Jetzt will ich auch eins gleich an dieser Stelle sagen: Herr Holter, Sie hatten ungefähr so formuliert, wir würden uns erst seit kurzer Zeit mit diesen Fragen beschäftigen. Weil es eben nicht möglich ist, die Dinge wirklich auf dem Jahrmarkt auszubreiten und dies auch nicht zielführend wäre, will ich Ihnen dann nur noch mal der Vollständigkeit halber sagen, dass wir seit einem Jahr, knapp einem Jahr, ein Projektteam bei uns im Hause haben, das sich konkret mit Fragen der Situation befasst. Seit ungefähr Mitte des letzten Jahres läuft nämlich die Thematik, wo wir klarer erkennen konnten oder mussten, muss ich sagen, dass die bis dahin positive Entwicklung so nicht anhalten wird.
(Udo Pastörs, NPD: Schönes Eingeständnis. Sonst haben Sie was anderes erzählt, noch vor einem halben Jahr.)
Lassen Sie mich nun zu den konkreten Fakten kommen. Ja, es ist so gewesen, dass im März 2008 die Kaufverhandlungen begannen, wo 70 Prozent der Anteile von Aker Yards an FLC, später FLC West verkauft wurden, dann etwas später, parallel, gingen die restlichen 30 Prozent an STX, ein koreanisches Schifffahrts- und auch Werftunternehmen, einen Mischkonzern, der diesbezüglich die Aktien erworben hat.
Im Juli 2008 wurde der Kaufvertrag – 70 Prozent FLC West – unterzeichnet. Es wurden 248,9 Millionen Euro gezahlt, im Übrigen habe ich vorhin mal gehört, für irgendwelches Geld verscherbelt, da muss man sagen, das war ein in der Branche nur bestaunter Kaufpreis, der damals überhaupt nicht nachvollziehbar war. Aber das ist durch mich nicht weiter zu kommentieren. Ich will noch einmal deutlich das unterstreichen, was der Ministerpräsident hier schon gesagt hat: Wir haben uns weder den russischen Investor noch den koreanischen Investor aussuchen können.
die sich mit Aktien beschäftigen, denn sie kaufen selbst Aktien und verkaufen sie und wissen, dass keine Politik der Welt ihnen dort irgendwelche Vorschriften machen kann.
Ich will auf ein immer wiederkehrendes Argument eingehen, das dann sagt: Warum habt ihr so auf den russischen Markt gesetzt? Dies ist natürlich sehr stark diskutiert worden, ohne Frage, und ich will noch einmal deutlich sagen, dieser russische Markt hat nach wie vor riesengroße Potenziale, gerade im Schiffbaubereich.
Nein, das geht überhaupt nicht los. Das ist eine unumstößliche Tatsache. Wenn Sie sich mal mit der Wirtschaftsberatungsgesellschaft PwC, damit Sie es auch wissen: PricewaterhouseCoopers, unterhalten würden, dann können die Ihnen glaubhaft nachweisen,
Das sind im Übrigen noch die Schiffe, die in Stralsund, in Rostock, in Wismar gebaut wurden, die ausgewechselt werden müssen,
Ich will auch noch eins sagen zu einem Brief, der in einem „Spiegel“-Artikel erwähnt wurde. Das liegt mir einfach persönlich am Herzen, das klarzustellen, weil am Schluss dieses Artikels behauptet wird, dass der Wirtschaftsminister dieses Landes, Jürgen Seidel, einen Brief eines russischen Finanzmagnaten – Alexander Lebedew, so ist er bezeichnet worden dort – erhalten hätte. Ich kann nur für mich, und das tue ich auch öffentlich, erklären, ich habe einen solchen Brief nicht erhalten. Meine Staatssekretäre habe ich befragt, die haben mir hoch und heilig geschworen, auch sie haben einen solchen Brief nicht erhalten. Also ob es einen solchen Brief gibt, weiß ich nicht. Ich habe ihn jedenfalls nicht bekommen.
