Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich spreche hier heute in Vertretung von Frau Reese, die leider erkrankt ist.
Herr Minister Backhaus, es ist wieder mal fünf vor zwölf, bis Landesregierung oder Koalition tätig werden.
Daran ändert auch Ihre lange Rede nichts. In weniger als einer Woche tritt das bereits am 29. Juli 2009 vom Bundestag verabschiedete Bundesnaturschutzgesetz in Kraft. Wie meine Kollegin Frau Reese bereits bei der Einbringung ausführte, war es spätestens seit Beschlussfassung durch den Bundestag bekannt, dass die ungeänderte Beibehaltung des Naturschutzgesetzes und das Inkrafttreten des Bundesnaturschutzgesetzes am 1. März zu Rechtsunsicherheiten in der Anwendung führen würden. Dennoch haben Sie an dem im Juni in den Landtag eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Landesnaturschutzgesetzes festgehalten. Die grundsätzlichen Ausrichtungspunkte des im Juni vorgelegten Gesetzentwurfes zur Abschaffung der Grünordnungspläne, Ökokontierung und Schutzkategorie Natura-2000-Netzwerk begrüßt meine Fraktion weiterhin.
Bereits viel früher hätten Sie, Herr Minister, und Ihr Haus tätig werden können und aus Sicht meiner Fraktion auch wirklich müssen. Die Landesregierung – Entschuldigung, ich muss ja sagen, die Koalitionsfraktionen – hat sich fast zu lange Zeit gelassen, Landes- und Bundesnaturschutzgesetz aufeinander abzustimmen. Herr Minister Backhaus, Ihre Kritik während der Einbringung an die Opposition, dass sie einen Gesetzentwurf hätte früher einbringen können, kann ja wohl mit Blick auf die bisherige Praxis in diesem Hohen Hause nicht ernst gemeint gewesen sein.
Oppositionelle Gesetzanträge werden doch aufgrund der Diskussionsfreudigkeit der Koalition kaum zur Beratung in die Ausschüsse verwiesen. Wir haben es Ihnen durch
unser Agieren ermöglicht, ohne die üblichen parlamentarischen Spielereien einen Gesetzentwurf einzubringen
und somit den gesteckten Zeitplan zum Inkrafttreten des Bundesnaturschutzgesetzes am 1. März doch noch zu erreichen.
Der Ansatz meiner Fraktion in der Beratung war stets, für Rechtssicherheit und -klarheit in der Anwendung von Bundes- und Landesrecht zu sorgen. Weiterhin war uns wichtig, die für unser Land und unsere Fraktion bestimmenden Punkte wie beispielsweise die Ökokontierung mit im Bereinigungsgesetz zu regeln. Aus diesen Gründen haben wir uns trotz des notwendig gewordenen hohen Tempos immer offen gezeigt und keine Blockadepolitik betrieben. Aus diesen Gründen haben wir der Durchführung von Sondersitzungen im Ausschuss und auch heute im Landtag zugestimmt, um das Versäumnis der Landesregierung zu heilen.
Etwas überrascht waren wir dennoch über den Umfang des hier vorliegenden Gesetzentwurfes, der über eine bloße Bereinigung hinausgeht. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal deutlich machen, dass der Gesetzentwurf eine Novellierung des Landesnaturschutzgesetzes nicht ersetzt. Die Integration der in der Ausschussanhörung am 8. Oktober 2009 angesprochenen und diskutierten kleinen Novelle des Landesnaturschutzgesetzes in die Rechtsbereinigung wird auch von meiner Fraktion begrüßt.
Auch das muss der Opposition gestattet sein. Mit dem vorliegenden Entwurf wurde ein Gesetz vorgelegt, das im Gegensatz zum Gesetzentwurf des nächsten Tagesordnungspunktes lesbar, übersichtlich und verständlich ist. Nach Auffassung meiner Fraktion leistet es auch in Bezug auf die in dem Gesetz verankerten Verordnungsermächtigungen einen Beitrag zur Entbürokratisierung und Deregulierung.
