Protokoll der Sitzung vom 18.06.2009

Geplant ist auch, meine Damen und Herren, dass die integrierten Handlungskomplexe der Kommunen, die alle Aufgabenfelder im Stadtteil abbilden, fortgeschrieben und mit den anderen Ressorts der Landesregierung abgestimmt werden. Dadurch soll eine noch stärkere Verknüpfung erreicht werden. Ziel wird es nun sein, die vor Ort geschaffenen Strukturen und Netzwerke insbesondere des Quartiermanagements zu verstetigen, damit diese auch nach dem Ende der Förderung weiterhin bestehen.

An dieser Stelle sei einmal ausdrücklich ein Lob ausgesprochen an diejenigen, die diese Quartiermanagements betreiben, nämlich die sogenannten Quartiermanager. Sie leisten eine hervorragende Arbeit. Das wird öffentlich nicht immer ganz so gewürdigt, sollte aber hier im Landtag vielleicht auch mal passieren. Ein großes Lob für die Arbeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Meine Damen und Herren, das Programm funktioniert in Mecklenburg-Vorpommern gut. Wir haben in den letzten zehn Jahren beachtliche Erfolge erreicht. Deshalb werden wir im September 2009 eine Veranstaltung durchführen unter dem Thema „10 Jahre ,Soziale Stadt‘“ mit einer Bilanz und einem Ausblick zum Förderprogramm. Sie sehen also, dass Sie mit dem Antrag offene Türen einrennen, und zwar die Vordertür. Die Hintertür bleibt natürlich geschlossen, damit das inhaltlich bei uns drinbleibt. Ich freue mich heute hier auf die Anregungen und Diskussionen. Ich denke, das ist ein Thema, wo man zumindest für die nächsten zehn Jahre das Thema „Soziale Stadt“ mit beeinflussen kann und ebenso auf die Diskussionsbeiträge. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Lück für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Die Regierungsfraktionen fordern die Landesregierung auf, die Ziele des Städtebauförderprogramms „Soziale Stadt“ weiter konsequent umzusetzen. Bestehen etwa begründete Zweifel daran?

(Egbert Liskow, CDU: Nein.)

Aus dem Antrag und auch aus der Pressemitteilung vom Kollegen Timm kann ich nicht erkennen, was denn der konkrete Anlass dieses Antrages ist und was konkret verbessert werden soll. Soll der inhaltliche Ansatz ergänzt, die finanzielle Ausstattung erhöht oder die Umsetzung der Programminhalte verbessert werden? Der Antrag enthält außerdem Prüfaufträge, wie Projekte noch stärker unterstützt werden können und ob die Anpassung der Förderrichtlinien notwendig ist. Um dies prüfen zu können, muss man wissen, was geändert werden soll. Aber das tragen Sie ja heute noch vor. Es muss ein Zeitrahmen gesetzt werden. Mit unserem Änderungsantrag soll der Landesregierung dieser Zeitrahmen gesetzt und die weitere parlamentarische Behandlung ermöglicht werden.

In diesem Jahr stellen Bund, Land und die Programmstädte insgesamt rund 7 Millionen Euro für Maßnahmen in benachteiligten Quartieren und sozialen Brennpunkten zur Verfügung. Aber der Bedarf ist höher. Nur die sechs – und ich sage wirklich, nur die sechs – kreisfreien Städte in Mecklenburg-Vorpommern konnten in das Programm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – Soziale Stadt“ aufgenommen werden. Die zur Verfügung stehenden Mittel reichen einfach nicht aus, um auch mittlere und kleine Städte mit benachteiligten Wohnsiedlungen und sozialen Brennpunkten zu fördern. Die Programmziele sind heute aktueller denn je, darum ist die Einbeziehung weiterer Gemeinden auch wünschenswert.

