Protokoll der Sitzung vom 17.12.2009

(Harry Glawe, CDU: Dann müssen wir noch mehr die Steuern erhöhen.)

weil das nämlich wieder vom Unterhalt der Väter abgezogen wird. Das ist die nächste Geschichte, wo es zweimal beim Kind nicht ankommt. Das kann also nicht das sein, was wir toll finden sollen.

(Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Die Erhöhung des Kindergeldes erreicht nicht diejenigen, die es am dringendsten brauchen. Darüber bin ich mir sicher und ich muss niemanden hier im Saal daran erinnern. In der Konsequenz heißt das also: Diejenigen, die am wenigsten haben und alles konsumieren würden, erhalten nichts, und diejenigen, die am meisten haben und anteilig am wenigsten konsumieren werden, erhalten noch mehr. Also im Hinblick auf „konjunkturfördernd“ ist das eine volkswirtschaftliche Meisterleistung.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Jo! Von der FDP.)

Zweitens. Änderung der Unternehmenssteuerreform

Ziel dieser Veränderung ist ganz offenbar nicht die Beseitigung krisenverschärfender Regelungen, sondern die Rücknahme wichtiger Gegenfinanzierungsmaßnahmen der Unternehmenssteuerreform 2008.

(Rudolf Borchert, SPD: So ist es.)

Die sind alle mühsam als Kompromiss zusammen erarbeitet worden, um die Unternehmen zu entlasten. Und jetzt wird peu à peu das ganze Gegenfinanzierungsmodell aufgedröselt. Die Bemühungen bemerke ich in dem letzten Jahr in jeder Finanzministerkonferenz. Es waren auch einschlägig immer dieselben Länder, die dafür plädiert haben. Aber nun ist das wohl offensichtlich durch den Koa-Vertrag auch mehrheitsfähig geworden und schlägt zu Buche. Ich kann mir kaum vorstellen, dass davon hiesige Unternehmen in dem Maße profitieren werden, wie wir umgekehrt darunter leiden. Das ist überhaupt keine ausgeglichene Bilanz.

Die Aufrechnungen bei der Zinsschranke, bei der Verlustrechnungsbeschränkung, bei der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen vergrößern die Spielräume auch für missbräuchliche Steuergestaltung und erleichtern Gewinnverlagerungen ins Ausland. Das ist auch etwas, was wir nicht wollen können, denn Wachstum werden wir so nicht generieren.

(Michael Roolf, FDP: Das machen die auch. Das machen die Handwerksunternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern auch.)

Herr Roolf, das habe ich auch nicht behauptet, dass unsere Unternehmen das tun. Aber da es möglich ist, gehen die Gewinne ins Ausland und da hat insgesamt der Bund

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

weniger Steuern. Und darunter leiden alle.

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

Diese Zusammenhänge müssen Sie einfach mal zur Kenntnis nehmen!

(Michael Roolf, FDP: Das ist typisch SPD-Politik.)

So ein bisschen Wissen über den eigenen Tellerrand hinaus braucht man schon, um das mal an so einem Faden zu definieren.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das ist aber sehr schwierig für die FDP.)

Drittens. Ermäßigung des Steuersatzes für Übernachtungskosten

Auf den ersten Blick mögen wir als Tourismusland von dieser Regelung profitieren. Dafür, das ist hier auch schon mehrfach gesagt worden und das leugnet ja auch keiner, hat sich die Landesregierung in der Vergangenheit starkgemacht.

(Egbert Liskow, CDU: Auch der Landtag.)

In Klammern: Ich stand nie an der Spitze der Bewegungen, aber ich würde da auch nicht reinkarten. Das ist eine unterschiedliche Sichtweise. Wir sind ja eher der Auffassung, dass man generell die Harmonisierung der Steuern auf EU-Ebene auf die Reihe bekommen muss, weil das der richtige Weg insgesamt wäre.

(Hans Kreher, FDP: Das ist richtig. Aber das ist doch ein Teil davon. – Michael Roolf, FDP: Das hat Herr Steinbrück doch gemacht.)

Ja, das ist eine gute Idee, Herr Kreher. Wir fangen also mit dem kleinen süßen Teilchen an, um die Balance völlig auszuhebeln.

