Protokoll der Sitzung vom 16.07.2009

Darin sind, darin waren wir uns einig. Und deshalb hat der Landtag in der letzten Legislaturperiode zwei Entschließungen, gleich zwei, gefasst,

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Richtig.)

wonach der Finanzausgleich auf Basis des sogenannten Zwei-Quellen-Modells neu geregelt werden soll. Davon ist jedoch der vorliegende FAG-Entwurf meilenweit entfernt. Also nur Lippenbekenntnisse – bis der Tod uns scheidet, Herr Kokert –

(Vincent Kokert, CDU: Uns beide hoffentlich nicht.)

aus den Regierungsfraktionen?

Nehmen wir unsere eigenen Beschlüsse in diesem Hause nicht mehr ernst? Wir tragen Verantwortung für das Land und damit gleichermaßen auch für die Kommunen, dachte ich immer.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Das mit den Beschlüssen ist ja hier sowieso so eine Sache.)

Der FAG-Entwurf, meine Damen und Herren, wird einer angemessenen und aufgabengerechten Finanzausstattung zumindest für die Jahre 2010 und 2011 nicht gerecht, vor allem dann nicht, wenn wir den Gleichmäßigkeitsgrundsatz einfach fortschreiben. Und von einer Reform kann in diesem Falle überhaupt nicht die Rede sein. Neben den in der Höhe nicht vorhersehbaren Einbrüchen bei den eigenen Steuereinnahmen sollen die Kommunen nach dem vorliegenden Gesetzentwurf auch noch mit weniger Zuweisungen aus der Finanzausgleichsleistung umgehen. Das ist für die meisten Kommunen aus eigener Kraft nicht mehr zu leisten.

Hier sehen wir akuten Handlungsbedarf mit dem Ziel, die Kommunalfinanzen zumindest zu stabilisieren. Und da gibt es verschiedene Möglichkeiten, die es einfach auszuloten gilt. Möglich und von den kommunalen Verbänden ins Spiel gebracht wäre eine Erhöhung der kommunalen Beteiligungsquote. Möglich wäre auch eine an den Aufgaben orientierte Mindestfinanzausstattung. Oder möglich wäre auch ein Entschuldungsprogramm für Kommunen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Aber darüber hat die Regierung offensichtlich weder nachgedacht noch den Disput im Dialog mit den kommunalen Landesverbänden gesucht.

(Udo Pastörs, NPD: Da hat sie kein Geld für. Ihr seid bankrott.)

Das Land darf gerade in schwierigen Zeiten, so meinen wir, seine Städte und Gemeinden aber nicht im Regen stehen lassen.

Meine Damen und Herren, wie das Geld an die Kommunen verteilt wird, rückt aber angesichts des insgesamt kleiner werdenden Kuchens nun in den Hintergrund, denn alle Städte und Gemeinden werden verlieren, egal, wie die finanziellen Mittel verteilt werden. Dazu möchte ich nur noch zwei Punkte kurz anreißen:

Kritisch sehen wir insbesondere das Bestreben der Landesregierung, den kleineren Gemeinden unter 500 Einwohnern künftig weniger Geld zu geben.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Eine Sauerei ist das.)

Denn das sind immerhin mehr als ein Drittel der Kommunen in unserem Land.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Und es gibt keinen Nachweis dafür, dass diese kleinen Gemeinden per se unwirtschaftlich sind.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Hierin sehen nicht nur wir eine Gemeindegebietsreform durch die kalte Küche, indem man den kleineren Gemeinden das Geld einfach wegnimmt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Jawohl.)

Offenbar sollen so Fusionen erzwungen werden.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Zwangsehen sind schon immer gescheitert.)

Ein solches Vorgehen halten wir wie im Übrigen auch der Städte- und Gemeindetag für verfassungsrechtlich bedenklich.

(Vincent Kokert, CDU: Oh, oh, ganz große Keule wieder. Rums!)

Ich will nur darauf hinweisen, dass auch Gemeinden mit weniger als 500 Einwohnern zum Beispiel Kitas, Horte, Grundschulen, Feuerwehrhäuser und andere Einrichtungen zur Daseinsvorsorge wie Sportplätze und Jugendklubs unterhalten, die über die Grenzen der Gemeinde hinaus genutzt werden. Nicht immer sind also die Aufgaben, die die Gemeinden übernehmen, von der Anzahl der Einwohner abhängig.

Mit dem vorliegenden FAG sollen die Zentren im Land gestärkt werden, sagt die Landesregierung und sagen Teile der Koalitionsfraktionen. Dagegen ist nichts einzuwenden, das ist längst überfällig, aber, meine Damen und Herren, bitte schön nicht zulasten der ländlichen Räume. Was wir brauchen, ist eine gleichberechtigte Entwicklung des Landes im Interesse der Einwohnerinnen und Einwohner.

