Protokoll der Sitzung vom 17.12.2009

Frau Lück, ich will jetzt noch mal versuchen, kurz auf die Dinge einzugehen. Ein bisschen hatte ich den Eindruck, dass Sie selbst nicht überzeugt sind, dass dieser Antrag sehr sinnvoll ist.

(Regine Lück, DIE LINKE: Der ist sogar sehr sinnvoll.)

Auch der Beifall der Fraktion war sehr schwach,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Na ja, na ja.)

ist ja auch kaum jemand da.

Aber ich will noch mal sagen, die Förderung der Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit läuft, das wissen Sie auch, gemäß Paragraf 1 Absatz 2 Altersteilzeitgesetz für neue Altersteilzeitfälle Ende 2009 aus. Finanziell gefördert wird Altersteilzeit also nur noch, wenn bis spätestens am 31. Dezember 2009 die Altersteilzeit angetreten ist und der Arbeitnehmer das 55. Lebensjahr vollendet hat. Das sind die Fakten zunächst einmal.

Ich bin der Meinung, das ist auch richtig so. Das soll jetzt so bleiben, das wird auch so bleiben, das wissen Sie auch. Insofern ist der Antrag wirklich nur ein Schaufenster antrag.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Im Bundesrat ist das auch beantragt. – Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Ich will Ihnen zunächst drei Gründe bringen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist kein Schaufensterantrag.)

Ich sage gleich etwas zum Bundesrat.

Erstens. Die geförderte Altersteilzeit verursacht sehr hohe Kosten. Immerhin kostet ein Fall ungefähr 50.000 Euro. Und das kostet ja nicht irgendwen,

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

das kostet zunächst mal die Beitragszahler, später dann vielleicht den Steuerzahler, aber zunächst erst mal die Beitragszahler, ein Fall im Durchschnitt 50.000 Euro Mehrkosten.

Zweitens. Sie sorgt nicht für mehr, sondern sie sorgt zunächst mal für weniger Beschäftigung von Älteren. Ich habe das so verstanden, dass wir oft beklagt haben, dass doch die Erfahrung Älterer in den Unternehmen außerordentlich wichtig ist. Jetzt kommen wir in eine Situation, wo die Erfahrung auch gebraucht wird, und nun sagen wir, wir müssen Altersteilzeit haben. Das kann doch nicht richtig sein.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Na ja!)

Drittens will ich ganz klar sagen, das habe ich ja eben praktisch schon angedeutet,

(Irene Müller, DIE LINKE: Sie gehen sonst in den Vorruhestand.)

dass wir mit der demografischen Entwicklung nun doch klar zur Kenntnis nehmen müssen, dass in der Tat die älteren Menschen gebraucht werden. Das werden wir auch jetzt erleben. Deswegen wäre es völlig falsch, dieses Signal tatsächlich noch auszusenden.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Selbst wenn es noch ginge, es geht gar nicht, aber selbst wenn es noch ginge, wäre es völlig in der Sache daneben, man würde jetzt ein solches Signal aussenden, dass Altersteilzeit weiter gewährt werden sollte. Und wenn Herr Holter gerade vorhin bei einem Antrag von „Geplänkel“ sprach, so muss ich sagen, das ist eben Geplänkel, wenn man solche Anträge bringt, denn, auch das will ich noch mal deutlich sagen, Sie wissen, dass die Koalitionsvereinbarung ganz klar vorsieht, diese Altersteilzeit auslaufen zu lassen. Das kennen Sie ja alles. Davon gehe ich mal aus.

Zum Zweiten müssten Sie wissen, dass der Deutsche Bundestag über eine Verlängerung der Altersteilzeit in seiner Sitzung am 26.11.2009 in Erster Lesung beraten hat.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Deswegen haben wir ja einen Dringlichkeitsantrag gestellt.)

In der Debatte dort haben sich die Koalitionspartner, aber im Übrigen auch die Grünen sogar, ganz klar dafür ausgesprochen, dass die Altersteilzeit jetzt auslaufen sollte.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist aber kein Markenzeichen.)

Im Übrigen muss man an dieser Stelle sagen, die Erfahrungen haben gezeigt, dass dies zu heftigen Mitnahmeeffekten geführt hat. Auch wenn Jüngere die frei gewordenen Arbeitsplätze der Älteren besetzen, so sind damit vielfach solche Einstellungen gefördert worden, die auch ansonsten zustande gekommen wären, wenn nicht eine Altersteilzeitstelle eingerichtet worden wäre.

