Protokoll der Sitzung vom 14.05.2009

Sie wollen, schreiben Sie, ein ganzheitliches Konzept, aber wenn man genau hinschaut, geht es bei Ihnen eigentlich um die Einbäume, und das ist aus unserer Sicht zu kurz gesprungen.

(Hans Kreher, FDP: Das haben Sie jetzt aber irgendwie anders gehört. Es ging nicht nur um die Einbäume.)

Ich komme noch mal darauf. Ich halte mich jetzt sehr am Text dessen, was bis zum Zeitpunkt Ihrer Einbringungsrede vorlag. Sie erläutern, was Sie unter – das machen Sie ja im Beschlusstext noch –, wissenschaftlicher Aufarbeitung, archäologischer Sicherung und so weiter verstehen. Dann verliert sich aber die Spur im Nebulösen und es bleibt bei der Begrifflichkeit „Optimierungsbedarf“. Und das ist für eine inhaltliche Bestimmung eines Konzepts ganz einfach zu wenig. Das ist der eine Grund, warum wir Ihrem Antrag nicht folgen wollen.

Zweitens, zweiter Punkt, der für uns wichtig ist: Inhalte. Da bin ich der Meinung, dass, wenn es um Inhalte geht, der Antrag unzureichend ist. Zum einen geht es Ihnen, schreiben Sie, um archäologische Funde, dann wieder um Kulturgüter. Wenn wir über Kulturgüter reden, dann müssen wir, um beim Ganzheitlichen zu bleiben, selbstverständlich über Archivgut sprechen, wir müssen über kirchliches Kulturgut sprechen, wir müssen auch über Baudenkmale sprechen, über Kultur am Bau, das den Bach runtergeht, wenn zuweilen Eigentümer wechseln. Das ist im Übrigen eine spannende Frage, die wir uns auch noch mal im Bildungsausschuss vornehmen sollten,

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

den Erhalt von Kultur am Bau in unserem Land angesichts der baulichen Veränderungen, die es selbstverständlich immer geben wird.

Und der dritte Punkt, Herr Kreher, weil die FDP aus meiner Sicht an vielen Stellen in dieser Landtagssitzung sehr ideologisch daherkam, das ist auch in Ordnung so, aber dann müssen wir uns natürlich auch über ein paar Sachen unterhalten. Sie haben an mehreren Stellen bei der Begründung Ihrer Anträge gesagt, der Staat soll weniger Steuern erheben. Und in diesem Antrag geht es aber darum, Geld in die Hand zu nehmen, es geht um mehr Geld. Und nun habe ich mir angeguckt, weil wir das gestern ja in der Debatte hatten, was sind denn so die Forderungen der Liberalen. Da gibt es auf Bundesebene das Steuersparbuch, Sie sehen Einsparmöglichkeiten von 10 Milliarden Euro, Sie sagen zugunsten der Bevölkerung oder der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und zulasten des Staatssäckels. 10 Milliarden Euro weniger Einnahmen insgesamt hieße dann, Frau Ministerin, glaube ich, beim Umrechnungsfaktor etwa 250 Millionen Euro für das Land, für die Kommunen und das Land insgesamt weniger. Wenn das so ist, dann müssen wir uns natürlich darüber unterhalten, wo das dann abgeknapst werden soll.

Nun hatten wir gestern zum Beispiel über Jugend ämter gesprochen und Jugendhilfe, also da soll es nicht weggenommen werden, da brauchen wir was. Das war ein Antrag von Ihnen gestern. Dann haben wir über Naturparke gesprochen und die Herausforderungen, die da vor uns stehen. Da brauchen wir mehr Geld, also um weniger geht es da auch nicht. Und hier brauchen wir als öffentliche Hand ebenfalls wieder Geld. Dass Geld in die Hand genommen wurde, ist bekannt gegeben worden, für 10 Jahre 35 Millionen Euro, gestreckt. Wir werden in den Haushaltsberatungen darüber noch sprechen müssen, aber wir haben hier eine Situation, die kann ich nicht anders bezeichnen denn als politische Scharlatanerie. Wenn ich einerseits sage, dem Staat entziehe ich die Ressourcen, und verlange dann, dass der Staat als Ausfallbürge für Situationen einstehen muss, die als Herausforderungen vor uns stehen, passt das nicht zusammen. Insofern halten wir den Antrag für unzulänglich und werden ihn ablehnen. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Herr Koplin.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Dr. Körner, bitte schön, Herr Abgeordneter.

(Der Abgeordnete Dr. Klaus-Michael Körner bringt zwei Aktenordner mit ans Rednerpult. – Vincent Kokert, CDU: Und das haben Sie alles gelesen?)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Verehrter Kollege Kreher, die Sinnhaftigkeit des Antrages, den Sie hier und heute vorlegen, erschließt sich mir leider nicht, obwohl ich mich darum bemüht habe. Sie fordern...

(Hans Kreher, FDP: Das kann ich mir nicht so vorstellen. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Das ist nur umso schlimmer für Sie, wenn Sie sich das vorstellen können, dass es nicht sinnhaft ist.

