Protokoll der Sitzung vom 07.12.2006

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seitens der SPD-Fraktion begrüßen wir den vorliegenden Antrag der PDS ausdrücklich. Herr Bluhm hat dargelegt, dass die Befreiung, wie sie jetzt

Gesetz ist, lediglich darauf beruht, dass man Bezieher von Transferleistungen sein muss. Das ist uns einfach zu wenig, weil es die einkommensschwachen Bereiche in der Gesellschaft ausgrenzt. Hier sind nicht nur die Studenten gemeint, sondern vor allen Dingen die einkommensschwachen Rentner in Ostdeutschland. Bei mir im Wahlkreisbüro sind mehrere dieser Anfragen aufgelaufen. Es ist tatsächlich so, dass die Leute, die knapp über der Grundsicherungsgrenze liegen, praktisch von der Rundfunkgebühr nicht befreit werden, obwohl sie im Endeffekt weniger Geld erhalten als so mancher HartzIV-Empfänger. Das ist in der Tat eine Ungerechtigkeit, der abgeholfen werden muss.

Gleichzeitig kommen heutzutage nur noch von Rundfunkgebühr Befreite in den Genuss des Sozialtarifs der Deutschen Telekom. Das ist eine Folgeerscheinung, die wir im Prinzip auf einen größeren Empfängerkreis der Rundfunkgebührenbefreiung ausweiten können. Für viele Menschen, gerade für die Rentner, sind das Radiohören oder das Fernsehen eigentlich die einzige Teilhabe am kulturellen Leben. Wir tun gut daran, denke ich, diesen Kreis in die Gebührenbefreiung mit einzubeziehen, weil sie oftmals wirklich nicht in der Lage sind, die Gebühren zu bezahlen.

Mit dem vorliegenden Antrag und dem Änderungsantrag geben wir dem Ministerpräsidenten sicherlich einen für unsere Bürger wichtigen Verhandlungsauftrag, der natürlich, und das wissen wir alle, nur umgesetzt werden kann, wenn man auch bereit ist, höhere Rundfunkgebühren in Kauf zu nehmen. Das wird wahrscheinlich der Preis dafür sein. Ich persönlich darf hier erklären, dass ich gerne bereit bin, höhere Rundfunkgebühren zu bezahlen. Ich betrachte das als einen Akt der Solidarität und werbe um Zustimmung für den Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, Linkspartei.PDS und Jörg Vierkant, CDU)

Danke, Herr Nieszery.

Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Leonhard von der FDP.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kollegen! Die FDP-Fraktion hat gestern zu diesem Thema ausführlich die Position dargestellt. Wir haben der Überweisung zugestimmt und das werden wir heute auch für die FDP-Fraktion so gestalten. – Vielen Dank.

Danke, Herr Leonhard.

Es hat jetzt das Wort Herr Jörg Vierkant von der CDU.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie Herr Bluhm in der Einbringung bereits anmerkte, haben wir gestern schon einmal über einen Rundfunkänderungsstaatsvertrag gesprochen. Da ging es um die Neunte Änderung und jetzt wollen Sie, meine Damen und Herren von der PDS, die Landesregierung mit einer 10. Änderung beauftragen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Läuft schon.)

Bevor ich etwas zum Inhalt sage, gestatten Sie mir meinerseits einige Anmerkungen. Der Neunte Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde durch den Ministerpräsidenten Herrn Dr. Ringstorff am 31. Juli 2006 unterschrieben. Ich muss also davon ausgehen, dass sich die damalige Landesregierung zu diesem Zeitpunkt und damit natürlich auch die Regierungskoalition darüber unterhalten haben müssen, was im Vorfeld zu diesem Neunten Vertrag not

wendig ist.

(Andreas Bluhm, Die Linkspartei.PDS: Aber, Herr Vierkant, Sie wissen doch, wie diese Verhandlungen ablaufen!)

