Protokoll der Sitzung vom 23.09.2009

Was bedeutet das in der Praxis? Nun, vor allem entlastet die Änderung das Landesverfassungsgericht von der Erledigung von Verwaltungsaufgaben, denn nach der Neuregelung werden bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln die tatsächlich entstandenen Auslagen der Mitglieder des Gerichts ohne Weiteres bis zur Höhe der Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse der Bahn erstattet, ohne Weiteres, ohne weitere Prüfung und Begründung. Nach dem Landesreisekostengesetz ist dies bisher nur bei Vorliegen triftiger Gründe möglich.

Nun, ich bin kein Reisekostenspezialist.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das hätte ich jetzt gar nicht gedacht.)

Dennoch, für mich, und ich denke, auch für das Gericht, liegen und lagen solche Gründe sicher auch dann vor, wenn die Mitglieder des Landesverfassungsgerichts die Reisezeit in der Bahn zum Beispiel zum Aktenstudium genutzt haben. Dazu sollte es schon möglich sein, sich in die erste Klasse zurückzuziehen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, das musste bisher jeweils immer wieder neu begründet und dann auch geprüft werden. Das ist aus meiner Sicht eine Verwaltungsaufgabe, von der wir das Gericht entlasten können und, wenn Sie meine persönliche Ansicht hören wollen, auch entlasten müssen. Denn Sie wissen es, das Gericht hat in seinem Stellenplan nur eine Stelle in der Verwaltung.

Gleichzeitig wird, und das will ich nicht verschweigen, das Kilometergeld auf 30 Cent je Kilometer, mit dem Pkw gefahren, steigen von bisher 25 Cent, die nach der bisherigen Regelung bei Vorliegen triftiger Gründe möglich sind.

Wenn wir uns vor Augen halten, dass beispielsweise Thüringen alle Mitglieder des dortigen Landesverfassungsgerichts im Reisekostenrecht wie Beamte der Besoldungsgruppe B 9 behandelt und bei uns jeder dieser Beamten, nämlich die Staatssekretäre, einen Dienstwagen zur Verfügung hat, wird die Dimension unseres Gesetzentwurfes deutlich. Wir sind auch, wie das so unsere Art ist, was unser Landesverfassungsgericht anbelangt, bescheiden und zurückhaltend.

Abschließend, meine sehr verehrten Damen, meine Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich noch den systematischen Aspekt des Gesetzentwurfes hervorheben. Das Landesverfassungsgericht ist ein Verfassungsorgan. Die Mitglieder, Sie wissen das, üben ein Ehrenamt aus und ich denke, da liegt es doch nahe, in Bezug auf die Reisekosten für diese ehrenamtlichen

Mitglieder des Gerichtes bei uns im Land die Regelungen anzuwenden, die für die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter allgemein im Bundesrecht bereitgestellt werden. Das wollen wir mit diesem Gesetzentwurf erreichen.

So viel zum Hintergrund. Verwaltungsvereinfachung und systematische Gründe, das hat uns zur Vorlage des Entwurfes bewogen. Ich freue mich ganz besonders, dass es gelungen ist, den uns heute zur Grundsatzberatung vorliegenden Gesetzentwurf gemeinsam erarbeitet zu haben. Alle demokratischen Fraktionen haben hier an einem Strang gezogen und das ist gut so. Aus meiner Sicht dokumentieren wir damit zweierlei: Erstens erhält das Landesverfassungsgericht als Verfassungsorgan hier im Hause die Beachtung, die ihm zukommt, und zweitens arbeiten wir demokratischen Fraktionen im Bereich außerhalb der tagespolitischen Auseinandersetzung eng zusammen. Und auch das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist gut so.

Ich beantrage namens der Antragsteller die Überweisung federführend an den Europa- und Rechtsausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der F raktion der SPD)

Danke, Herr Müller.

Meine Damen und Herren, im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache nicht vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 5/2790 zur federführenden Beratung …

(Heinz Müller, SPD: Das ist kein Gesetzentwurf der Landesregierung. – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Nö, nö, nö!)

