Protokoll der Sitzung vom 24.09.2009

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Michael Andrejewski, NPD: Unsere Staatskassen gehören euch!)

Die widerlichen Hassplakate sind endlich abgehängt. Sie stammen von einigen ignoranten Wirrköpfen. Diese Herren

(Udo Pastörs, NPD: Und Damen! Und Damen!)

sprechen nicht für die Menschen in MecklenburgVorpommern

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

und sie sprechen schon gar nicht für alle Deutschen.

(Udo Pastörs, NPD: Aber Sie, Herr Doktor! – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Meine Damen und Herren, wir alle sind uns der historischen Schuld bewusst, die das Deutsche Reich auf sich geladen hat.

(Michael Andrejewski, NPD: Also „alle“ würde ich mal zurücknehmen.)

Obgleich ich selbst erst 15 Jahre nach Kriegsende geboren wurde, gehen mir die Verbrechen von Krieg und Diktatur sehr nah,

(Udo Pastörs, NPD: Gnade der späten Geburt.)

denn wie in so vielen anderen Familien in Deutschland gab es auch in meiner Familie Täter.

(Udo Pastörs, NPD: Oh, oh, Selbstbezichtigung! Das hört man gern.)

Ich weiß um ihre Verbrechen. Ich kenne die schwere Schuld von Menschen,

(Udo Pastörs, NPD: Sie sind ein Nestbeschmutzer.)

die mir sehr nahestanden.

Herr Abgeordneter Dr. Nieszery!

Herr Abgeordneter Pastörs, für die persönliche Beleidigung des Abgeordneten Dr. Nieszery erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf und weise Sie darauf hin, dass das für die heutige Sitzung bereits der zweite ist. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass bei gegebenenfalls einem dritten Sie mit einer Wortentziehung geahndet werden.

Bitte, Herr Dr. Nieszery.

Ich kenne die schwere Schuld von Menschen, die mir sehr nahestanden. Deshalb empfinde ich Scham über die Gräuel, die auch durch Mitglieder meiner Familie an den Mitmenschen in so vielen Ländern verübt wurden.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Und dann, nur für mich, bitte ich die Opfer im Namen meiner Vorfahren um Vergebung.

(Stefan Köster, NPD: Die bösen, bösen Vorfahren! Denken Sie an Stalin, das sind Ihre Vorfahren. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Gerade weil ich mich in dieser Weise mit meiner eigenen Familiengeschichte auseinandergesetzt habe, kann ich sagen: Das Ungeheuerliche, das damals geschah, ist nicht meine persönliche Schuld.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Niemand von uns Nachgeborenen trägt Schuld an diesen Verbrechen. Aber aus der historischen Schuld erwächst uns allen eine hohe Verantwortung. Und ich nehme diese Verantwortung sehr ernst. Sie bedeutet für mich, alles in meiner Macht Stehende zu tun, damit sich derart Unmenschliches niemals wiederholen kann.

(Stefan Köster, NPD: Amen! – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist ja unglaublich!)

Die schreckliche Vergangenheit bleibt uns Demokraten stets präsent und wir werden sie als Mahnung an die kommenden Generationen weitergeben. Auch wenn wir Nachgeborenen frei sind von Schuld, so denke ich oft, dass ein unterschwelliges Schuldbewusstsein unser Selbstwertgefühl, unser Selbstbewusstsein, ja vielleicht sogar unsere Identität als Deutsche beschneidet.

Lassen Sie mich das an einer Frage deutlich machen: Wenn wir heute zu Recht feststellen, dass die Bombardierung von Warschau, Rotterdam und London ein entsetzliches Unrecht an der Zivilbevölkerung war,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

dürfen wir dann dasselbe auch über die alliierte Flächenbombardierung von Dresden sagen?

(Michael Andrejewski, NPD: Nein.)

Selbstverständlichen dürfen wir das sagen.

(Michael Andrejewski, NPD: Wie mutig, wie mutig, tatsächlich.)

Dieser Krieg war von deutscher Seite von Anfang an darauf angelegt, auch einen Vernichtungskrieg gegen die Zivilbevölkerung zu führen.

(Stefan Köster, NPD: Natürlich.)

Dass die Brutalität auf beiden Seiten während des Krieges eskalierte, liegt in der schrecklichen Dynamik von Gewalt und Gegengewalt.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Heute müssen wir eine solche Gewaltspirale als men schenverachtend und verabscheuungswürdig brand marken.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Deswegen haben sie Belgrad bombardiert. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Wir dürfen nur niemals – niemals! – die Verbrechen der Nazis gegen das von der alliierten Kriegsführung verursachte Leid aufrechnen,

(Stefan Köster, NPD: Ja, das sind Ihre Freunde.)

denn dann würden wir Ursache und Wirkung verkehren

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

und damit die von den Deutschen begangenen Verbrechen verharmlosen.

(Stefan Köster, NPD: Sie sollten mal Churchills Tagebücher lesen, dann würde Ihnen ein Licht aufgehen.)

Wir dürfen niemals vergessen, dass die an der deutschen Zivilbevölkerung verübten Grausamkeiten am Ende dieser Gewaltspirale standen, die von Deutschland aus in Gang gesetzt wurde!

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Das ist ja das Interessante. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Die Verquickung von Trauer, Entsetzen, Scham und Schuldgefühlen beeinflusst auch heute noch bestimmte Debatten in Deutschland.

Ich will dies an einem Beispiel deutlich machen: Vor einigen Jahren fuhren Tausende Autos mit der Nationalflagge bestückt durch das Land. Dürfen Deutsche so deutlich die Liebe zum eigenen Land zeigen? Dürfen wir das?

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)