Und es ging ja da, das habe ich gestern auch schon einmal gesagt, um Klarstellungen zur Gebührenbefreiung.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Es wäre sicher vernünftig gewesen, wenn Sie, meine Damen und Herren der Linkspartei.PDS, die Anregungen aus Ihrem heutigen Antrag schon damals in die Debatte eingebracht hätten, denn das Problem der Gebührenbefreiung für Menschen mit niedrigsten Einkommen gibt es seit dem Inkrafttreten der Neufassung vom 1. April 2005.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Sie müssen sich daher fragen lassen: Warum handeln Sie erst jetzt, wo Sie auf den Oppositionsbänken Platz genommen haben? Warum sind Sie nicht tätig geworden, als Sie noch in der Landesregierung waren?

Meine Damen und Herren, im Petitionsausschuss des Landtages haben wir uns in den vergangenen Jahren immer wieder mit dieser Thematik befasst. Die Probleme haben zugenommen, das zeigt die Anzahl der Petitionen.

(Zuruf von Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Gerade in den letzten drei Jahren ist die Zahl tatsächlich deutlich angestiegen. Waren es 2004 nur 2 Eingaben, so waren es 2005 bereits 12 und in diesem Jahr bis zum jetzigen Zeitpunkt 19.

Die Rundfunkgebühren, die heute monatlich 17,03 Euro für Radio und Fernsehen betragen, sind für Menschen mit geringsten Einkommen ein Problem, gerade auch für ältere Menschen mit niedrigen Renten. Hinzu kommt, dass nur eine quartalsweise Zahlung möglich ist, aber das ist eine zusätzliche Belastung für viele.

In früheren Zeiten gab es die Möglichkeit, für die Länder gesonderte Regelungen zu treffen. In Mecklenburg-Vorpommern beschrieb eine Landesverordnung von 1992 Einkommensgrenzen. Damals wurden die Anträge in den Sozialämtern bearbeitet. Seit 2005 ist jedoch allein die GEZ zuständig und hier ist als Voraussetzung für die Gebührenbefreiung die Vorlage von Bescheiden über gesetzlich defi nierte soziale Leistungen notwendig.

Ein weiteres schwieriges Problem, auf das auch schon hingewiesen wurde, meine Damen und Herren, was mir im Zusammenhang mit der Diskussion immer wieder aufgefallen ist, ist, dass viele, gerade ältere Menschen in unserem Land ihnen zustehende Leistungen nicht beantragten.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig. – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Oftmals fehlt auch die Info.)

Wir wissen alle, falsches Schamgefühl, aber es ist da. Angesichts der niedrigen Renten gibt es mehr Menschen, die zum Beispiel erfolgreich Grundsicherung beantragen könnten und in der Folge von Rundfunkgebühren befreit würden. Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist eine seit dem 1. Januar 2003 in Deutschland bestehende bedarfsorientierte soziale Leistung zur Sicherstellung des Lebensunterhalts, ähnlich wie die Sozialhilfe. Personen, die durch Alter oder Erwerbsminderung auf Dauer aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind

und ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können, erhalten damit eine Leistung, mit der sie das soziokulturelle Existenzminimum abdecken können. Rentner, die niedrige Renten beziehen, können Grundsicherung beantragen. Sie sollten dies auch tun, denn sie fallen in den Kreis derjenigen, wie ich schon sagte, die von der Rundfunkgebühr befreit werden könnten. Deshalb auch heute noch einmal mein Aufruf: Machen wir in unseren Wahlkreisbüros auf diese Tatsache aufmerksam, denn das sind wir unseren Wählern schuldig!

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Meine Damen und Herren, die Koalitionsfraktionen haben sich entschlossen, den von der Intention her richtigen Antrag der Linkspartei.PDS auf Drucksache 5/80 durch einen Änderungsantrag zu konkretisieren. Wir heben dabei vor allem auf die gute Landesverordnung von 1992 und die dort beschriebenen Einkommensgrenzen ab. Ich bin jetzt nach der Einbringung guter Hoffnung, dass wir deutliche Mehrheiten hier heute im Plenum haben werden. Ich bitte Sie trotzdem um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und Linkspartei.PDS)

Danke schön, Herr Vierkant.

