Protokoll der Sitzung vom 28.01.2010

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Stein. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fasse mich kurz. Der Minister hat, denke ich – nicht nur in Vertretung, sondern auch selbstredend –, schon vieles dazu gesagt.

Die FDP greift ein Thema auf, das wir bereits einige Male im Landtag in verschiedener Form, in verschiedenen Anträgen hatten. Und ich habe mir mal die Mühe gemacht, der letzten 14 Monate eingedenk, und ausgedruckt, was gelaufen ist einschließlich der Kleinen Anfrage Ihres Herrn Schnur. Das sind sechs verschiedene Vorgänge, die eigentlich im Kern immer um dieses Thema gekreist sind oder es mehr oder weniger auch direkt getroffen haben. Selbst Sie, Herr Kreher, haben ja gesagt, dass Sie dazu einen Antrag vor etwa gut einem halben Jahr hatten. Den haben wir auch damals aus gutem Grund abgelehnt, wie Sie sich sicherlich gut erinnern können. Und ich war beinahe versucht, meine alte Rede wieder rauszuholen,

(Hans Kreher, FDP: Das habe ich schon gehört, das habe ich schon gehört.)

die wäre aber heute zu lang gewesen. Die hätte das auch nicht wirklich abgedeckt.

Zuletzt läuft es ja immer wieder auf diese Kleine Anfrage hinaus und auf ein Problem in Bad Kleinen im Besonderen. Zurückziehen, Herr Kreher, – ich habe gestern so das eine oder andere Gespräch auch mit Ihrem PGF dazu geführt – wäre wirklich besser gewesen.

Meine Damen und Herren, kurzes Fazit von damals war, zusammengefasst kann man sagen, dass die FDP natürlich ein Thema aufgegriffen hat, was einen teilweise quälenden Prozess beschreibt. Natürlich müssen wir den Rückzug der Bahn aus der Fläche bedauern und auch kritisieren. Natürlich ist das in den betroffenen Ortsbildern und Ortschaften ein Problem, die Wunden, die über Jahrzehnte und Jahre nicht geheilt werden können, wir wissen das alles. Und natürlich könnte, auch damals habe ich den Konjunktiv verwandt, natürlich könnte dem Land eine gewisse Leitungsfunktion, Lenkungsfunktion zukommen, dem ist der Minister ja auch gerecht geworden. Insgesamt gilt heute nach wie vor wie vor einem halben Jahr, dass es nicht vordergründig konzeptionelle Aufgabe der Landesregierung ist. Das ist wie gesagt mehr Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung und vor allen Dingen der Lösung im Einzelfall.

Die Aufforderung zum Tanz ist mit unserem Antrag, der Fraktionen der Regierungskoalition, bereits im November 2008 gefasst worden, an die Bahn AG übermittelt worden, lag also lange vor Ihren Anträgen, Herr Kreher, vor, beiden wohlgemerkt, und ich kann mich gut erinnern, dass der Minister damals sehr froh über die breite parlamentarische Unterstützung gewesen ist und seitdem auch nicht untätig war. Und wegen des Nicht-untätig-Seins kann ich eine gewisse Verärgerung durchaus nachvollziehen.

Dass Sie von der Opposition beim Regieren nicht mitspielen dürfen, liegt in der Natur der Sache, so auch bei diesem Thema.

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

Und, Herr Kreher …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Aber jetzt spielen Sie ja in Berlin mit, weil das ist ja wichtig, weil das Bundeszuständigkeit ist, ne?)

Ja, richtig.

Herr Kreher, ganz persönlich, auch Herr Seidel hat es vorweg bemerkt: Wenn jeder, der hier zu Hause ein Problem hat – ich habe ein Problem auf der Bundesstraße 105 mit der Ampelschaltung, mache ich nicht zum Antragsthema –, wenn jeder das tun würde, hätten wir hier 71 zusätzliche Anträge auf der Tagesordnung, dann können wir uns hier 14 Tage lang eingraben. Ich glaube, das ist nicht zielführend.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist doch überhaupt nicht vergleichbar, was Sie da machen.)

Sollten gegebene Zusagen nicht zu Ihrer Zufriedenheit eingehalten worden sein, so müssen wir das aber nicht hier im Parlament diskutieren. Auch da gebe ich Herrn Minister Seidel recht. Sprechen Sie den zuständigen Minister direkt an! Ich weiß, und er hat es ja auch hier angeboten, den Konsens zu führen und die Gespräche zu machen. Das sollte man selber klären und nicht ehemals schon wiederholte Anträge nochmals wieder aufwärmen. Das wirkt eher wie so ein bockiges Kind, das steht Ihnen nicht gut zu Gesicht. Und Wiederholungen von abgelehnten überflüssigen Anträgen machen die Optik da auch nicht besser, Herr Kreher.

