Protokoll der Sitzung vom 18.11.2009

Antrag der Fraktion der NPD: Hilfsprogramm für Ostseefischer – Drucksache 5/2895 –

Das Wort zur Begründung hat der Fraktionsvorsitzende und Abgeordnete der Fraktion der NPD Herr Pastörs.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie so oft in der Geschichte wird von der politischen Kaste etwas als Segnung verkauft, was sich am Ende als Fluch herausstellt. Dies gilt ganz besonders auch im Falle der Lobpreisung einer EU-Richtlinie für unsere Ostseefischer. Der Minister für Landwirtschaft und Fischerei, Herr Till Backhaus, beschwor in der Vergangenheit immer und immer wieder die Vorteile, welche durch die EU-Regelungen für unsere Ostseefischer erwachsen würden. Schlagworte wie „Schutz unserer Fischbestände“, „angepasste Fangmethoden“, „gute Vermarktungschancen“, „ein wichtiger Berufszweig Mecklenburg-Vorpommerns wird durch die EU größere Chancen erhalten“, so Backhaus wörtlich. Noch gar nicht so lange her, nicht wahr, Herr Minister?

Ich möchte uns in Erinnerung rufen: EG-Verordnung 23/71 aus dem Jahre 2002 besagt, dass selbst die kleinen Fischkutter ab einer Länge von 15 Metern eine sogenannte Blackbox mit sich führen müssen. Argument hierfür war damals neben der Möglichkeit, in Seenotfällen besser helfen zu können, auch eine allgemein bessere Überwachung der Fischgründe in der Ostsee – nur eben nutzlos, Herr Minister Backhaus, wenn sich EU-Ostseeanliegerstaaten um so eine Blackbox einen feuchten Kehricht kümmern, ganz besonders und in erster Linie, man könnte schon fast sagen, traditionell die Polen nicht. Es gibt ein in Europa weltbekanntes, etwas scherzhaft gemeintes Sprichwort, das da lautet: „Heute gestohlen, morgen in Polen.“ Das gilt nicht nur für den Hering aus der Ostsee,

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

sondern ebenfalls für so viele Waren des täglichen Bedarfs, dass ich diese hier leider aus Zeitgründen nicht alle aufführen kann.

Erinnern Sie sich noch an Lech Wałęsa, jenen polnischen Werftarbeiter, der zum Präsidenten aufstieg und ein typisches Beispiel polnischen Rechtsverständnisses anlässlich eines Staatsbesuchs in Bremen zum Besten gab? Er sagte im Beisein unseres damaligen Bundespräsidenten Herrn von Weizsäcker: „Und ich wünsche mir auch, dass Mercedes Benz jetzt in Polen eine große Mercedesfabrik errichtet, damit die Polen nicht mehr gezwungen seien, diese schönen Autos in Deutschland zu stehlen.“

Ja, meine Damen und Herren, was dem polnischen Autodieb recht ist, ist dem polnischen Fischräuber billig. Und auch da haben die Fischer Mecklenburg-Vorpommerns schlechte Erfahrungen gemacht. Schon vergessen? 2007 beging Polen offenen Rechtsbruch gegen das EU-Fangverbot für Dorsch im östlichen Teil der Ostsee. Nicht weniger als dreimal mehr dieses wertvollen Fisches zogen die Polen an Land, als ihnen offiziell zustand. Auch damals schon war meine Fraktion mit

einem Antrag hier in diesem Hause vorstellig geworden und forderte Herrn Minister Till Backhaus auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um unsere Fischer vor dem Raubbau und vor den Räubern in erster Linie der polnischen Konkurrenz zu schützen.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Das kann er doch gar nicht.)

Und Sie, Herr Minister Backhaus, erzählten uns damals, dass das ja alles gar nicht so schlimm sei, Sie sich aber dafür einsetzen wollten, die Verstöße in Brüssel zur Sprache zu bringen.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Das will er doch gar nicht.)