Es hat jetzt das Wort Frau Barbara Borchardt von der Linkspartei.PDS.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sicherlich ist es richtig, Herr Vierkant, dass wir von den Problemen in den letzten Wochen und Monaten gewusst haben. Das zeigen ja nicht nur die Petitionen, das zeigt auch der Bürgerbeauftragtenbericht.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Aber das heißt natürlich, dass auch die CDU als Opposition von diesen Problemen sehr wohl gewusst hat. Wir haben in der letzten Wahlperiode auch von Ihnen diesbezüglich keinen Antrag bekommen. Ich werfe Ihnen das nicht vor, das sage ich jetzt ganz bewusst, weil der Prozess für einen Rundfunkstaatsvertrag sehr langwierig ist. Und wenn wir uns den Prozess ganz genau angucken, dann wissen wir, dass mit der Veränderung des Achten Rundfunkstaatsvertrages auch Änderungen hinsichtlich der Befreiungstatbestände erfolgten. Wir alle mussten vom Prinzip her davon ausgehen und Erfahrungen sammeln, wie mit der Vereinfachung dieses Prozesses beziehungsweise mit den neuen Verordnungen und der Anwendung der neuen Gesetze umgegangen wird.

Richtig ist, dass wir in den Monaten darauf, also im Jahre 2005, sowohl im Petitionsausschuss als auch die Bürgerbeauftragte nicht nur einmal mit dem Problem konfrontiert worden sind. Sie wissen als ehemaliger Ausschussvorsitzender des Petitionsausschusses, dass wir dieses Problem sehr ernsthaft diskutiert haben. Wir haben das Problem auch an die Fraktionen beziehungsweise an die Staatskanzlei mit der Bitte um Beachtung weitergegeben. Und damit in dieser Periode, also für den nächsten Änderungsvertrag, das Problem nicht im Nachhinein diskutiert wird – wir haben ja gestern gemeinsam festgestellt, dass es kaum Möglichkeiten gibt, einen Entwurf dann noch zu verändern –, sollten wir bitte schön noch einmal ganz genau hingucken und die Probleme, die wir gemeinsam mit den Befreiungstatbeständen festgestellt haben, auf den Tisch legen. Wenn man sich das

ganz genau anguckt – Sie haben die Zahlen ja genannt –, ist es schon erschreckend, weil Sie davon ausgehen können, dass viele Bürgerinnen und Bürger einfach sagen, wir beantragen erst recht nichts mehr, weil es so ein Aufwand ist, wir lassen das sein. Ich glaube, dass wir hier noch mehr Bürgerinnen und Bürger ansprechen, die vom Prinzip her berechtigt wären. Man muss aber noch einmal darauf hinweisen.

Ich glaube, das ist ganz wichtig, dass mit der neuen Regelung einfach auch ein Systemwechsel erfolgte. Wenn wir frührer, also vor der Änderung, vom Prinzip her davon ausgegangen sind, dass immer die Höhe des Erwerbseinkommens maßgebend war, ist es jetzt so, dass nur alleine der Tatbestand, dass man eine Sozialleistung erhält, die Befreiungsklauseln anzieht. Und wenn man davon ausgeht, dass der Gesetzgeber im Grunde genommen immer sagt, man sollte in erster Linie durch eigenes Einkommen sein Leben organisieren oder vom Prinzip her ohne Transferleistungen auskommen, ist es ein Systembruch insgesamt, wenn man das jetzt ernst nimmt, und zwar auch unter der Berücksichtigung dessen – das sage ich an dieser Stelle auch –, was wir in den letzten Monaten hatten, nämlich in Bezug auf die Veränderung von Zumutbarkeitsregelungen immer zu sagen, Arbeit annehmen, Erwerbseinkommen, Einkommen erzielen, Einkommen erzielen, Einkommen erzielen. In der Weise, glaube ich, ist es wichtig, dass man diesen Tatbestand, also diesen Systemwechsel, wieder zurücknimmt und sagt, wir gehen davon aus, dass nicht die Einkommensart wichtig ist, sondern die Höhe des Einkommens, um mehrere Bürgerinnen und Bürger dann in den Genuss kommen zu lassen, die jetzt von der Bedürftigkeit, einfach nur weil sie den Schein, dass sie keine Transferleistungen haben, nicht vorweisen können, ausgeschlossen werden.

