(Peter Ritter, DIE LINKE: Das haben wir bei der Finanzkrise gesehen. Ja, ja. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)
Wohin das geführt hat, wissen alle, die im Osten groß geworden sind, und wo das geendet hat. Insofern stellen wir uns den Fragen.
Das Landesverfassungsgericht hat nach eingehender Prüfung im Jahre 2006 den Gleichmäßigkeitsgrundsatz als verfassungskonform erklärt.
Über viele Jahre haben die Kommunen in hohem Maße, und zwar mehr noch als das Land davon profitiert. Das will heute keiner mehr wissen. Jetzt, wo die Zeiten hoher Steuereinnahmen erst einmal vorbei sind und die Hilfen aus dem Länderfinanzausgleich und aus dem Solidarpakt II zurückgehen, kann keiner versuchen, die Entwicklung rückgängig zu machen. Der Gleichmäßigkeitsgrundsatz ist keine Regelung nur für gute Zeiten, sondern er bedeutet, dass Land und Kommunen eine Schicksalsgemeinschaft bilden,
(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Genauso ist es. – Helmut Holter, DIE LINKE: Vielleicht kann man an der Beteiligungsquote was machen?)
Die grundlegende Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes ist auch mit Blick auf die verstärkten Einnahmerückgänge überfällig. Eine neue Schwerpunktsetzung bei der Verteilung der vorhandenen Mittel für die Kommunen ist damit geboten. Ein Hauptziel der Novellierung ist es, die 99 Zentren des Landes im Verhältnis zu den anderen Gemeinden zu stärken und ihre Finanzausstattung mittel- und langfristig zu stabilisieren.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Warum kriegt Demmin dann weniger? Weil das Zentrum schon abgeschrieben ist, oder was? Weil es eine Schummelrechnung ist!)
... kann auch in Zukunft die strukturgerechte Versorgung der Bürger, insbesondere im ländlichen Raum, sichergestellt werden. Durch die Erhöhung des Vorwegabzuges um weitere 30 Millionen Euro auf 137,3 Millionen Euro und die Änderung der Verteilung wird dies sichergestellt. Auch die ab 2012 beabsichtigte Reduzierung der Schlüsselzuweisungen an Gemeinden mit weniger als 500 Einwohnern ordnet sich in diese Strategie ein, da
die so freiwerdenden Mittel auf die größeren Gemeinden umverteilt werden. In der Kommunalverfassung ist eben die Mindestgröße einer Gemeinde vorgeschrieben, wie sie in der Regel sein sollte.
Der Beschluss des Innenausschusses, die Einwohnerbewertung dieser Gemeinden ab 2012 im Vergleich zum Gesetzentwurf um 5 auf 95 Prozent anzuheben, erscheint mit Blick auf die aktuelle Entwicklung und auch im Hinblick auf die von ihnen vorgehaltenen Leistungen angemessen. Es bleibt nun mal dabei: Größere Gemeinden haben mehr Aufgaben als kleinere.
An dieser Stelle muss ich aber mit einem Missverständnis, das in den Diskussionen der letzten Tage immer wieder aufgetreten ist, aufräumen. Immer wieder werden die voraussichtlichen Zuweisungen – haben Sie auch gemacht, Kollege Holter – im Jahre 2010 mit denen des Jahres 2009 verglichen. Dabei wird übersehen, dass unabhängig vom Rückgang der Finanzausgleichsleistungen insgesamt die Steuereinnahmen jeder einzelnen Kommune von Jahr zu Jahr deutlichen Schwankungen unterliegen. So kann eine Gemeinde, die in einem Jahr aufgrund ihrer besonderen Steuerstärke keine Schlüsselzuweisungen erhält, also abundant ist, im nächsten Jahr durch Gewerbesteuerrückzahlungen zu einer Einnahmenempfängerkommune werden.
Das hat zur Folge, dass andere Kommunen – und das ist eben im Prinzip so gewollt – im solidarischen Finanzausgleich geringere Schlüsselzuweisungen erhalten. Das ist das Grundprinzip eines Solidarprinzips – sollten Sie an und für sich kennen. So führt der Steuerkrafteinbruch im Jahr 2008 der kreisangehörigen Gemeinden im Landkreis Demmin beispielsweise automatisch dazu, dass dieser Landkreis im Jahr 2010 einen deutlich höheren Anteil an Schlüsselzuweisungen erhalten wird,
(Peter Ritter, DIE LINKE: Und deswegen müssen wir die Kreisumlage auf 55 Prozent anheben, um den Kreishaushalt auszugleichen. – Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Natürlich müssen wir das machen. – Zurufe von Marc Reinhardt, CDU, und Peter Ritter, DIE LINKE)
(Peter Ritter, DIE LINKE: Hören Sie doch auf! Hören Sie richtig zu und erzählen Sie nicht so einen Quatsch hier! – Marc Reinhardt, CDU: Ein Blödsinn ist das hier. – Glocke der Vizepräsidentin)
Also: Der Steuerkrafteinbruch im Jahr 2008 – um noch mal an der Stelle anzusetzen – der kreisangehörigen Gemeinden im Landkreis Demmin führt eben automatisch dazu, dass dieser Kreis im Jahr 2010 einen höheren Anteil an Schlüsselzuweisungen erhalten wird, der trotz des deutlichen Rückgangs der Finanzausgleichsleistungen insgesamt noch über den Zuweisungen des Jahres 2009 im Landkreis liegt.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Was hat Disterheft gesagt?... einen nicht ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. – Marc Reinhardt, CDU: Hat er nicht gesagt. – Peter Ritter, DIE LINKE: Natürlich hat er das gesagt. Zeig ich Ihnen im Protokoll nächstes Mal. – Glocke der Vizepräsidentin)
In den Ausschussberatungen und in den öffentlichen Diskussionen der letzten Tage spielte auch die Einführung der Umlandumlage an die kreisfreien Städte eine erhebliche Rolle. Ich persönlich stehe für einen stärkeren Lastenausgleich zwischen den großen Zentren und ihren im Landesraumentwicklungsprogramm festgelegten Umlandgemeinden.
