ders am Herzen liegt: Ein junger Mann wurde zum ersten Mal Vater und hatte sich vom Versorgungsamt das voraussichtliche Elterngeld berechnen lassen. Danach sollte das Elterngeld deutlich unter dem Bedarf der jungen Familie liegen. Damit war die Familienplanung infrage gestellt. Es wäre dem Petenten nicht wie geplant möglich gewesen, die Kinderbetreuung für zwölf Monate zu übernehmen. Was war die Ursache für das niedrige Elterngeld? Für die Berechnung des Elterngeldes war das Einkommen der letzten zwölf Monate zugrunde zu legen. Der Petent hatte in diesem Zeitraum an einer langen Reservistenübung – zweieinhalb Monate – teilgenommen. Es stellte sich heraus, dass für die Zeit der Reservistenübung als Einkommen null Euro angesetzt worden waren. Die während dieser Zeit gezahlte Verdienstausfall entschädigung wurde nicht als anrechenbares Einkommen anerkannt.
Der Petent hatte sich dann selbst an das Bundesfamilienministerium gewandt und von dort eine abschlägige Antwort erhalten, es sei der Einkommensbegriff aus dem Einkommenssteuergesetz zugrunde zu legen. Die in der Reservistenzeit gezahlte Verdienstausfallentschädigung sei nicht steuerpflichtig und könne deshalb auch nicht angerechnet werden. Außerdem solle die Verdienstausfallentschädigung nur den Unterhalt sichern und kein Einkommen ersetzen. Auch deshalb bestehe kein Anlass, die Verdienstausfallentschädigung als Berechnungsgrundlage für das Elterngeld heranzuziehen. Hier sollte jemand wegen seines Dienstes an der Allgemeinheit einen Nachteil bei einer staatlichen Leistung im Bereich der Familienförderung hinnehmen müssen und das sollte auch noch rechtens sein.
In Abstimmung mit dem Petenten trug ich die Angelegenheit dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages vor. In einer ersten Stellungnahme erhielt ich unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Bundesfamilienministeriums eine abschlägige Antwort. Hier wäre eigentlich mein Auftrag abgeschlossen gewesen. Der Petent hätte eine ablehnende Antwort erhalten. Ich wollte das aber nicht auf sich beruhen lassen und wandte mich an das Bundesministerium der Verteidigung. In seiner Antwort bedauerte das Verteidigungsministerium ausdrücklich, dass die Wehrübung bei dem Petenten zu einem finanziellen Nachteil bei der Berechnung des Elterngeldes geführt hat. Es wurde der Hinweis auf die Möglichkeit der Beantragung eines Härtefallausgleichs gegeben. Im Ergebnis wurde auch tatsächlich die individuelle Schlechterstellung des Petenten durch die Zahlung eines Härtefallausgleichs korrigiert.
Ich hielt aber darüber hinaus eine rechtlich abgesicherte gerechte Lösung für alle zukünftigen Teilnehmer an Reservistenlehrgängen für wichtig. Wenig später erhielt ich vom Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages ein weiteres Schreiben. Der Petitionsausschuss hatte sich darin erfreulicherweise der von mir übermittelten Argumentation des Petenten angeschlossen. Anfang 2009 wurde im Bundeserziehungsgeldgesetz eine entsprechende Änderung vorgenommen. Bei Personen, die Wehrdienst, also auch Reservistendienst leisten, wird dieser Zeitraum bei der Berechnung des Elterngeldes ausgespart. Es sind dann die letzten zwölf Monate, in denen steuerpflichtiges Einkommen erzielt wurde, zugrunde zu legen. Diese Verbesserung gilt auch für alle, die Zivildienst leisten.
Damit hat bundesweit seit dieser Gesetzesänderung ein großer Personenkreis junger Menschen Anspruch auf ein höheres Erziehungsgeld. Dieser Erfolg zeigt, dass der
Bürgerbeauftragte des Landes Mecklenburg-Vorpommern auch vor dem Bundesgesetzgeber Gehör findet und auch Gesetzesänderungen bewirken kann.
Da während der Ausschussberatung konkret die Frage zum Rückgang der Petitionen im Bereich Gebühreneinzugszentrale gestellt wurde, will ich an dieser Stelle kurz darauf eingehen:
Im Jahre 2007 wurden 150 Petitionen zum Bereich GEZ, also Rundfunkgebühren, vorgetragen, im Jahr 2008 waren es nur noch 70. Hierfür sehe ich zwei Ursachen:
Erstens. Bei meinen Sprechtagen im ländlichen Bereich im Jahr 2007 hat die Forderung nach einer Rückkehr zur Praxis saisonaler Anmeldung für Ferienwohnungen eine große Rolle gespielt und damit zu einem Anstieg der Anfragen in diesem Bereich geführt. Außerdem hat die Verbraucherzentrale in diesem Bereich ihre Tätigkeiten verstärkt. Insgesamt ist die Zahl der Petitionen im Bereich der Gebühren und Abgaben jedoch trotzdem leicht gestiegen. Straßenbau, Wasser und Abwasser und Anschließbeiträge sollten als Stichwort an dieser Stelle genügen.
