wäre vielleicht ein konkretes Ergebnis dieser Sitzung. Ich würde einfach vorschlagen, wir machen die normalen Jahreswirtschaftsberichte mit meinetwegen noch einem Anhang, der sich dann in besonderer Weise auf den Mittelstand bezieht, wobei mir das schon schwerfällt, weil ich da nicht weiß, wie man sich abgrenzen soll.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Eben.)

Aber dass wir da noch mal extra einen Mittelstandsbericht machen sollen, ist eigentlich in der Sache schon fast überflüssig.

(Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

Insofern, Herr Roolf, ist das wirklich so ein bisschen das Thema „Hase und Igel“ jetzt, das sollten wir uns einfach nicht länger antun. Ich gehe davon aus, dass Mittelstandspolitik in meinem Ministerium wirklich gut aufgehoben ist. Das werde ich auch so weiter halten. Wenn es dazu konkrete Hinweise gibt, dann bitte konkret sagen, an welcher Stelle etwas verändert werden soll. Ich will nicht den Anspruch hier erheben, alles zu wissen, alles zu können und alles richtig zu machen, keine Frage. Aber so zu tun, als ob der Mittelstand sozusagen bei uns Bittsteller wäre im Hause, das ist nun wirklich falsch. Insofern bleibe ich da bei meiner Linie: Wir arbeiten gut mit dem Mittelstand des Landes Mecklenburg-Vorpommern zusammen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schulte von der Fraktion der SPD.

Habe ich noch gar nicht mit gerechnet.

(Zurufe von Helmut Holter, DIE LINKE, und Udo Pastörs, NPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kollege Roolf! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielleicht mal vorab ein Satz: Es mag tatsächlich Leute geben, Sie hatten das eben ausgeführt, die wirklich glauben, dass der Mittelstand auf die FDP angewiesen ist. Aber, Herr Kollege Roolf, das sind dann wahrscheinlich auch die gleichen Leute, die immer noch glauben, dass Gott die Erde in sieben Tagen erschaffen hat und dann wahrscheinlich auch gleich inklusive der FDP.

Ihr Antrag beschäftigt sich, zumindest laut Überschrift, mit einem Mittelstandspaket für Mecklenburg-Vorpommern. Das ist eine gute Idee. Wenn ich mir Ihre Begründung zum Antrag durchlese: „Das ,Mittelstandspaket‘ zeichnet sich dadurch aus, dass es förderliche Deregulierungsansätze, fiskalische Förderung und gesetzliche Regelungen zum Wohle des Mittelstandes vereint.“ Und es heißt weiter: „Jede der Einzelmaßnahmen des Paketes kann ein ganz spezielles Problem angehen und lösen.“ Und dann gucke ich mir den Antrag an und suche dementsprechend jede einzelne Maßnahme, die in diesem Mittelstandspaket enthalten sein soll, und finde keine einzige. Denn was steht da? Da steht, dass das Mittelstandsfördergesetz überarbeitet werden soll. Das mögen wir ja sogar vielleicht für sinnvoll halten. Da gibt es sicherlich Regelungen, die dringend überarbeitungsbedürftig sind.

Aber, Herr Kollege Roolf, da wäre es doch relativ einfach: Sie als Fraktion haben die Möglichkeit, hier in diesem Hause einen Antrag zu stellen oder einen Gesetzentwurf einzubringen, wo das Mittelstandsfördergesetz novelliert wird. Und dann diskutieren wir hier an dieser Stelle über Ihre Vorschläge, über die sinnvollen, über die weniger sinnvollen, und dann kann man die im Einzelnen bewerten. Aber sich hier hinzustellen und zu sagen, wir wollen, dass das Gesetz überarbeitet wird, und nicht mal ansatzweise, auch nicht in dem Redebeitrag zu benen

nen, in welche Richtung Sie das dann geändert haben wollen, das ist schon wirklich ein Hammer.

