Große Sorgen gibt es auch in den Zuliefererbetrieben und bei den dort beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Deshalb ist es gut, dass wir heute über dieses Thema hier im Landtag reden, wobei ich auch deutlich sage, es ist sehr wichtig, dass dieses Thema nicht zu parteipolitischen Zwecken missbraucht wird. Landesregierung und Landtag müssen in dieser Frage eng zusammenstehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Land und Bund haben von Anfang an alles getan, um den Werften größtmögliche Unterstützung zu geben. Im Dezem
ber hat das Land einen 60- Millionen-Kredit gewährt, weil die Hilfsprogramme des Bundes noch nicht angelaufen waren und weil es keine Bank gab, die bereit war, der Werft kurzfristig zu helfen. Von diesen 60 Millionen sind inzwischen 48 zurückgeflossen. Wir haben dann mit vielen Gesprächen die Werft unter den Schutzschirm des Bundes gebracht. Wir haben ermöglicht, dass ein 180-Millionen-Darlehen gegeben werden konnte, und wir haben wieder geholfen, als kurzfristig eine Bürgschaft zur Absicherung zweier Aufträge notwendig war.
Meine Damen und Herren, aber nicht nur die Landesregierung hat sich eingesetzt. Viele haben mitgeholfen. Die Bundesregierung hat immer ein offenes Ohr für die Anliegen der Schiffbauer. Der Landtag, Sie alle hier, haben uns unterstützt und mit den Stimmen der Regierungsfraktionen, aber auch mit den Stimmen der LINKEN, den Weg freigemacht, um zu helfen. Dafür besonderen Dank! Eingesetzt hat sich auch die Kommunalpolitik in Wismar und in Rostock, hartnäckig in der Sache und besonnen im Auftreten. Mit der Geschäftsführung vor Ort gab es immer eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Viele Zuliefererbetriebe haben Rechnungen gestundet und so ihren Beitrag geleistet. Betriebsräte und Gewerkschaften haben verantwortlich und maßvoll agiert.
Gerade in schwierigen Zeiten, meine Damen und Herren, zeigt sich, wie wichtig die funktionierende Sozialpartnerschaft in Deutschland ist. Vor allem aber hat auch die Belegschaft der Werften einen sehr wichtigen Beitrag geleistet, indem sie auf Ansprüche verzichtet hat. Also, meine Damen und Herren, alle haben in schwieriger Situation zusammengestanden und geholfen, wo immer es möglich war.
Eines allerdings konnten wir nicht, wir konnten keinen Einfluss darauf nehmen, dass der norwegische Konzern seine Werften an russische und koreanische Eigner verkauft hat. Ich kann übrigens nicht verstehen, wenn jemand sagt oder schreibt, die Landesregierung hätte sich die Eigentümer genauer anschauen sollen.
Und, meine Damen und Herren, wir konnten dann auch nicht den neuen Eignern ihre ureigenste unternehmerische Verantwortung abnehmen, die Verantwortung, die versprochenen Aufträge tatsächlich einzuwerben,
die Verantwortung, einen Beitrag zu leisten, zum Unternehmen zu stehen, wenn es in Schwierigkeiten gerät. Dieser Verantwortung sind die Eigner von Wadan gerade nicht nachgekommen. Sie haben die Werften in Wismar und Warnemünde im Stich gelassen.
Und sagen Sie jetzt bitte nicht, einem Unternehmen mit solchen Eignern dürfe der Staat dann auch nicht beistehen, wie wir das getan haben ab Dezember.
Wollen Sie wirklich den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sagen, wenn denen Arbeitslosigkeit droht, „Ja Pech, ihr habt den falschen Eigner gehabt,“
Natürlich, meine Damen und Herren, müssen wir auch solchen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen helfen, zumal, das sage ich ganz deutlich, wenn wie hier die Geschäftsführung vernünftige Arbeit leistet und ein verlässlicher Partner ist.
Meine Damen und Herren, Schiffbau, die maritime Wirtschaft hat große industriepolitische Bedeutung für Mecklenburg-Vorpommern und darüber hinaus für ganz Deutschland. Deshalb gilt es, jetzt alles zu tun, um die Chancen für einen Neuanfang zu öffnen. Unsere Werften gehören zu den modernsten und produktivsten Europas. Sie sind in den vergangenen Jahren modernisiert und ausgebaut worden, immer mit Unterstützung der Landesregierung.