Ich möchte Ihnen noch einen weiteren Fall aus meinem Jahresbericht vorstellen: Eine Bürgerin bat mich um Unterstützung hinsichtlich der Einschulung ihrer siebenjährigen behinderten Tochter an einer anderen als der örtlich zuständigen Schule zur individuellen Lebensbewältigung. Ihren Wunsch begründete die Mutter damit, dass ihre Tochter beim Besuch der örtlich zuständigen Schule eine jahrgangsübergreifende Klasse besuchen müsste. Sie wäre die einzige Erstklässlerin in einer fremden Umgebung. Ihre Mitschüler wären nicht nur älter, sondern ihr auch körperlich weit überlegen. Dieses stellte eine enorme Belastung für ihre Tochter dar. Bei einem Besuch dieser Schule habe die Tochter sehr verängstigt reagiert. Dazu muss man wissen, dass sie sehr, sehr krank war.
Der Antrag der Mutter auf Einschulung an dem örtlich nicht zuständigen Förderzentrum wurde durch das Schulverwaltungsamt des Landkreises abgelehnt. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass kein wichtiger Grund im Sinne von Paragraf 46 Absatz 3 Schulgesetz Mecklenburg-Vorpommern vorliege, sodass kein Anspruch auf eine Beschulung am gewünschten Förderzentrum bestehe. Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur bestätigte die Ablehnung mit Widerspruchsbescheid im August 2008.
Aufgrund des Vortrages der Petentin vereinbarte der Bürgerbeauftragte ein Gespräch mit der Vorsitzenden des Bildungsausschusses des Landtages und dem Staatssekretär des Bildungsministeriums und stellte die Besonderheiten dieses Einzelfalles dar. Beim Besuch der örtlich zuständigen Förderschule wäre eine Beförderung im Sammeltransport erfolgt, bei dem die Tochter der Petentin das erste abzuholende Kind gewesen wäre. Ärztlicherseits war sogar eine Einzelbeförderung wegen der gravierenden Atembeschwerden als erforderlich eingeschätzt worden. Aus meiner Sicht liegen damit – aus Sicht des Bürgerbeauftragten – besondere soziale Umstände des Paragrafen 46 Absatz 3 Ziffer 3 Schulgesetz vor.
Im Ergebnis dieses Gesprächs wurde eine nochmalige Überprüfung der bereits getroffenen Entscheidung vereinbart. Bereits am 2. Oktober 2008 teilte die Petentin
erfreut und erleichtert mit, dass ihrem Antrag auf Besuch des Förderzentrums entsprochen worden sei. Die Richtigkeit dieser Maßnahme zeigt sich auch darin, dass die Tochter der Petentin an der örtlich zuständigen Schule durch Krankheit gefehlt hatte und jetzt einen einfacheren Zugang zum Schulbesuch bekommt. Das ist nicht üblich, dass ein Widerspruchsbescheid von einer Behörde aufgehoben worden ist. In so einem Falle danke ich dem Bildungsministerium.
Der soziale Bereich war auch im Jahr 2008 ein Hauptschwerpunkt. 35 Prozent, also jede dritte Petition, bezog sich auf Fragen zur Grundsicherung, zum Wohngeld, zur Arbeitslosenversicherung, zur Krankenversicherung und zur Pflege- und Rentenversicherung sowie zu Fragen der Kinder- und Jugendhilfe. In meiner Beratungstätigkeit, gerade bei den Sprechtagen im ländlichen Raum, sprechen viele Bürgerinnen und Bürger ihr Anliegen vor, die sie als Bezieher von Arbeitslosengeld II haben. Die Probleme sind vielschichtig.
Ich schildere einige: Von langjährigen Mietern wird der Umzug in eine kleinere Wohnung verlangt, obwohl es am Ort keine entsprechende Wohnung gibt, Bitte um Erläuterung zu den kommunalen Richtlinien für die Kosten für die Heizung und Unterkunft, weil ein Verwandter oder Bekannter in einem anderen Kreis oder einer anderen Stadt andere Leistungen erhält. Seit mehreren Jahren arbeitslose junge Menschen bekommen nicht die gewünschte Umschulung. Leistungen für Schwangere werden nicht gewährt, weil eine Bedarfsgemeinschaft mit der Mutter unterstellt wird, obwohl die junge Frau aus der kleinen Wohnung der Mutter ausgezogen ist und mit dem Freund eigenen Wohnraum bewohnt. Kinder werden in der Bedarfsermittlung nicht richtig berücksichtigt, Fahrkosten oder der Einsatz bei Maßnahmen und so weiter und so weiter.