Und dann geht es weiter: „Die konkrete Benennung des beabsichtigten Abbaus von Bürokratiehemmnissen.“ Wir sind, glaube ich, einer Meinung, dass gerade für die kleineren Unternehmen hier im Land Bürokratie tatsächlich ein Hemmnis sein kann. Aber dann will ich Ihnen mal ein ganz konkretes Beispiel nennen, wie schwierig es im Einzelfall sein kann, Bürokratieabbau und damit Abbau von Hemmnissen für die einheimische Wirtschaft zu machen. Da hat das Wirtschaftsministerium gemeinsam mit den Überlegungen in den Koalitionsfraktionen gesagt, wir wollen den Wertgrenzenerlass erhöhen. In dieser speziellen Situation wollen wir Bürokratie abbauen, damit schneller öffentliche Aufträge vergeben werden können. Und das Erste, was der Verband der Unternehmerverbände in MecklenburgVorpommern dazu sagte, ist: Das wollen wir gar nicht, das mindert die Transparenz. Da wird nur deutlich, wie schwierig es ist zu sagen, was ist tatsächlich ein Hindernis, was ist hemmend und was ist sinnvoll. Aber auch da der Ratschlag an dieser Stelle: Werden Sie konkret, dann kann man über konkrete Dinge sprechen.

Dann ist da der Vorschlag zur Schaffung eines Mittelstandsbeauftragten. Da hatte ich ja nun schon gedacht, jetzt kommt er hier tatsächlich mit dem Parlamentarischen Staatssekretär, aber selbst da haben Sie dann ja wieder zurückgezogen. Ich meine, es ist vernünftig, dass Sie zurückgezogen haben. Wir haben im Wirtschaftsministerium schon zwei Staatssekretäre. Ob denn noch ein dritter dazukommen sollte –

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Das ist die größte Verwaltungsreform.)

da sind wir ja einer Meinung –, das wäre dann wirklich überflüssig. Aber damit ist auch der Vorschlag weg.

Dann bleibt es bei den Mittelständen beim Wirtschaftsbericht. Da muss ich jetzt nicht das wiederholen, was Herr Minister Seidel eben vorgetragen hat. Die Vorschläge zur Einführung einer Mittelstandsverträglichkeitsprüfung bei behördlichen Vorgängen, Herr Kollege Roolf, wenn man auf der einen Seite Bürokratie abbauen möchte, und da erinnere ich jetzt nur mal daran, was derzeit auf Bundesebene gemacht wird: Für jeden Gesetzentwurf, der auf Bürokratiehindernisse und entsprechende Verträglichkeit geprüft werden soll, bevor er ins weitere Verfahren geht, ist extra ein Riesengremium geschaffen worden. Ich glaube, die FDP hat das auf Bundesebene auch kritisiert, wenn ich das richtig im Kopf habe. Da bin ich mit Ihnen d’accord. Aber nun kommen Sie mir doch hier nicht im Land an und sagen, wir wollen das oder Ähnliches hier auf Landesebene haben.

Herr Kollege Roolf, Mittelstandsförderung, von mir aus sogar ein Mittelstandspaket, darüber können wir diskutieren. Ich glaube, das haben wir gestern gezeigt. Ich habe es gezeigt, ich habe es heute Vormittag an dieser Stelle auch gezeigt, da sind viele Punkte, wo man vielleicht sogar einen gemeinsamen Nenner findet. Aber, Herr Kollege Roolf, dann tun Sie uns einen Gefallen, tun Sie sich auch selber den Gefallen, denn ich glaube nicht, dass Sie nachher den Eindruck erwecken wollen, dass Sie tatsächlich hier nur für den Wahlkampf die Redebeiträge führen, tun Sie uns allen den Gefallen und kommen Sie mit konkreten Vorschlägen, mit vernünftigen Vorschlägen. Sie wissen – Sie kennen mich, glaube ich, inzwischen gut genug, Sie kennen Herrn Minister Seidel

gut genug, ich nehme das jetzt auch mal für den Kollegen Holter in Anspruch –, dass die zumindest immer ernsthaft diskutiert werden. Wir werden den Antrag ablehnen. – Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)