Geschehen ist von Ihrer Seite damals konkret gar nichts.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Dennoch kam es zu einer Reaktion der EU, die verlangte, die polnischen Behörden sollten gegenüber ihren Fischern das Fangverbot durchsetzen, notfalls unter Verhängung von Strafen. Der seinerzeitige Ministeriumssprecher im polnischen Fischereiministerium, Herr Gogol, ließ wissen: „Wir werden unsere Fischer wegen der Verstöße nicht bestrafen.“ „Aus wirtschaftlichen Gründen können wir nicht einfach aufhören zu fischen“, pflichtete ihm der polnische Minister Halubek bei und ergänzte dies in verhöhnender Weise noch in Richtung Deutschland gesprochen mit der Aussage, man möge die Fangquote für die Polen doch einfach um 150 Prozent erhöhen, dann sei das Problem mit der Schwarzfischerei der Polen doch aus der Welt geschafft.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Na, das hat man doch auch gemacht, oder?!)

Und in diesem Sinne, meine Damen und Herren, hat man auch das Problem gelöst, zum Nachteil unserer Fischer. Bereits für das Jahr 2008 hatte Brüssel die Fangquote für Ostseehering um 10 Prozent und für dieses Jahr nochmals um 39 Prozent gekürzt. Dies bedeutet innerhalb von drei Jahren eine Einschränkung um mehr als 50 Prozent, in Fisch ausgedrückt: 97.000 Tonnen Fang in 1995 und nur noch 24.500 Tonnen für das Jahr 2008. Für 2010 müssen sich unsere Fischer mit ganzen 17.500 Tonnen Hering aus der westlichen Ostsee zufriedengeben. De facto bedeutet dies, dass sich in einem Zeitraum von weniger als 15 Jahren das Fangkontingent für Hering für unsere Fischer um 75 Prozent vermindert hat. Und das ist, mein lieber Herr Backhaus, der Todesstoß für die meisten der noch verbliebenen gut 340 Haupterwerbsfischer in Mecklenburg-Vorpommern.

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Die EU, unter Tatbeteiligung von Ihnen, Herr Minister, nimmt unseren Fischern den Brotfisch und damit das tägliche Brot und damit die Existenz.

Ein ähnliches Bild bietet sich beim Ostseedorsch. Waren es in 1996 noch 22.000 Tonnen, die gefangen werden durften, so beträgt die heutige Quote nicht mehr als 7.500 Tonnen. Diese Problematik, Herr Minister, ist Ihnen seit Jahren bekannt und Sie begegnen jedem berechtigten Aufschrei unserer Fischer mit der gleichen Strategie. Hier ein paar Zitate aus dem immer gleichen Beschwichtigungsblabla:

„Ich bin enttäuscht über die EU-Ministerratsentscheidung.“

„Durch diese Entscheidung werden zahlreiche Unternehmen, die im besonderen Maße von der Heringsfischerei abhängig sind, an die Grenzen geführt.“ Wie wahr!

Und dann noch: „Eine Möglichkeit zu einem Prämiensystem auf der Grundlage eines nationalen Planes zur Anpassung sei erst dann möglich, wenn zuvor die Vorlage eines mehrjährigen Heringmanagementplanes zur Anpassung des Fischereiaufwandes und nach Änderung des europäischen Programms bis ESF von 2007 bis 2013 verabschiedet worden sei.“

Einen solchen Managementplan, mein verehrter Herr Minister Backhaus, gibt es bis heute nicht. Warum nicht?

Und die zweite Frage an Sie: Was soll dieser Plan bringen?

Tatsache ist, dass die sogenannten wissenschaftlichen Erhebungen, auf deren Grundlage die EU diktatorisch die Fangquoten festlegt, äußerst fragwürdig sind, ja, offensichtlich ist, dass diese wissenschaftlichen Einschätzungen gar nichts taugen. Entgegen Ihrer auch hier im Haus vorgetragenen wissenschaftlichen Prognosen hat Herr Backhaus, also Sie, uns erzählt, dass ausreichend Heringsbestände vor der Küste seien.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Nur nicht für deutsche Fischer.)

Und nicht nur die Heringe tummeln sich zahlreich in unseren Gewässern, sondern auch der Dorsch, dessen Fangquote ebenfalls nahezu eingedampft wurde, also genau das Gegenteil von dem, was die wissenschaftlichen Erhebungen prognostiziert haben, und wo es nun plötzlich heißt, dass die Fischer wieder mehr Dorsch fangen dürfen, der sei reichlich vorhanden.

