Protokoll der Sitzung vom 11.03.2010

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Richtig. – Helmut Holter, DIE LINKE: Genau.)

Er ist nicht mehr notwendig. Es ist sozusagen in den Ausführungen des Ministers deutlich geworden, dass die Landesregierung viel weiter ist, als der Antrag es hier eigentlich einfordert.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, genau. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Aber dazu Punkt für Punkt.

Im Übrigen will ich an dieser Stelle auf den Änderungsantrag der Kollegen der FDP-Fraktion eingehen, die im Grunde genommen die Kritik des Unternehmerverbandes oder der Vereinigung der Unternehmerverbände aufgreifen und ihn zumindest in Punkt 2 so weitgehend konkretisieren und konkreter fassen,

(Michael Roolf, FDP: Ja.)

dass man tatsächlich von einem ergebnisorientierten Antrag dann sprechen kann.

(Hans Kreher, FDP: Genau. – Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

Aber insgesamt, das müssten auch die Kollegen der FDP dann sagen, wird der Antrag dadurch nicht so wesentlich besser, aber zumindest abrechenbarer.

(Hans Kreher, FDP: Ja, ja. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Sie wollen bloß ein bisschen schleimen.)

Nun, es ist schon so,

(Michael Roolf, FDP: Das habe ich ja wohl überhört.)

der vorliegende Antrag thematisiert in der Tat ein seit Jahren bestehendes und sich verschärfendes Problem auch bei uns im Land,

(Gino Leonhard, FDP: Fürs Protokoll.)

das natürlich mit der demografischen Entwicklung eine besondere Verschärfung erfährt, aber nicht so vordergründig neu ist. Und wenn man sich den Bericht der IHK Rostock von 2006 und die Positionen der IHK Rostock zur Entwicklung der Berufsausbildung bei uns im Lande zu Gemüte führt, dann wird man in diesem Bericht und in diesen Forderungen bestimmte Positionen finden, was also die Ausbildungsqualität von Schülerinnen und Schülern unseres Landes betrifft, die mit dem, was jetzt in dem Entwurf des Bundesbildungsberichtes der Bundesregierung vorgelegt wird, eins zu eins übereinstimmen.

Wenn dann in dem Bundesberufsbildungsbericht festgestellt wird, dass der Anteil der Jugendlichen, der zwischen Schule und Eintritt in die Berufsausbildung zunächst einen ergänzenden Grundbildungskurs besuchen muss, für das Jahr 2008 mit 47,3 Prozent beziffert wird, und darauf verwiesen wird, dass das 2005 sogar bei 55 Prozent lag,

(Regine Lück, DIE LINKE: Hört, hört!)

dann macht das den Handlungsbedarf deutlich. Und da sage ich hier ganz offen, das, was mit dem vorliegenden Antrag hier bezweckt werden soll, vor allen Dingen auch mit der vom Minister dargestellten Position, was die regionalen Zentren der Umsetzung für dieses Problem betrifft, das ist in Ordnung, aber es wird das eigentliche Problem nicht lösen. Es wird das eigentliche Problem nicht lösen. Da greift der Antrag dann doch zu kurz.

Es geht natürlich immer in der Bildungsbiografie eines Menschen um die Übergänge. Das ist vom vorschulischen Bereich in die Grundschule so, das ist von der Grundschule in die weiterführende Schule so, das ist natürlich auch von der allgemeinbildenden Schule in die berufliche Ausbildung oder die Hochschule so. Das ist nicht zu kritisieren, dass auch die Wirtschaft hier ihre eigenen Positionen und Forderungen aufmacht, aber natürlich müssen Schülerinnen und Schüler, ihre Elternhäuser und die Schule sich auch aufgefordert fühlen, an diesem Prozess mitzuwirken. Und da haben wir natürlich auch vor dem Hintergrund der Demografie jetzt eine völlig andere Situation. Gab es noch vor wenigen Jahren die Situation, dass die Perspektivlosigkeit von jungen Menschen in der Schule dazu führte, dass sie zunehmend null Bock auf Schule hatten, dann ist doch die Situation jetzt ganz anders. Und wir haben Schülerinnen und Schülern in diesem Lande zuzurufen: Wenn ihr mit guten Leistungen die Schule absolviert, habt ihr die besten Voraussetzungen, einen guten Ausbildungsplatz bei uns im Lande zu bekommen.

(Gino Leonhard, FDP: So ist das.)

Das ist doch die erste zentrale Aussage, die sozusagen die Politik jetzt aussenden muss an unsere Mädchen und Jungen hier bei uns im Land, und dass sie nicht in der Gefahr sind, keinen Ausbildungsplatz zu kriegen.

(Gino Leonhard, FDP: Ja.)

Es gab im Zusammenhang mit einer Untersuchung, die der Landessportbund gemacht hat, zu dem Verhältnis Schule und Verein eine Befragung im Abstand von insgesamt fünf Jahren, Anfang 2000 und Anfang 2005, in den Altersgruppen der 10- bis 13-Jährigen und der 13- bis 16-Jährigen – und ich empfehle allen, sich diese Untersuchung, die um das Thema Schule und Verein sich rankte, mal zu Gemüte zu führen –, wo die Perspektivfrage für junge Leute hinterfragt wurde. Da war deutlich, dass sich der Anteil derer in der Altersgruppe der

10- bis 13-Jährigen, die für sich selbst hier in Mecklenburg-Vorpommern keine Perspektive sahen – der 10- bis 13-Jährigen! –, auf über 50 Prozent im Jahr 2005 erhöht hatte, ein Problem, mit dem wir jeden Tag an der Schule zu tun haben.