Die Härtefallregelung würde einiges aufbessern und, wenn sie ernst genommen werden würde durch die GEZ, sicherlich einiges regeln. Aber Herr Bluhm hat darauf aufmerksam gemacht, es ist leider nicht so.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Richtig.)

Wir können nachweisen, auch das wissen Sie aus dem Petitionsausschuss, dass Bürgerinnen und Bürger sagen, selbst bei Widersprüchen sind sie gezwungen – es wird dem nicht nachgegeben –, vor Gericht zu gehen. Welche Folgen das letztendlich hat, wissen wir. In der Weise, glaube ich, ist es wichtig, dass wir hier tätig werden.

Für mich, das will ich an der Stelle sagen, ist es schon alleine, dass wir uns dieses Problems annehmen, ein Hinweis darauf, dass wir die Petitionen der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen, dass wir darauf reagieren, was die Bürgerbeauftragte immer wieder angemahnt hat und was Sie als Ausschussvorsitzender hier immer wieder angemahnt haben, dass wir darauf reagieren. Ich würde mir wünschen, dass es auch in Zukunft so sein würde, wenn wir feststellen, dass es innerhalb der Gesetzgebungsprozesse einfach Verschiebungen gibt, dass wir sie ernst nehmen und uns hier gemeinsam Gedanken machen, wie wir das Problem lösen können. Wir stimmen dem Änderungsantrag zu. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS, Volker Schlotmann, SPD, und Jörg Vierkant, CDU)

Danke schön.

Es hat jetzt der Abgeordnete Andrejewski von der NPD das Wort.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Die Verkomplizierung des Antragsverfahrens hat in der Praxis zu unhaltbaren Zuständen geführt. Die GEZ mauert wohl bewusst, wo sie nur kann, und tut alles, um die Berechtigten zu entmutigen. Nicht nur, dass die Bearbeitung durchaus länger als zwei Monate dauern kann, viele Anträge werden unter Berufung auf angebliche Formalien abgelehnt, häufi g werden sie auch einfach ignoriert. Man stellt einen Befreiungsantrag und trotzdem kommen weiterhin Bescheide und Forderungen. Mit der GEZ kann man nur noch per Einschreiben und Rückschein verkehren. Und leider hat die Post noch keinen Sondertarif für Hartz-IV-Empfänger, das ist ein teures Vergnügen.

Auch den Telekom-Sozialtarif bekommt man erst, wenn nach langen Monaten die GEZ-Befreiung eintrudelt. Bis dahin darf man den normalen Tarif bezahlen. Die Folge ist einerseits, dass viele Befreiungsberechtigte resigniert, entmutigt und auch eingeschüchtert aufgeben und trotzdem zahlen, obwohl sie sich das gar nicht leisten können, um sich Ärger zu ersparen, und wiederum andere kümmern sich gar nicht mehr darum oder denken fälschlicherweise, sie werden sowieso befreit, und meinen, es hätte keine Folgen. Und dann summieren sich die Forderungen. Wer ein Jahr lang keine GEZ bezahlt hat, das sind 200 Euro plus Mahnkosten und so weiter, das kann einen Hartz-IV-Empfänger wirtschaftlich vernichten, das kann ihn sein Konto kosten. Das ist eine soziale Zeitbombe, die meiner Meinung nach unterschätzt wird, und deswegen ist dieser Antrag in der Tat vernünftig. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der NPD)

Nach Herrn Andrejewski hat jetzt noch das Wort Herr Bluhm. – Herr Bluhm verzichtet.