Gerade aber in Bezug auf eine einheitliche Verordnung für die FFH- und EU-Vogelschutzgebiete muss die Landesregierung im Vorfeld prüfen, inwieweit hier überhaupt eine einheitliche Verordnung rechtlich möglich und umsetzbar ist. Wichtig ist es – und damit fordere ich die Landesregierung auf –, die angekündigten Rechtsverordnungen bereits zum Inkrafttreten des Gesetzentwurfes beziehungsweise möglichst zeitnah innerhalb der nächsten Wochen zu erlassen, damit auch dieses Gesetzeswerk mit Leben erfüllt wird.
Meine Damen und Herren, kurz möchte ich noch auf die Ökokontierung eingehen. Gerade in die Einführung der Ökokontierung setzt die FDP große Hoffnungen zum zukünftigen, sinnvollen Ausgleich von Eingriffen in die Natur und sieht sie als längst überfällig an. Bei der Umsetzung des Ökokontos ist es für meine Fraktion sehr wichtig, sich nicht nur auf den Ausgleich direkt vor Ort zu beschränken, sondern die Maßnahmen möglichst innerhalb der Region oder in Mecklenburg-Vorpommern vorzunehmen.
Ein grundsätzlicher Handel mit Ökopunkten über die Landesgrenzen hinaus wird seitens meiner Fraktion sehr kritisch betrachtet. In Ausnahmefällen und bei sachlicher Begründung sollte dies aber auch möglich sein. Bereits heute nimmt die landwirtschaftliche Nutzfläche in Deutschland pro Tag um circa 100 Hektar ab. Deshalb darf der Handel nicht dazu führen, dass andere Bundesländer ihre Ausgleichsmaßnahmen in MecklenburgVorpommern durchführen und damit der Landwirtschaft weitere Flächen zur Bewirtschaftung verloren gehen. Letztendlich würde damit auch der Vermeidungsgrundsatz von Eingriffen infrage gestellt werden. Ebenso, meine Damen und Herren, ermöglicht die richtige Handhabung des Ökokontos, dass nicht unbedingt landwirtschaftlich hochwertige Flächen für Kompensationsmaßnahmen verbraucht werden müssen.
Gern hätten wir als FDP in Paragraf 12, „Eingriffe in Natur und Landschaft“, zur besseren Übersicht und Klarheit die Regelung aus dem Bundesgesetz in Paragraf 14 Absatz 3 mit eingefügt, die regelt, welche Maßnahmen nicht als Eingriff in Natur und Landschaft zu werten sind. Leider wurde unser Änderungsantrag, wie alle weiteren inhaltlichen Änderungsanträge, pauschal durch die Koalitionsfraktionen – ich möchte beinahe sagen, wie üblich – abgelehnt. Frau Reese war ja schon fast überrascht, dass für unsere redaktionellen Änderungen nicht auch noch Argumente für die Ablehnung gefunden wurden.
Weiterhin positiv zum Gesetzentwurf möchte ich an dieser Stelle die getroffenen Regelungen zur Benutzung des Strandes in Paragraf 27 hervorheben. Mit der neuen Regelung wurde eine langjährige Forderung der FDP umgesetzt, die es den Gemeinden ermöglicht, Satzungen zur Strandnutzung zu erlassen.
Sehr geehrte Kollegen, ich will das Ganze hier nicht ausdehnen. Der Gesetzentwurf geht über eine ledigliche Bereinigung gegenüber dem Bundesnaturschutzgesetz hinaus, bietet aber eine akzeptable Grundlage für die Zukunft und für eine anstehende große Novelle zur Modernisierung des Landesumweltrechts. Die FDPFraktion stimmt dem Gesetzentwurf zur Bereinigung des Naturschutzrechtes zu. – Danke schön, meine Damen und Herren.