Ja, das ist hier falsch geschrieben, Entschuldigung.

Der Ältestenrat schlägt vor, den gemeinsamen Gesetzentwurf der vier Fraktionen auf Drucksache 5/2790 zur federführenden Beratung an den Europa- und Rechtsausschuss sowie zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 11: Beschlussempfehlung und Bericht des Petitionsausschusses gemäß § 10 Absatz 2 des Gesetzes zur Behandlung von Vorschlägen, Bitten und Beschwerden der Bürger sowie über den Bürgerschaftsbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern,

(Angelika Peters, SPD: Den Bürgerbeauftragten.)

den Bürgerbeauftragten von Mecklenburg-Vorpommern. Das Petitions- und Bürgerschaftsgesetz sieht das so vor.

(Angelika Peters, SPD: Bürgerbeauftragter.)

Beschlussempfehlung und Bericht des Petitionsausschusses gemäß § 10 Absatz 2 des Gesetzes zur Behandlung von Vorschlägen, Bitten und Beschwerden der Bürger sowie über den Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetz – PetBüG M-V) – Drucksache 5/2800 –

Das Wort zur Berichterstattung hat die Vorsitzende des Petitionsausschusses Frau Borchardt. Frau Borchardt, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der auf der Drucksache 5/2800 vorliegenden Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses wird der Landtag gebeten, dem Abschluss von insgesamt 207 Petitionen zuzustimmen. Zu 174 Eingaben empfiehlt der Petitionsausschuss einen Sachbeschluss, 19 Petitionen sollen an andere Landtage oder den Deutschen Bundestag als für deren Behandlung zuständige Stelle weitergeleitet werden. In 14 Fällen empfiehlt der Petitionsausschuss, von der Behandlung der Eingabe abzusehen. Diese Empfehlungen begründen sich insbesondere darauf, dass die Petenten um die Abänderung einer gerichtlichen Entscheidung baten oder aber einen Sachverhalt schilderten, an dem ausschließlich Privatpersonen beteiligt waren.

Seit der Vorlage der vorigen Beschlussempfehlung befasste sich der Petitionsausschuss insbesondere mit einem Anliegen mehrerer Kleingärtner sehr intensiv. Im Zusammenhang mit der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie sowie des Wasserhaushaltsgesetzes des Bundes und des Landeswassergesetzes sollen bis 2013 auch die vielen Kleingärten in Mecklenburg-Vorpommern beziehungsweise Kleingartenvereine unseres Landes das anfallende Abwasser dem Stand der Technik entsprechend entsorgen.

Dieses Ansinnen ist grundsätzlich zu begrüßen, da eine hohe Wasserqualität unserer Seen und Flüsse sowie des Grundwassers, welche durch die Einleitung ungeklärter Abwässer erheblich beeinträchtigt würde, allen Menschen in Mecklenburg-Vorpommern zugutekommen. Allerdings besteht für die Kleingärtner mit dem Anschluss an eine Abwasserleitung, etwa eines Zweckverbandes, die begründete Gefahr, dass diese ihren Bestandsschutz nach dem Bundeskleingartengesetz verlieren könnten. Danach darf ein Kleingarten nicht zum dauerhaften Wohnen geeignet sein. Mit dem Zwangsanschluss an ein Abwassernetz wäre eine Grundlage für die Nutzung des Kleingartenhäuschens als Ferienhaus geschaffen und eine Nichteignung zum dauerhaften Wohnen kaum noch nachweisbar.

Der Petitionsausschuss hörte zu diesem Thema Vertreter des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz sowie des Innenministeriums an. Im Rahmen der Gespräche betonten die Ausschussmitglieder fraktionsübergreifend, es müsse gewährleistet werden, dass anfallende Abwässer ordnungsgemäß entsorgt werden, aber der Bestandsschutz nach dem Bundeskleingartengesetz dadurch nicht entfallen dürfe. Bedauerlicherweise konnte dies seitens der Ministerien nicht zugesichert werden.