Wir lehnen den Antrag ab, weil es die Expertengespräche seit unserem Beschluss vom November 2008 und auch bereits zuvor auf ministerieller Ebene regelmäßig gibt und gegeben hat, wenn auch ohne Beteiligung des verkehrspolitischen Sprechers der FDP-Fraktion.

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Stein.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Lück für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP lässt nicht locker beim Thema Bahnkonversion. Sie fordert die Landesregierung auf, noch für das erste Halbjahr 2010 eine Gesprächsrunde mit der Deutschen Bahn AG zu organisieren. Die FDP sagt auch gleich, welche Gesprächspartner ihr vorschweben, welche Sachthemen angesprochen werden sollen,

(Hans Kreher, FDP: Die dem Minister vorgeschwebt haben, dem Minister!)

und sie gibt Hinweise zur Vorbereitung.

Meine Meinung dazu: Ein Anruf beim Verkehrsminister Schlotmann mit der Bitte, sein Angebot vom Juni einzulösen und eine gemeinsame Gesprächsrunde auszurichten, wäre doch ganz einfach gewesen. Auch im Verkehrsausschuss hätte Herr Roolf als Mitglied des Verkehrsausschusses doch einfach den Vorschlag machen können, die Bahnkonversion auf die Tagesordnung zu setzen. Wir alle kennen die Probleme von Kommunen mit Bahnanlagen und mit Bahnhöfen, die

nicht mehr betriebsnotwendig sind. Fest steht, dass die Kommunen dringend Unterstützung im langen und zähen Prozess der Auseinandersetzung mit den einzelnen Bahnunternehmen brauchen. Aber dieser Antrag, der hilft ihnen nicht.

Was passierte beispielsweise Anfang der 90er-Jahre in Bad Kleinen? Herr Kreher, Sie können sich bestimmt sehr gut daran erinnern. Ein mittlerweile in Rostock ansässiger Architekt hatte damals eine Vision. Er fand, Bad Kleinen sei ein idealer Wohnstandort, unweit von Schwerin, direkt am Schweriner See und verkehrsgünstig gelegen. Aber die Bahnanlagen schneiden den Ort vom See ab. Was lag näher, als die für den Güterumschlag nicht mehr benötigten Gleise anderweitig zu nutzen?

Die Idee des Architekten war spektakulär. Er wollte den Bahnhof und die vielen Gleisanlagen terrassenförmig mit einer nach Süden und zum Wasser ausgerichteten Wohnanlage überbauen und den Zugverkehr in Tunnel verlagern. In einer Einwohnerversammlung, fast ausschließlich Eisenbahner, wurde die Idee vorgestellt. Der Architekt legte ein Luftbild von Bad Kleinen mit Bahnhof und den vielen Gleisen auf den Polylux und tauschte es dann gegen ein retuschiertes Luftbild mit Überbauung aus. Doch noch heute erinnert sich der Architekt: Im Saal gab es Tumulte und einhellige Meinung war: Wir wollen unseren Bahnhof behalten, begrabt diese verrückte Idee!

Fest steht, dass die Umsetzung dieser spektakulären Idee schon an den Kosten gescheitert wäre. Aber welche Erkenntnis ist geblieben? Aus heutiger Sicht mutet die Idee, einen Teil der Bahnanlagen von Bad Kleinen zum Wohnstandort zu entwickeln, eher absurd an, aber damals war sie der Tatsache geschuldet, dass der Bedarf an hochwertigem Wohnraum groß war. In Schwerin selbst gab es noch keine Möglichkeiten, Wohnstandorte zu entwickeln, und auch in den Umlandgemeinden fing man damit gerade erst an. Heute setzt Bad Kleinen auf die touristische Entwicklung.

Was lernen wir also? Entwicklungsvorstellungen können sich im Laufe der Zeit ändern. Und so muss die Kommune unabhängig von der eigenen Entwicklung und der Entwicklung in der Region und der Gesellschaft ihre Pläne auch zur städtebaulichen Entwicklung anpassen und immer wieder neu ausrichten. Die Wahrnehmung der kommunalen Planungshoheit ist originäre Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung. Und so verschieden wie die jeweiligen örtlichen Bedingungen sind auch die frei werdenden Bahnanlagen selbst. Aus meiner Sicht ist es schlichtweg unmöglich, allgemeingültige Vorschläge zur Nachnutzung von Bahnanlagen zu formulieren, schon gar nicht auf Landesebene, denn dieses würde einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung bedeuten.

Das Beispiel Bad Kleinen zeigt, dass auch nach so langer Zeit die Kommune noch keine Planungshoheit für das Areal hat und dadurch keinen Schritt weitergekommen ist. Sie alle kennen die umfangreichen und langen Wege, die zu durchlaufen sind, bis die Kommunen Zugriff auf ehemalige Bahnanlagen haben. Aber ich weiß, dass Verkehrsminister Schlotmann nichts unversucht lässt, dem Eigentümer Deutsche Bahn Dampf zu machen. Das erkennen wir auch als Opposition an.

