Protokoll der Sitzung vom 18.11.2009

Apropos dicke Backen, da bin ich dann schon beim Inhalt des Antrages der FDP. Denn wenn bei der FDP auf etwas Verlass ist, dann auf die Tatsache, dass sie gern und häufig dicke Backen macht, viel Wind, aber ohne konkrete Handlungsvorschläge, so auch in Ihrem Antrag „Kommunaler Stabilisierungsfonds“.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der letzten Landtagssitzung haben wir die Dringlichkeit des FDP-Antrages anerkannt, weil wir wissen wollten, was hinter Ihrem Antrag steckt.

(Jochen Schulte, SPD: Das hätten Sie sich doch gleich denken können.)

Denn an der Stärkung der Kommunen sind wir, ist meine Fraktion bekanntlich sehr interessiert. Von daher wollten wir von der FDP wissen, was die FDP überhaupt will. Der Antragstext jedenfalls hilft uns nicht weiter: „Die Landesregierung wird aufgefordert, einen ,Kommunalen Stabilisierungsfonds Mecklenburg-Vorpommern‘ einzurichten“, steht dort lapidar. Zunächst dachte ich, dass der eine oder andere Satz im Text irgendwie abhanden gekommen ist, aber nichts da, der Antragstext ist vollständig. Die FDP brachte es doch tatsächlich fertig, zu einem solch wichtigen Thema eine derart nichtssagende Forderung ohne jegliche Begründung in den Landtag einzubringen. Auch das, was ich bisher gehört habe, war nichts Erhellendes.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ich bin mir sicher, dass ein solcher Antrag nicht einmal in der Koalition als Diskussionsgrundlage hergehalten hätte, und das soll bei dem Zustand der Koalition schon etwas heißen. Kein Wort zu den wesentlichen Punkten eines Fonds, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP. Wie viel Geld soll in den Fonds? Fehlanzeige! Wie lange soll dieser Fonds, den Sie anfordern, angelegt sein? Fehlanzeige! Wie wird dieser finanziert? Was ist mit der Deckung? Fehlanzeige! Auch heute in der Einbringung des Antrages kein Wort dazu.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, ich gehe davon aus, dass Sie Artikel 64 Absatz 1 der Landesverfassung kennen. Dort heißt es, ich zitiere: „Beschlußvorlagen aus der Mitte des Landtages, durch die dem Land Mehrausgaben oder Mindereinnahmen entstehen, müssen bestimmen, wie die zu ihrer Deckung erforderlichen Mittel aufzubringen sind.“ Zitatende. Ihre Forderung ist eine Forderung aus der Mitte des Landtages, denn dadurch entstehen dem Land Mehrausgaben. Und wenn Sie etwas wollen, dann müssen Sie dieses auch entsprechend der Landesverfassung so begründen.

Aber diese Verpflichtung interessiert Sie offensichtlich nicht. Nein, dagegen beschweren Sie sich auf allen möglichen Ebenen im Ernst darüber, dass wir bei unseren Vorschlägen zur Änderung des FAG die Erhöhung der Nettokreditaufnahme als Deckung angeboten haben. Wir haben immerhin eine Deckung angeboten. Wenn diese Ihnen nicht passt, ist dies Ihr gutes Recht, sie zu kritisieren. Aber von Ihrer Seite kommt nicht einmal ein Finanzierungsvorschlag.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Roolf, erinnern Sie sich noch an Ihre Worte von heute Vormittag in der Aktuellen Stunde? Sie sagten dort sinngemäß: Es müsse klar sein, wie viel Geld ins System komme. Es müsse alles klar und transparent geregelt sein. All das leistet Ihr Antrag eben nicht. Gute und durchdachte Oppositionsarbeit sieht etwas anders aus. DIE LINKE, meine Fraktion, wird solchen ungedeckten Schecks keine Zustimmung geben, denn dieser Antrag hilft den Kommunen des Landes nicht. Und ob der Stabilisierungsfonds der Regierung den Kommunen des Landes helfen wird, das wird sich noch zeigen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Herr Ritter.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Reinhardt von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns heute Morgen schon sehr ausführlich mit diesem Thema auseinandergesetzt. Deshalb hat Herr Müller ja auch schon eine Menge gesagt. Ich will noch mal zu Ihnen kommen, Frau Reese, weil Sie ja vorhin noch mal ankamen. Langsam habe ich das Gefühl, Sie verstehen es doch richtig, denn das FAG regelt in der Tat nur die Verteilung und nicht die Schlüsselmasse. Das können Sie sich bei der Fraktion DIE LINKE angucken, die hat das zumindest richtig erkannt, indem sie ja auch im Finanzausschuss und überall beantragt hat, diese Schlüsselmasse im Landeshaushalt zu erhöhen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Oi, Herr Reinhardt!)

