Protokoll der Sitzung vom 28.01.2010

Sehr geehrter Herr Holter, über das Thema könnte ich lange mit Ihnen diskutieren. Ich reise durchs Land und spreche mit den Kommunalpolitikern. Im ersten Entwurf hat das Verfassungsgericht eine Entscheidung getroffen. Wir haben uns damals als Regierungskoalition gemeinsam schon vereinbart, wir ziehen die Reform durch, werden die Entscheidungen des Verfassungsgerichts …

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja, genau, Sie ziehen sie durch, aber auf die Qualität kommt es an, Herr Caffier. Auf die Qualität kommt es an! – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Hören Sie doch mal zu!)

Ja, das war doch Ihr Gesetz. Ich rede gerade über Ihr Gesetz, wo Sie mitgewirkt haben. Sie müssen sich schon überlegen, was Sie sagen. Wir haben gesagt, das, was das Verfassungsgericht entscheidet, wird akzeptiert, und auf dem Gesetz wird weiter aufgesetzt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Nun können Sie mir nicht den Vorwurf machen, was das Verfassungsgericht entschieden hat, und insofern...

(Helmut Holter, DIE LINKE: Nein, Sie haben die Klage eingereicht.)

Ja, das ist nun mal im demokratischen Rechtsstaat die Möglichkeit.

(Toralf Schnur, FDP: Das ist in einem Rechtsstaat normal.)

... müssen Sie mir das ja nicht zum Vorwurf machen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja, und wir stellen Anträge. Das ist in einem demokratischen Rechtsstaat so.)

Aber diese Regierungskoalition zeigt ganz deutlich, dass wir handeln wollen, und Sie zeigen ganz deutlich, dass Sie eins nicht wollen: Als wir hier im Landtag angefangen haben, das ist noch nicht allzu lange her, waren es 1,9 Millionen Einwohner. Wir sind jetzt noch 1,65, wir sind in Kürze 1,45

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das weiß ich. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

und Sie wissen, dass wir 2050 nur noch 1,1 Millionen sein sollen. Das finden wir alle nicht nett, aber wir haben dafür zu sorgen, dass die Verwaltung nicht ausschließlich das Geld, was zur Verfügung steht, für Verwaltung einsetzt.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja, fangen Sie bei sich an!)

Das ist die Aufgabe,

(Toralf Schnur, FDP: Das ist richtig.)

denn sonst brauchen wir uns nur über freiwillige Leistungen und übers Ehrenamt überhaupt nicht mehr zu unterhalten, weil nichts mehr zu verteilen ist. Deswegen ist es die Pflicht, dass wir uns dieser Reform stellen,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Aber nicht so, wie Sie das machen, Herr Caffier. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Also verschieben wir sie nach hinten.)

wenn sie auch unangenehm ist, wenn wir sie brauchen. Sie haben alle Zeit der Welt gehabt, sich in diese Reform einzubringen. Wer denn nun meint, das ist auch mehrmals hier ausgeführt worden, dass man sich auf diese Reform erst genügend vorbereiten muss, die Reform ist seit Beginn dieser Legislaturperiode in der Diskussion, im Gespräch. Das Leitbild ist hinreichend diskutiert worden, über das Leitbild ist im Landtag entschieden worden.

Alle kommunalen Ebenen haben die Möglichkeit und die Zeit, sich seit Längerem darauf einzustellen, dass 2011 eine Reform kommt, im Übrigen nicht ganz überraschend für die Kommunalen, wie Sie heute hier alle tun. Wir haben das in vielen Gesprächen im Land mitbekommen.

(Toralf Schnur, FDP: Das ist so.)

Wir haben in vielen Gesprächen mitbekommen, dass häufiger die Kreistagsabgeordneten andere Auffassungen haben als ihre Landrätinnen und Landräte. Auch das gehört mittlerweile dazu. Aber das ist ja alles nicht so schlimm, wir stellen uns dieser Diskussion. Ich finde, dass die Bürgerinnen und Bürger, hier insbesondere die kommunalen Abgeordneten, die Probleme der Zeit erkannt haben, dass sie erkannt haben, dass wir handeln müssen. Deswegen ist die Verwaltungsreform aus ihren drei Bausteinen, die aber nur Teile von Reformen sind – da gebe ich Ihnen recht, weil es eine Verwaltungsmodernisierung ist –, viel mehr als nur FAG, als nur Funktionalreform, als nur Kreisgebietsreform. Wir brauchen diese Modernisierung. Wir brauchen diese Reform und deswegen ist Ihr Antrag nichts anderes, als den Menschen Sand in die Augen zu streuen und sich nicht den Problemen des Landes zu stellen. Deswegen muss der Antrag abgelehnt werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Herr Minister.

