Protokoll der Sitzung vom 21.10.2009

Wie gesagt: Was heißt „unabhängige Prüfstelle“? Ein Jurist, keine weitere Unterstützung, keine Schreibkraft, kein weiteres Personal, und das alles, obwohl wir wissen, dass Fristen im Widerspruchsrecht und Klageverfahren eingehalten werden müssen und aufschiebende Wirkung nicht gegeben ist.

Und in dem Zusammenhang, wenn das denn so ist und wir das nicht wollen, meine Damen und Herren, spreche ich gleichzeitig den aktuellen Haushaltsplanentwurf 0103, Haushaltstitel 428.01, Seite 53 an. Da geht es um eine neue Stelle E 11 für die unabhängige Prüfstelle über Entscheidungen der Arge. Ich lese schon gerne Haushalte, obwohl ich nicht im Finanzausschuss bin, aber Haushalt, wie sagte die ehemalige Finanzministerin, ist in Zahlen gegossene Politik. Und das interessiert natürlich, denke ich mal, jeden von uns. Aus diesem Grunde lese ich gerne Haushalte, auch Haushalte, die nicht unbedingt zu meinem Fachbereich gehören.

Es bleibt jetzt wirklich die Frage: Was machen wir mit dieser Stelle, wenn eigentlich das Anliegen niemand im Parlament aufgegriffen hat, es dafür keine Mehrheit im Parlament gibt? Ich sage Ihnen, ich bin froh darüber, dass die Haushaltsberatungen über den 01er nicht abgeschlossen sind. Es gibt ja auch bei den Haushaltsberatungen allgemeine Listen der offenen Punkte, in denen man dann sicher noch über einiges reden darf und muss. Ich denke, auch hier in diesem Punkt wird das letzte Wort noch nicht gesprochen sein.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Neuer Plenarsaal fällt mir da ein. – Marc Reinhardt, CDU: Mir auch.)

Noch etwas möchte ich dazu sagen, warum wir meinen, dass es so nicht beibehalten werden kann und man erneut über diese Stelle reden muss. Wie gesagt, ich fasse zusammen: Das versprochene Konzept liegt nicht vor, begründet ist die Stelle nicht. Die Notwendigkeit konnte also bisher nicht begründet werden. Eine neue Stelle soll geschaffen werden, im Gegenzug fällt aber keine andere Stelle weg. Wir wollen gemeinsam Aufgaben bündeln.

(allgemeine Unruhe)

Ich meine, wenn es Sie nicht interessiert, kann ich ja …

(Udo Pastörs, NPD: Sie müssen es nur spannender formulieren, dann hören wir zu.)

Wir wollen gemeinsam Aufgaben bündeln und wir wollen Behörden zusammenführen. Wir reden über eine Personalplanung, die mit einem Abbau von Personal einhergeht, Personalbewirtschaftung. Wir reden nicht nur darüber, sondern wir erwarten und verlangen das geradezu von allen anderen Häusern, von allen Ministerien, von

den nachgeordneten Behörden und Ämtern und auch von Kommunen. Gelten diese Forderungen, über Effizienz von neuen Stellen zu reden, nicht auch für uns? Ich denke mal, die sollten für uns gelten, denn wir werden nur glaubwürdig, wenn wir das vorleben, was wir von anderen erwarten. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Frau Peters.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Borchardt für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst im Namen meiner Fraktion beim Bürgerbeauftragten für die Arbeit im Jahre 2008, aber auch darüber hinaus für seine jetzige Arbeit und natürlich auch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Büro des Bürgerbeauftragten recht herzlich bedanken.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Ich will an dieser Stelle ein bisschen meinen Unmut zum Ausdruck bringen. Ich finde es sehr schade, ich meine, wir machen es immer wieder als Fraktion DIE LINKE, hier zu beantragen, dass der Bürgerbeauftragte zum Bericht des Bürgerbeauftragten hier das Wort bekommt. Sie wissen ja, dass das laut Geschäftsordnung von einer Fraktion beantragt werden muss. Nun kann ich ja durchaus sagen, dass es mir eigentlich …

(Michael Roolf, FDP: Dass die CDU das nicht macht. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Sie können es ja auch machen. Sie können es ja auch machen, einfach unter dem Gesichtspunkt. Vielleicht denken Sie mal gemeinsam darüber nach.

(Udo Pastörs, NPD: Gemeinsam, meinen Sie?)

Der Bürgerbeauftragte wird vom Landtag gewählt. Und wenn er seinen Bericht hier darstellt, gehört, glaube ich, auch dazu, dass wir ihm die Gelegenheit geben, für die Bürgerinnen und Bürger seine Stellung insoweit zu stärken, dass er hier vor den Abgeordneten des Landtages, die ihn ja auch eingesetzt haben, seinen Bericht erstatten kann und damit auch wertgeschätzt wird.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ich finde, das sollte in Zukunft zur Normalität gehören.

Ich will an der Stelle auch sagen, und der Bürgerbeauftragte hat ja darauf aufmerksam gemacht, dass wir uns vielleicht gemeinsam überlegen müssen, wie lange denn der Prozess der Bearbeitung des Berichtes des Bürgerbeauftragten für ein Jahr jeweils sozusagen im parlamentarischen Verfahren ist und dadurch auch teilweise an Aktualität verliert. Auch da, glaube ich, müssen wir gemeinsam mal gucken, was wir im Interesse und im Zusammenhang mit der Stärkung der Position des Bürgerbeauftragten hier unternehmen können.