Nichtsdestotrotz wollten wir diesen auf Kreditbasis gedeckten Scheck auch nicht mittragen. Das habe ich heute Morgen bereits ausgeführt. Die Koalition – wir haben das auch heute Morgen schon besprochen – macht das, was sie versprochen hat. Das haben Sie ja auch so ein bisschen kritisiert. Wir haben gesagt: Wir warten die Novembersteuerschätzung ab und dann unterhalten wir uns darüber, wie wir den Kommunen helfen. Der Fonds ist hierbei der richtige Weg. Wir haben heute Morgen sehr ausführlich darüber gesprochen und wir werden in der nächsten Landtagssitzung darüber noch mal sehr ausführlich sprechen.

Ich gebe ja meinem Kollegen Herrn Ritter ungern Recht, aber das, was er zum Inhalt Ihres Antrages gesagt hat, das kann ich weitestgehend nur unterstützen. Bis jetzt ist da auch wenig Klarheit entstanden, außer dass ich so ein bisschen mitgenommen habe, Herr Roolf, dass Sie eigentlich das, was wir so machen, relativ weit unterstützen.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Das ist ja schon mal was, aber es reicht natürlich nicht für so einen Landtagsantrag.

Die Verankerung im FAG hatten Sie noch angesprochen, Frau Reese. Das wird aus meiner Sicht dadurch verankert, dass wir ganz klar erklärt haben, die Mittel aus diesem Fonds werden so wie der Verteilungsschlüssel im FAG ist, auf die Kommunen verteilt. Insofern sind wir hier auf dem richtigen Weg. Wir werden es in der nächsten Landtagssitzung noch sehr ausführlich besprechen. Und da das alles so gut am Werden ist, kann auch ich nur sagen, wir lehnen diesen Antrag wegen Unbestimmtheit, so möchte ich es mal formulieren, heute ab. Wir werden uns in der nächsten Landtagssitzung dazu erneut verständigen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön, Herr Reinhardt.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Keine Kommune wird etwas gegen

zusätzliche Mittel aus einem kommunalen Stabilisierungsfonds einzuwenden haben, genauso wenig wie gegen Gelder aus den Konjunkturpaketen I und II, dem Solidarpakt I und II, dem Sonderfonds Deutsche Einheit und den Tausend anderen Fördertöpfen, die in diesem Land herumstehen. Darin besteht ja Kommunalpolitik mittlerweile hauptsächlich, alle Fördermöglichkeiten zu kennen und alle erforderlichen bürokratischen Manöver zu beherrschen, um an das Geld heranzukommen. Und auf der kommunalen Ebene bleibt einem auch gar nichts weiter übrig, als dieses Spiel mitzuspielen, selbst wenn einem klar ist, dass es nicht ewig so weitergehen kann, und man sich fragt, woher die Mittel eigentlich kommen und wie lange sie noch reichen.

Auf der Ebene der Landespolitik hingegen genügt es nicht, einfach nur mehr Geld einzufordern. Es sollte schon ein Konzept vorhanden sein, wie man von einer schuldengestützten wieder zu einer selbsttragenden Wirtschafts- und Verwaltungsstruktur kommt. Was die FDP da im Sinn hat, wurde in den USA, wo Ronald Reagan mal etwas Ähnliches vertrat, Voudou-Wirtschaft genannt. Man reduziert die Steuern drastisch, das ermuntert so die Hoffnung zu Investitionen und Konsum, das bringt wiederum Wachstum, das erhöht das Steueraufkommen und am Ende verschwinden die Schulden, während die Wirtschaft blüht. Steuersenkungen bezahlen sich von selber. So etwas nennt man in der Physik ein Perpetuum mobile. Die Patentämter prüfen entsprechende Eingaben inzwischen nicht mehr, weil solche Apparaturen naturwissenschaftlich unmöglich sind. Genau das Gleiche gilt für den faulen Zauber der FDP. Das kann nicht funktionieren.

