Protokoll der Sitzung vom 28.01.2010

Das Zweite, was ich sagen möchte, ist, wenn der Verkehrsminister sagt, eigentlich ist das gar nicht meine Aufgabe, sondern die Aufgabe des Innenministers, für die Sicherheit zu sorgen, Herr Minister, dann möchte ich Ihnen sehr deutlich widersprechen. Die sicherheitstechnischen Ausstattungen und das, was für Busse und Bahnen notwendig ist, bearbeiten Sie noch heute aufgrund einer Richtlinie vom 25. Februar 1998. Seit über einem Jahr liegt Ihnen vom Verband der Deutschen Verkehrsunternehmen eine Zuarbeit zur Änderung beim Gegenstand der Förderung vor. Seit über einem Jahr ist Ihr Haus nicht in der Lage, diese Förderrichtlinie so zu ändern, dass sie dem sicherheitstechnischen Bedarf der Unternehmen und der Bürgerinnen und Bürger im Land entgegenkommt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Ich denke schon, dass die Verantwortung in Ihrem Hause liegt, dass Sie diese Richtlinie vom 25. Februar gemeinsam mit den Verkehrsunternehmen, die Ihnen schon eine Zuarbeit geleistet haben, auf den Stand bringen, dass sowohl der Innen- als auch der Verkehrsminister, die Verkehrsunternehmen und die Bürgerinnen und Bürger im Land damit einverstanden sind.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Hans Kreher, FDP: So ist es.)

Wir sind inhaltlich sehr dicht bei dem, was CDU und SPD eigentlich sagen wollen, aber die Art und Weise stört uns schon sehr deutlich, wie Sie hier im Parlament agieren.

Im Punkt 1 sind Sie bei dem Thema Ausstattung. Und dazu habe ich gesagt: Machen Sie bitte erst einmal Ihre Hausaufgaben in Ihrem eigenen Ministerium,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

bevor Sie hier das Thema Ausstattung ansprechen!

Zum Punkt 2 sage ich auch ganz deutlich: Wir sind bei Prävention und bei der gefühlten Sicherheit,

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

bei den Rahmenbedingungen, die da sind. Und da müssen wir als Parlament sehr klar und deutlich unterscheiden. All das, was wir hier beschließen, kostet das Geld der Verkehrsunternehmen und der Kommunen. Und wenn wir das hier im Parlament einfach ohne Weiteres beschließen,

(Egbert Liskow, CDU: Ein Prüfauftrag!)

dann ist das zwar gut gemeint, aber noch lange nicht gut gemacht.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Egbert Liskow, CDU: Prüfauftrag! Prüfauftrag!)

Herr Kollege Liskow, ich muss Ihnen ganz ehrlich Folgendes sagen: Das, was Sie hier machen, ist kein Beitrag für ein höheres Sicherheitsgefühl und für mehr Verkehrssicherheit, sondern das ist Augenwischerei, das ist dummes Zeug.

(Egbert Liskow, CDU: Na, na, na, na!)

Deshalb werden wir diesen Antrag auch ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Herr Roolf, den Ausdruck „dummes Zeug“ muss ich als unparlamentarisch zurückweisen.

(Zurufe von Egbert Liskow, CDU, und Hans Kreher, FDP)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Timm für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe sehr aufmerksam zugehört, weil ich jemand bin, der immer gerne die Wirklichkeit beurteilt. Und wenn ich die Wirklichkeit beurteile, dann stelle ich fest, entweder leben wir irgendwo im Traumland oder wir fahren mit geschlossenen Augen in unseren öffentlichen Verkehrsmitteln.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Erstens. Wir beklagen die mangelhafte Sicherheit. Wir beklagen sehr häufig, dass die Jugendlichen eines der Übel sind, dass die Sicherheit nicht mehr ausreichend ist. Besonders Busse haben darunter zu leiden.

Zweitens. Sehr geehrter Herr Schulte, wenn Sie die Straßenbahnen ansprechen, manchmal, wenn ich in Rostock bin, bin ich auch schon Straßenbahn gefahren, dann mag das so sein. Auf der Insel Rügen fahren keine Straßenbahnen, da fahren Busse.

(Jochen Schulte, SPD: Das ist ein Fehler.)

Da fahren auch Busse, die inzwischen so lang sind, dass der Busfahrer von vorne nach hinten auch mit Spiegeln und dem, was er alles im Omnibus hat, gar nicht mehr sehen kann, was hinter ihm passiert. Außerdem ist es so, dass er sich auf die Straße und auf seinen Bus konzentrieren muss. Er darf also nicht der Sicherheitswächter in einem Verkehrsmittel sein, sonst sitzt er völlig umsonst da drin.

Drittens will ich Ihnen einfach ein paar Dinge sagen, die ich bei Omnibusfahrern auf der Insel Rügen erfragt habe, denn das ist ja immer das Beste, wenn man sich mit den Betroffenen unterhält. Und wenn ich das mit in Betracht ziehe, was der Herr Verkehrsminister uns hier vorgetragen hat, dann frage ich: Wer trägt die Dinge, die in der Praxis wirken, im Verkehrsministerium vor? Ist es ein Sehender, ist es ein Hörender, ist es ein Fühlender oder ist das jemand, der seine Pflicht erfüllt, um den Minister nicht böse zu stimmen? Ich hoffe, dass das nicht so ist.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Worauf wollen Sie hinaus, Herr Timm?)

Worauf es mir ankommt, Herr Professor Methling, ist, dass zwischen Wahrheit und Erzählung ein ganzes Ende nichts liegt.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Oh, das ist philosophisch.)