Wie wenig das Land ausrichten kann, wurde unlängst im Verkehrsausschuss deutlich. Demnächst sollte es mit dem Umbau des Bahnhofes Rostock-Warnemünde losgehen. Nach dem Umbau würde der Fußgängertunnel verschwinden und damit ein großer Schritt in Richtung

durchgängiger Barrierefreiheit und Attraktivität getan werden. Aber die Bahn mauert und will nun frühestens in fünf Jahren anfangen. Fraglich ist, ob eine Zwischenlösung zustande kommt, die dann auch noch vom Land zu finanzieren ist. So weit zu Ihrem Antrag.

Im Übrigen wundere ich mich auch, dass Sie Ihre neuen Möglichkeiten auf Bundesebene nicht nutzen. Von Bahnkonversion ist nicht nur Mecklenburg-Vorpommern, sondern sind alle Bundesländer betroffen. Meine Fraktion wird Ihren Antrag also ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Tino Müller für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich den Antrag der FDP in den Händen hielt, fielen mir sofort die überflüssigen Wortgefechte zum gleichen Thema im November 2008 und im Juni des vergangenen Jahres ein. Während im November mit einem Antrag der Koalitionsfraktionen die Deutsche Bahn aufgefordert werden sollte, sich um ehemalige Liegenschaften zu kümmern, beantragte die FDP im Juni 2009, eine Strategie zum Umgang mit der Bahnkonversion zu entwickeln. Die FDP stimmte gegen den Koalitionsantrag und die Koalition gegen den FDP-Antrag. Minister Schlotmann regte dann während der Endlosdebatte im Juni an, sich mit Bahnvertretern, verkehrspolitischen Sprechern und Städte- und Gemeindetag an einen Tisch zu setzen, um das Problem im wahrsten Sinne des Wortes weiter zu vertiefen.

Und dann sind wir ja beim heutigen FDP-Antrag angelangt. In diesem wird nun wiederum genau das von Minister Schlotmann Vorgeschlagene gefordert. Die Positionen, die die Landesregierung bei diesem Gespräch beziehen soll, decken sich fast wortgleich mit dem abgelehnten Juniantrag der Liberalen.

Was lernen wir daraus? Zum einen, dass die Liberalen an sinnlosen und vor allem ergebnislosen Debatten Gefallen finden, zum anderen, dass diejenigen, die sich sonst gegen jedwede Staatslenkung aussprechen und dafür plädieren, alles dem freien Markt zu überlassen, sich von Zeit zu Zeit wankelmütig gegen den eigenen Grundsatz wenden.

Wir von der NPD-Fraktion bleiben nach wie vor bei unseren 2008 und 2009 vertretenen Standpunkten. Alle Bahnhöfe gehören als Baudenkmäler zum Kulturgut unseres Volkes, schon alleine deshalb haben sie unsere größte Aufmerksamkeit verdient. Außerdem unterstützen wir stets Bestrebungen, die eine Rückübertragung von bereits privatisiertem Staatseigentum vorsehen, wenn dadurch die Grundversorgung unseres Volkes gesichert werden kann. Und glauben Sie mir, auch wenn das Ihr Vorstellungsvermögen übersteigt, eines Tages wird unser Volk genau diese Bahnhöfe und Bahnstrecken wieder zur Grundversorgung benötigen,

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

genau dann, Herr Koplin, wenn eine nationale und sozialistische Regierung die Geschicke unseres Volkes lenkt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Dann wird das ja nie was, Herr Müller. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete und Vizepräsident Kreher für die Fraktion der FDP.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich danke Ihnen ganz herzlich für diese vielen Belehrungen, die ich bekommen habe, wie ich handeln soll, was ich machen soll, an wen ich mich wenden soll. Vielen, vielen Dank, aber all das hilft uns vor Ort nicht weiter.

(Helmut Holter, DIE LINKE: So ist es.)

Und wenn ich das Beispiel Bad Kleinen hier in den Mittelpunkt gestellt habe, das habe ich vorhin auch schon gesagt, war das ein Beispiel, das praktisch für das Ganze im Land stand. Und wenn Sie dieses Problem nicht ernst nehmen, dann tun Sie mir wirklich leid.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Meine Damen und Herren, ich wurde belehrt, dass ich mit dem Minister doch einfach hätte sprechen können. Frau Lück und viele andere haben das gesagt. Ich habe am Rande der letzten Landtagssitzung den Minister informiert, wie wir schon wieder einen Rückschlag in Bad Kleinen hatten, dass wir nämlich plötzlich mitgeteilt bekommen, es wäre nun auf jeden Fall nicht mehr möglich, das Ganze umzubauen, ja, sie müssten 30 Millionen für die Renovierung einsetzen, praktisch für einen Notbau, und dann würden viel später irgendwann noch mal 60 Millionen eingesetzt werden, um das richtig zu machen. Das habe ich dem Minister mitgeteilt.

(Zurufe von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE, und Peter Ritter, DIE LINKE)