Glauben Sie mir bitte, selbst Vertreter der IHK und der Unternehmensverbände haben zu mir gesagt, dieser herausgebrochene Mosaikstein aus dem Ganzen nützt nicht mal der Tourismusbranche,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Richtig.)

weil die jetzt tatsächlich dastehen werden durch den großen Bürokratieanteil,

(Marc Reinhardt, CDU: Da war der Ministerpräsident anderer Meinung, Frau Finanzministerin.)

der sich in der Auseinanderdividierung von Übernachtungskosten, Speisen, Getränken und der Sauna

in Pauschalangeboten ergibt und eine interessante Geschichte bieten wird.

Erinnern Sie sich an den Sommer? Da hieß es: Wie hoch ist ein Fischbrötchen versteuert? Da haben wir mal an einem Beispiel mitbekommen, wie das Steuerwirrwarr inzwischen dafür sorgt, und zwar immer genau durch solche Verschiebungen, dass zum Schluss überhaupt keiner mehr weiß, sind es 19 Prozent oder sind es 7 Prozent. Dieser Part wird sicherlich dem einen oder anderen hier auch ein bisschen mehr Geld in der Tasche lassen.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Das kann hier überhaupt keiner leugnen, wenn der Umsatzsteuersatz …

(Rudolf Borchert, SPD: Was hat das mit Wachstum zu tun? – Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Aber ist es eigentlich das, was damit vereinbart wurde? Ich habe den Worten des Tourismusverbands entnommen – zwar nur aus der Zeitung, aber ich nehme an, das ist in Ordnung –, dass er damit die Hoffnung auf Investitionen verbunden hat, auf faire Löhne für die Mitarbeiter und natürlich auf faire Preise. Ich bin gespannt, da das ja nun demnächst umgesetzt wird, wie das den Feldversuch überstehen wird. In Frankreich hat man nach einem Jahr gerade mal Erkenntnisse dazu gewonnen,

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

weil dort mit der Mehrwertsteuerabsenkung in der Hotelbranche und auch insgesamt in der Tourismusbranche feste Versprechungen vereinbart wurden. Dort hieß es: Senkung der Preise und bessere Bezahlung der Mitarbeiter sowie Mehreinstellung. Nach einem Jahr musste man zur Kenntnis nehmen, das allergrößte waren Mitnahmeeffekte.

(Rudolf Borchert, SPD: Gewinne, na klar!)

Das wird bei uns natürlich nicht passieren.

(Rudolf Borchert, SPD: Hotelketten vor allen Dingen.)

Aber die Hoffnung, die sich mit solchen Maßnahmen verknüpft, ist an der Stelle vielleicht nur das Prinzip Hoffnung.

Viertens. Zu den Veränderungen bei der Erbschaftssteuer hat noch keiner was gesagt, weil das auch noch ein interessanter Part ist in diesem Sammelordner. Die Erbschaftssteuer war ohnehin eine sehr schwere Geburt. Sie ist eine reine Ländersteuer, das heißt, wir profitieren davon, ob was kommt oder nicht. Und da bei uns die reichen Erben auch nicht so dicht gesät sind,

(Michael Roolf, FDP: Ja eben, abschaffen, abschaffen.)

profitieren wir eher davon, über den Länderfinanzausgleich mehr zu bekommen. Das hat bis jetzt zumindest einigermaßen geklappt. So, und jetzt kommen wieder Veränderungen rein, die machen es nur noch schwieriger.

(Michael Roolf, FDP: Nee.)

Ich befürchte jetzt noch größere verfassungsrechtliche Probleme durch die neue Reform. Das Ergebnis wird sein, uns fehlen dann weitere 4 Millionen Euro, wenn es die nicht mehr gibt, wenn die nicht mehr erhoben wird.

Aber einige meinen vielleicht, wir können es uns leisten. Ich hätte die gerne auch in Zukunft.

(Rudolf Borchert, SPD: Die FDP will doch die Erbschaftssteuer sowieso abschaffen.)

Die vorgesehene Verkürzung der Behaltens- und Lohnsummenfristen für das Betriebsvermögen geht so weit, dass eine am Gemeinwohl orientierte und damit sachgerechte Privilegierung kaum noch zu begründen ist. Also auch hier haben wir mal wieder eine Umverteilung von hier nach hier. Auch das, meine ich, kann irgendwo aus keiner Sicht zu unterstützen sein. Diese Überprivilegierung des Betriebsvermögens gefährdet den Bestand der Erbschaftssteuer und damit übrigens den Bestand einer reinen Ländersteuer.