Ich will noch mal darauf hinweisen – das ist der nächste Punkt –, das sagten Sie, glaube ich, auch schon: Im Bundesrat wird aktuell in der Tat über die Altersteilzeitregelung beraten. Aber auch hier ist es so, dass der federführende Ausschuss für Arbeit und Soziales sowie der Wirtschaftsausschuss in ihren Sitzungen am 03.12.2009 beschlossen haben zu empfehlen,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Wer hat denn den Antrag gestellt?)

diesen Gesetzentwurf nicht einzubringen.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Und insofern will ich noch mal die Fakten versuchen zusammenzuzählen:

Erstens stellen wir ganz klar auch für unser Land fest, dass das Erwerbspersonenpotenzial in MecklenburgVorpommern abnimmt.

(Irene Müller, DIE LINKE: Na ja, wir haben aber noch riesige Reserven.)

Ja, Sie müssen aber auch mal Zahlen zur Kenntnis nehmen, das hilft ja alles nichts. Das kann ich Ihnen nicht ersparen. Pro Monat verlieren wir 1.000 Menschen aus dem erwerbsfähigen Alter. So will ich es jetzt ausdrücken.

(Irene Müller, DIE LINKE: Da haben wir aber ganz viele Arbeitslose.)

Zum anderen wissen Sie auch, dass wir in diesem Jahr 11.700 Ausbildungsstellenbewerber haben und 12.800 Stellen. Ich weiß auch, dass das noch nicht alle Probleme löst, das ist mir völlig klar. Aber wir haben erstmalig eine Bilanz, wo wir mehr Stellen als Bewerber haben. Das ist erstmalig in Mecklenburg-Vorpommern. Das zeigt nicht mehr als den Trend. Das zeigt noch nicht die Lösung des Problems, damit das gleich klar ist, aber es zeigt einen deutlichen Trend auf.

Der Rückgang der Ausbildungsbewerberzahlen wird noch deutlicher, wenn man sich die Schulabgängerzahlen im Einzelnen anschaut. Da ist die Zahl, ich wiederhole es gern noch mal, wir haben schon oft hier darüber gesprochen: 2010 haben wir 11.610, in 2011 dann 10.700 und im Jahr 2020 werden wir dann ungefähr 13.000 haben, also analog zu der Zahl dieses Jahres. Das heißt, wir sind von 30.000 in der Spitze dann runter auf 13.000. Das muss man sich vergegenwärtigen! Ich sage Ihnen, wir werden ganz andere Probleme bekommen als das, was Sie versuchen, hier aufzuzeigen. Insofern macht es wirklich keinen Sinn, die Anstrengungen zur Fachkräfteversicherung auf der einen Seite zu verstärken und gleichzeitig den Vorruhestand zu verlängern.

Im Übrigen würde auch Rente mit 67 überhaupt keinen Sinn machen, wenn man Altersteilzeit gleichzeitig anführt. Wie gesagt, völlig widersinnig!

Insofern würde ich sagen, es müsste wirklich überlegt werden, dass man hier Anträge einbringt, die auch einigermaßen sinnvoll überhaupt eine Chance geben, vernünftig über diese Dinge zu diskutieren. Dieser Antrag verdient das wirklich nicht. Es tut mir leid, ich bitte da um Verständnis.

Ich habe noch eine Bitte, bevor der Beifall erschallt.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Och! Von wem?)

Ich habe eine Bitte. Ich müsste jetzt wirklich gleich die Veranstaltung hier verlassen und ich weiß ja, dass man da manchmal unterschiedlicher Auffassung sein kann. Ich bin dann nachher schon eine halbe Stunde überfällig, ich schaffe es ja nicht schneller zum Bundeswirtschaftsministerium. Wir müssen den neuen Koordinator für die maritime Industrie, wenn es geht, sehr frühzeitig einnorden, und das soll heute geschehen. Insofern …

(Jochen Schulte, SPD: Ist das Herr Otto?)

Ja.

(Jochen Schulte, SPD: Der hat das auch nötig!)

Das weiß ich ja. Und insofern bitte ich um Verständnis, dass ich dann nachher fahren müsste. Ich bitte um Nachsicht.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke, Herr Minister, und gute Fahrt.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schnur von der Fraktion der FDP.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete!

Nach dem Beitrag des Wirtschaftsministers bleibt einem ja nur noch wenig Raum, weil er im Grunde auch meine Position dargelegt hat.