Wir wissen aus den vergangenen Jahren, dass die Hochschulkapazitäten eng bemessen sind. Die Stellen für die Hochschulen sind bis zum 31.12.2020 garantiert, insgesamt also praktisch festgeschrieben. Durch die Hochschulautonomie wird die Stellenverteilung weitgehend durch die Hochschulen vorgenommen. Dabei kommt es zwangsläufig zu Problemen um die verfügbaren Stellen für die Professorinnen und Professoren sowie den akademischen Mittelbau.
Wir haben im Zusammenhang mit den Zielvereinbarungen und der Zielvorgabe für Rostock im Jahr 2006 – ich darf daran erinnern – darüber diskutiert, ob es notwendig oder zweckmäßig sein könnte, die Fragen der Lehrerbildung aus dem autonomen Entscheidungsrahmen der Universitäten herauszulösen und sie in der staatlichen Verantwortung zu belassen. Ich kann für meine Fraktion sagen, dass wir dieser Variante auch heute noch einiges abgewinnen können, weil es nämlich Verteilungskämpfe in den Universitäten, die Lehrerinnen und Lehrer ausbilden, einfach unmöglich macht. Unter der Voraussetzung, dass die Landesregierung dann noch die gesamte Finanzierungsverantwortung für die Stellen und Sachmittel übernimmt, wäre das denkbar.
Ich weiß nicht, ob diese Variante mit dem Antrag wieder zum Leben erweckt werden soll. Nach den bisherigen Aussagen ja wohl nicht. Wenn allerdings, dann hätte das Auswirkungen auf den Haushalt und wäre im Zuge der anstehenden Haushaltsberatungen natürlich zu thematisieren. Möglich wäre aber auch der Abschluss von Teilzielvereinbarungen für diese Aufgabe. Doch auch das, meine sehr verehrten Damen und Herren der Koalition, wäre ohne finanzielle Zuweisungen des Landes für die Hochschulen, die Lehrerinnen und Lehrer ausbilden, wohl kaum möglich.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass das Thema der Lehrerbedarfsplanung wichtig und notwendig ist. Also darüber besteht ja, glaube ich, auch Übereinstimmung aller hier im Hause, zunächst für die Lehrerinnen und Lehrer, die über Jahre mit großer Solidarität und auch unter persönlichen Entbehrungen in Teilzeit gearbeitet haben. Sie müssen, wie von der Landesregierung versprochen, endlich mit einer Zeitschiene für den Übergang in die Vollbeschäftigung eine Perspektive bekommen.
Ich hoffe sehr, dass die in der Begleitgruppe schon genannte Zahl von 80 Prozent für das Schuljahr 2014/2015 nach der vorliegenden Berechnung nach unten korrigiert wird. Die Lehrkräfte an den Grundschulen sind praktisch schon in Vollzeit. Bei den anderen Schulartgruppen wird es davon abhängen, ob die Landesregierung bereit ist, zum Beispiel die Vielzahl an zusätzlichen Aufgaben durch die Selbstständige Schule zu vergüten beziehungsweise entsprechend anzurechnen, die Erhöhung der Pflichtstundenzahl zurückzunehmen oder bei der Arbeit der Lehrkräfte in Ganztagsschulen oder bei Ganztagsangeboten endlich die Bezahlung für eine Schulstunde auch in Höhe einer Stunde vorzusehen. Das alles hat aber Auswirkungen auf Bedarfe, meine Damen und Herren. Und jede einzelne kleine Stellschraube hat Konsequenzen auf die zu ermittelnden Bedarfe.
Und ich darf Sie ruhig daran erinnern, als es damals hieß: Die Erhöhung der Pflichtstundenzahl wird deswegen unumgänglich, weil die finanzielle Situation des Landes es erforderlich macht, und gegebenenfalls wäre sie wieder zurückzunehmen. Natürlich hat eine Reduzierung
einer Pflichtstundenzahl von 27 auf 26 Stunden nicht nur Konsequenzen für den Landeshaushalt, sondern vor allen Dingen auch Konsequenzen in der Bedarfsplanung, denn 27 oder 26 Stunden bedeuten eine Stelle.
