Protokoll der Sitzung vom 22.10.2009

(Michael Andrejewski, NPD: Ich hatte bisher nur einen. Habe ich jetzt einen zweiten bekommen? Es ist bisher nur einer ausgesprochen worden. – Zurufe von Ilka Lochner-Borst, CDU, und Stefan Köster, NPD)

Sie haben schon den zweiten, so ist das hier dokumentiert worden.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/2854. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/2854 bei Zustimmung der Fraktion der

NPD mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der FDP abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 31: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Position der Landesregierung zur EU-Kohäsionspolitik nach 2013, Drucksache 5/2859.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Position der Landesregierung zur EU-Kohäsionspolitik nach 2013 – Drucksache 5/2859 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Borchert von der Fraktion der – oh, Entschuldigung –, hat die Abgeordnete Frau Borchardt von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach einer solchen Debatte zu sprechen, ist nicht leicht.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Nach einer solchen Debatte kann man aber klar erkennen und, ich denke, auch bekräftigen, dass unsere Entscheidung in Bezug auf den Umgang mit Anträgen der NPD richtig war und ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Dr. Armin Jäger, CDU: Genau das.)

Und wer bis heute noch nicht davon überzeugt war, dass diese Partei verboten werden sollte und muss, den, glaube ich, hat die Rede von Herrn Borrmann hier überzeugt. Und wir werden, meine Damen und Herren von der NPD, meine Herren von der NPD, auch in Zukunft, egal, wo Sie einen Antrag stellen, ob hier oder im Ausschuss, egal, wie Sie ihn begründen, auf welchem Gebiet und Herr Borrmann hier vorne rumjammert, warum wir ihm nicht zuhören wollen, wir werden daran festhalten.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Ich hab überhaupt nicht rumgejammert!)

Auch Sie haben hier schon gestanden und rumgejammert, warum wir Ihrer Logik nicht folgen wollten, und das tun Sie laufend.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Nein.)

Und das werden wir auch in Zukunft machen. Wir werden Ihrer Logik nicht folgen wollen

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Ich stelle nur unangenehme Fragen, Frau Borchardt, aber das war schon in der DDR verboten.)

und ich hoffe, dass wir bald dazu übergehen können, dass Sie verboten sind. Es ist furchtbar.

Und wie weltoffen Sie sind, das werden wir bei diesem Thema hören. Beim Thema Europapolitik werden wir sehen, wie weltoffen Sie sind.

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Da werden wir Ihre Reden wieder hören, dass Sie im Grunde genommen genau etwas anderes wollen.

Meine Damen und Herren, als meine Fraktion im September 2009 einen Antrag zur Frage Zukunft der wirtschaftlichen Entwicklung in unserem Land auf die Tagesordnung hat setzen lassen, begann der Minister für Wirtschaft,

Arbeit und Tourismus seine Rede mit folgenden Worten, ich zitiere: „Ja, jetzt, so etwas nach 19.00 Uhr kommen wir zu den wirklich wichtigen Themen für das Land Mecklenburg-Vorpommern.“ Ganz so wichtig war das dann wohl doch nicht, denn unser Antrag wurde damals abgelehnt. Nun gut, das wundert uns nicht mehr.

Aber dennoch habe ich die Hoffnung, insbesondere nach unserer letzten Ausschussfahrt nach Brüssel, dass der nun vorliegende Antrag diesem Schicksal nicht folgt. Ich kann mir an dieser Stelle auch nicht ersparen, Sie daran zu erinnern, dass meine Fraktion im November 2007 beantragt hatte, sich mit dem Konsultationsprozess zum EU-Haushalt zu befassen. Damals ging es darum, dass sich die Landesregierung aktiv am Diskussionsprozess beteiligt und vor allem landesspezifische Ansprüche beziehungsweise Vorstellungen frühzeitig gegenüber der Kommission formuliert. Unser Anliegen wurde damals abgelehnt.

Meine Damen und Herren, die Weiterentwicklung der EU-Strukturpolitik für die Jahre 2014 bis 2020 steht auf der Tagesordnung. Den Mitgliedern des Europa- und Rechtsausschusses ist dies spätestens nach unserer Informationsreise letzte Woche nach Brüssel bekannt, ist doch dieses Thema eines der Kernthemen im Ausschuss der Regionen, denn hier sind die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im besonderen Maße angesprochen, ihre Erfahrungen und Interessen einzubringen.