Gemäß Paragraf 85 Absatz 2 der Geschäftsordnung hat jetzt noch einmal der Abgeordnete Müller für die Fraktion der SPD das Wort. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass wir die Diskussion in den nächsten Monaten im Innenausschuss und in anderen Gremien weiterführen werden, Herr Ritter. Nur ein Argument ist einfach zu schlecht, als dass ich es hier unwidersprochen stehen lassen könnte: die Einlassung, dass wir bei einer Kreisgebietsreform – und darum handelt es sich ja – im Jahre 2011 Anlaufkosten haben, bevor tatsächlich der Einspareffekt wirklich greift. Dieses Argument, dass Sie hier vorgetragen haben, ist richtig. Ich weiß nicht, ob die Schätzung belastbar ist, aber der Planungsleiter des Innenministeriums sagte uns, bevor das Ganze so richtig läuft und wir so richtig die positiven Effekte dieser Reform haben, wird es etwa fünf Jahre dauern. Nehmen wir einmal die Zahl. Aber da stelle ich mir doch die Frage, ob sich das ändert, wenn ich die Reform von 2011 auf 2014 verschiebe.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Nein.)

Wenn ich die Reform 2011 mache, dann tritt der positive Effekt in vollem Umfang, nehmen wir einmal diese Schätzung, 2016 ein. Und wenn ich die Reform 2014 mache, dann tritt dieser positive Effekt 2019 ein.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Und da brauchen wir nichts zu verschieben.)

Das heißt, mit dem Verschieben haben wir nichts, aber auch überhaupt nichts gewonnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das heißt, Ihr Argument ist eine völlige Nullnummer.

Im Gegenteil, meine Damen und Herren, entscheidender Punkt bei dieser Reform, wie bei vielen anderen Überlegungen, ist das Thema Personal. Wir haben immer gesagt, wir wollen eine solche Reform nicht auf dem Rücken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchführen. Wir möchten sie sozial verträglich machen. Und wir möchten niemanden entlassen. Meine Damen und Herren, wir werden gar nicht in der Situation sein, dass wir Leute entlassen werden müssen, sondern wir werden in einer Situation sein, dass große Zahlen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, weil sie die Altersgrenze erreichen, unsere Verwaltungen verlassen werden. Aber je weiter wir eine Reform hinausschieben, umso stärker wird dieser Prozess bereits vollzogen sein, umso stärker werden sich die jetzigen Verwaltungen, die dann weiterbestehen, bereits mit neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auffüllen und umso schwieriger wird es, eine solche Reform sozial verträglich umzusetzen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das ist leider sehr richtig.)

Das heißt, die zusätzlichen Kosten, Herr Ritter, entstehen nicht durch 2011, die zusätzlichen Kosten entstehen durch ein Verschieben auf 2014. Und auch deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Müller.

Es hat jetzt noch einmal das Wort für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Ritter. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist ja eine Endlosschleife hier.)

Nun müssen Sie zuhören, lieber Kollege.

Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Sehr geehrter Innenminister, Sie werfen uns, Sie werfen mir vor, wenn …

Herr Abgeordneter Ritter, Sie haben trotzdem das Parlament und das Präsidium richtig anzusprechen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Innenminister, Sie werfen mir, Sie werfen uns vor, wir hätten die Reform im ersten Versuch durchgepeitscht. Sie machen jetzt den gleichen Fehler, aber bitte schön, das ist Ihre Angelegenheit. Es ist richtig, dass der Landrat des Landkreises Demmin erklärt hat, dass er vielleicht von einer Klage absehen wird,

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

weil die unsägliche Teilung des Landkreises Demmin, deren Notwenigkeit Sie im Übrigen noch nie begründet

haben, nicht so drastisch ausfällt wie ursprünglich von Ihnen angenommen. Sie weichen auch hier von Ihrem Leitbild und von Ihren Vorhaben deutlich ab. Die Koalition weicht auch hier von ihrem Leitbild ab.

(Vincent Kokert, CDU: Ein Vorschlag lag doch auf dem Tisch.)

Genau, genau. Sie nehmen an dieser Stelle die Anhörung ernst, was ich sehr begrüße,

(Vincent Kokert, CDU: Ja, ja, bitte.)