Protokoll der Sitzung vom 21.10.2009

Nehmen wir Neustrelitz, meine Heimatstadt. Da habe ich ja immer besonders viel Freude, wenn ich zurzeit nach Hause komme. Sie haben in der Tat gegenüber dem alten FAG 57.000 Euro zurzeit weniger. Sie haben aber als Mittelzentrum 590.000 Euro mehr, die eben in der Aufgabenverteilung zum Mittelzentrum neu zugeordnet werden. Im Vergleich zur Zuweisung nach Paragraf 10e FAG im Jahre 2010, wenn es eben nicht geändert worden wäre, wäre diese Mittelverteilung so nicht.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Richtig.)

Und auch Neustrelitz hat im Jahr 2007 zum Jahr 2008 die Steuerkraft um sieben Prozent auf 420 Euro pro Einwohner erhöht und schon dadurch geringere Schlüsselzuweisungen genommen.

Und lassen Sie mich abschließend noch eines nennen, weil ich die Kollegen sehr schätze und weil sie nun wirklich einer der Gewinner sind. Ich könnte auch Herrn Rhein aus Waren vortragen, dass er Gewinner des FAG ist,

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE – Helmut Holter, DIE LINKE: Das sieht er aber anders. – Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

denn er erhält hier erheblich mehr Zuweisungen. 183.000 Euro erhalten sie mehr, als wenn das FAG nicht geändert werden würde. Man muss es zumindest sagen dürfen, das darf nicht verboten sein.

Jetzt komme ich zu Wismar: Falsch ist, dass die Hansestadt Wismar bei Annahme dieses Gesetzentwurfes im Jahre 2010 Mindereinnahmen von 2,5 Milliarden Euro hätte.

(Zurufe aus dem Plenum: Millionen!)

Entschuldigung, 2,5 Millionen Euro.

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Richtig ist vielmehr, dass die Hansestadt Wismar mit der Novellierung des FAG 2 Millionen Euro mehr im Jahr 2010 erhalten wird, als wenn das FAG nicht geändert werden würde.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: So ist es.)

Denn die Finanzausgleichsleistungen …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Darum geht es doch gar nicht. Dass das FAG geändert werden muss, war doch allen klar. Das haben wir ja hier im Landtag beschlossen.)

Ist ja schon schön, dass Sie zu einer neuen Erkenntnis kommen.

(Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, Vincent Kokert, CDU, Torsten Renz, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU – Glocke der Vizepräsidentin)

Vielleicht können Sie sich mal daran erinnern, dass es da auch umfangreiche Gutachten gibt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, ja, ja, ja. Das werd ich nachher noch vortragen. So viel zum Korkenzieher, Herr Caffier. – Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Richtig ist vielmehr, dass die Hansestadt Wismar mit der Novellierung eben 2 Millionen Euro mehr erhält, denn die Finanzausgleichsleistung geht insgesamt zurück, völlig unabhängig von der FAG-Novelle. Allein durch Aufstockung und Veränderung der Verteilung des Vorwegabzugs für übergemeindliche Aufgaben entsteht Wismar im Vergleich zur bisherigen Rechtslage ein Vorteil von 1,8 Millionen Euro und die Umlandabgabe bringt noch mal zusätzliche 93.000 Euro in das Gepäck. Das soll man zumindest ansprechen dürfen.

Wenn Sie, Herr Holter, mich ansprechen wegen Gesprächen mit den Bürgermeistern – auch wir haben mit den Bürgermeistern gesprochen, und ich bin dann so, und sage: Überprüfe mal. Wenn dann ein Bürgermeister mich anspricht und sagt, er hat nach Abzug der Amtsum

lage und der Kreisumlage keine freie Spielmasse mehr, dann muss ich Ihnen sagen: Das ist so vollkommen unkorrekt von dem Bürgermeister aus dem Landkreis Parchim, denn auch hier gilt die Berechnungsgrundlage der zurückliegenden Jahre. Berücksichtigt und eben nicht erwähnt hat der liebe Herr, dass die Steuerkraft der Gemeinde im Jahr 2008 als Basis für die Schlüsselzuweisung 2010 im Jahre 2008 weit überdurchschnittlich war und im Vergleich zu 2007 um 47 Prozent gestiegen ist. Dass dieses zwangsläufig nach dem Gesetzmechanismus zwei Jahre später Auswirkungen in der Schlüsselzuweisung hat, ist doch selbstverständlich.

