Protokoll der Sitzung vom 27.01.2010

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Er würde vielleicht auch in der Diskussion reden, wenn er darf.)

Vielen Dank.

Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, wie viele der 24 existierenden Medizinischen Versorgungszentren medizinischen Klinikgroßkonzernen gehören und wie die Lohnsituation der dort arbeitenden Schwestern und des ärztlichen Personals ist?

Herr Ratjen, zur Lohnsituation ist mir nichts bekannt. Von den 24 Medizinischen Versorgungszentren sind 13 so gesellschaftsrechtlich konstruiert, dass Krankenhäuser daran beteiligt sind. Daran beteiligt sind – ich habe sie nicht genau ausgezählt, das hätte ich vielleicht noch machen können, welche Ketten daran beteiligt sind – mindestens zwei, das weiß ich, ansonsten aber auch kleinere Häuser. Ich halte es auch für gerechtfertigt, dass sie beteiligt sind aus der spezifischen Situation, die wir in unserem Land haben. So viel vielleicht zu Ihrer Frage. Schönen Dank für die Frage.

Wir haben dieses Thema gewählt, weil in der Koalitionsvereinbarung für die Gründung von Medizinischen Versorgungszentren unter Beteiligung von Krankenhäusern drei Hürden aufgebaut sind, die zusammengenommen dazu führen werden, dass Krankenhäuser sich nicht mehr beteiligen können, wenn man es ganz konkret sieht, nicht mehr beteiligen können.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Und das ist insofern für uns im Flächenland MecklenburgVorpommern auch unter demografischen Entwicklungsbedingungen, die hier ebenfalls angesprochen wurden, aber von großer Bedeutung, weil wir einen elementaren Wandel des Versorgungsbedarfs haben werden, und zwar zum einen aus demografischen Gründen – die Anzahl der Geburten, das ist Ihnen bekannt, liegt jährlich bei 13.000 bis 13.500 – und zum anderen aufgrund der Veränderung der Lebenserwartung. Diejenigen, die im Jahre 1900 hier geboren wurden im heutigen Mecklenburg-Vorpommern, hatten eine Lebenserwartung von 40 Jahren. Diejenigen, die jetzt geboren werden, in diesen Tagen vielleicht, die Jungen und Mädchen, haben eine Lebenserwartung von mehr als 90 Jahren. Das ist eine riesige, beachtliche Entwicklung.

Die Steigerung der Lebenserwartung schlägt sich natürlich auch nieder in einer …

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Natürlich, selbstverständlich. Das hat verschiedene Gründe, Herr Glawe. Aber aus dieser Situation heraus, wandelt sich auch der Versorgungsbedarf. Herr Professor Dr. Schuff-Werner von der Uniklinik Rostock hat dazu im Jahre 2008 eine Studie vorgelegt, die sehr beacht

lich ist, die darauf verweist, dass die Herz-KreislaufErkrankungen in den nächsten Jahren um mehr als ein Drittel ansteigen werden, dass Tumorerkrankungen um mehr als 20 Prozent ansteigen werden, dass Erkrankungen des Verdauungssystems um 13 Prozent etwa ansteigen werden. Daraus ergibt sich wiederum ein erhöhter Behandlungsbedarf.

Wenn wir also mehr ältere Menschen haben und die Diagnoseformen gerade für ältere Menschen mehrere Krankheiten aufweisen, brauchen wir Versorgungsstrukturen, die dem gerecht werden. Dieser veränderte, erhöhte Behandlungsbedarf wird sich auch in den einzelnen Fachbereichen niederschlagen. So wird die Strahlenheilkunde voraussichtlich 17 Prozent mehr Klinikfälle behandeln müssen, die Urologie 23 Prozent mehr und die Innere Medizin 34 Prozent mehr. Warum erzähle ich das alles? Wenn Sie sich die Antwort auf die Kleine Anfrage anschauen, sehen Sie gerade in diesen drei Fachbereichen Akteure der Medizinischen Versorgungszentren.

Wir brauchen Medizinische Versorgungszentren. Nach den Berechnungen von Herrn Professor Dr. SchuffWerner und den Darlegungen des Sachverständigenrates „Konzertierte Aktionen im Gesundheitswesen“ aus dem vergangenen Jahr lässt sich hochrechnen – das ist meine Behauptung –, dass wir bereits in den nächsten Jahren mindestens fünf bis sechs weitere Medizinische Versorgungszentren im Land brauchen. Wenn wir sie brauchen, aber über den Koalitionsvertrag derartige Hürden aufgebaut wurden, wird die medizinische Versorgungssituation in unserem Land Schaden nehmen. Diesen Schaden wollen wir abwenden und insofern unser Antrag.