Aus unserer Sicht wird deutlich, dass es richtig war, dass wir im Land Mecklenburg-Vorpommern die Institution des Bürgerbeauftragten geschaffen haben.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Und wenn man sich die Arbeit anguckt, wird das ganz deutlich unter dem Gesichtspunkt, dass mehr als

450 Bürgerinnen und Bürger mündlich, also in einem unterschwelligen Bereich, ihre Anliegen an den Bürgerbeauftragten zur Kenntnis gegeben haben beziehungsweise vorgetragen haben mit der Bitte, dass dieses Anliegen dann auch bearbeitet wird. Im Petitionsausschuss, das wissen Sie sicherlich, müssen die Bürgerinnen und Bürger schriftlich etwas einreichen. Und dass sie die Gelegenheit haben, mit jemandem persönlich über ihre Probleme zu reden, glaube ich, ist ganz wichtig und stärkt auch die Demokratie hier im Land Mecklenburg-Vorpommern.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Manchmal, auch das merken wir im Petitionsausschuss, ist es so, dass die Bürgerinnen und Bürger einfach mal jemanden brauchen, auch wenn sie wissen, dass ihnen nicht geholfen werden kann, der ihnen zuhört, der einfach Kummerkasten spielt. Ich glaube, da hat der Bürgerbeauftragte sehr viel zu tun.

Wenn man sich die Schwerpunkte des Berichtes des Bürgerbeauftragten anguckt, dann wird man feststellen, es sind fast die gleichen Schwerpunkte, die wir auch im Petitionsausschussbericht immer aufrufen.

(Angelika Peters, SPD: Immer diese Doppelgleisigkeit.)

Ich will an der Stelle eines sagen: Frau Peters, Sie sind ja immer sehr genau, das weiß ich. Ich glaube, wir werden aus Sicht der Landesregierung keine Reflexion bekommen in Bezug auf das Nachbarrechtsgesetz. Der Europa- und Rechtsausschuss hat nämlich etwas anderes beschlossen – also keine Position mehr zum Nachbarrechtsgesetz, sondern die Landesregierung wurde aufgefordert zu prüfen, ob und inwieweit der Themenkomplex der Nachbarstreitigkeiten über Regelungen zu einer konsensualen Streitbeilegung einer Lösung zugeführt werden kann. Von der Warte ist das noch mal eine Richtigstellung, denn der Europa- und Rechtsausschuss hat sich diesbezüglich eindeutig positioniert.

Ich will an der Stelle auch ganz kurz auf die zukünftig zu schaffende Stelle eingehen. Auch das habe ich hier schon mal getan. Ich, und da sind wir überein, Frau Peters, sage, die neu zu schaffende Stelle wird uns in Bezug auf die Problematik SGB II nicht weiterhelfen. Wenn man sich das ganz genau anguckt, wir haben ungefähr 30.000 Bedarfsgemeinschaften im Land Mecklenburg-Vorpommern und diese Bedarfsgemeinschaften müssen alle halbe Jahre einen neuen Antrag stellen. Und nun schaffen wir eine Stelle im Land MecklenburgVorpommern, die eine Vorprüfung vornehmen soll. Auf der einen Seite bezweifle ich, dass es überhaupt geht, weil es auch keine Stelle eines Juristen ist,

(Angelika Peters, SPD: Die Justizministerin will ja jemanden abordnen.)

und dann erwecken wir Hoffnungen der Bürgerinnen und Bürger, so nach dem Motto: „Wir können ja eventuell helfen.“ Ich glaube, es ist viel, viel wichtiger, unabhängige Beratungsstellen, die ja draußen vorhanden sind, nämlich vor Ort vorhanden sind, finanziell zu stärken, sie zu institutionalisieren, auch im Zusammenhang mit der Schaffung eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors. Das will ich an der Stelle auch wieder sagen. Ja, was hilft Ihnen denn …

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU)

Sie lachen hier vorne!

Was hilft Ihnen denn eine Stelle beim Bürgerbeauftragten und der gibt Ihnen …

(Vincent Kokert, CDU: Kennen Sie die aktuelle Arbeitslosenstatistik, Frau Borchardt?)

Ich habe Ihnen gerade gesagt, wie viele Bedarfsgemeinschaften wir ungefähr haben.

(Vincent Kokert, CDU: Die sind gesunken. Die sind gesunken.)

Und wenn Sie genau Bescheid wüssten, dann wüssten Sie, dass die Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger alle halbe Jahre neue Anträge stellen müssen.

(Angelika Peters, SPD: Es werden ja weniger, habe ich heute in der Zeitung gelesen.)

Es gibt bereits heute mindestens 23 Änderungen des SGB-II-Gesetzes. Da sieht auch beim Arbeitsamt beziehungsweise bei der Arge schon fast niemand mehr durch, was denn eigentlich noch gültig oder was nicht gültig ist.

(Vincent Kokert, CDU: Gut.)

Deswegen fordern wir, dass wir draußen vor Ort niederschwellige Angebote machen, damit die Bürgerinnen und Bürger schnell hingehen können. Es ist nicht sinnvoll, dass wir hier eine Stelle schaffen, die sozusagen mal guckt, ob der Bescheid eventuell richtig oder falsch gemacht wurde.

(Vincent Kokert, CDU: Das schaffen Sie mit ÖBS.)

Und das schaffen wir sozusagen mit Ihrer Stelle erst recht nicht. Draußen mit qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern könnten wir es erreichen,

(Vincent Kokert, CDU: Da gebe ich Ihnen ja recht. Da gebe ich Ihnen ja recht.)

und dafür werbe ich. – Danke schön.

Vielen Dank, Frau Borchardt.