1996 hat die Bauministerkonferenz die Bund-LänderGemeinschaftsinitiative „Soziale Stadt“ beschlossen, weil man bereits damals die drohende soziale Polarisierung in den Städten erkannt hatte und ihr etwas entgegensetzen wollte. Seit zehn Jahren gibt es das Programm „Soziale Stadt“. Das ist auch gut so. Heute müssen wir aber feststellen, die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander. Die soziale Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsgruppen hat zuge

nommen, mit zum Teil katastrophalen Auswirkungen für die betroffenen Menschen. Vom Stadtbild oder vom Erscheinungsbild der Wohnsiedlung kann man oftmals auf die Bewohnerstruktur schließen. Der Stadtentwicklungsbericht 2008 der Bundesregierung, der gerade veröffentlicht wurde, hat diese Wechselwirkung erkannt.

Für meine Fraktion und für mich steht fest: Durch die Hartz-IV-Gesetzgebung ist der Strudel der sozialen Polarisierung schneller geworden.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

In der Stadtentwicklung und Stadterneuerung haben zunehmend nicht mehr städtebauliche, sondern wirtschaftliche Aspekte Vorrang. Es wird Wohnraum vorgehalten, dessen Mietniveau sich nach den Richtlinien zu den Kosten der Unterkunft richtet. Die Linke sagt: Umgekehrt wird ein Schuh draus. Richtlinien und Kostenübernahmen müssen sich im Interesse der Menschen und natürlich auch der Städte und Kommunen nach dem vorhandenen Wohnraum richten. Wir meinen den Wohnraum, der den Anforderungen der heutigen Zeit in Bezug auf Ausstattung und Gebäudedämmung entspricht. Die Tendenz, Hartz-IV-Empfänger zunehmend in unsanierten und teilsanierten Gebäuden unterzubringen, verschärft die soziale Situation in den ohnehin benachteiligten Gebieten. Ich behaupte, dass Hartz IV zunehmend die Stadtentwicklungskonzepte außer Kraft setzt. So sind Gebäude, die eigentlich abgerissen werden sollten und in die kein oder wenig Geld gesteckt wurde, mittlerweile wieder vermietet.

Die LINKE fordert, die Wohnungsbelegung nach sozialen Gesichtspunkten und nicht nach wirtschaftlichen Zwängen vorzunehmen. Wir müssen davon ausgehen, Kolleginnen und Kollegen, dass das Programm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – Soziale Stadt“ immer mehr an Bedeutung gewinnt. Es unterscheidet sich von den anderen Städtebauförderprogrammen durch das Nebeneinander von investiven und nichtinvestiven Maßnahmen. Gerade die Maßnahmen, die das Zusammenleben, die gesellschaftliche und soziale Integration befördern, werden immer stärker nachgefragt. Dazu gehören beispielsweise Bildungs-, Gesundheits- und auch Freizeitangebote. Die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund

(Udo Pastörs, NPD: Ausländer!)

gehört genauso dazu wie die Integration von Menschen und deren Familien, die seit vielen Jahren teilweise schon in zweiter Generation von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind.

(Udo Pastörs, NPD: Ghettos bilden.)

Der Arbeitskreis „Nachhaltige Entwicklung“ meiner Fraktion hat in seiner Kommunaltour im April die beiden Stadtteil- und Begegnungszentren in Rostock Dierkow und Toitenwinkel besucht. Beide Ortsteile sind seit 2007 im Programm „Soziale Stadt“. Wir trafen uns dort mit den Stadtteilmanagern, mit Vertretern des DRK-Mehrgenerationenhauses, der Ortsbeiräte sowie engagierten Bürgerinnen und Bürgern. Mit dem hohen Einsatz dieser Menschen und den vielen ehrenamtlichen Helferinnen werden vielfältige Angebote für Jung und Alt geschaffen, die das Stadtteilleben bereichern und vor allem die Menschen aus der Isolation herausholen. Netzwerke wurden aufgebaut und werden gepflegt. Darauf hat auch der Minister aufmerksam gemacht. Kurzum: Die Begegnungszentren sind unverzichtbarer Bestandteil beider

Stadtteile geworden, die unbedingt erhalten und weiterhin unterstützt werden müssen.