Ebenfalls grundsätzlich zu kritisieren sind die im FAG neu festgelegten Verteilungsregelungen für die kommunalen Theater und Orchester. Und an erster Stelle unserer Kritik steht dabei die im Vorwegabzug vorgesehene Fördersumme von 35,8 Millionen Euro pro Jahr. Die soll einfach weiter eingefroren bleiben. Und das, meine Damen und Herren, wissen Sie seit wann? Seit 1994! Wir brauchen hier endlich eine Dynamisierung, eine Anpassung an reale Entwicklungen. Mit dem Paragrafen 19 soll offensichtlich im Voraus festgeklopft werden, wo für die Einsparten- und Bespieltheater laut Diskussions- und Eckpunktepapier der Landesregierung zur Weiterentwicklung der Theater bis Ende des Jahres noch Zeit verbleibt, Kooperationsverträge mit einem Mehrspartentheater abzuschließen.

Dass auch hier die Wirklichkeit vielfältiger und bunter ist, als es die Regierung in Konzepten zu bändigen versucht, zeigen die Entscheidungen des Anklamer und des Schweriner Theaters, ihre Kooperation vertraglich zu regeln. Dennoch helfen kleine Listen und gute Ideen der Betroffenen nicht über den zu engen finanziellen Rahmen für Theater und Orchester hinweg, den die Regierung gebastelt hat.

Meine Damen und Herren, es ließe sich im Detail zu den einzelnen Regelungen noch Weiteres kritisch anmer

ken. Aber das lohnt sich eigentlich nicht. Der Aufwand ist umsonst, denn der Gesetzentwurf ist in Gänze abzulehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Schwebs.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Reese für die Fraktion der FDP.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Ministerpräsident äußerte vorige Woche Dienstag, dass der Beschluss der vorliegenden Gesetze durch das Kabinett ein guter Tag für Mecklenburg-Vorpommern ist. Ein großer Wurf sollte es werden, das gesamte Reformpaket, in dem der Finanzausgleich einen wichtigen Teil einnehmen sollte.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Sandkastenspiele sind herausgekommen.)

Das Ergebnis: eine Kurzfristlösung mit einer Haltbarkeit von zwei Jahren. Der Gesetzentwurf sollte die Weichen für eine zukunftsgerichtete Entwicklung der Kommunen stellen. Die gefundene Lösung muss nun wohl mit Fug und Recht als suboptimal betrachtet werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ultrasuboptimal.)

Der viel beschworene Dreiklang der drei Gesetzentwürfe findet sich nicht wieder. Es ist unstrittig, dass eine Anpassung des Finanzausgleiches vonnöten ist. Es wird Sie nicht verwundern, dass viele der gefundenen Regelungen unsere Zustimmung nicht finden können. Doch gehen wir der Reihe nach vor.

Meine Fraktion hat sich seit jeher für den Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung eingesetzt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zurufe von Gabriele Měšťan, DIE LINKE, und Sebastian Ratjen, FDP)

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung sehen wir dieses Ziel als nicht mehr gewährleistet an.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Kommunale Selbstverwaltung wird mit den vorliegenden Zahlen ad absurdum geführt. Dem nach eigenen Aussagen der Landesregierung im Gesetzestext gesetzten Ziel eines fairen, aufgabengerechten kommunalen Finanzausgleichs unter Berücksichtigung des Verfassungsauftrags nach Artikel 73 der Landesverfassung wird der Gesetzentwurf unserer Auffassung nach nicht gerecht.

Sehr geehrter Herr Minister, nach dem Beschluss des Kabinetts im Mai haben Sie bescheinigt, dass eine Finanzmasse von 1,25 Milliarden Euro notwendig und angemessen zur Aufgabenerfüllung ist. Nachdem diese Zahl innerhalb von lediglich drei Wochen um fast 100 Millionen Euro gesenkt wurde, behaupten Sie immer noch das Gleiche. Herr Caffier, diese Aussage kommt einer Farce gleich.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

Nach Aussage mehrerer Gemeinden können mit den neu zugewiesenen Mitteln nicht einmal mehr die pflich

tigen Aufgaben erfüllt werden. Selbst Gemeinden mit einer heute geordneten Haushaltsführung geraten in die Schuldensituation. Zu Ihrem Verweis auf die Kassenstatistik 2008 kann ich nur sagen: Eine Schwalbe macht noch lange keinen Sommer.

(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Und wo wir gerade von Schlüsselmassen sprechen, gehe ich auf das Thema Vorwegabzüge ein. Wir Liberalen haben uns stets dafür eingesetzt, Vorwegabzüge auf den Prüfstand zu stellen