Im Übrigen, sehr geehrte Frau und Herren der FDP, ich sehe in dieser Ankündigung der Koalitionsvereinbarung auch eine Beschränkung der unternehmerischen Freiheiten für die Krankenhäuser. Das muss ich ganz klar sagen. Herr Roolf, Sie hatten vorhin über unternehmerische Freiheiten gesprochen. Ich sehe sie hier beschränkt, weil für die einen Freiberufler diese Beschränkungen nicht gelten, während sie für die Unternehmung Krankenhaus in welcher Rechtsform, in welcher Konstellation auch immer gelten. Das ist zweierlei Maß, was da gemessen wird, und das ist nicht in Ordnung.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Ich komme deshalb zu der Erkenntnis, dass Sie Klientelpolitik betreiben. Diese Klientelpolitik, Frau LochnerBorst, ist falsch verstanden,

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

denn Sie helfen auch nicht den niedergelassenen Ärzten. Denn die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte brauchen –

(Harry Glawe, CDU: Das sind doch die Freiberufler.)

natürlich sind die Freiberufler – aber das Know-how der Krankenhäuser.

(Ralf Grabow, FDP: Da muss man sich doch mal fragen, warum wir Ärzte haben.)

Die medizinischen Versorgungszentren sind insofern ein Segen, weil die sektorale Trennung aufgehoben wird

(Ralf Grabow, FDP: Wir brauchen Ärzte, nichts anderes. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

und niedergelassener und stationärer Bereich gut zusammenwirken können.

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

Sie helfen, Herr Grabow, auch nicht dem Gesundheitswesen, denn es bleibt, so, wie Sie es jetzt anschieben wollen, verkrustet. Und diese Verkrustung wollen wir doch aufheben.

(Ralf Grabow, FDP: Die wollen wir ja gerade nicht.)

Nein, nein, nein.

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

Was wir brauchen, ist eine qualitativ hochwertige wohnortnahe Versorgung.

(Ralf Grabow, FDP: Das wollen wir, glaube ich, alle.)

Und die haben wir gesichert unter anderem durch die Medizinischen Versorgungszentren. Deswegen sprechen wir uns für den Erhalt aus

(Ralf Grabow, FDP: Das sagen wir auch alle. Das ist auch nichts Neues.)

und wollen keine gesonderten Hürden für ihre weitere Entwicklung.

(Ralf Grabow, FDP: Nichts Neues.)

Wissen Sie, das Problem besteht eigentlich darin, dass die Akteure im niedergelassenen Bereich und im stationären Bereich aufeinandergehetzt werden. Das Problem ist uralt. Die Mittel, die in die Versicherung einfließen, vorab geteilt, vor der Leistungserbringung, einmal für den niedergelassenen Bereich und einmal für den stationären.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Und der Kampf, der hier gefochten wird, Ihre Klientelpolitik, sage ich Ihnen, ist ein Kampf um Budgets,

(Ralf Grabow, FDP: Welche Klientel sind Sie denn?)

und zwar um die Budgets im niedergelassenen Bereich und der Kampf um das Budget im stationären Bereich. Bitte, stimmen Sie unserem Antrag zu im Interesse einer qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung in unserem Land. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Herr Koplin.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3179. Wer diesem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3179 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion der FDP und der Fraktion der NPD abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 14: Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – Stipendiensystem stärken, Drucksache 5/3098.

Antrag der Fraktion der FDP: Stipendiensystem stärken – Drucksache 5/3098 –

Das Wort zur Begründung hat der Vizepräsident und Abgeordnete der Fraktion der FDP Herr Kreher.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich beziehe mich zunächst auf die Zahlen des Statistischen Bundesamtes: „Hochschulstandort Deutschland 2009“. Wer das nicht kennt, das ist dieses Papier. Das kann man sich auch bei mir abholen.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Im Jahr 2008 erreichten bundesweit 45 Prozent der Schulabgänger die Hochschulreife. Es ist ein Rekord bei der Zahl der Studienanfänger zu verzeichnen. Leider ist das nur eine Seite der statistischen Wahrheit. Die andere Seite ist die sogenannte Ausschöpfungsquote. Das ist die Zahl der Studienberechtigten im Verhältnis zu denen, die tatsächlich ein Studium angefangen haben. Diese ist insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern gesunken.