Sie fordern ein Konzept, ein archäologisches Konzept, und Sie sind doch wie Kollege Vierkant und wie ich Mitglied im Bildungsausschuss. Im Bildungsausschuss haben wir vor sechs Wochen das Angebot gekriegt, dass wir umfängliche Materialien der Landesregierung einmal beim Ausschusssekretariat abrufen können. Die SPD stellte daraufhin den Antrag, dass wir für unsere Fraktion in Anspruch nehmen, dass wir diese beiden dicken Ordner für unsere Fraktion selbst haben wollen. Daraufhin sagten die anderen dann, wir auch. Hier sind diese beiden Ordner.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Gib die nicht weg!)

Auf dem ersten steht: Standortentwicklungskonzeption für das Landesamt für Denkmalpflege, Band I. Auf dem zweiten steht: Standortentwicklungskonzeption für das Landesamt für Denkmalpflege, Band II. Konzeption!

Was fordern Sie eigentlich mit Ihrem Antrag? Entweder – muss ich jetzt fragen – haben Sie diese beiden Ordner, die auf Wunsch jede Fraktion gekriegt hat, damals im Ausschuss nicht abgefordert

(Hans Kreher, FDP: Wir haben sie.)

oder Sie haben sie abgefordert

(Vincent Kokert, CDU: Aber nicht gelesen.)

und haben sie noch nicht gelesen.

(Vincent Kokert, CDU: Genau.)

Nun sind sie auch etwas dick. Insofern spreche ich Ihnen die Sinnhaftigkeit Ihres Antrages hier ab. Und wenn Sie das infrage stellen, dann richtet sich diese Frage eigentlich gegen Sie selbst. Nach meiner Einschätzung ist es nicht das erste Mal, dass Sie hier mit Anträgen kommen, die nach meiner Auffassung zumindest nicht so ganz durchgearbeitet sind.

(Udo Timm, CDU: Wie im Schloss Bothmer.)

In der letzten Landtagssitzung war es so gewesen, dass der Theaterintendant Bordel ein Konzept aus seiner Sicht für die Theaterzukunft vorgelegt hat, und just wenige Tage später finden wir einen Antrag, der dieses Konzept Bordels sozusagen als Entwicklungskonzept des Landes darlegt, bloß Ihr Antrag war wieder mal einfach schlechter als das, was Herr Bordel gemacht hat. Ich habe das bei der letzten Landtagssitzung gesagt und es hat Sie nicht erfreut. Nun ist es wieder eine vergleichbare Situation. Ich zweifle mittlerweile nicht nur die Sinnhaftigkeit Ihrer Anträge an, sondern auch die Ernsthaftigkeit. Das tut mir leid. Es geht um eine wichtige Sache. Außerdem ist der Ort, wo die Konzeption erörtert wird, längst eröffnet. Das ist der Ausschuss. Sie hätten alles das, was Sie an Wünschen, Vorschlägen, Änderungen haben wollen, im Ausschuss einbringen können. Dann wäre es sofort ins Verfahren gegangen. Hier machen Sie etwas völlig Neues auf, tun so, als wenn Sie den Stein der Weisen entdeckt haben, und im Ausschuss bringen Sie sich an diesem Punkt in dieser Form nicht ein. Das tut mir leid und ich hoffe und wünsche, dass sich das ändert. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Dr. Körner.

Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich kurz zu den beiden Aktenordnern etwas sagen. Es gibt ja hier eine Ordnung des Hauses, dass sozusagen Gegenstände, Demonstrationsmittel oder Ähnliches nicht mit nach vorne gebracht werden können.

(Heinz Müller, SPD: Aber „Blaue Wunder“.)

In diesem Fall handelte es sich hier ja um offizielle Ausschussdrucksachen, die etwas dicker waren. Von daher ist das zulässig.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Jörg Vierkant, CDU: Genau.)

Aber es hätte ja die Frage kommen können, warum darf der eine etwas nach vorne nehmen und der andere nicht. Also deswegen noch mal die sachliche Darstellung dieser beiden Aktenordner, die in der Tat ja etwas umfänglich sind.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Borrmann. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Abgeordnete des Landtags! Bürger des Landes! Die FDP fordert vom Landtag eine Konzeption zur archäo

logischen Sicherung. Die FDP sagt, Zitat: „Zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Kulturgüter gehören unter anderem, die fach- und sachgerechte Konservierung und zeitnahe Untersuchung von archäologischen Funden sowie deren zeitnahe Aufarbeitung für museale Zwecke.“

Dies ist dann etwa so, als fordere sie, ein Koch solle kochen und ein Bäcker Brot und Kuchen backen. Doch vielleicht ist in einem Land, in dem Till Backhaus öffentlich erklärt, er wolle sich dafür einsetzen, dass Küstenfischer wieder fischen dürfen, nichts mehr normal. Ist es nicht eine Plattheit, dass zur Sicherung der Kulturgüter die optimale Einbindung von zentralen Kräften des archäologischen Landesamtes gehört? Hatte nicht auch Noah, als er seine Arche baute, Experten zurate gezogen, wie man Tiere zu füttern und zu pflegen habe? Warum ist es zum Totalverlust der besonders wertvollen Einbäume aus der Steinzeit gekommen?

