Und das ist nicht Einsicht in die Notwendigkeit, liebe Heike Polzin, und das ist auch nicht alternativlos, wie meine nachfolgenden Redner uns sicherlich ins Stammbuch schreiben wollen.
Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe Steuerschätzung haben festgestellt, dass die konjunkturelle Dynamik stärker ist, als noch im Frühjahr gedacht, dass die Gewinnentwicklung bei den Unternehmen positiv ist, was zu mehr Steuereinnahmen bei den gewinnabhängigen Steuern führt.
Die Binnenkonjunktur folgt zaghaft diesem Trend. Fakt ist, dass Umsatzsteigerungen nicht nur wegen dem Dezemberfi eber zu erwarten sind. Daraus resultiert, dass bereits 2006 die Steuern insgesamt um 7,8 Prozent gestiegen sind und planmäßig im Jahr 2007 um 6 Prozent steigen sollen.
Das sind insgesamt 33 Milliarden Euro. Wir sind nach wie vor Exportweltmeister. Die Lohnstückkosten sind die letzten Jahre sachdienlich gesunken. Der Bundesfi nanzminister stellt fest, dass wir bereits in diesem Jahr die Maastrichtkriterien eingehalten haben. Die Verschuldung sinkt, die Arbeitslosigkeit geht zumindest offi ziell zurück
Meine Damen und Herren, und all das ohne die Erhöhung der Mehrwertsteuer, die erst am 01.01.2007 in Kraft tritt!
(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Harry Glawe, CDU: Seit der neuen Regierung, Frau Gramkow.)
Und deshalb frage ich, denn Sie haben es nicht begründet, Frau Polzin: Wo ist die Notwendigkeit für die Erhöhung der Mehrwertsteuer?
Ihr Finanzminister hat es folgendermaßen ausgedrückt, ich zitiere: „Die notwendige Konsolidierung der öffentlichen Haushalte erschließt sich eben nicht allein durch Einsparungen auf der Ausgabenseite. Das könnte im Extremen zur Bewegungslosigkeit führen. Der Staat benötigt zur Erfüllung seiner Aufgaben eine strukturell abgesicherte Einnahmebasis oder er verliert seine Funktionsfähigkeit.“ Und er bemühte dabei Churchill, ich zitiere: „Wer die bessere Einsicht hat, darf sich nicht scheuen, unpopulär zu werden.“ Ich fi nde diese Ansage richtig, nur: Ist die Antwort Mehrwertsteuererhöhung die richtige?
Frau Polzin, Sie haben darauf verwiesen: Ein Prozentpunkt der Mehrwertsteuererhöhung soll zur Absenkung der Beiträge der Arbeitslosenversicherung dienen.
Aber wir stellen in diesem Jahr fest, dass die Bundesagentur für Arbeit einen Überschuss von 9 Milliarden Euro erwirtschaftet hat.
Was wäre denn, wenn man – den Monatssaldo für den 13., den will ich unberührt lassen – von diesem Überschuss das eine Prozent benutzt
für die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge, und zwar ohne Erhöhung der Mehrwertsteuer. Das ist eine Alternative, die leider im Bundestag nicht diskutiert worden ist durch die große Koalition.
(Raimund Borrmann, NPD: Das wird auch viele Abgeordnete betreffen. – Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Michael Roolf, FDP)
Natürlich weiß ich, denn dazu bin ich zu sehr in Zahlen verliebt, die Mehrwertsteuer ist die einfachste Variante. Sie ist eine indirekte Steuer, sie bringt das meiste in die Kassen, sie belastet alle gleich, vermeintlich, denn – darauf hat Professor Methling hingewiesen – niedrige Einkommen werden mehr belastet als größere Einkommen.
Die Rente, das BAföG oder auch das Kindergeld, wird das eigentlich auch erhöht bezüglich der Erhöhung der Mehrwertsteuer?
Für diese Personengruppen wird nämlich die Mehrwertsteuer im Monat circa 23 Euro betragen. Ich vermisse die Anträge im Deutschen Bundestag, die BAföG-Regelung, die Rente zu erhöhen oder auch das Kindergeld.
(Harry Glawe, CDU: Das Kindergeld betrug zu DDR-Zeiten nur 20 Mark. Das haben Sie alles vergessen, ne?!)
Und was für mich hinzu kommt, ist, dass im gleichen Atemzug, wo die Bundesregierung die Mehrwertsteuer erhöht und groß Konsolidierung und Ausgaben damit decken will, neue Senkungen von Unternehmenssteuern, und zwar nicht für kleine und mittelständische Unternehmen, sondern für die Großunternehmen des Landes angekündigt werden. Und das, meine Damen und Herren, ist unsozial und nicht notwendig, deshalb ist die Mehrwertsteuersenkung auch nicht alternativlos.
(Harry Glawe, CDU: Es muss auch eine Achtung des Mittelstandes geben, Frau Gramkow. – Unruhe bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)
Ich möchte darauf verweisen, dass mit der Steuerreform 2000/2001 die Unternehmen dieses Landes, nicht die kleinen und mittelständischen Unternehmen unseres Landes, um über 60 Milliarden Euro an Steuern entlastet worden sind.
Der Spitzensteuersatz wurde noch unter Helmut Kohl von 53 Prozent auf die heute knappe 40er-Grenze gesenkt,
die Körperschaftssteuer bei den Unternehmen von damals 43 Prozent unter Rot-Grün auf 19 Prozent und Sie schicken sich jetzt an, diese auf 15 Prozent abzusenken.
(Heiterkeit bei Michael Roolf, FDP – Udo Pastörs, NPD: Das stimmt doch gar nicht. – Zuruf von Werner Kuhn, CDU)