Alle diese Maßnahmen und weitere würden auch die Akzeptanz des Junglehrerprogramms deutlich erhöhen. Die Kritik, die ich höre, richtet sich nicht vordergründig gegen die jungen Kolleginnen und Kollegen, sondern vor allen Dingen gegen die eigene Benachteiligung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, abschließend noch eine Bemerkung zum im Punkt 2 genannten Termin. Dort steht, dass die Landesregierung über die Ergebnisse dieser erstmalig im Jahre 2009 erstellten Bedarfsplanung im Bildungs- und Finanzausschuss berichten soll. Ich gehe davon aus, dass dies nach der Ankündigung, die bereits im Bildungsausschuss durch den Minister gemacht wurde, im Dezember ja ohnehin auf der Tagesordnung steht.
Also auch deswegen brauchen wir Ihren Beschluss überhaupt nicht und von daher wird meine Fraktion diesen Antrag ablehnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bereits gestern sprachen wir an dieser Stelle über die Unterrichtung durch die Landesregierung, über ihre Empfehlungen aus dem Bericht der Expertenkommission. Und ich sprach davon, dass wir im Bereich Bildung und in den Vorhaben, die wir hier diskutieren werden, auch wieder unmittelbar thematischen Bezug zu unserer aktuellen Arbeit haben. Dies können Sie heute auch an dem Ihnen vorliegenden Antrag, Herr Bluhm, der Koalitionsfraktionen wiedererkennen.
Und ich habe jetzt lange bis ganz zum Schluss überlegt, was wohl die Fraktion DIE LINKE machen wird. Aber Sie haben es ja dann doch gesagt, dass Sie dem Antrag leider nicht zustimmen können. Ich denke auch, die Begründung des Bildungsministers hat gezeigt, dass wir hier durchaus auf der richtigen Spur sind und sich die Regierung darüber freut.
(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Das macht er doch alles schon. Da braucht er doch nicht Ihren Antrag zu.)
Ich finde, schon. Er zeigt noch mal ganz klar den Weg und das, denke ich, ist auch in der öffentlichen Darstellung sehr wichtig.
Das Gros bei uns im Antrag basiert – und das haben wir eben schon gehört – auf einer Anhörung, die wir im Mai im Bildungsausschuss hatten. Das Thema war hier „Berufliche Situation und berufliche Perspektiven der Lehrerinnen und Lehrer und der Lehrerbildung in Mecklenburg-Vorpommern unter besonderer Berücksichtigung der Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger“. Wir hatten 29 Sachverständige da und vorab 25 Fragen gestellt. Und da kamen ganz klare Fakten zusammen.
Fakt ist, dass der Altersdurchschnitt unserer Lehrer in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat. Die meisten von ihnen sind über 47 Jahre alt. Das weiß jeder, der auch mal mit Schulklassen zu tun hat. Diese sind ja auch mal hier im Landtag zugegen. Ich hatte heute drei Klassen und habe jedes Mal die Schüler gefragt, wie viel Lehrer sie denn haben, die unter 30 sind. Da war die Antwort in der Regel: keinen. Und dann habe ich gefragt, wie viel Lehrer sie haben, die unter 40 sind. Da war es in einer Schule einer bei 30 Kollegen und in einer anderen Schule waren es 2 bei 50 Kollegen. Insofern zeigt es sich, dass es hier ein tatsächliches Problem gibt, das uns auch allen bekannt ist.
Fakt ist auch, dass es bereits jetzt in Fächern wie Latein, Musik, Religion sowie im Förderschulbereich einen Mangel an ausgebildeten Pädagogen gibt. Fakt ist auch, dass sich die Studenten das Lehramt zum Studium erwählen, von dem sie sich voraussichtlich die besten Chancen für eine berufliche Perspektive errechnen. Die Folge ist, dass in Mecklenburg-Vorpommern disproportional zum Bedarf ausgebildet wird. Das heißt, dass das Verhältnis der Lehramtsstudierenden für das Gymnasium und für die Haupt- und Realschulen laut Anhörung in Greifswald 7:1 und in Rostock 4:1 ist. Der Bedarf, so wurde uns dargestellt, soll lediglich bei der Lehrerzahl von 2:3 völlig anders sein. Daraus resultiert, dass 58,9 Prozent unserer Lehrer an Regionalen Schulen arbeiten und 41,1 Prozent an Gymnasien.