Die Hartz-IV-Regelungen werden als erhebliche Einschnitte in die persönlichen Lebensverhältnisse durch die Vortragenden empfunden. Die Art und Weise des Vollzugs der Vorschriften verschlimmert die Situation aber erheblich. Die Bescheide sind viel zu oft falsch. Mehr als 30 Prozent der Bescheide müssen im Widerspruchsverfahren korrigiert werden und mehr als die Hälfte aller Gerichtsverfahren in diesem Bereich gehen für die Bürger positiv aus. Die Bescheide sind oft formell und gehen auf den Einzelfall nicht ein. Für den Bürger ist es ohne verständliche Begründung aber schwer einzuschätzen, ob der Bescheid rechtens oder ein Widerspruch begründet wäre.
Eine Beratung, auf die die Bürger eigentlich einen Rechtsanspruch haben, wird in den mir berichteten Fällen praktisch von den Agenturen für Arbeit zumeist nicht geleistet. Termine sind schwer zu bekommen, Telefonanrufe landen in Warteschleifen oder bei Mitarbeitern in Hotlines, die zum Fall nichts sagen oder nur zusagen können, das Vorgetragene zu übermitteln.
Aus den Gesprächen mit Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Argen weiß ich auch um die dortigen Probleme: hohe personelle Fluktuationen, Mängel in Computerprogrammen, Ausbildungsdefizite. Meine Aufgabe ist es aber, die Bürger zu unterstützen, damit sie nicht benachteiligt werden und Gefahr laufen, nicht das zu erhalten, was ihnen vom Gesetz her zusteht. Der Verweis
auf Widerspruchs- und Klagemöglichkeiten wird von den Betroffenen als nochmaliges Abschieben empfunden, denn Beratungen, Aufklärungen und Gespräche wären dazu notwendig.
Insofern bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit. Ich hoffe, ich habe Ihnen einige Anregungen gegeben. Der Jahresbericht, wie gesagt, hat Ihnen ja als Drucksache vorgelegen und insofern, glaube ich, habe ich die Schwerpunkte da schon benannt. Ich habe jetzt versucht, noch einige ergänzende Ausführungen zu geben. – Vielen Dank noch mal.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Vincent Kokert, CDU: Sehr gut.)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Ausschussvorsitzende und auch der Bürgerbeauftragte haben uns anschaulich und ausführlich zu den Inhalten des 14. Berichtes etwas dargestellt. Ich schicke voraus, ich achte sehr die Arbeit des Bürgerbeauftragten und sein Engagement in der Fläche.
Ich muss und ich will hier nicht alles wiederholen, denn ich gehe davon aus, Sie alle, wir alle haben den Bericht gelesen, denn jeder von uns möchte ja auch wissen in unseren Bereichen, was da los ist, welche Nöte die Bürger haben und wie wir uns einbringen können. Aber auf einen Punkt möchte ich eingehen. Eigentlich wollte ich auf zwei Punkte eingehen, aber das Nachbarrecht ist ja nun hinreichend diskutiert worden. Ich danke der Justizministerin, die ja eigentlich eine Klarstellung vorgenommen hat. Ich nehme an, das wird auch das Ergebnis der Prüfung sein, das sie dem Rechtsausschuss dann übermittelt: Wir brauchen das Gesetz nicht. Also diesen Punkt lasse ich jetzt erst mal aus.
Aber auf einen Eckpunkt möchte ich doch intensiver eingehen, den hat der Bürgerbeauftragte, glaube ich, vergessen.
Den hat er vergessen, uns vorzustellen, weil es nicht nur ein Einzelbeispiel ist, das ist ein bisschen allgemeingültig.
Ich will nicht fragen, ob es dafür einen Grund gibt. Ich komme gleich darauf. Sie werden, wenn ich ihn benenne, auch unschwer erkennen können, dass es einer derer ist, die ich im Namen meiner Fraktion bereits während der 53. Sitzung am 22.10.2008, 22.10, das heißt also fast auf den Tag genau vor einem Jahr, zum 13. Bericht des Bürgerbeauftragten vortrug. Ich darf erinnern: Es ging um nicht mehr und um nicht weniger als um die Schaffung einer unabhängigen Prüfstelle für Arbeitslosengeld-II-Bescheide. Und auch in diesem aktuellen Bericht, dem 14., geht es wieder darum.