Uns wurde von allen Akteuren bestätigt, dass weitere Angebote und Ideen auf ihre Umsetzung warten. Aber die Grenzen des Machbaren sind erreicht. Beide Gebäude platzen aus den Nähten. Die Barrierefreiheit ist mit Einschränkungen nur im Erdgeschoss sichergestellt. Die Räumlichkeiten im Obergeschoss sind für Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung oder ihres Alters nicht mehr Treppe steigen können, nicht erreichbar. Damit werden diese Menschen zusätzlich ausgegrenzt. Raumaufteilungen, Raumanordnungen lassen größere Veranstaltungen nicht zu und Durchgangsräume lassen Geborgenheit vermissen. Deshalb befürworten meine Fraktion und ich Neubauten für beide Ortsteile. Es ist gut, dass auch Minister Schlotmann vor Ort war und versprach, dass das Land zur Förderung bereit sei. Ich persönlich hoffe, dass die Stadtverwaltung und auch die neu gewählte Bürgerschaft endlich Nägel mit Köpfen machen und mit Landeshilfe nicht nur die Signale auf Grün gestellt werden, sondern tatsächlich etwas geschieht.

Kolleginnen und Kollegen, meine Fraktion und ich halten die Inhalte und Ziele des Programms „Soziale Stadt“ für richtig und eine kontinuierliche Weiterentwicklung des offenen integrativen Ansatzes für wichtig. Die Erfahrungen mit dem Programm haben gezeigt, dass städtische Probleme nur unter Beteiligung aller politischen Ebenen sowie ressortübergreifend und in Kooperation zwischen vielen Beteiligten zu lösen sind.

(Zuruf von Norbert Baunach, SPD)

Das Programm hat eine Vorreiterrolle in Bezug auf die Bündelung von Fördermitteln, Ressourcen und Inhalten. Die Bündelung, und darauf haben Sie ja auch aufmerksam gemacht, Kollege Baunach, von unterschiedlichen Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten muss unser gemeinsames Ziel sein.

(Norbert Baunach, SPD: Ja, genau.)

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Lück.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Liskow für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir haben heute einen sehr wichtigen, aber auch notwendigen Antrag hier vorliegen, auch wenn es von der Opposition, ganz speziell von Frau Lück, vielleicht nicht so gesehen wird. Ich denke mal, mit diesem Antrag haben wir gerade noch mal gezeigt, dass dieses Programm „Soziale Stadt“ – welches wir, aber nicht nur wir alleine, sondern auch die Vorgängerregierung mit begleitet haben, was vom Bund, vom Land, aber auch von den Kommunen gewollt wurde, was auch einen sehr positiven Erfolg hat – eine Erfolggeschichte hat.

(Udo Pastörs, NPD: Sehr richtig.)

Wir haben es ja heute schon gehört von Herrn Baunach, aber auch von Minister Schlotmann,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

es ist wirklich ein absolut wichtiges Programm.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und man muss auch noch mal darauf hinweisen, dass dieses Programm eine Erfolgsstory ist.

(Udo Pastörs, NPD: Sehr richtig. – Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Im Jahre 1999 haben ja immerhin 161 Stadtteile in 124 Gemeinden an diesem Programm deutschlandweit teilgenommen. In Mecklenburg-Vorpommern waren es, glaube ich, am Anfang erst sechs und später sind 1999 noch weitere sechs dazugekommen.

Ich kann als Greifswalder Stadtpräsident sagen, mit unserer „Fleischervorstadt“ sind wir gleich 1999 in dieses Programm reingekommen. Es wurden nach meiner Kenntnis bis jetzt 5,3 Millionen Euro investiert. Das sind für jede Jahresscheibe ungefähr 500.000 Euro. Ich kann Ihnen versprechen, wenn Sie sich dieses Erfolgsprojekt „Fleischervorstadt“ in Greifswald mal angucken wollen, dann lade ich Sie alle gerne dazu ein, sich das anzusehen. Man sieht richtig, wie dieser Stadtteil aufblüht und auch private Investoren bereit sind, die Immobilien wieder in Ordnung zu bringen, und wie man in den gesellschaftlichen Strukturen denkt und sagt: Wir wollen etwas bewegen und etwas verändern. Nur weil dieses Programm so gut gelaufen ist, haben sich natürlich auch andere Stadtteile darum bemüht. Wir sind dann in Greifswald mit Schönwalde II ab 1999 in dieses Programm reingekommen, wo bis jetzt schon circa 1,5 Millionen Euro investiert worden sind. Auch da merkt man, dass sich der Stadtteil nicht ganz so stark entmischt, wie es in anderen Stadtteilen der Fall ist. Auch andere Stadtteile sagen: Eigentlich wollen wir auch gerne in das Programm rein.

