Protokoll der Sitzung vom 07.12.2006

(Beifall Udo Pastörs, NPD)

Das unterscheidet sie von vielen anderen Technologien. Aber ich sage aus voller Überzeugung, zugleich birgt sie auch eine große Chance, die wir erkennen und nutzen müssen, wenn das Risiko eingegrenzt ist.

Diese Debatte, meine Damen und Herren, ist nicht neu und nicht unbekannt. Ich will sie deshalb hier auch nicht vertiefen. Vertiefen möchte ich aber das Verständnis, Ihr Verständnis für eine intensivere Grundlagenforschung zur Erkennung von Risiken und Chancen der grünen Gentechnik.

Ich möchte die kürzlich erfolgte Anhörung im Agrarausschuss des Bundestages erwähnen. Dort kam unter ande

rem im Beitrag des Vertreters der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft Braunschweig-Völkenrode zum Ausdruck, dass zum Beispiel die Begleitforschung zu den Anbaurisiken des gentechnisch veränderten Maises, und wir meinen hier sicher alle den sogenannten Bt-Mais, erst begonnen wurde. Andere Experten bestätigen zudem das Fehlen einer verlässlichen Datenbasis für die Risikobewertung. Ich weiß um den großen Anbauumfang, aber weltweit gibt es kaum Daten in Bezug auf die Langzeitwirkungen. Weder langfristige Fütterungsversuche bei Tieren noch Untersuchungen zu Auswirkungen auf den Menschen liegen hier vor. Unserer Meinung nach ist es so, dass wir die Forschung intensivieren müssen, um dem Vorsorgeprinzip in jeder Richtung entsprechen zu können. Auch die sozialen und ökonomischen Folgen bei der Anwendung der Gentechnik dürfen in der Wissenschaft und in der Politik nicht aus dem Blickfeld geraten. Gerade bei Betrieben, die sich gegen die Agrogentechnik entscheiden – wir haben von der Wahlfreiheit gesprochen –, werden Kosten verursacht, weil sie sich schützen müssen. Deshalb erwähne ich hier noch einmal unseren Standpunkt vom Juni dieses Jahres: Wer den Nutzen haben will, soll auch die Folgekosten mittragen.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Im Sinne integrierter Politik liegt es sehr nahe, an dieser Stelle eine Lanze für die Wissenschaft in unserem Lande zu brechen. Es seien die Arbeiten in Groß Lüsewitz im Agrobiotechnikum, in der Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpfl anzen und auch die Arbeiten an der Universität Rostock auf diesem Gebiet erwähnt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Kollegin Frau Schwebs hat in ihrer Einbringungsrede auf Formulierungen des Koalitionsvertrages hingewiesen. Wir meinen, dieses Land braucht ein klares Bekenntnis und ein Zeichen für die Bereiche Tourismus und Gesundheit in Verbindung mit einer nachhaltigen Landwirtschaft und der Entwicklung der ländlichen Räume. Deshalb fordere ich auf der Grundlage unseres Antrages: Unterstützen Sie die Bildung gentechnikfreier Regionen! Gehen Sie in den Nationalparken, Biosphärenreservaten und Naturschutzgebieten mit einem guten Beispiel voran! Setzen Sie ein Zeichen und fördern Sie, was das Land voranbringt! Fördern Sie erklärtermaßen gentechnikfrei wirtschaftende Unternehmen auch in der Agrarinvestitionsförderung mit! Schaffen Sie die Voraussetzungen für die mögliche Koexistenz zwischen den GVO-freien Betrieben und den Nutzern dieser dann geprüften Technologie – ich weise jetzt insbesondere auf den Terminus dieser geprüften Technologie hin – und setzen Sie sich für eine intensive begleitende Grundlagenforschung in unserem Lande ein! Damit werden Sie, damit werden wir dem Gebot der Wahlfreiheit der Verbraucher und der Landwirte gerecht und geben unserem Land weitere Wachstumsimpulse über den Bereich der Agrarwirtschaft hinaus.

Ich bitte Sie, den Antrag zur Bearbeitung in den Agrarausschuss federführend und in den Bildungsausschuss mitberatend wegen der Forschung zu überweisen. – Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Danke schön, Herr Professor Tack.