Das sind Fakten, die wir nicht einfach so stehen lassen dürfen. Gerade mein letztes Beispiel zeigt, dass sich dieses Ungleichgewicht dann natürlich auch im Vorbereitungsdienst fortsetzt. Mir erscheint daher eine schulart- und fächerbezogene Lehrerbedarfsplanung für unser Land als unbedingt notwendig. Ich bin Henry Tesch und auch der Koalition sehr dankbar, dass wir das hier auf den Weg bringen, und möchte Sie aus diesem Grund bitten, unserem Antrag zuzustimmen.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Macht er doch alles schon. Macht er doch alles schon. – Irene Müller, DIE LINKE: Überzeugend war das nicht gerade.)
… auch mit dem, was ich in der Zeitung gelesen habe, haben wir gute Oppositionsarbeit gegenüber der Regierung geleistet,
(Marc Reinhardt, CDU: Sie dürfen aber nicht alles glauben, was in der Zeitung steht, Herr Kreher. – Zuruf von Mathias Brodkorb, SPD)
und zwar nicht nur gegen die jetzige Regierung, sondern vor allem gegenüber den Regierungen, die Sie damals mitgetragen haben.
Ich zitiere hier: „Brodkorb wirft dem Kultusministerium vor, seit Jahren die Feinplanung versäumt zu haben. Die SPD will laut Brodkorb erreichen, dass die Ergebnisse der Lehrerbedarfsplanung Niederschlag finden in der Hochschulausbildung.“ Und so weiter.
Herr Brodkorb, ich erkenne hier an, dass Sie in Ihrer Einführungsrede selbstkritisch gesagt haben, jawohl, wir haben da in vorausgegangenen Jahren – man muss schon beinahe sagen, Jahrzehnten – nicht genügend aufgepasst. Also insofern erkenne ich an, dass jeder auch mal bestimmte Dinge nicht immer voraussehen kann und selbstkritisch an die Sache herangeht, durchaus. Aber dazu passt nicht Ihre Arroganz, die Sie gerade unseren Anträgen gegenüber in der Vergangenheit hier beigebracht haben.
Ich habe, seit ich hier im Landtag bin, immer wieder darauf verwiesen, auch im Namen meiner Fraktion, der FDP, dass wir auf einen Lehrermangel zugehen und rechtzeitig handeln müssen.
Gut, wir hatten da immer unterschiedliche Standpunkte zum Lehrerpersonalkonzept. Das ist ja auch alt, darüber brauchen wir jetzt nicht mehr zu reden. Ich habe auch immer darauf hingewiesen, dass wir da in einer Sackgasse sind und dass wir den Weg aus dieser Sackgasse finden müssen. Und das ist jetzt die Sache, es ist vorbei. Jetzt müssen wir darauf zugehen. Aber ich weise darauf hin, dass wir auch für unseren Antrag, den wir im Februar dieses Jahres gestellt hatten, ein umfassendes Lehrerpersonalmanagement gefordert haben und dass dann im Nachhinein sogar von den Gewerkschaften gesagt wurde, dass das in die richtige Richtung geht.
Die Landesregierung wurde von uns aufgefordert, ein Konzept zu entwickeln, welches die aktuellen und zukünftigen Engpässe an qualifiziertem Lehrerpersonal kurzfristig und qualitätsorientiert beseitigt. Was wir jetzt von der Landesregierung nach über einem halben Jahr sehen, ist ein sehr schmales und mutloses Programm. Und wenn ich jetzt auch noch gehört habe, dass an bestimmten Dingen in der Landesregierung gearbeitet wird, und Sie aber so einen Schauantrag heute stellen – das hat ja mein Vorredner Herr Bluhm wunderbar gesagt –, ist es im Grunde genommen ein Misstrauensantrag gegenüber der Regierung, wenn Sie jetzt die Regierung auffordern zu handeln, und die Regierung sagt uns dann immer wieder: Das machen wir doch alles, machen wir doch alles. Ich denke, Sie sind eigentlich viel besser informiert als wir, was die Regierung macht. Und dann kommen Sie immer wieder mit solchen Anträgen, die uns hier nur beschäftigen und die eigentlich nichts Neues bringen.
Meine Damen und Herren, ich werde jetzt meine Redezeit – ich habe nur vier Minuten – nicht unnötig hinauszögern. Aber nach allem, was wir uns hier angesehen haben, ist dieser Antrag nicht zustimmungswürdig. Auch wir werden diesen Antrag ablehnen. – Danke schön.