Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktion der FDP hat der Abgeordnete Herr Grabow. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor gut zwei Jahren hat meine Fraktion bereits einen Antrag zur Sicherung der ärztlichen Versorgung im Plenum eingebracht.
Damals stellte der Gesundheitsminister Herr Sellering zufrieden fest, ich zitiere: „Noch ist die ärztliche Versorgung in unserem Bundesland gut, im Vergleich zu anderen Bundesländern wahrscheinlich sogar sehr gut.“
Das haben wir damals anders gesehen und sehen es auch heute noch so. Und Sellerings Nachfolgerin, Frau Gesundheitsministerin Schwesig, scheint nunmehr unsere Auffassung zu teilen. Sie widerspricht ganz klar Sellerings damaligen Worten, wenn sie in der Pressemitteilung vom 11. September 2009 feststellt, ich zitiere: „Die hausärztliche Versorgung ist eine wesentliche Säule unseres Gesundheitssystems. Diese Säule droht in Mecklenburg-Vorpommern dadurch ins Wanken zu geraten, dass uns die Hausärzte ausgehen.“ Und Frau Schwesig sagt in der PM weiter: „In dieser Situation müssen besondere Anstrengungen unternommen werden. Die bisherige Bedarfsplanung reicht als Instrument nicht mehr aus.“
Sehr geehrte Frau Schwesig, das sehen wir genauso. Die bisherigen Instrumente reichen nicht mehr aus. Die drohende medizinische Unterversorgung auf dem Lande erfordert, wie Sie richtig sagten, alle und vor allem besondere Anstrengungen.
In der Problemlösung unterscheiden wir uns jedoch erheblich, denn Sie spielen den Ball nur wieder zurück an die Ärzte, also KV.
Sie sehen offenbar als Landesregierung keinen besonderen Handlungsbedarf. Und mir scheint, selbst die Koalitionäre sehen keinen Handlungsbedarf.
Man wird uns bei der CDU und SPD vorhalten, dass die Gesamtzahl der Ärzte in Mecklenburg-Vorpommern seit der Wende zugenommen hat. Das ist richtig, die Gesamtzahl der Ärzte hat zugenommen. Wir reden hier aber über die niedergelassenen Haus- und Fachärzte. Da empfehle ich Ihnen einen Blick in die neue Studie, die am Dienstag vorgestellt worden ist. Dort können Sie nachlesen, welche erheblichen Unterschiede es in der medizinischen Versorgung in unserem Land gibt.
Im Landkreis Uecker-Randow kommen hingegen auf einen Kinderarzt circa 3.800 Kinder, in Nordwest-Mecklenburg 3.700 Kinder und in Mecklenburg-Strelitz gar 4.300 Kinder. Im Schnitt sind das über 4.000. Da kann von einem Gesundheits- und gar Kinderland keine Rede sein.
In der Forstner-Studie ist weiter nachzulesen, dass bis 2017 ein drastischer Rückgang im hausärztlichen Bereich zu erwarten ist.
Schon jetzt liegt das Durchschnittsalter der niedergelassenen Ärzte in M-V bei circa 50 Jahren. Zwei Drittel der Kinderärzte im Land sind 50 Jahre alt. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, welche Situation wir in 10 Jahren haben, vorausgesetzt, alle Ärzte arbeiten bis zum Ruhestand, also 67.
Wir sagen, gerade Mecklenburg-Vorpommern als Gesundheitsland muss mit eigenen Ideen vorangehen. Meine Fraktion hat in dieser Legislatur auf unterschiedliche Weise hierzu Vorschläge gemacht. Mit dem jetzigen Antrag fordern wir die Landesregierung auf, Fördermöglichkeiten für die Medizinstudenten zu prüfen, die sich nach Abschluss ihrer Ausbildung dazu verpflichten, in unserem unterversorgten Gebiet Mecklenburg-Vorpommern als niedergelassener Arzt tätig zu werden.
Zweitens fordern wir die Landesregierung auf zu prüfen, welche Rahmenbedingungen zu schaffen sind, damit niedergelassene Mediziner unbürokratisch eine mobile Zweitpraxis gründen können,
um in den unterversorgten ländlichen Gebieten die medizinische Betreuung patientenfreundlich zu gestalten.