Von den Abgeordneten aller demokratischen Fraktionen ist die herausragende soziale Funktion der Kleingärten, der hohe Erholungswert sowie ihre Bedeutung für eine gesunde Umwelt betont worden, wegen der die Kleingärten in ihrer jetzigen Form unbedingt erhalten werden müssen. Vor diesem Hintergrund hat der Petitionsausschuss empfohlen, die betreffenden Petitionen an die Landesregierung sowie die Fraktionen des Landtages zu überweisen, damit wir gemeinsam nach einer Lösung suchen können, die sowohl dem Landeswasserrecht als auch dem Begehren der Petenten nach Erhalt des Bestandsschutzes für ihre Gärten gerecht wird.

Bei vielen der heute abzuschließenden Petitionen konnte den Begehren der Petenten gänzlich oder aber zumindest teilweise abgeholfen werden. Das gilt auch für die meisten der elf bereits im Jahr 2007 eingereichten Petitionen. Sicher werden einige denken, jetzt nach zwei Jahren schließen wir erst diese Petition ab. Warum mussten diese Verfahren so lange dauern? Das mag richtig sein. Ich möchte aber an einem Beispiel erklären, dass es vielleicht manchmal ganz gut ist, wenn sich der Petitionsausschuss im Interesse des Petenten Zeit nimmt und dem Anliegen verstärkt nachgeht.

Am 14.08.2007, also vor über zwei Jahren, erreichte den Petitionsausschuss eine Eingabe, mit der der Petent sich über den geplanten Anschluss eines Ortes an die zentrale Abwasseranlage beschwerte. Der Petitionsausschuss musste zunächst zur Kenntnis nehmen, dass der Abwasserzweckverband, auf den die Gemeinde die Aufgabe der Abwasserbeseitigung übertragen hatte, entgegen früherer Planungen einen Anschluss des Wohnortes des Petenten an die zentrale Abwasserentsorgung beschlossen hatte. Diese Entscheidung war durch den Ausschuss nicht zu beeinflussen.

Der Petent trug dann allerdings vor, dass er sein Abwasser zurzeit in eine genehmigte Kleinkläranlage einleite, die ordnungsgemäß genehmigt sei und für die er Fördermittel erhalten habe. Diese müsste er zurückzahlen, wenn er die Kleinkläranlage vor Ablauf der Zweckbindungsfrist stilllegen müsse. Auf Vermittlung des Petitionsausschusses teilte der Zweckverband mit, dass das Grundstück des Petenten zwar an die zentrale Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossen werde, aber aus Kulanzgründen erst dann, wenn der Zweckbindungszeitraum für die Fördermittel für die Kleinkläranlage abgelaufen ist, sodass der Petent keine Fördermittel zurückzahlen müsse.

Damit war eine wesentliche Forderung des Petenten erfüllt und der Petitionsausschuss konnte das Petitionsverfahren während seiner Sitzung am 26.03.2009 abschließen. Wenn der Landtag heute über die Sammelübersicht beschlossen hat, ist das Petitionsverfahren endgültig abgeschlossen und wir können zu Recht sagen: Was lange gewährt hat, ist gut geworden.

Wie Sie der vorliegenden Drucksache entnommen haben, empfiehlt der Petitionsausschuss in neun Fällen, eine Eingabe an die Landesregierung beziehungsweise die Fraktionen des Landtages zu überweisen, um sie beispielsweise auf die Petition besonders aufmerksam zu machen oder aber das entsprechende Anliegen in künftigen Gesetzen oder bei Gesetzesänderungen zu berücksichtigen.

Indem die Bürger ihr Petitionsgrundrecht wahrgenommen haben, machten sie uns auf mögliche Verbesserungen oder Anpassungen der von uns erlassenen Gesetze aufmerksam. Hierbei möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass einige Bürger ihr Petitionsrecht intensiver nutzen als andere. So befinden sich beispielsweise in der Ihnen vorliegenden Beschlussempfehlung allein 19 Petitionen einer einzelnen Person. Die Eingaben betreffen unter anderem Anregungen für Veränderungen im Schul- beziehungsweise Bildungsbereich sowie Angelegenheiten der Justizverwaltung.