Und das alleine zeigt ja schon, dass wir hier ein Erfolgsprojekt „Soziale Stadt“ haben. Dass man natürlich nicht alles erreichen kann und höchstwahrscheinlich auch kleinere und mittlere Städte gerne an diesem Programm teilhaben wollen, verstehe ich. Man muss sehen, was für Möglichkeiten es gibt, wenn die Fördergelder immer kleiner werden. Man muss sich irgendwie konzentrieren.

Ich gehe davon aus, dass das Programm irgendwann dazu führt, dass bestimmte Stadtteile auch wieder aus diesem Programm rauskommen, wenn sie diese sozialen Brennpunkte entschärft haben. Wenn man nicht mehr ganz so viel Geld braucht, dann können andere Stadtteile diese Vorteile nutzen. Für mich ist es wichtig – und das hört man aus den persönlichen Gesprächen mit denen, die sich da in den Stadtteilen engagieren –, dass man vielleicht noch intensiver versucht, die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Gremien oder Interessengruppen zu fördern, aber auch versucht, die Fördermittel, die da eingesetzt werden, die Fördertöpfe, vielleicht noch etwas spezieller zuzuschneiden, die Zusammenarbeit etwas besser zu organisieren und die Programmjahre vielleicht nicht immer auf eine Jahresscheibe festzuschreiben, sondern vielleicht auf zwei, drei Jahre, damit die nicht in Investitionen gebundenen Gelder besser planbar sind und sich die entsprechenden Institutionen auch vorbereiten können, um ihre Arbeit vernünftig zu machen.

Das ist ein Punkt, wo der Minister, glaube ich, auch offen ist, in diese Richtung zu denken. Aber das betrifft ja nicht nur den Verkehrsminister, sondern auch die anderen Bereiche, in denen man darüber nachdenken muss. Aber

auch die Kommunen – es ist ja nicht nur das Problem der Landesförderung – selber sind gefordert, das ganz speziell mit sozialen Projekten zu unterstützen. Diese müssen aus unserer Sicht auch auf mehrere Jahresscheiben angelegt und es muss eine gewisse Finanzierungssicherheit da sein. Ich kann nur sagen, wenn wir diesen Antrag heute nicht so gebracht hätten, dann würden wir vielleicht auch gar nicht so öffentlich darüber reden können, dass wir hier wirklich eine Erfolggeschichte von dieser „Sozialen Stadt“ haben. Man sollte nicht immer nur über Sachen sprechen, die negativ sind, sondern man sollte auch über Sachen sprechen, die positiv sind, und sie in die Öffentlichkeit transportieren.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wenn wir den Antrag gebracht hätten, dann wäre der sicherlich überflüssig gewesen. – Zurufe von Regine Lück, DIE LINKE, und Irene Müller, DIE LINKE)

Herr Professor Methling, wie sagen wir immer? Das Sein bestimmt das Bewusstsein.

(Zuruf von Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

Das haben Sie ja schon oft gesagt. Ich denke, hier geht es um eine ganz, ganz wichtige Sache. Das haben wir hier noch mal öffentlich gemacht.

(Zurufe von Torsten Koplin, DIE LINKE, und Udo Pastörs, NPD)

Und wir sind auch bereit, entsprechend unserem Koalitionsvertrag hier noch mehr Kraft hineinzustecken, um dieser sozialen Entmischung entgegenzuwirken.