Zum weiteren Verlauf ist festzustellen, dass die Finanzkrise dazu geführt hat, dass der Welthandel zurückging, dass Frachtraten bis auf 20 Prozent heruntergegangen sind, dass Aufträge storniert wurden, dass keine Neuaufträge ins Land und in die Werften kamen.
Aber im Übrigen will ich schon noch mal deutlich machen, dies ist nicht eine Situation MecklenburgVorpommerns allein, sondern das ist eine Situation des deutschen, ja, des europäischen Schiffbaues allemal, die wir feststellen müssen.
worden, also so ungefähr um den Dezember, nageln Sie mich jetzt bitte nicht auf die Woche fest. Und es war so, dass die Banken in dieser Zeit, auch bedingt durch die Finanzkrise, aber eben auch sicherlich durch die Möglichkeiten, die sich plötzlich auftaten, nicht mehr bereit waren, ohne Bürgschaften überhaupt zu finanzieren. Es drohte aufgrund von Liquiditätsschwäche bei den Unternehmen Insolvenz und insofern war es notwendig, hier zu handeln.
Ich bitte wirklich darum, kein Mensch hätte eine andere Auffassung vertreten können, als sie die Landesregierung dort wirklich vertreten hat, dass wir es schaffen müssen, in das KfW-Sonderprogramm hineinzukommen, das genau zu diesem Zweck beschlossen wurde. Und dies war eben nur mit dem Zwischendarlehen von 60 Millionen, das kann ich mir jetzt im Einzelnen sparen, dann auch möglich. Wir haben das so beschlossen. Auch ich möchte mich noch mal bei allen bedanken, die da mitgewirkt haben. Das ging ja auch, wie wir alle wissen, sehr zügig.
Dann ist das Unternehmen Wadan Yards in das KfWSonderprogramm aufgenommen worden. Der Kreditrahmen wurde mit 180 Millionen Euro – vom Unternehmen selbst so berechnet – dann auch so zu 90 Prozent verbürgt. Das Landesdarlehen wurde zurückgeführt bis auf 12 Millionen Euro, die stehen blieben, um die Liquidität weiter zu stärken. Allerdings gab es weiter ständige Schwierigkeiten mit Aufträgen, mit Erlösen für fertiggestellte Schiffe, und dies dann auch parallel begleitet vom Ausbleiben von Neuaufträgen.
Im Übrigen haben wir auch dort alle unsere Möglichkeiten genutzt und wir werden das auch weiter tun, um zu Neuaufträgen zu kommen, denn auch da kann man nicht einfach sagen, wir können nichts machen. Es ist schwer und es kann nicht die Aufgabe einer Landesregierung sein, Aufträge zu besorgen. Aber auch dort versuchen wir zum Beispiel, Anfang Juli mit dem Bundeswirtschaftsministerium darüber zu reden, wie es vielleicht gelingen kann, Finanzierungsinstrumente zu entwickeln, die genau diesen russischen Markt ansteuern, denn Anfang der 90er-Jahre ist es möglich gewesen, auch Aufträge über Hermes zu finanzieren unter Einsatz von russischen Staatsgarantien. Ich denke, da liegt unsere Verantwortung, alle Möglichkeiten zu nutzen.
Wenn wir in der Geschichte weitergehen, dann war es so, dass im Mai des Jahres 2009 überraschend die Kreditversicherer ausgestiegen sind, und wie Sie wissen, war es notwendig, sich erneut um eine Bürgschaft zu bemühen, 40 Millionen Euro. Wir wussten, dass das nicht nur 40 Millionen sind, sondern da noch zwei weitere Avale in der Werft anstehen, und es wäre dann am Ende auf 120 Millionen Euro hinausgelaufen. Die Entscheidungen sind positiv gefällt worden. Dann hat es einen ganz kurzfristig erbetenes Krisengespräch bei uns im Hause am Donnerstag, am 04.06., gegeben, wo plötzlich die eingegangenen Verpflichtungen der Gesellschafter nicht mehr erfüllt wurden.