Wir halten es auch im Hinblick auf die Entwicklung der zur Verfügung stehenden Mittel für unabdingbar, dass sich Mecklenburg-Vorpommern aktiv beteiligt, und das sei an dieser Stelle auch gesagt, nicht nur ausschließlich durch die Landesregierung. Dazu gehört zunächst heute die Feststellung der demokratischen Fraktionen, dass in Mecklenburg-Vorpommern die Kohäsionspolitik natürlich einen großen Beitrag zur Stärkung der Wissenschafts- und Innovationspotenziale sowie zur Modernisierung der Infrastruktur für Industrie und Dienstleistungen geleistet hat. Damit setzen wir auch ein klares Signal gegenüber der europafeindlichen NPD.

Und an dieser Stelle sei gesagt, es wird immer so viel in der Öffentlichkeit darüber diskutiert, dass Deutschland in der Europäischen Union in erster Linie ein Geberland ist. Folgt man aber den Ausführungen der Europäischen Union zum Finanzbericht 2008, dann lag Deutschland in Bezug auf die Ausreichung der finanziellen Mittel im Bereich Wettbewerbsfähigkeit und Innovation an erster Stelle, im Bereich Agrarsubventionen nach Frankreich und Spanien an dritter Stelle und im Bereich der Zuweisungen von finanziellen Mitteln aus nicht verbrauchten Mitteln der vergangenen Förderperiode an zweiter Stelle. Weitere Bereiche könnte ich an dieser Stelle nennen, will es aber aufgrund der Zeit nicht. Und wenn man sich zu den Zuweisungen der finanziellen Mittel danach auch noch eine volkswirtschaftliche Rechnung aufmacht, dann können wir wohl geschützt sagen, dass Deutschland in erster Linie ein Gewinner der europäischen Politik ist, und das sollte auch in Zukunft so sein.

Meine Damen und Herren, als der Diskussionsprozess zur Weiterentwicklung der Kohäsionspolitik eingeleitet wurde, war das Ziel, ein besseres und einheitliches Verständnis zur Strukturpolitik und ihrer politischen Auswirkungen auf die Politik zu schaffen. Das bedeutet aber nicht, dass insbesondere im Hinblick auf die regionalen Besonderheiten diese nicht entsprechend verändert werden müssen.

Wir halten es auch für wichtig, kritisch zu konstatieren, dass bei allen politischen und positiven Entwicklungen nach wie vor erhebliche Entwicklungsrückstände bestehen. Diskutiert werden müssen zum Beispiel die Fragen der Nachhaltigkeit, der Zugang zu Dienstleistungen, die weitere Ausgestaltung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, die insbesondere für unser Land sehr wichtig ist. Und natürlich steht die Frage der Regionalisierung bis hin zu den Akteuren vor Ort dringender als je zuvor auf der Tagesordnung. Dass wir diesbezüglich schon einmal weiter waren, kann und will ich mir an dieser Stelle auch nicht verkneifen.

Aber, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, wenn Sie wirklich zum Beispiel Ihr Vorhaben zur Verwaltungsstruktur trotz aller Kritik umsetzen wollen, dann werden Sie auch die Frage beantworten müssen, wie Sie die Regionen in Zukunft, und zwar unter der Berücksichtigung einer am Bedarf orientierten Förderung mit einbeziehen wollen. Die Erhöhung der Verantwortung der Akteure in den Regionen trägt aus unserer Sicht dazu bei, dass die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel zielgerichteter und entsprechend der Bedarfe eingesetzt werden. Und das erhöht natürlich auch die eigene Verantwortung der Regionen, sich ernsthafter damit auseinanderzusetzen. Dabei denke ich nicht nur an die Mittel des Europäischen Sozialfonds.

Meine Damen und Herren, entscheidend für die Fraktion DIE LINKE ist jedoch zunächst, dass der Landtag durch die Landesregierung über ihre grundlegenden Positionen für eine EU-Kohäsionspolitik für den Zeitraum 2014 bis 2020 unterrichtet wird. Was sind denn die Eckpunkte der Landesregierung für eine Position zur Kohäsionspolitik nach 2013? Andere Landesregierungen wie etwa Berlin haben das Parlament im Übrigen unaufgefordert bereits unterrichtet. Spezifische Problemlagen Berlins und auch entsprechende Erwartungen für zukünftige Schwerpunktsetzungen wurden darin skizziert. Diesem Beispiel sollte auch die hiesige Landesregierung folgen und den Landtag über ihre Vorstellungen unterrichten.

Übrigens, ein möglicher Verweis auf irgendwelche Bundes- und Länderarbeitsgruppen oder Stellungnahmen im Bundesrat hilft uns dabei nicht weiter. Dies kann ohnehin nur ein Konsenspapier sein, gibt es doch bei allen Übereinstimmungen auch verschiedene Interessen und Schwerpunktsetzungen in den Ländern. Was wir aber brauchen, ist eine Eckpunkteposition, in der sich Mecklenburg-Vorpommern zu 100 Prozent wiederfindet und sozusagen ein Mecklenburg-Vorpommern-purProgramm aufgelegt wird.