Die tatsächliche Entwicklung in diesen Räumen zeigt auf, dass sich hier Fehlentwicklungen gebildet haben. Schaut man sich aber die Kernstädte mit ihren sozialen Brennpunkten, ihren grenzübergreifenden Leistungen in Kultur, Sport, Infrastruktur und so weiter an, wird deutlich, dass neue Ausgleichsmechanismen zur teilweisen Gegenfinanzierung geschaffen werden müssen. Insofern kann ich auch Herrn Niesen nicht verstehen, weil wir genau mit diesem Gesetz das tun, was überfällig ist in der Frage der Stärkung von Zentren. Insofern ist es eben mit dem sogenannten Vorwegabzug für die Zentren und ihre übergemeindlichen Aufgaben hinausgehend richtig, dass wir diese Umlandgemeinden mit dazu heranziehen, um Aufgaben in den Zentren zu erfüllen.
Lassen Sie mich mit Nachdruck betonen, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern seiner Verantwortung für die Finanzausstattung der Kommunen im Rahmen der Möglichkeiten gerecht wird. Auch im Jahr 2009 erhalten unsere Kommunen im Vergleich der neuen Bundesländer nach wie vor den höchsten Zuweisungssatz an Einwohnern pro Gemeinde.
Ich möchte auch daran erinnern, weil all dies offensichtlich immer wieder negiert wird, was Ministerpräsident Sellering schon bei der Einbringung des Entwurfs zum Doppelhaushalt 2010/2011 deutlich gemacht hat,
dass das Land die Kommunen in diesen schwierigen Zeiten nicht im Regen stehen lässt. Dementsprechend werden die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen selbstverständlich nach der Steuerschätzung Anfang November überprüfen, inwieweit außergewöhnliche Härten für die Kommunen, gegebenenfalls durch temporär wirkende Maßnahmen, abgefedert werden müssen.
(Dr. Armin Jäger, CDU: Völlig richtig. – Peter Ritter, DIE LINKE: Keiner hat gefordert, dass das alte FAG bleiben soll.)
und zweitens noch eine Mittelverteilung, die den veränderten Rahmenbedingungen und Bedürfnissen nicht gerecht würde.
Und bevor ich zum Schluss komme, gestatten Sie mir, auf drei, vier Gemeinden – weil ja immer so viel über die Medienarbeit derzeit die Rede ist – im Einzelnen einzugehen und zu sagen, worüber wir reden. Nehmen wir die Gemeinde Gneven – Umlandgemeinde von Schwerin, eine Gemeinde mit 387 Einwohnern, also eine der 296 Gemeinden, die unter 500 Einwohnern ist und ab 2012 nur noch fünf Prozent erhalten soll. Die Gemeinde hat in der Tat, was das FAG neu betrifft –
im Jahr fünf Prozent weniger, Entschuldigung –, im Jahr 2010 voraussichtlich 22.500 Euro weniger Einnahmen. Richtig ist aber auch, dass die Gemeinde eine erhebliche Rücklage ohne gesetzliche Bindung innerhalb ihres Haushaltes besitzt. Richtig ist aber auch, dass die Gemeinde zur Erhöhung der Steuerkraft von 2007 auf 2008 um 15 Prozent auf 410 Euro pro Einwohner erhöht hat. Schon dies muss zwangsläufig – und das scheint man dann zu vergessen – zu geringeren Schlüsselzuweisungen im Jahre 2010 führen, denn auch das heißt Finanzausgleichsgesetz.
(Vincent Kokert, CDU: Ja, richtig. Und das wird alles vermenguliert und behauptet, das liegt am neuen FAG. – Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist eine Gemeinde, Herr Kokert. – Udo Pastörs, NPD: Sie suchen selektiert raus, was Sie am besten verkaufen können. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)
Das hat überhaupt nichts mit selektiv zu tun. Ich kann ja nichts dafür, wenn Sie das nicht verstehen.
Dass die Gemeinde zum Speckgürtel von Schwerin gehört, wird schon an der Quote für die Einkommenssteuerverteilung deutlich. Während Gneven im Jahr 2009 aus der Einkommenssteuerverteilung 274 Euro je Einwohner erhält, erhält das Oberzentrum Schwerin nur 182 Euro je Einwohner. Auch hier muss man sich doch fragen: Ist das alles so gewollt und noch in Ordnung? Und das muss man auch deutlich sagen dürfen.