Krieg als Ultima Irratio ablehnen, heißt aber auch, sich nicht hinter vermeintlichen Koalitionszwängen zu verstecken.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ach, Herr Ritter, wir entscheiden hier doch nicht über Krieg oder Frieden, das wissen Sie doch ganz genau.)
Der Bundestagsabgeordnete der LINKEN Wolfgang Gehrcke hat in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag solche Alternativen aufgezeigt. Er konnte diese Rede nicht halten, deshalb zitiere ich an dieser Stelle aus
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Warum durfte er denn nicht? Weil er einen Zettel hochgehalten hat, oder?)
ich zitiere: „Es gibt für Afghanistan einen Weg zum Frieden, das ist der Weg der Verhandlungen. Deswegen sollte der Deutsche Bundestag die Regierung Karsai auffordern, konsequent Verhandlungen zwischen den Kriegsgegnern anzustreben und zu verwirklichen. … Die Hilfe für Afghanistan muss fortgesetzt werden, die Gelder müssen vom Militär, von der Zerstörung zum zivilen Aufbau umgeleitet werden.“
„Der zivile Aufbau darf nicht als Mittel des Krieges erscheinen und so eingesetzt werden. Wenn die Afghaninnen und Afghanen über ihr Schicksal selbst … entscheiden können, wird es besser gelingen, zu tatsächlichen, tragfähigen Schritten in Richtung Demokratie, Frauenrechte und Sicherheit zu kommen.“ Zitatende.
Das können Sie nun als pazifistische Spinnerei abtun oder als faulen Geschäftsordnungstrick. Die Frage bleibt,
die Frage bleibt: Was also ist zu tun, Herr Kreher, um die sinnlose Zerstörung, den sinnlosen Krieg in Afghanistan zu beenden?
Diese Frage stellt sich auch Achim Wolgethan, ein deutscher Soldat in Afghanistan, in seinem Buch „Endstation Kabul“. Ich zitiere: „Was also tun? Die eingesetzten Soldatinnen und Soldaten wirklich abziehen und das Land und seine Menschen sich selbst überlassen, wieder einmal? Genau das Gleiche passierte 1989, als die sowjetischen Truppen nach zehnjähriger Besatzung das Land verließen. Gleichzeitig zogen auch die Militärberater der CIA aus den Stammesgebieten im pakistanisch-afghanischen Grenzland ab, sämtliche Unterstützungsgelder versiegten. Hatten die USA in der gesamten Zeit des Krieges über eine Milliarde Dollar vor allem für Waffen ausgegeben, geriet das Land am Hindukusch ab 1989 in Vergessenheit und blieb sich selbst überlassen.“
„Eine dringend notwendige Aufbauhilfe wurde nicht gewährt, und die von den Amerikanern zum Kampf gegen die Sowjets ausgebildeten und aus der muslimischen Welt rekrutierten ‚Gotteskrieger‘ radikalisierten sich zunehmend. Aus diesen Kräften … entstand Mitte der neunziger Jahre ein Großteil der radikalislamistischen Taliban, die in einem blutigen Bürgerkrieg die unterein
ander zerstrittenen Clanchefs überrannten und … ihr Terrorregime implementierten. Der Westen erkannte erst nach den Anschlägen vom 11. September 2001, was er sich dort selbst herangezüchtet hatte.“
„Das alte Sprichwort ‚Der Feind meines Feindes ist mein Freund‘ bewahrheitet sich nicht.“ So weit ein ehemaliger Bundeswehrangehöriger, der in Afghanistan im Einsatz war.
Nicht alle Schlussfolgerungen des Augenzeugen Wohlgethan in seinem Buch teile ich. Für mich wird aber aus diesen und anderen Schilderungen, auch aus Gesprächen mit Soldatinnen und Soldaten, die in Afghanistan im Einsatz waren, eines klar: Auf Dauer lässt sich auf Bajonettspitzen kein Frieden errichten.
Deshalb ist jede Forderung nach sofortigem Abzug, sei es nun der Beschluss eines Landesvorstandes einer Partei oder sei es eine Positionierung eines Landesparlamentes, deshalb ist jede Forderung nach deutlicher Steigerung für zivile Aufbauhilfe, jede Forderung nach verstärkter Ausbildung afghanischer Polizeikräfte, jede Forderung nach Beendigung des internationalen Waffenhandels eine Forderung in die richtige Richtung. Diesen Forderungen entspricht auch unser Antrag, um dessen Zustimmung ich Sie bitte. Es geht eben nicht nur um unsere oder Ihre Glaubwürdigkeit.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Herr Ritter, es wird Ihnen nicht gelingen, auf diese plumpe Art und Weise die Glaubwürdigkeit der SPD zu unterlaufen. Da können Sie sicher sein.
Zitat: „Wir lehnen den Vorschlag der Bundesregierung, das Bundeswehr-Kontingent in Afghanistan weiter aufzustocken, ab. Stattdessen plädieren wir für eine schrittweise Reduzierung der Soldatenzahl und eine stärkere Ausrichtung auf den zivilen Neuaufbau des Landes. …
Wir sehen mit großer Sorge, dass die deutschen Soldaten in Afghanistan immer mehr in kriegerische Handlungen verwickelt werden. Die Bombardierung des Tanklastzuges bei Kundus mit einer großen Zahl an zivilen Opfern hat viele Menschen in Deutschland entsetzt. Deshalb plädiert die SPD in Mecklenburg-Vorpommern für den schnellstmöglichen geordneten Abzug aus Afghanistan.“