Auf diese Fragen geben die Liberalen keine Antwort, ja, sie stellen sie nicht einmal – sagte Herr Kreher ja explizit. Sie wollen sofort mit Maßnahmen beginnen, um die akute Gefährdung von Kulturgütern im Land schnellstmöglich zu beseitigen. Sie handeln wie kopflose Feuerwehrmänner, die unbedingt löschen wollen, aber nicht wissen, wo es brennt. Wir haben doch Fachkräfte des archäologischen Landesamtes und regionale Experten vor Ort, oder? Es gibt doch anerkannte Verfahren und auch Vorrichtungen im Land, mit denen eine fach- und sachgerechte Konservierung vorgenommen werden kann, oder? Das Land verfügt doch über Menschen, die sich auf Konzeptionen für museale Vorstellungen verstehen, oder? Warum ist es dann trotz der Gegebenheiten zum Totalverlust der besonders wertvollen Einbäume aus der Steinzeit gekommen? Für die FDP machen die Vorkommnisse deutlich, Zitat, „dass sowohl in der personellen als auch in der konzeptionellen Strategie deutlicher Optimierungsbedarf besteht“. Was für eine Farce, Herr Kreher!

Wir Nationaldemokraten sehen radikalere Ursachen. Die kulturelle Misere im Land ist nicht nur Teil einer Gesamtkrise des politischen Systems, in dem die qualifizierten Verantwortungsträger versagt haben, Öffentlichkeit verhindert wurde und Missstände durch Eitelkeit und Machtgeilheit verhindert wurden. Wir Nationaldemokraten stellen radikalere Forderungen: Die Gesetze sind zu verschärfen, die verantwortlichen Personen straf-, zivil- und beamtenrechtlich zu verurteilen und abgewickelte und kaputtgesparte Kultureinrichtungen wiederzubeleben, so, wie es der Minister angekündigt hat, indem die Mittel, die nach Brüssel und an verbrecherische Bankenvorstände fließen, endlich in Deutschland und seinen Ländern und Gauen für öffentliche Zwecke eingesetzt werden. Das System hat keine Fehler, das System ist der Fehler. – Scheint die Sonne noch so schön, einmal muss sie untergehn.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Die Sonne scheint ins Kellerloch, lass sie doch!)

Das Wort hat jetzt noch einmal Vizepräsident und Abgeordneter Kreher für die Fraktion der FDP. Bitte, Herr Abgeordneter.

(Vincent Kokert, CDU: Sie sind da jetzt aber ganz schön eingeseift worden, Herr Kreher.)

Ich kann einiges vertragen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist auf jeden Fall so, Herr Minister, dass ich schon vor über einem Jahr, das habe ich vorhin schon dazwischengerufen, erstens bei entsprechenden Vorgesprächen auf der Insel Rügen war, als es auch um archäologische Funde ging, ich war damals auch – vielleicht ist Ihnen das bekannt geworden – danach bei Frau Prync-Pomme rencke im Landesamt, ich habe dann auch mit Herrn Jantzen damals schon gesprochen, der ja mit dafür verantwortlich ist in ihrem Bereich. Es ist also auf jeden Fall nicht wahr, dass wir erst durch die Einbäume auf diese ganze Misere aufmerksam geworden sind. Ich wohne in der Nähe von Willigrad, dadurch ist mir das Problem auch bekannt gewesen. Und ich habe lange verfolgt, welchen Kampf es darum gegeben hat, ein archäologisches Landesmuseum hier im Land aufzubauen.

Also deshalb, meine Damen und Herren, werfen wir uns doch nicht so oberflächlich immer Dinge vor, die nicht nötig sind.

(Gino Leonhard, FDP: Genauso ist das.)

Ich denke, es geht um die Ernsthaftigkeit der Sache. Und ich habe Ihnen, Herr Minister, Ihnen persönlich, auch nicht vorgeworfen, dass Sie nicht bestimmte Dinge schon gesehen haben. Ich weiß, dass Sie auch keine Provisorien wollen, ich weiß das, aber insgesamt ist doch festzustellen, dass über Jahre, seit 1992 übrigens, diese ganzen Schätze in Depots liegen, die einfach unmöglich sind, und dass es nicht gelungen ist, eine entsprechende Lösung zu finden.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Zehn Jahre, ja.)

Und wenn wir jetzt durch die Einbäume die Situation haben, dass wir auf diese Dinge so aufmerksam geworden sind – alle, hoffe ich –, dann ist das doch nur eine Unterstützung für die Leute, die dort arbeiten, die wirklich unter unmöglichen Bedingungen dort arbeiten müssen, und es ist auch für Sie, Herr Minister, eine Unterstützung, auch wenn wir die Akten jetzt hier haben, dann daran zu arbeiten.