Und, meine Damen und Herren, wenn man eben nicht mehr bereit ist, die notwendigen Chartergarantien zu geben, um die zwei vorhandenen Schiffe verkaufen zu können – so war das besprochen, so war das verhandelt –, wenn man eben nicht mehr bereit ist als Gesellschafter, selbst als Eigentümer, seine eigenen Aufträge, vier Schiffe à 42 Millionen Euro, im Unternehmen zu lassen, und wenn man es nicht schafft, einen Eigenbeitrag von 5 Millionen Euro in Raten zu leisten, dann, denke
ich, muss man klar sagen, dass die gestellte Forderung an das Land, noch mal 75 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen, und dies kurzfristig, weder volkswirtschaftlich noch rechtlich durch das Land erfüllbar war, und das habe ich auch deutlich gemacht.
Meine Damen und Herren, es ist dann am 5. Juni zur Insolvenzanmeldung gekommen. Das Amtsgericht hat die Kanzlei Brinkmann & Partner zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.
Worin bestehen denn nun jetzt die daraufhin zu erledigenden Aufgaben und auch Herausforderungen und in welchen Strukturen war es notwendig, weiter voranzugehen? Ich meine, da gibt es im Großen, wenn man das mal so formulieren darf, zwei Aufgabenbereiche: einmal die, die dem vorläufigen Insolvenzverwalter obliegen, da müssen wir mehr oder weniger zuarbeiten, und zum Zweiten die Aufgaben, die dem Insolvenzverfahren nicht originär unterworfen sind, wo wir eigenen Gestaltungsspielraum haben.
Hier müssen wir uns mit dem Insolvenzverwalter sicherlich permanent abstimmen, aber wir müssen auch ganz deutlich die Interessen des Landes in das Verfahren einbringen. Es muss Ziel sein, unsere Industriestandorte, unsere Standorte der maritimen Industrie in Mecklenburg-Vorpommern zu sichern und auszubauen. Mecklenburg-Vorpommern steht unverändert vor der Herausforderung, seine wirtschaftliche Basis zu verbreitern. Ich denke, hierzu gibt es gerade jetzt, auch wegen der aktuellen erschwerten Rahmenbedingungen, keine Alternative.
Praktisch gesehen ist es notwendig, konzeptionell eine Entwicklung einzuleiten, die eine Schiffbaukonsolidierung zügig realisieren lässt. Dabei geht es nicht nur um Konsolidierung des eigenen Schiffbaus, sondern es geht zum Beispiel auch um Meerestechnik, es geht auch um regenerative Energien, es geht um maritime Sicherheits- und Umwelttechnik als Bereiche, die hier eine große Rolle spielen.
Was sind die konkreten Schritte, die zunächst über das Wochenende angelaufen sind? Klar war, dass zunächst einmal erste Feststellungen über den Insolvenzverwalter zu treffen waren, Gespräche diesbezüglich mit dem Wirtschaftsministerium geführt wurden. Das Ziel dabei war es, die Lohn- und Gehaltszahlung zu sichern. Das war unmittelbar die erste Handlung am Dienstag. Nach dem Wochenende vom 06. bis 07.06. war der Lohn fällig. Es ging darum, die laufenden Arbeiten fortführen zu können, insbesondere bei den RoPax-Fähren. Es ging damit natürlich unmittelbar darum, die Voraussetzungen für den Neustart zu schaffen. Und es geht darum, die Gewinnung von geeigneten Investoren mit tragfähigem Unternehmenskonzept voranzutreiben.
Hervorzuheben ist ganz besonders – und das will ich auch deutlich hier sagen –, dass nach meiner Auffassung der Insolvenzverwalter selbst sehr verantwortungsvolle Bankengespräche zur Sicherung der Finanzierung der RoPax-Fähren führt. Ich selbst habe am Montag, am 08.06., unmittelbar mit dem Vorstand von Stena Line, Sten Olsson, telefoniert, am nächsten Morgen mit seinem persönlichen Vertreter, der hier nach Mecklenburg-Vorpommern geschickt wurde, gesprochen immer mit dem Ziel, die Weiterbeschäftigung zu sichern. Und das Ergebnis ist, das steht auch heute noch so, dass Stena Line zu seinem Vertrag über die zwei RoPax
Fähren steht, keine weiteren Risiken allerdings übernehmen will und klar gesagt hat, dass man termin- und qualitätsgerechte Fertigstellung von uns erwartet.