Lassen Sie mich aus dem Vorwort zitieren, aus dem Vorwort des Berichtes. Da steht: „Auch die Diskussion um die Einrichtung einer Vorprüfstelle...“ Jetzt höre man den Unterschied: Vorher war es eine Prüfstelle, jetzt ist es eine Vorprüfstelle. Ich hoffe nicht, dass nach
der Vorprüfstelle noch eine Prüfstelle kommt, bevor die Gerichte letztendlich dann doch entscheiden. Also: „Auch die Diskussion um die Einrichtung einer Vorprüfstelle in meiner Dienststelle für Bescheide im Zusammenhang mit den ALG II-Leistungen ist vorangekommen. Jedoch steht die konkrete Umsetzung noch aus.“
Ich gebe zu, bei so viel Zuversicht waren ich, und nicht nur ich, auch manch anderer, der das gelesen hat, ziemlich erstaunt. Aus der Diskussion im vergangenen Jahr, meine Damen und Herren, kann diese Zuversicht nicht resultieren. Mein Zweifel an der Effizienz und der Sinnhaftigkeit dieser zusätzlichen Beratungsstelle – und da steht die Fraktion voll hinter mir, das darf ich hier betonen –
Der Kollege Timm aus der Koalitionsfraktion hat auch beim letzten Bericht nicht widersprochen. Im Gegenteil, er hat in seiner Rede deutlich gemacht, dass wir diese Stelle nicht brauchen. Sie können es gerne nachlesen. Es gab also keinerlei Hinweise aus dem Parlament, aus der Mehrheit des Parlamentes, dem Anliegen des Bürgerbeauftragten zu folgen. Das war voriges Jahr. Und einzig und allein die Schreiben und die Gespräche von und mit der Justizministerin, auch das können Sie erlesen aus dem Bericht, können doch kein Beleg dafür sein, dass das Anliegen des Bürgerbeauftragten dann auch Realität werden muss, denn auch Sie, Herr Schubert, haben genügend Erfahrung als ehemaliger Parlamentarier, dass Sie wissen, Haushalte und damit auch Stellenplanungen liegen in der Hand des Parlamentes, nicht in der Hand der Regierung, meine Damen und Herren.
Übrigens, Herr Schubert, wo bleibt das von Ihnen zugesagte Konzept? Sie hatten es auch im vorigen Jahr avisiert. Nicht für das Nachbarrecht, sondern auch für diese Stelle. Das ist bis jetzt sicher nicht erarbeitet und nicht vorgelegt worden. Ich habe davon bisher noch nichts gehört. Es bleibt also der Nachweis schuldig, wie effektiv kann eine Einpersonenprüfstelle arbeiten – eine unabhängige, das betone ich, unabhängige Prüfstelle, ohne Hilfe, ohne Schreibkraft, ohne alles. Wie ist das Ergebnis der Prüfung für den Betroffenen zu werten? Welche Rechtsverbindlichkeit gibt es dafür? Ich meine, es gibt keine Rechtsverbindlichkeit. Es ist eine weitere Beratung, eine weitere Vorprüfung. Letztendlich wird jeder Betroffene, der sein gefühltes Recht nicht bekommt, dennoch zum Sozialgericht gehen und wir haben wieder mal eine weitere Beratungsstelle, aber nichts weiter gekonnt, neben den, wie gesagt, bereits vielen bestehenden, die da sind: der Petitionsausschuss des Landtages, der Bürgerbeauftragte mit telefonischen und Sprechstunden vor Ort, die kostenfreien anwaltlichen Beratungsstellen an den Amtsgerichten – auf Initiative der Justizministerin eingerichtet.
Die Infos können über das Regierungsportal oder durch die gut verständlichen und strukturiert gut aufgebauten Flyer abgerufen werden und sind auch jedem zugänglich. Wir haben das Sorgentelefon der CDU.
Meine Damen und Herren, ich denke, auch hier gibt es noch eine weitere Beratungsmöglichkeit, die darf weiter genutzt werden. Und nicht zuletzt gibt es all unsere Wahlkreisbüros und wir stehen den Betroffenen auch zur Verfügung.
Wie gesagt: Was heißt „unabhängige Prüfstelle“? Ein Jurist, keine weitere Unterstützung, keine Schreibkraft, kein weiteres Personal, und das alles, obwohl wir wissen, dass Fristen im Widerspruchsrecht und Klageverfahren eingehalten werden müssen und aufschiebende Wirkung nicht gegeben ist.