Meine Damen und Herren, in diesem Sinne hoffe ich auf die Zustimmung zu unserem Antrag. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Frau Borchardt.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Um das Wort hat zunächst gebeten der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Ja, Frau Borchardt, es ist in der Tat so, dass dieses Thema ein wichtiges Thema ist. Die Kohäsionspolitik ist zentraler Punkt europäischer Politik, der Umgang mit EFRE und ESF ist für uns im Lande existenziell wichtig, aber das heißt ja noch lange nicht, dass es auch zu wichtigen Themen Beiträge gibt, die unter Umständen doch nicht weiterhelfen, um das mal ganz höflich auszudrücken.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Also, der uns vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE greift einen durchaus zentralen Punkt auf, ich sagte das eben, denn es gibt auf der EU-Ebene natürlich die Diskussion über die zukünftige Kohäsionspolitik. Allerdings muss man sagen, dass diese Politik von ganz unterschiedlichen Aspekten herbeigeführt wird. Sie wird zum Beispiel auch von den Ländern geführt, die als Ziel-2-Länder versuchen, dort zukünftig Gelder zu bekommen, was, wie ich mal sagen würde, in unserem Interesse gar nicht so sehr sein kann. Wir erwarten ja, dass wir wenigstens ein sogenanntes Phasing out bekommen. Das ist ein schwieriges Wort, gebe ich zu, heißt ja nichts anderes, als dass wir über 2013 hinaus auch noch weitere Mittel zur Verfügung gestellt bekommen.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Ein bleiernes Gesicht.)

Und insofern ist unsere Zielrichtung durchaus auch eine ganz andere.

Ein erstes Leitpapier der EU-Kommission wird für Ende November 2009 erwartet. Anfang Dezember 2009 beabsichtigt die Generaldirektion Budget, die finanzielle Vorschau für den EU-Haushalt vorzulegen. In dieser finanziellen Vorschau – oder Vorausschau richtigerweise – werden die Planungen der Kommission zur finanziellen Ausstattung auch der Kohäsionspolitik festgelegt und dann können wir ungefähr abschätzen, wie hoch die Mittelausstattung für den EFRE, den ESF beziehungsweise ELER sein könnte. Mit diesen EU-Fonds gestalten wir als Land auch in dieser Förderperiode einen großen Teil unserer Förderungen. Das ist ja allgemein bekannt.

Die Landesregierung hat den Einsatz sowohl der EFRE- als auch der ESF-Mittel strategisch darauf ausgerichtet, die weiterhin bestehenden Entwicklungsrückstände abzubauen. Mit beiden Operationellen Programmen verfolgen wir primär das Ziel einer Steigerung der Wirtschaftskraft sowie der Schaffung und Sicherung dauerhafter Arbeitsplätze durch nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Insofern ist das, was Sie da unter Punkt I.1. geschrieben haben, eine Feststellung, die aber nun wirklich gar nichts Neues ist. Das machen wir gegenwärtig. Und dass wir dort auch noch Defizite haben, das ist eine sehr weise Formulierung, aber da hätte es wirklich Ihres Antrages auch nicht bedurft.

Das ESF-Programm und das daraus entwickelte Programm „Arbeit durch Bildung und Innovation“ ist vorrangig auf die Kompetenzen und Innovationskraft der Unternehmen, ihrer Führungskräfte und Beschäftigten sowie die schulische und berufliche Ausbildung des Nachwuchses ausgerichtet. Eine große Rolle spielen ebenso die lebenslange Aneignung und Erneuerung von berufsbezogener Bildung sowie die Verbesserung der Kapazitäten von Forschung und Entwicklung.

Wenn Sie dann aber in Ihrem Punkt I.2. verstärkt darauf hinweisen, dass hier der Arbeitsmarkt berücksichtigt werden muss, dann ist das für meine Begriffe wieder der Versuch, den Sie ja heute schon mehrfach unternommen haben, den öffentlichen Beschäftigungssektor wie auch immer in die ESF-Mittel hineinzubasteln. Und da, muss ich sagen, haben wir eben eine andere Auffassung – im Übrigen betone ich es noch mal –, eine andere mit den Sozialpartnern dieses Landes abgestimmte Auffassung. Das müssen Sie nun mal inzwischen zur Kenntnis nehmen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Wir reden jetzt über die nächste Förderperiode und nicht über die jetzige.)

Sondern man muss auch klar sagen, wenn wir dies anders machen würden, dann würden uns die Mittel zum Beispiel für die Verbundforschung fehlen, die als ein neues Programm nie aufgelegt wurde.