Aber das ist wie in jedem Unternehmen: Sie müssen die Einnahme- und die Ausgabenseiten gleichermaßen berücksichtigen und nicht nur die Zuschüsse. Wer beim Land eine Investition tätigt, kann die auch nicht ausschließlich auf der Grundlage der Zuschüsse tätigen, sondern er muss ein Gesamtfinanzierungskonzept haben. Dies hat die sie tragende Koalition, das hat die Regierung.

Ich glaube, im Interesse der Kommunen, in Verantwortung für das Land, in Verantwortung für die Zukunft kommen wir nicht umhin, uns dieser schwierigen Auseinandersetzung in finanz- und wirtschaftspolitisch schwierigen Zeiten zu stellen. Wer Zukunft für das Land gestalten will, der muss im Interesse des Landes und der Kommunen diesem Gesetz zustimmen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr gut, Herr Minister.)

Danke schön, Herr Minister.

Durch die Landesregierung wurde die angemeldete Redezeit über zehn Minuten überschritten, sodass entsprechend unserer Geschäftsordnung Paragraf 85 der Opposition diese Zeit zur Verfügung steht.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Reese von der Fraktion der FDP.

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich könnte es mir an dieser Stelle einfach machen und meine Rede zur Einbringung dieses Gesetzentwurfes wiederholen. Aber das wäre dann doch wohl ein wenig zu einfach und dem Ernst der kommunalen Lage nicht gerecht. Aber selbst im Ergebnis der Ausschussberatungen und der Anhörung im Innenausschuss hat sich nichts Wesentliches am ursprünglichen Gesetzentwurf geändert.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Heinz Müller, SPD: Ihr habt ja noch nicht mal einen Antrag gehabt.)

Er ist nach wie vor nicht zustimmungsfähig. Nach wie vor liegt ein Gesetzentwurf vor, der den Anforderungen der Kommunen an die Zukunft nicht gerecht wird. Anstatt die Kommunen für die Lösung der zukünftigen Aufgaben gut zu rüsten, reicht die zur Verfügung stehende Finanzmasse nicht aus, um die Aufgaben angemessen erfüllen zu können. Einige Regelungen stellen einen massiven Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung dar.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Nach wie vor hält das Innenministerium an der Schaffung einer Zweiklassengesellschaft im kreisangehörigen Raum fest. Um von der zu geringen kommunalen Finanzausstattung abzulenken, sollen zwei Umlagen eingeführt werden, die in ihrer Wirkung zwar gering sind, aber für erhebliche Diskussionen auf den kommunalen Ebenen sorgen werden. Nach wie vor ist der Gesetzentwurf von Sanktionen anstatt von Honorierungen geprägt. Durch die Veränderung der Teilschlüsselmassen mit einer erheblichen Kürzung gerade für die kreisangehörigen Gemeinden und einer Aufstockung bei den Landkreisen und den kreisfreien Städten werden die Zentren und der kreisangehörige Raum gegeneinander ausgespielt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Heinz Müller, SPD: Kreisangehörige Gemeinden sind auch Zentren, Frau Reese.)

Eine Überarbeitung des bestehenden Finanzausgleichsgesetzes wurde auch von unserer Fraktion als notwendig angesehen. Die Situation auf der kommunalen Ebene hat sich in der Zwischenzeit so verändert, dass ein „Weiter so!“ in der Finanzverwaltung nicht angebracht ist.