Es hat jetzt ums Wort gebeten der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Dr. Backhaus. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja schon angedeutet worden, das Thema hat uns in der letzten Legislaturperiode auch intensiv beschäftigt. Und es ist doch eine Tatsache in diesem Lande, in Deutschland, in Europa: Zu der Frage der grünen Gentechnik geht immer noch ein Riss quer durch die Parteien und auch innerhalb der Parteien. Daran kann man, denke ich, deutlich erkennen, dass das auch ein Spiegelbild in der Gesellschaftsentwicklung darstellt. Und wenn wir verantwortungsbewusst und verantwortungsvoll damit umgehen, dann nehmen wir auch zur Kenntnis, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland und in Europa tatsächlich an dem Nutzen große Zweifel haben. Dieses nehmen wir ernst und deswegen ist die Anwendung der grünen Gentechnik immer wieder zu hinterfragen und natürlich wissenschaftlich zu begründen.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Herr Professor Tack, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie darauf hingewiesen haben, Begleitforschung in Deutschland hat es in der Vergangenheit in der Form nicht gegeben. Zum Glück hat sich Mecklenburg-Vorpommern zu diesem Thema eingebracht. Wir führen den deutschlandweiten Anbauversuch, um damit Erkenntnisse zu gewinnen. Und ich sage ausdrücklich, von Monsanto oder von US-amerikanischen Wissenschaftseinrichtungen können wir uns dabei nicht leiten lassen.

Man muss natürlich auch zur Kenntnis nehmen, dass in gut unterrichteten Kreisen – sowohl in Verbraucherschutzorganisationen, aber auch im naturwissenschaftlichen Bereich – eine erhebliche Skepsis vorherrscht. Und deswegen ist Aufklärung notwendig. Ich habe dieses im Übrigen immer wieder betont.

Die Landesregierung – auch das will ich ausdrücklich sagen – nimmt die Sorgen, zum Teil auch die Ängste der Bevölkerung selbstverständlich sehr ernst, wie auch die seriösen wissenschaftlichen Einrichtungen die Hintergründe vermitteln. Die Sicherheit der menschlichen Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher und der Schutz der Umwelt bleiben entsprechend dem Vorsorgeprinzip nach wie vor oberstes Ziel dieser Landesregierung. Entscheidend sind aus meiner Sicht zwei grundsätzliche Prinzipien:

Erstens. Die Wahlfreiheit der Verbraucherinnen und Verbraucher muss gewährleistet sein.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Richtig.)

Zweitens. Die Sicherung der Koexistenz verschiedener Bewirtschaftungsformen muss gewährleistet werden.

(Beifall Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)

Auch das habe ich immer wieder betont. Allerdings genügt selbst eine rechtliche Rahmensetzung dem Anspruch innerhalb Deutschlands und Europas nach wie vor nicht. Momentan – und das ist auch die entscheidende Aussage hier und heute – können wir den Landwirten in Mecklenburg-Vorpommern den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen nicht empfehlen, sondern sollten eher davon Abstand nehmen.

(Beifall Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)

Andererseits dürfen wir ausdrücklich feststellen, es gibt

kaum ein anderes Bundesland, das über so günstige natürliche Voraussetzungen verfügt wie MecklenburgVorpommern, um die friedliche Koexistenz in diesem Bereich umzusetzen. Ich denke dabei an die hervorragenden Agrarstrukturen, an die Ausbildung unserer Landwirte und das ausgezeichnete Know-how, das wir in unserem Bundesland haben, an die ansässigen wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen, aber auch an die Züchterhäuser, die eine hervorragende Arbeit leisten. Dieses muss man alles anerkennen und vor diesem Hintergrund muss man abwägen.

Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass wir forschen müssen. Deswegen möchte ich an dieser Stelle sagen, wo geforscht wird, müssen Freisetzungen und Anbau möglich sein, sonst wird aus einer Region nie eine richtige Herberge für aufstrebende Forscher, sondern höchstens ein Wolkenkuckucksheim.

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Genau.)

Ich halte es für unredlich, einerseits die Landesregierung aufzufordern, für den Bestand der Ressortforschung am Standort Groß Lüsewitz gegenüber dem Bund bis zur letzten Patrone zu kämpfen, andererseits zu fordern, dass gentechnisch veränderte Kartoffelsorten dort nicht angebaut werden dürfen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Auch das bitte ich bei allen Diskussionen wirklich zu berücksichtigen.