Was sagen Sie als subalterner Vollstrecker von EU-Recht dazu, Herr Minister? Wann begreifen Sie endlich, dass die jetzt schon real existierende EU-Knechtschaft zum Volksaufstand gegen Ihr bürokratisches Monster führen muss,

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Nie.)

weil ansonsten nicht nur Deutschland, sondern auch die anderen leistungsfähigen Völker des Kontinents aus Gründen eines EU-Gleichheitswahns wirtschaftlich wie kulturell untergehen werden? Ihr ganzes EU-Konstrukt ist ein Lügengebäude und der Protest der Fischer gegen Ihre Doppelzüngigkeit, Herr Minister Backhaus, lässt die Hoffnung keimen, dass dieser Protest sich mit der Wut der Milchbauern vereint.

Herr Minister Backhaus, wir haben mit Beginn der Förderperiode des Europäischen Fischereifonds im Jahre 2007 vom Land aus Kofinanzierungen von 2 Millionen beziehungsweise 2008 von 2,1 Millionen Euro bereitgestellt. Beansprucht wurden aber in 2008 hierzu erst knapp 230.000 Euro. Es stehen des Weiteren ohne Berücksichtigung der Zahlungen aus 2009 nicht weniger als 3,88 Millionen Euro aus diesem Hilfsprogramm zur Verfügung.

Meine Fraktion fordert daher erstens eine sofortige Ermittlung des Liquiditätsbedarfs der in Not geratenen Ostseefischer insbesondere im Hinblick auf die Erlösausfälle im Bereich des Heringsfangs und anderer durch die Fischfangquote entgangener Vorteile.

Zweitens. Wir von der NPD fordern als Teil des Hilfsprogramms auch eine klare Konzeption der Landesregie

rung für das Jahr 2010 für unsere Fischer, hier im speziellen die Beantwortung der Fragen, wie die Regierung gedenkt, die Fischereischutzzonen vor unserer Küste für die ökologisch verträgliche und selektive kleine Kutterfischerei zugänglich zu machen bei gleichzeitiger Sperrung dieser Gewässer für industrielle Hochseefischer.

Wir fordern drittens die konsequente Umsetzung des landespolitischen Ansinnens, die Zusammenarbeit mit den kommunalen Fischereistandorten zu fördern. Diese Initiative muss aber auch die fischverarbeitende Branche mit einbeziehen, da diese den zu verarbeitenden Fisch nicht zwingend standortnah einkauft, sondern sich am Preis orientiert, auch nicht selten in Polen einkauft. Wir Nationalisten plädieren, wie Ihnen bekannt ist, für ein raumorientiertes Wirtschaften und daher unterstützen wir in diesem Punkt die Initiative der Landesregierung.

Viertens. Die NPD-Fraktion fordert ebenso, nun endlich gegen die erhöhte Kormoranpopulation vorzugehen, da trotz großspuriger Ankündigungen auch einmal wieder von Ihnen, Herr Backhaus, hier an dieser Stelle bisher nichts, aber auch gar nichts Konkretes geschehen ist.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Da kommt auch nichts mehr.)

Ich bitte die Abgeordneten, unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Schildt von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich den Antrag gelesen habe, habe ich gedacht, die NPD tritt hier wieder im Schafspelz auf als Problemlöser für die Fischer unseres Landes

(Michael Andrejewski, NPD: Im Fischkostüm.)

und möchte ein Gutmensch sein. Aber mit Ihrer Rede, Herr Pastörs,

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

haben Sie den Schafspelz abgezogen. Sie haben ganz klar das nationalistische Gesicht gezeigt. Die Europafeindlichkeit hat aus jeder Zeile Ihrer Rede gesprochen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Detlef Müller, SPD: Richtig.)

Sie versuchen, hier ein Thema zu besetzen,

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Und aus Ihnen spricht die Volksfeindlichkeit, die die Fischer zugrunde richtet.)

das in diesem Hohen Haus kontinuierlich Thema ist.