Der erste Kabinettsentwurf, der vor dem Bekanntwerden der Maisteuerschätzung gefasst wurde, beinhaltete ein Volumen von circa 1,252 Milliarden Euro und damit circa 80 Millionen Euro weniger als noch 2009. Die Landesregierung gab damals bekannt, dass das immer noch eine auskömmliche Summe zur Finanzierung der Aufgaben darstelle.

Im Ergebnis der Steuerschätzung legte die Landesregierung noch einmal nach und korrigierte die Höhe der Zuweisungen um mehr als weitere 90 Millionen Euro nach unten. Ich frage Sie: Wie kann eine solch gravierende weitere Senkung der Zuweisungen für die Aufgabenerfüllung noch auskömmlich sein? Eine Antwort blieb die Landesregierung bis heute schuldig. Die oberste Prämisse der Landesregierung war die Aufstellung eines ausgeglichenen Landeshaushaltes.

(Torsten Renz, CDU: Jetzt sprechen wir aber über das FAG.)

Allem Anschein nach scheint das Wohl der Kommunen dabei auf der Strecke geblieben zu sein. Auch wenn Sie es nicht mehr hören wollen, zitiere ich: „Ziel ist weiterhin ein sowohl zwischen Land und Kommunen als auch zwischen den... Kommunen fairer, aufgabengerechter, transparenter, klarer und schlüssiger kommunaler Finanzausgleich.“

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Torsten Renz, CDU: Korrekt, korrekt. – Vincent Kokert, CDU: Da können Sie ja zustimmen. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Diesem Ziel, sehr geehrter Herr Minister, wird der Gesetzentwurf in keinster Weise gerecht.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Torsten Renz, CDU: Das müssen Sie dann mal begründen. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ah ja! – Torsten Renz, CDU: Das müssen Sie jetzt begründen, das stellen Sie einfach in den Raum!)

Das FAG an sich ist damit zur Farce geworden.

Wie ich bereits in der Rede zur grundsätzlichen Überarbeitung sagte, ist er weder fair noch aufgabengerecht, noch transparent und schon gar nicht schlüssig.

(Torsten Renz, CDU: Die Wiederholung bringt nichts. Die Begründung!)

Die klare Botschaft, die der Gesetzentwurf verbreitet, ist: Ihr Kommunen bekommt 15 Prozent weniger Geld. Seht zu, wie ihr klarkommt! Leider scheinen diese 15 Prozent nach den Diskussionen der letzten Wochen noch nicht die Spitze des Eisbergs gewesen zu sein. Vor dem Hintergrund einer noch schlechteren Novembersteuerschätzung, die dann auch wieder den gesamten Landeshaushalt auf den Kopf stellen wird, versprechen die Koalitionsfraktionen den Kommunen auf einmal – man staune – finanzielle Hilfe. Diese Hilfe soll aber außerhalb des FAG erfolgen.

(Torsten Renz, CDU: Das wollen Sie doch auch mit Ihrem Stabilisierungsfonds.)

So gut kann dann also das von Ihnen vorgelegte Gesetz wohl nicht sein.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ah ja! – Torsten Renz, CDU: Weil das Prinzip des FAG ein anderes ist.)

Sehr geehrte Kollegen der Koalition, es ist traurig und in meinen Augen auch armselig, dass Sie zu dieser Erkenntnis erst nach den abschließenden Beratungen im Innenausschuss kommen und auch erst nach den Protestaktionen der Kommunen.

Es ist meiner Fraktion sehr wohl bewusst, dass wir als Landtagsabgeordnete die Interessen des Landes zu verstehen und zu vertreten haben. Aber, Herr Caffier, was ich dabei nicht verstehe: Ich finde es ziemlich abgehoben, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, als Vertreter des Landtages haben wir nicht die regionalen Einfühlinteressen zu vertreten.