(Zuruf von Werner Kuhn, CDU)

Der Ressortentwurf des Bundesministeriums sieht eine Erleichterung in der Forschung vor. Das war in der vergangenen Legislaturperiode auch der Wille dieser Regierung, zum Beispiel, dass die verschuldensunabhängige Haftung – und das bleibt auch so – gewährleistet werden muss. Aber wir müssen den Forschungseinrichtungen Forschungsprojekte in der Grundlagenforschung zubilligen, die dann auch umgesetzt werden müssen. Im Übrigen sollen die Regelungen zum Standortregister wieder auf ein praktisches Maß zurückgeführt werden, um vorsätzlichen Zerstörungen entgegenzuwirken. Auch dieses halten wir für richtig. Der Grundsatz der verschuldensunabhängigen Haftung bleibt erhalten, das ist auch richtig so.

Darüber hinaus haben wir die Bundesregierung ausdrücklich aufgefordert, die Zeit in der EU-Präsidentschaft zu nutzen, um die zügige Umsetzung einer transparenten Kennzeichnungsregelung für alle gentechnisch veränderten Lebensmittel und Futtermittel durchzusetzen. Der Verbraucher und die Verbraucherinnen müssen ein Recht darauf haben, diese Produkte zu erkennen, und zwar in allen Regalen, die es in Europa gibt. Ich möchte an dieser Stelle deutlich betonen, dass dieses ebenso für Produkte gelten würde, die im Rahmen der tierischen Produktion umgesetzt werden. Auch Tiere, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert werden, sind dann zu kennzeichnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und Linkspartei.PDS)

Ich bin ausdrücklich für eine konsequente Verfahrenskennzeichnung, genauso wie sie bereits im ökologischen Landbau in Deutschland und insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern umgesetzt wird.

Ich möchte noch einmal etwas zu den Inhalten sagen.

Als Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz befürworte ich – und das habe ich immer getan – ausdrücklich die Ausweisung von gentechnisch freien Regionen. Sie sind legitimer Ausdruck des gemeinsamen freiwilligen Handelns von ökologisch und konventionell wirtschaftenden Landwirten. Allerdings halte ich es für unredlich, für eine gesunde Umwelt und Natur auf der Grundlage der Genfreiheit zu werben. Wie bereits gesagt, die Zulassung – und wir haben es hier mit europäischem Recht zu tun – von Lebens- und Futtermitteln, die aus gentechnisch veränderten Organismen bestehen oder daraus hergestellt werden, gilt europaweit. Daran haben wir uns zu halten. Daher könnte eine Bewerbung von Gentechnikregionalmarken auch für die Dachmarke „MV tut gut.“ als irreführend eingeschätzt werden. Das halte ich für nicht verantwortbar.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: So, so!)

Die verantwortungsvolle Nutzung der Gentechnologie läuft daher mit dem Ziel, das Gesundheits- und Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern zu unterstützen, eins zu eins. Wir wollen es auch weiter so betreiben. Jedes Unternehmen, das sein Produkt unter diesem Dach platzieren wird, wird Chancen und Risiken selber abzuwägen haben. Die Politik sollte sich hier heraushalten, wir wollen damit nur die Rahmenbedingungen schaffen.

Ein zweiter Punkt ist die Europarechtslage. Hier gelten europäisch einheitliche Rechtslagen – ich habe sie bereits genannt –, da sind wir hoffentlich hier im Hohen Hause nicht weit auseinander. Was wir derzeit erleben, ist doch wirklich schizophren. Zwar werden gentechnisch veränderte Pfl anzen weltweit in großem Stil angebaut, aber beim Einkauf im Supermarkt können wir es nicht erkennen. Hier müssen wir handeln! MecklenburgVorpommern wird hier auch handeln.

(Beifall Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)

Es gibt große Produktgruppen, bei denen Gentechnik überhaupt keine Rolle spielt, auch da muss Transparenz geübt werden.