Es geht jetzt um hochmoderne industrielle Arbeitsplätze. In einem Schiff steckt heutzutage so viel Hochtechnologie wie in einem Flugzeug. Deshalb ist Schiffbau und gerade der Spezialschiffbau der Motor für die Entwicklung innovativer Technologien und moderner Dienstleistungen. Und eines ist klar, im Kern lebensfähige Industrie, die allein aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise in zeitweiligen Schwierigkeiten ist,
(Raimund Frank Borrmann, NPD: Das ist eine Systemkrise, keine Wirtschaftskrise. – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)
wenn diese Industrie die Krise nicht überlebt, dann kommt sie nicht wieder. Deshalb geht es, meine Damen und Herren, ganz konkret um diese industriepolitische Frage, ob Deutschland auch in Zukunft noch eine Schiffbaunation ist oder ob Schiffe zukünftig nur noch in Südkorea oder Südostasien gebaut werden. Deshalb ist es eben auch von großer strategischer Bedeutung, dass maritime Wirtschaft in Deutschland, in MecklenburgVorpommern erhalten bleibt. Ich bin sicher, dass die Bundesregierung das genauso sieht, und ich bin deshalb auch zuversichtlich, dass wir weiter auf die Unterstützung der Bundesregierung zählen können. Das ist sehr wichtig in dieser Zeit.
(Michael Andrejewski, NPD: Bis zur Bundestagswahl. – Raimund Frank Borrmann, NPD: Danach ist Feierabend.)
Meine Damen und Herren, was ist jetzt zu tun? Bei Wadan sind jetzt vier Punkte wichtig. Die Arbeiter müssen ihr Geld bekommen. Das ist für Mai geschehen, für Juni und Juli bestehen die rechtlichen Voraussetzungen. Es muss sichergestellt werden, dass die Arbeit auf den Werften weitergeht und dass die Aufträge abgearbeitet werden können. Da geht es konkret um die beiden RoPax-Fähren von Stena. Hier sind wir im Gespräch mit den Auftraggebern, in Gesprächen über die Finanzierung, Stichwort: Massekredit.
Als Drittes müssen wir den einheimischen Zulieferern helfen. Einige von ihnen sind heute hier. Und ich werde selbstverständlich gleich noch, wenn sie das wünschen, mit einer Abordnung von ihnen sprechen, zusammen mit dem Wirtschaftsminister. Sie sollen wissen, dass die Landesregierung selbstverständlich auch an ihrer Seite ist.
Im Wirtschaftsministerium sind ja auch schon viele Gespräche mit ihnen geführt worden. Aber es geht eben bei den Zulieferern um jeden einzelnen Betrieb, um einzelne besondere Situationen, in denen sich der einzelne Zulieferer befindet. Und diese besondere Situation erfordert dann auch individuelle Lösungen. Wir müssen uns das jeweilige Unternehmen anschauen und die notwendige und passende Lösung finden.
Wir haben dazu zum Beispiel die allgemeinen Möglichkeiten erweitert. Bisher gab es schnelle Kredite bis 200.000 Euro für kleine und mittlere Unternehmen. Jetzt haben wir die Grenze auf 500.000 Euro hochgesetzt. Es gibt runde Tische im Wirtschaftsministerium, es gibt eine Hotline.
Meine Damen und Herren, die vierte Aufgabe ist die schwierigste. Wir brauchen viertens für die langfristige Rettung des Unternehmens
unabdingbar einen vertrauenswürdigen Investor mit einem tragfähigen Konzept. Das ist jetzt die Aufgabe des Insolvenzverwalters,
den zu suchen, zusammen mit der Landesregierung. Das ist übrigens eine sehr schwierige Aufgabe, die – wie so vieles, was jetzt zu tun ist – nur erfolgreich sein kann, wenn wir nicht alles auf dem offenen Markt besprechen.
Dazu gehören natürlich auch die Überlegungen, die wir zu möglichen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten anstellen müssen. Herr Holter, da gab es ja auch eben von den Beschäftigten vom Betriebsrat die Bitte, dass wir nicht in die Öffentlichkeit gehen. Ich biete Ihnen selbstverständlich an, dass wir in dieser schwierigen Lage zusammenstehen, Gespräche führen, uns austauschen über kluge Lösungen. Lassen Sie uns gemeinsam in der Öffentlichkeit vorsichtig sein.
Und eines, Herr Holter, weil wir das sicherlich gleich wieder von Ihnen zu hören bekommen, will ich vorwegsagen: All das, was jetzt zu tun ist, ist nicht Sache, selbstverständlich nicht Sache allein des Wirtschaftsministers. Es ist auch keine Sache allein für den Ministerpräsidenten. Das ist eine Aufgabe der gesamten Landesregierung, der kommen wir gemeinschaftlich nach. Und wenn, wie ich gelesen habe, Ihre Hauptkritik ist, dass wir in dieser schwierigen Lage häufig zusammen auftreten, dann, denke ich, kann man daraus schließen, dass wir einen guten Job machen, wenn Sie sonst keine Kritik haben.
Ich glaube, ganz im Gegenteil zu Ihnen, dass es sehr wichtig ist, dass wir in dieser Lage demonstrieren, dass wir über die Koalitionsparteien hinweg zusammenhalten und dass dies etwas ist, das wir als wichtige gemeinsame Aufgabe sehen.
Sie haben eine hoch qualifizierte, hoch motivierte Belegschaft. Wir werden alles dafür tun, dass sie die Chance auf einen Neubeginn bekommen
und dass die Arbeitsplätze erhalten werden. Jeder weiß, dass das in diesen schwierigen Zeiten nicht einfach ist.