Ich mache an der Stelle darauf aufmerksam, dass gemäß Paragraf 85 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung den nicht an der Regierung beteiligten Fraktionen hier zusätzliche Redezeit zur Verfügung steht. Das sind für die Fraktion DIE LINKE drei Minuten und für die FDP und NPD jeweils zwei Minuten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der heute vorliegende Gesetzentwurf ist die Folge eines mehrjährigen Prozesses, beginnend mit der Abschaffung der Rahmengesetzgebung im Grundgesetz im Zuge der Föderalismusreform im Jahr 2006. Das haben auch meine Vorredner schon betont. Der Bund
kann damit alle Umweltrechtsgebiete selbst regeln. Das große Ziel war die Schaffung eines einheitlichen Umweltgesetzbuches. Letztlich ist nach viel Arbeit und harten Verhandlungen dieses Gesetzesvorhaben in erster Linie am Widerstand der CSU und damit Bayerns gescheitert.
Der Bund hat daher einzelne Gesetze beschlossen. Am 1. März 2010 treten das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes, das Bundesnaturschutzgesetz und das Rechtsbereinigungsgesetz Umwelt mit bundesweit wirkenden und im Bundesgesetzgebungsverfahren abgestimmten Normwerten in Kraft. Gleichzeitig wird das bisherige Landesnaturschutzgesetz des Landes grundsätzlich aufgehoben. Für die Bürger und die gesetzesvollziehenden Verwaltungen unseres Landes ergebe sich damit eine Situation, wonach nicht genau erkenntlich wäre, welche landesrechtlichen Vorschriften noch gültig sind und welche nicht.
Die Bestimmungen des bundeseinheitlich geltenden Umweltrechts und des übrig gebliebenen Landesrechts sind sehr verwoben und teilweise schwer nachvollziehbar. Es bedarf daher im Hinblick auf die Rechtssicherheit und den ordnungsgemäßen Gesetzesvollzug einer schnellstmöglichen klarstellenden Regelung, welche landesrechtlichen Vorschriften im Naturschutz auch über den 1. März 2010 hinaus weiterhin gelten sollen. Der Gesetzentwurf trägt diesem Erfordernis Rechnung. Abweichungen zum Bundesrecht erfolgen nur, soweit die Länder ausdrücklich im Bundesrecht hierzu ermächtigt werden.
Ausgehend von der Tatsache, dass MecklenburgVorpommern über ein fortschrittliches, den landesspezifischen Erfordernissen des Naturschutzes angepasstes Naturschutzrecht verfügt, war es das Bestreben der Koalitionsfraktionen, diese Regelung auch nach dem 1. März 2010 rechtssicher fortwirken zu lassen. Zugegeben, es war eine sehr enge Terminschiene und ich bin allen Demokraten dankbar, dass sie diesen Prozess mit uns gemeinsam getragen haben.
Ich nenne hier beispielhaft die Verbandsklage, den Horstschutz und den Alleenschutz. Zudem wird bei der Umsetzung von Natura 2000 in Mecklenburg-Vorpommern ein neuer Weg beschritten. Mit der Einführung der Verordnungsermächtigung für die Landesregierung zur Feststellung der europäischen Schutzgebiete werden die Kommunen entlastet und kooperative Lösungen ermöglicht. Im Zusammenhang mit der Einführung der Ökokontierung hat der Agrarausschuss zudem beschlossen, in einem neuen Artikel 22 dem Konnexitätsprinzip bei der Übertragung von Aufgaben auf die kommunale Ebene Rechnung zu tragen. Im Ergebnis der Anhörung des Agrarausschusses zum Gesetzentwurf haben die Koalitionsfraktionen noch zahlreiche Änderungsanträge in den Ausschuss eingebracht. Allerdings, und das gebe ich zu, Herr Kreher, ist der größte Teil davon redaktioneller und rechtsförmlicher Natur.