Ich möchte an dieser Stelle zum Punkt 3 Ihres Antrages Folgendes deutlich machen: Steht der Anbau von gentechnisch veränderten Pfl anzen dem Schutzziel von ökologisch sensiblen Gebieten entgegen, so darf dort ein Anbau nicht erfolgen. Das Schutzziel ist in Beziehung zu setzen zu den Kulturarten und Gebrauchsarten. Die spezifi schen Eigenschaften der gentechnisch veränderten Pfl anzen sind absolut notwendig. Eigentlich sollten wir davon ausgehen können, dass dieser wesentliche Aspekt bereits im Rahmen der europaweit gültigen Zulassungsverfahren für einen gentechnisch veränderten Organismus hinreichend bewertet worden ist. Wir nehmen zur Kenntnis, dass es hier wesentliche Ausnahmen gibt, und zwar den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen direkt in Natura-2000-Gebieten oder in einer Nähe, wo dann Auswirkungen auf diese Gebiete möglich sein könnten. Durch die Anzeigepfl icht, die sich gemäß Gentechnikgesetz für die Aussaat beziehungsweise den Anbau gentechnisch veränderter Organismen ergibt, fallen diese Vorgaben regelmäßig unter den Projektbegriff des Paragrafen 10 des Bundesnaturschutzgesetzes. Deswegen lasse ich zurzeit prüfen, ob und inwieweit in den Natura-2000-Gebieten gentechnisch veränderte Organismen vom Anbau ausgeschlossen werden sollten.

(Beifall Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)

Das halte ich für richtig und notwendig, um damit einen Beitrag zu leisten. Ich lasse prüfen, inwieweit das Land als Flächeneigentümer hier zu beteiligen ist. Auch das halte ich für notwendig. Dennoch ist hier anzumerken, dass eine solche Position genau genommen dem Grundsatz jener Neutralität widerspräche, die eine Landesregierung gegenüber beiden Seiten zu wahren hat. Koexistenz heißt, miteinander zu leben, um miteinander bestehen zu können. Andererseits sollten wir auch hier neue Zeichen setzen. Bereits heute stellen wir fest – das ist auch ganz klar festgelegt worden –, dass im Landeswald, in den Großschutzgebieten und Biosphärenreservaten gentechnisch veränderte Organismen nicht angebaut werden. Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis! Wir sind der Meinung, dass damit natürliche Barrieren entwickelt worden sind.

(Beifall Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)

Wir werden im Rahmen der Umweltallianz darüber reden, ob, inwieweit und in welchem Umfang landeseigene Flächen formal in gentechnischfreie Regionen mit einzubringen sind. Ich könnte mir im Gegenzug ein Entgegenkommen der Umweltverbände bei der Freisetzung vom Anbau vorstellen, um damit auch ein Zeichen für Gemeinsamkeiten zu entwickeln.

Was allerdings nicht geht, meine Damen und Herren von der PDS, ist der Punkt 4. Die Landesregierung sieht keine Möglichkeit einer gesonderten Förderung, weder in der einen noch in der anderen Region oder auch für Unternehmen.

(Beifall Beate Schlupp, CDU)

Wir können weder Betriebe gesondert fördern noch ist es so, dass wir gentechnikfreie Regionen und deren Zusammenschlüsse in solchen Betrieben gesondert fördern sollten. Was wir machen können, ist, den ökologischen Landbau insbesondere in diesen Gebieten auszudehnen. Dazu haben wir bereits intensive Gespräche geführt. Ich kann Ihnen heute sagen, dass wir den ökologischen Landbau in der nächsten Periode im Vergleich zur Vorperiode von 70 Millionen auf 110 Millionen erhöhen werden mit dem Ziel, gerade in ökologisch sensiblen Gebieten den Ökolandbau weiter auszurichten, um damit auch voranzukommen.

Was die Züchtungsforschung anbelangt, das möchte ich abschließend sagen, dazu habe ich meinen Standpunkt hier schon angedeutet. Eines muss aber klar sein: Wenn wir wissenschaftliche und wirtschaftliche Potenziale im Bereich der Biotechnologien und der Gentechnik im Sinne der Nachhaltigkeit weiter voranbringen wollen, nämlich über viele Generationen hinaus denken, dann selbstverständlich unter Berücksichtigung der ökologischen Aspekte, die wir auch für unser Land nutzen müssen. Was dagegen nicht geht, ist eine Politik nach dem Motto: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!“ Selbstverständlich habe ich zur Kenntnis genommen, was hier von der PDS gesagt worden ist. Wir sind gerne bereit, unser Konzept noch einmal vorzustellen und darüber zu diskutieren. Ich denke, ich habe auch Ansätze angeboten,