Es wird nicht verwundern, dass nicht allen 19 Anliegen entsprochen werden konnte. Vielmehr sollen 7 Petitionen abgeschlossen werden, weil dem Begehren nicht abgeholfen werden kann. Jedoch konnte zu 6 Einga

ben ein Teilerfolg verzeichnet und in zwei Fällen dem Begehren des Petenten in Gänze entsprochen werden. Ferner empfiehlt der Petitionsausschuss, 2 der Petitionen an den Deutschen Bundestag als für deren Bearbeitung zuständige Stelle weiterzuleiten. Zu einem Anliegen wurde seitens der Berichterstatter einstimmig die Überweisung an die Landesregierung empfohlen, um sie auf das Anliegen des Petenten besonders aufmerksam zu machen.

Seitens des zuständigen Justizministeriums wurde der Vorschlag des Petenten zur Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen im Internet als ein sinnvoller Beitrag zu einer bürgernahen Verwaltung bewertet und dessen Umsetzung in Erwägung gezogen. Obwohl nicht bei jeder der eingereichten eingehenden Petitionen sofort die Sinnhaftigkeit erkennbar war, führte die Mehrheit der 19 Eingaben zumindest teilweise zu einem positiven Ergebnis. Insoweit zeigt sich, dass wir auch künftig über jeden Bürger froh sein sollten, der sich über sein Petitionsrecht an die gewählten Volksvertreter wendet und so aktiv an der Politik teilnimmt. Dies ist letztendlich gelebte Demokratie.

Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass der Petitionsausschuss zwar nicht alle in der Beschlussempfehlung vorliegenden Petitionen einstimmig abgeschlossen hat, der Beschlussempfehlung insgesamt dann aber doch einstimmig zugestimmt wurde. Insofern bitte ich Sie, der Beschlussempfehlung ebenfalls zuzustimmen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Frau Borchardt.

Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Herr Tino Müller von der Fraktion der NPD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die dem Landtag vorliegende Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses basiert auf Eingaben von Bürgern, die in vielerlei Hinsicht mit den derzeitig vorherrschenden Zuständen schlichtweg unzufrieden sind. Viele tragische Einzelschicksale sind hierin allzu oft Spiegelbild der allgemeinen Verbitterung über die soziale Kälte in diesem Staat. Vielen Petitionen kann jedoch aufgrund bestehender Gesetzeslagen nicht entsprochen werden, sei es die Vielzahl von GEZ- und KAG-Geschädigten oder das Heer mittelloser Hartz-IV-Empfänger.

Trotz der Intensität der Beschwerden über die bestehende Politik kann von einem Umdenken bei den Regierenden keine Rede sein. Eine vom Ausschuss behandelte Petition, die ich kurz darlegen möchte, soll deutlich machen, was gerade im Vorfeld der Bundestagswahlen an Versprechungen von den Vertretern der etablierten Parteien in der tatsächlichen Praxis übrig bleibt.

(Angelika Peters, SPD: Wann waren Sie das letzte Mal im Petitionsausschuss? Ihr Gesicht kenne ich gar nicht mehr.)

Die Tochter eines Petenten war zum Zeitpunkt der Eingabe im Begriff, eine anderthalbjährige Alten- und Krankenpflegeausbildung an einer privaten Berufsfachschule in Grevesmühlen zu absolvieren. Die monatlichen

Kosten betrugen 210 Euro. Das ist weniger als die Hälfte der Bruttodiätenerhöhung, die sich die Altpolitiker in diesem sogenannten Hohen Hause kürzlich genehmigten.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Der Petent und seine Ehefrau sahen sich außerstande, diese Summe aufgrund ihrer Arbeitslosigkeit beziehungsweise 1-Euro-Tätigkeit ohne staatliche Unterstützung alleine zu tragen.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)