Natürlich haben wir lediglich Feinschliff betrieben. So wurde beispielsweise im Sinne der Deregulierung der Paragraf 19, „Schutz der Alleen“, dahin gehend geändert, dass die darin verankerten Verbote nicht für die Pflege und Rekultivierung vorhandener Garten- und Parkanlagen entsprechend dem Denkmalschutzrecht gelten. Weiterhin haben wir eine Anregung aus der Anhörung folgend präzisiert, dass Maßnahmen gemäß Paragraf 16 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes als
zur Kompensation geeignet anzuerkennen und in das Ökokonto einzutragen sind, wenn die örtlich zuständige Naturschutzbehörde vor der Durchführung der Maßnahme schriftlich zugestimmt und Umfang, Art und naturschutzfachlichen Wert der dauerhaft günstigen Wirkung festgestellt hat.
Geändert haben wir auch den Gewässerabstand baulicher Anlagen in Artikel 1 Paragraf 29. Hier wird die bundesrechtliche Regelung eins zu eins übernommen
Meine Damen und Herren, ich bin froh, dass in der heutigen Sondersitzung des Landtages dieser Gesetzentwurf zur Abstimmung steht, um noch rechtzeitig im Sinne von Rechtssicherheit und -klarheit und dem Erhalt bisheriger bewährter Umweltstandards das Rechtsbereinigungsgesetz am 1. März 2010 in Kraft treten zu lassen. Das ist im Übrigen bei allen Reden bisher ganz deutlich gemacht worden.
Mecklenburg-Vorpommern würde damit zu den ersten Bundesländern gehören, welche am 1. März 2010 ihr Landesrecht dem Bundesrecht im Naturschutz angepasst haben werden. Bedanken möchte ich mich für die Bereitschaft der demokratischen Fraktionen, trotz eines extrem engen Zeitkorsetts die Beratungen für den Gesetzentwurf durchführen und rechtzeitig abschließen zu können. Mein Dank gilt auch der engagierten Arbeit des Ausschusssekretariates. Das war in diesem Fall sehr mühevoll. Bitte stimmen Sie der beiliegenden Beschlussempfehlung zu. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Bürger des Landes! Die heutige Sitzung ist eine echte Glanzleistung des parlamentarischen Systems in Mecklenburg-Vorpommern in Sachen Landesnaturschutzrecht und Landeswasserrecht. Während der öffentlichen Anhörung im Agrarausschuss zum Entwurf eines Gesetzes der Fraktionen der SPD und CDU zur Bereinigung des Landesnaturschutzrechts auf Drucksache 5/3026 am 21. Januar 2010 erklärte Udo Timm, er sei sicher, dass einige der anwesenden Sachverständigen sehr verwundert gewesen seien, als sie nach ihrer Teilnahme an der Anhörung am 8. Oktober 2009 zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Landesnaturschutzgesetzes im Agrarausschuss erneut Post von eben diesem Ausschuss bekamen. Das zeige aber auch, so schloss Udo Timm, dass das dem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren zugrunde liegende System funktioniere.
Warum sich also wundern? Weil bereits am 29. Juli 2009 das Bundesnaturschutzgesetz im Bundesgesetzblatt I, Seite 2542 veröffentlicht worden war und jeder halbwegs versierte Politiker hätte lesen können, dass dieses Gesetz am 1. März 2010 in Kraft tritt.
Damit aber war die Anhörung am 8. Oktober 2009 im Agrarausschuss auf der Basis eines bereits veralteten Gesetzentwurfes Makulatur und das Verfahren selbst eine dreiste Farce. Wäre dem nicht so, bräuchten wir heute nicht zusammenzutreten, sondern hätten
es bei jenem Zweiten Gesetz zur Änderung des Landesnaturschutzgesetzes bewenden lassen können. Dass aber diese parlamentarische Fehlfunktion der etablierten Schlafmützen aus dem Landtag von MecklenburgVorpommern noch als Beweis für die Richtigkeit dieses absurden Verfahrens gelten muss,