Wir fordern die Landesregierung auf, gemeinsam mit den Krankenkassen, der Kassenärztlichen Vereinigung sowie der Ärzte- und Zahnärztekammer M-V einen Maßnahmenkatalog zu erarbeiten, der aufzeigt, wie die flächendeckende medizinische Versorgung sichergestellt werden kann und welche bürokratischen Hemmnisse für die niedergelassenen Ärzte beseitigt werden können.
Mit der Forderung schauen wir über unsere Landesgrenzen hinaus und sagen, andere Länder, wie zum Beispiel Sachsen, haben Programme aufgelegt, die den Beruf des Landarztes wieder attraktiv machen. Innerhalb des Programms zur Studienbeihilfe im Bundesland Sachsen ist die Gewährung einer finanziellen Beihilfe für alle Studierenden, die sich nach Abschluss ihres Studiums dazu verpflichten, sich in einem unterversorgten Gebiet als Hausarzt niederzulassen, zugesichert. Ziel des Programms ist es, den drohenden Ärztemangel gerade im ländlichen Raum zu verhindern und den Zugang gut ausgebildeter Fachkräfte und ihrer Familien zu fördern.
Ich denke, dass dieses Programm ein guter Weg auch für M-V sein könnte und parallel zu den Initiativen der KV laufen kann. Schauen Sie sich die Ergebnisse der Anhörung des sächsischen Sozialausschusses an!
Zweitens fordern wir die Unterstützung für diejenigen niedergelassenen Mediziner, die neben ihrer Praxis eine mobile Betreuung von Patienten betreiben wollen. Auf diese Weise wird insbesondere eine bessere Versorgung von älteren Patienten ermöglicht.
Drittens soll die Landesregierung einen Maßnahmenkatalog erarbeiten, der einen Weg aufzeigt, wie bürokratische Hemmnisse für niedergelassene Ärzte in Mecklenburg-Vorpommern beseitigt werden können. Damit soll der Beruf des niedergelassenen Arztes wieder attraktiver werden.
Der Arzt soll wieder mehr Zeit für die Patienten haben und weniger für die Bürokratie brauchen. Zudem soll der Maßnahmenkatalog konkrete Handlungsanweisungen beinhalten, wie vor allem ambulante medizinische Versorgung langfristig in Mecklenburg-Vorpommern gesichert werden kann. Die bisherigen und die zu erwartenden Entwicklungen lassen eine dramatische medizinische Unterversorgung der Bevölkerung im ländlichen Raum mit Allgemeinmedizinern, aber auch Fachärzten erwarten.
Bitte unterstützen Sie unseren Antrag, denn die Landesregierung, namentlich die Ministerin, sieht die hausärztliche Versorgung als gefährdet an.
Und, Herr Nieszery, mir ist bewusst, dass wir jetzt auch wieder eine politische Diskussion über die Wahlprogramme der einzelnen Parteien anfangen. Ich bitte an dieser Stelle, sich aber über die Ideen zu unterhalten. Und sicherlich haben Sie recht, es sind verschiedene Sachen angesprochen worden, aber wir haben auch wenig Erfolg, glaube ich, in dem Bereich.
Gut, das werden wir ja jetzt hören. Was wir dann an Erfolgen schon haben, wird Frau Ministerin uns bestimmt jetzt sagen.
Auf jeden Fall sind es sachliche Hinweise. Ich glaube, so schlechte Ideen sind es nicht, es sei denn, wir machen das schon alles. Nach meiner Rücksprache mit der KV war das gestern nicht so.
Im Augenblick stehen zum Beispiel zehn Allgemeinpraxen für Allgemeinmediziner frei und fünf Kinderarztpraxen. Diese stehen auch schon seit Längerem frei. Wer das gern nachprüfen will, kann mal in das schöne Haus der KV gehen. Dort gibt es so eine Ausschreibungsliste, da kann man sich das alles durchlesen. Ich werbe für unseren Antrag.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Als Erste hat ums Wort gebeten die Ministerin für Soziales und Gesundheit Frau Schwesig. Bitte schön, Frau Ministerin, Sie haben das Wort.