Gestatten Sie mir, meine Damen und Herren, eine persönliche Bemerkung. Ich bin sehr stolz darauf, dass mein Sohn an diesem deutsch-polnischen Gymnasium vor einem Jahr das Abitur abgelegt hat,
und ich bin sehr stolz darauf, dass meine Tochter in diesem deutsch-polnischen Gymnasium zur Schule geht,
denn ich finde es sehr gut, wenn junge Menschen aus verschiedenen Nationen schon in der Schule Kontakt zueinander haben, wenn Freundschaften über Grenzen hinweg geknüpft werden, wenn Völkerfreundschaft im besten Sinne des Wortes entsteht. Das ist tausendmal besser als nationalistische Hetze.
Ein früherer Bundeskanzler hat seine Regierungserklärung nach der Wahl einmal unter das Motto gestellt: „Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein.“ Meine Damen und Herren, dieser Satz: „Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein“, gilt für alle unsere Nachbarn,
Das hat natürlich etwas mit räumlicher Nähe zu tun, das hat aber auch etwas mit historischer Verantwortung zu tun. Wir sollten alle noch einmal reflektieren, was gestern in, wie ich finde, außerordentlich bemerkenswerten Reden von Norbert Nieszery, Harry Glawe, Helmut Holter und Hans Kreher ausgeführt worden ist. Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein, zu allen unseren Nachbarn,
aber vor allen Dingen zu unseren polnischen Nachbarn, an die wir unmittelbar angrenzen. Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein in einem umfassenden Sinne.
Wir brauchen und wir wollen gute politische Beziehungen. Wir brauchen und wir wollen gute Wirtschafts- und Handelsbeziehungen. Wir brauchen die Begegnung der Jugend. Wir wollen miteinander arbeiten auf allen gesellschaftlichen Ebenen, im Sport, in der Kultur, in der Wissenschaft. Dieses, meine Damen und Herren, ist der Wunsch der Demokraten in diesem Hause für deutschpolnische Beziehungen. Und dieser Wunsch geht Stück für Stück in Erfüllung.
Natürlich ist Polen erst seit fünf Jahren Mitglied der Europäischen Union und die Mitgliedschaft im Schengener Abkommen ist noch kürzer, aber Beziehungen entwickeln sich und sie entwickeln sich sehr positiv.
Wir alle, die in der Grenzregion wohnen – und ich habe zur deutsch-polnischen Grenze etwa zehn Kilometer Entfernung –,
wir alle in der Grenzregion und in diesem Land finden, dass das eine sehr gute Entwicklung ist und dass diese Entwicklung weitergehen muss, dass wir sie stärken und dass wir sie fördern müssen.
Da können wir braune und chauvinistische Hetze nicht gebrauchen, sondern wir wollen Freundschaft mit unseren Nachbarn, wir wollen ein gutes Zusammenleben und nicht menschenverachtende Plakate gegen diese polnischen Bürger.
Brauner Volksverhetzung, Rassenwahn, Nationalismus, Ausländerhass stellen wir uns entgegen. Das gilt für LINKE, das gilt für Sozialdemokraten, das gilt für christliche Demokraten, das gilt für Liberale, das gilt für das deutsch-polnische Gymnasium, den Deutschen Fußballbund, das gilt für das demokratische Deutschland,
Meine Damen und Herren, ich habe überlegt, ob ich an dieser Stelle schließe oder noch einen Satz anfüge – ich füge ihn an.
Ich wohne, wie gesagt, nicht sehr weit von der Grenze entfernt. Wenn ich nur wenige Hundert Meter weitergehe, dann ist dort das nächste Haus. In diesem Haus wohnt eine Familie, der Vater ist Deutscher, die Mutter ist Polin, ein paar Kinder gibt es auch. Ich weiß jetzt gar nicht, ob das Deutsche oder Polen sind, aber es sind süße Kinder. Das ist für mich entscheidend. Es sind süße Kinder!
Diese Kinder fahren mit ihrem kleinen Fahrrad durch die Straße, kommen zu mir und kommen zu meinen Hunden. Meine Hunde merken, das sind Kinder, und meine Hunde reagieren sehr instinktiv,
bringen ihr Stöckchen zu den Kindern, spielen mit den Kindern und gehen ganz einfach und ganz offen auf diese Kinder zu.
Manchmal glaube ich, diese Hunde, die nur auf ihren Instinkt und aus ihrer Erfahrung heraus handeln, sind tausendmal klüger
Meine Damen und Herren, es wurde eine Redezeit von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte einmal ein bisschen Ordnung in den Salat von Herrn Müller bringen. Zunächst einmal ist es keineswegs einheitliche Meinung der Rechtsprechung und der Justizbehören, dass diese Plakate tatsächlich volksverhetzend wären.
Immerhin hat das Verwaltungsgericht Greifswald eine ganz andere Auffassung vertreten. Das Verwaltungsgericht Greifswald …
(Andreas Bluhm, DIE LINKE, und Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das Bundesverfassungsgericht! – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)
Wollen Sie vielleicht behaupten, dass das Verwaltungsgericht Greifswald aus lauter Vollidioten besteht, die keine Ahnung haben von Recht?!
Es würde mich nicht wundern, wenn die Richter schon verhaftet sind, weil sie wahrscheinlich auch schon als Staatsfeinde gelten, weil sie für uns entschieden haben.
(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Wo leben Sie denn? – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Die arbeiten nicht mit Ihren Methoden.)
Sie verkennen hier die Natur eines Urteils. Ein Urteil ist kein Wahrheitsspruch. Ein Urteil ist ein Schieds- und Machtspruch. Es ist noch lange nicht gesichert, dass Bundesverfassungsgerichte automatisch mehr Ahnung haben müssen von Strafrecht als etwa der Generalstaatsanwalt von Sachsen.
(Angelika Peters, SPD: Ach, Sie suchen sich das wohl immer aus, was?! – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Aber sie haben entschieden, sie haben entschieden.)