Das Finanzierungskonzept für die Einheit war so ähnlich und hatte auch keinen Erfolg – bis jetzt nicht. Damals hat es geheißen: Es bedarf einer Anschubfinanzierung sowie erheblicher Investitionen, erst einmal auf Kreditbasis, und wenn dann erst einmal eine selbsttragende Wirtschaft entstanden sei, dadurch würde das Geld auch wieder hereinkommen. 80 Milliarden Euro beziehungsweise 160 Milliarden D-Mark damals betrug der Westtransfer schon Anfang der 90er-Jahre. Und heute, 20 Jahre nach dem Mauerfall, ist er noch genauso hoch.

Es entstand eine künstlich am Leben gehaltene Struktur, die in allen fünf neuen Ländern ohne die Überweisungen aus Westdeutschland sofort zusammenbrechen würde. 5.000 Euro pro Jahr und pro Einwohner sind das. 65 Millionen Euro Westtransfer pro Jahr für eine Stadt wie Anklam jährlich, ohne dass sich irgendwas zum Besseren ändern würde. Und dem soll jetzt noch eine weitere schuldenfinanzierte Stützkonstruktion zur Seite gestellt werden, diesmal in Gestalt von Kommunalstabilisierungsfonds. Bis die Grenzen der möglichen Verschuldung erreicht sind, kann man das natürlich machen.

Die heute in Amt und Würden befindlichen Politiker mögen hoffen, dass sie dann wie die Herren Schröder, Clement und Fischer entweder ihre Pension verzehren oder im Dienst der Privatwirtschaft stehen und aller Sorgen ledig sind oder beides. Nachhaltig ist das aber nicht. Nachhaltig wäre nur das Kontrastprogramm, eine entschieden antiliberale Wirtschaftspolitik. Es kann nicht so weitergehen, dass die Konzerne selbst entscheiden, wo sie für den deutschen Markt am liebsten produzieren lassen, sodass besonders in Mitteldeutschland weite Regionen nichts anderes sind als industrialisierte Absatzmärkte.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Wer nicht in Mitteldeutschland produzieren will, der soll, frei nach Lenin, hier auch nicht verkaufen, oder frei nach Nietzsche: Gehst du zu den Konzernen, vergiss die Peitsche nicht. Das muss im Wege einer staatlichen Industriepolitik knallhart gegen Konzerne und die hinter ihnen stehenden Banken durchgesetzt werden. Wo es keine Wirtschaft und keine Produktion gibt, da können Kommunen nicht überleben, egal wie viele Fonds man auflegt. Ein solcher Fonds kann kurzfristig helfen, aber da das dahinter stehende Prinzip darauf beruht, dass man ewig vom Dispo leben will, enthalten wir uns der Stimme.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Danke schön, Herr Andrejewski.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Reese von der Fraktion der FDP.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu dem Thema ist heute ja schon sehr viel gesagt worden. Ich will dazu auch gar nicht mehr lange ausführen, sondern einfach noch einmal betonen, dass es das Ziel der FDP-Fraktion ist, in Mecklenburg-Vorpommern für starke Kommunen zu sorgen.

(Heinz Müller, SPD: Schau an!)

Und zu Herrn Müller gewannt: So langsam entwickeln Sie sich ja zu meinem persönlichen Freund.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist viel wert, wenn man Herrn Müller zum Freund hat.)

Und wenn es nicht unparlamentarisch wäre, dann würde ich Sie ja jetzt einen Korinthenkacker nennen. Aber das tue ich jetzt nicht.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ansonsten ist es natürlich so, wenn man das Konzept, das hinter unserem Antrag steht,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Welches? Welches?)

nicht verstehen will, dann ist es natürlich auch schwierig,

(Heinz Müller, SPD: Das ist so schwer zu erkennen. – Hans Kreher, FDP: Sie hätten sich ja auch mal umgucken können, wie es in Sachsen ist.)

das dann hier deutlich zu machen. In diesem Sinne kann ich eigentlich nur noch einmal dafür werben, unserem Antrag doch zuzustimmen, weil Sie ihn ja quasi schon umgesetzt haben. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Ute Schildt, SPD: Das war sehr realitätsfördernd.)

Danke schön, Frau Reese.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/2880.

Wer diesem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der

Fraktion der FDP auf Drucksache 5/2880 bei Zustimmung der Fraktion der FDP, Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion DIE LINKE und Stimmenthaltung der Fraktion der NPD abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 11: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Hilfsprogramm für Ostseefischer, Drucksache 5/2895.

Antrag der Fraktion der NPD: Hilfsprogramm für Ostseefischer – Drucksache 5/2895 –