Das ist das, was ich beklage. Und das beklage ich nicht deshalb, weil der Verkehrsminister Schlotmann heißt und er von der SPD ist. Ich stelle mir die Frage, die stelle ich uns allen, denn wir reden sehr viel darüber: Was passiert draußen? Und wenn der Polizist mit dem öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos mitfahren darf, was ich bis heute auch nicht wusste,

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

ist das aber nicht schlimm, dass ich das nicht weiß, denn ich bin ja kein Polizist.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Was aber viel schlimmer ist, ist, dass die praktische Umsetzung – ich kann Ihnen nur sagen, wie das auf der Insel Rügen ist, und die ist gar nicht so sehr klein – einer solchen Möglichkeit auf der Insel Rügen einfach Legende ist. Das geht nicht.

(Gino Leonhard, FDP: Richtig.)

Ich will Ihnen auch ganz einfach sagen, warum: Wenn ein Polizist auf der Insel Ummanz wohnt und in sein Revier nach Bergen muss, dann braucht er mit dem Auto 15 Minuten, wenn er sich an die Straßenverkehrsordnung hält, und das machen Polizisten. Wenn er mit dem Omnibus fährt, dann macht er jeden Tag eine Rundfahrt durch den westlichen Teil der Insel Rügen. Er hat also die Chance, bis auf die Banzelvitzer Berge zu fahren. Manch einer weiß, was das ist.

Was leite ich daraus ab? Und das ist die Praxis und die Wirklichkeit, Herr Professor Methling, warum ich das frage. Was leite ich daraus ab? Was nützt uns die Möglichkeit, wenn der Polizist fahren darf, aber es nicht möglich ist? Und das ist auch wieder ein Problem, dass wir über Dinge reden,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wer sind denn „wir“?)

die in Praxis und Wirklichkeit weit auseinander liegen.

(Michael Roolf, FDP: Das können wir ja mal bei der Polizeigesellschaft erfragen, ob die das auch so sehen.)

Ich will noch ein bisschen weiter ausholen. Omnibusfahrer sind inzwischen zum Freiwild der Passagiere geworden, besonders bei Jugendlichen, nicht der kleinen Kinder aus der 1. Klasse. Die tun dem Onkel da vorne nichts, aber die, die ein bisschen größer sind, bekommen schon eine ganze Menge fertig.

Ein Beispiel: In einem Omnibus auf der Insel Rügen, der von Ummanz nach Bergen fährt, bauen auf der Strecke von Gingst bis Bergen ein paar handfeste Jungs hinten die letzte Sitzreihe aus dem Bus aus. Damit verbarrikadieren sie, weil sie ja Zeit genug haben, die sind ja lange genug unterwegs, den hinteren Ausstieg. Und die Schrauben, die sie erbeutet haben, benutzen sie als Munition und bewerfen von hinten den Omnibusfahrer. Das ist kein Unsinn, den ich Ihnen hier erzähle. Es gibt einen Omnibusfahrer auf der Insel Rügen, der heißt Thomas Timm, das ist mein Sohn, zu dem können Sie hingehen und ihn fragen.

Warum sage ich Ihnen das? Das geht nicht, wenn wir schon über die Sicherheit solcher Dinge sprechen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und deshalb werbe ich um die Videoüberwachung. Die Videoüberwachung ist mit Sicherheit kein Allheilmittel, das wissen wir alle, die wir hier sitzen, aber mit der Möglichkeit der Videoüberwachung sind wir besser in der Lage, Prävention zu betreiben. Wenn ich mir die Videoaufzeichnungen ansehe, dann habe ich am nächsten Tag die Möglichkeit, mit den entsprechenden Schülern oder Jugendlichen zu reden.

Was kommt noch dazu zur Sicherheit? Die Jungs, die diesen Omnibus hinten auseinandergebaut haben, haben das Ausgebaute vor die Tür gestellt. Es konnte keiner aussteigen. Daraufhin sind dann andere Leute in der Busmitte eingestiegen, hat der Omnibusfahrer gesagt. Und das war nun nicht mein Sohn, ich weiß das aber von anderen, weil ich einen recht guten Kontakt zu der Firma habe. Dann wird, und das ist auch ein Problem der Sicherheit, dem Omnibusfahrer noch gesagt: Wenn du auch noch Geld haben willst von mir, dann kannst du auch noch Prügel haben. Auch das ist gelebtes Omnibusfahren, meine Damen und Herren. Auch deshalb ist Videoüberwachung in Omnibussen notwendig.

Was für ein Problem haben wir noch? Wir haben noch das Problem des gestressten Omnibusfahrers. Was hat das zur Folge, wenn der Omnibusfahrer besonders gestresst ist? Das hat zur Folge, dass er nicht mehr in der Lage ist, seine ihm obliegenden Dienstpflichten zur Durchsetzung und Beobachtung von Sicherheit umzusetzen. Das kann er nicht. Warum kann er das zum Beispiel nicht? Er kann es deshalb nicht, Herr Glawe, weil er morgens um 4.00 Uhr schon losfährt. Dann fährt er vier Stunden, dann setzt er sich mit dem ungenügend ausgearbeiteten Fahrplan des Verkehrsunternehmens auseinander, dann hat er vier Stunden Pause und weiß nicht, wo er sich aufhalten soll, und dann fährt er wieder vier Stunden. Somit ist er jeden Tag 14 Stunden unterwegs. Das ist gelebte Praxis des Nahverkehrsbetriebes auf der Insel Rügen. Ich glaube, das ist keine Einzelheit.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Das kann ja wohl nicht angehen! Was ist denn bloß auf Rügen los?!)

Das will ich gerne glauben, dass das nicht bloß auf Rügen so ist, aber deshalb spreche ich das hier an.