Wie Sie wissen, habe ich am Mittwoch im Wirtschaftsausschuss berichtet. Wir haben auch am Mittwoch unmittelbar danach den Status mit dem Insolvenzverwalter besprochen. Und wir sind noch am Mittwoch, auch das will ich hier deutlich sagen, im Bundeskanzleramt gewesen, weil wir uns nach wie vor der weiteren Unterstützung der Bundesregierung versichern müssen. Diese ist uns auch zugesagt. Und ich muss sagen, darüber bin ich froh, weil dieses Problem für das Land MecklenburgVorpommern nicht nur ein recht großes, sondern auch ein fast schon übersteigendes am Ende sein wird. Insofern, glaube ich, ist dieser Weg richtig.
Und Sie wissen auch, dass es natürlich nicht ganz selbstverständlich ist, wenn man ins Bundeskanzleramt fährt und sagen muss: Wir müssen erklären, dass der jetzt durch die Bundesregierung zur Verfügung gestellte Rahmen, also verbürgte Rahmen, in Gefahr gerät, und wir brauchen weitere finanzielle Unterstützung wie auch immer, dann ist das natürlich ein schwieriger Gang. Aber ich bin dankbar, dass zumindest das Verständnis dafür vorhanden ist.
Wir haben am Freitag mit dem Insolvenzverwalter gemeinsam mit Zulieferern gesprochen über Möglichkeiten der Unterstützung, aber natürlich auch über die weitere Kooperation mit den Zulieferern. Das ist ja ganz klar. Sie haben zu Recht gesagt, dass man Schiffbau nicht ohne die Zulieferer machen kann. Das ist unumstritten. Aber, auch das ist richtig, beides hängt untrennbar miteinander zusammen. Beides ist wichtig – sowohl die Werft voranzubringen, aber auch die Zulieferer immer im Blick zu haben.
Lassen Sie mich für das weitere Vorgehen fünf Punkte formulieren, die, glaube ich, jetzt von besonderer Bedeutung sind:
Erstens. Ziel ist nach wie vor die Weiterbeschäftigung, vor allen Dingen jetzt durch die Finanzierungsabsicherung im Bau befindlicher Schiffe, besonders der RoPaxFähren. Dazu hat es gestern entscheidende Bankengespräche gegeben.
Zweitens. Der Insolvenzverwalter ist gegenwärtig damit befasst, ein Akquiseteam zu finden. Wir werden dieses Akquiseteam sowohl durch die Wirtschaftsförderungsgesellschaft „Invest in MV“, aber auch durch das Wirtschaftsministerium nach besten Kräften unterstützen.
Drittens. Die bereits im Wirtschaftsministerium bestehende Arbeitsgruppe, die wir im Hinblick auf die Zulieferer haben, ich will deutlich sagen, wir sind seit März – übrigens auch das an Sie gerichtet, Herr Holter – mit dem Zulieferernetzwerk, das wir ja über Jahre, das wissen Sie auch, fördern, also mit MAZA, unterwegs und überlegen, was kann man tun, was ist sinnvoll, um euch zu helfen, mit diesem schwierigen Markt fertig zu werden. Dort hat es seinerzeit zehn Vorschläge gegeben. Wir haben eine Arbeitsgruppe gebildet – und ich denke, vier Vorschläge werden wir auch umsetzen können, einen werde ich Ihnen dann noch nennen –, um in der Tat hier zu helfen. Diese Aktivitäten werden wir jetzt fortsetzen. Wir werden individuell mit jedem Unternehmen reden müssen, weil sich zeigt, dass die Situation immer unterschiedlich ist und hier große Veranstaltungen sehr wenig nützen.