Von daher, sage ich, reicht es auch nicht aus, mit der vorliegenden Drucksache sich nur auf die Jugendlichen mit schlechten Startchancen zu konzentrieren. Natürlich brauchen diese die besondere Förderung, unbenommen, aber es geht im Grunde genommen um die Qualitätsentwicklung in der Schule für alle Mädchen und Jungen.

Der Ansatz, aus meiner Sicht jedenfalls und der Sicht meiner Fraktion, für Veränderungen im Übergangsmanagement Schule und Beruf liegt eben nicht zuerst in der Schnittstelle selbst, sondern davor. Das wirkliche Problem beginnt in der Schule. Dazu gehört auch, wie Sie zutreffend beschreiben, Berufsfrühorientierung. Da ist ohne Frage – und da stimme ich dem Minister hier wirklich zu – in den zurückliegenden Jahren viel, viel passiert. Auch was die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft betrifft, ist viel, viel passiert und es gebührt allen Beteiligten an diesem Prozess ein Dankeschön für das, was sie da leisten,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

sowohl Lehrerinnen und Lehrern wie auch Unternehmerinnen und Unternehmern, die Verbände, die Gewerkschaften, Arbeitsverwaltungen und alle, die sich damit befassen.

Aber: „Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir“, das ist ein geflügeltes Wort und das muss wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt werden. Deswegen ist aus unserer Sicht die weitere qualitative Entwicklung des Schulalltags, die Frage der Entwicklung von Schule die beste Voraussetzung, um das, was dann mit der Zusammenarbeit von Wirtschaft und Schule im Interesse der Berufsorientierung zu machen ist, besser zu befördern als mit einer Zusammenstellung von vorhandenen Konzeptionen zum Übergang Schule und Ausbildung im oben genannten Sinne, so, wie Sie in Ihrem Antrag im Punkt II, Ziffer 1 die Landesregierung auffordern.

Es reicht doch mit Sicherheit nicht, dann zweitens zu sagen, sie sollen darüber hinaus den Regierungen noch „hilfestellende Informationen“ zur Verfügung stellen. Deswegen ist der Änderungsantrag der FDP an dieser Stelle aus meiner Sicht schon in Ordnung. Und nur mit einem Bericht an Wirtschafts- und Bildungsausschuss über den Verlauf – ja, was meinen Sie eigentlich für einen Verlauf? Meinen Sie den Verlauf der Erstellung der Zusammenstellung oder über den Verlauf der Berufsfrühorientierung und der Frage der Zusammenarbeit von Schule und Wirtschaft insgesamt? Von daher ist mit einem Bericht bis zum 30. Juni das Problem auch nicht gelöst.

Und bezogen auf das Thema der heutigen Diskussion, glaube ich, geht es schon um drei grundsätzliche Aufgaben, die zu klassifizieren sind:

Erstens. Schule muss solche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten vermitteln, die auch in der Zukunft anwendbar und damit verwertbar sind.

(Egbert Liskow, CDU, und Ilka Lochner-Borst, CDU: Richtig.)

Das sind Ansprüche,

(Zuruf von Ilka Lochner-Borst, CDU)

die nicht am Ende eines Prozesses beeinflusst werden, sondern in dem Bildungsprozess selbst.

(Egbert Liskow, CDU: Die sind allgemeingültig.)

Zweitens. Die Schule muss Wissen und Methoden vermitteln, sich dieses Wissen selbst zu erwerben und damit auf ein lebenslanges Lernen vorzubereiten, weil das nämlich die Grundvoraussetzung ist, um überhaupt längerfristig perspektivisch eine Tätigkeit in Unternehmen der Zukunft ausüben zu können.

(Egbert Liskow, CDU: Auch richtig.)

Und drittens. Sie muss zusätzlich auch Grundzüge der Struktur und Anforderungen der Arbeitswelt, also einer beruflichen Ausbildung oder eines Studiums vermitteln. Hier greift dann das, was Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Schule, Arbeit und Bildung sozusagen ausmacht.

Wenn Ausbildungsbetriebe und auch die Hochschulen flächendeckend und zunehmend beklagen, dass grundlegende und erwartbare Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht mehr vorhanden sind, dann ist doch genau das das Problem für zu viele Schulabbrecher, für zu viele Ausbildungsabbrecher. Immerhin, von den 50 Prozent sind knapp die Hälfte Umorientierungen. Nur etwa jeder Zehnte bricht die Ausbildung tatsächlich ab. Aber das ist natürlich trotzdem eine erheblich hohe Zahl.

Was die Schule betrifft, nun, da sind bestimmte Dinge, die wir im Lande entschieden haben, vielleicht auch nicht förderlich. Auch hier ist ja die Frage zu beantworten: Ist denn ein verlässlicher Kanon von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten sozusagen mit einer Relation von 40:60 in Bezug auf die Frage der Rahmenpläne, was den Pflichtteil und die Gestaltungsfähigkeit der Unterrichte selbst betrifft, überhaupt realisierbar? – Im Prinzip schon, aber die Frage ist, wenn jetzt hinzukommt, dass wir mit den Entscheidungen des neuen Schulgesetzes in Bezug auf die Frage der Kontingentstundentafel und der darauf basierenden schulinternen Lehrpläne sozusagen noch mal eine größere Vielfalt von entsprechenden Gestaltungsmöglichkeiten bekommen, ob im Ergebnis des Bildungsprozesses tatsächlich für den Einzelnen verwertbares Wissen herauskommt.

Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich haben wir eine ganze Menge auch im schulischen Bereich in dieser Frage an Erfahrungen, an Möglichkeiten, wir haben Schülerpraktika, wir haben Lehrerpraktika, wir haben das Fach AWT, wir haben die Frage des produktiven Lernens –

(Regine Lück, DIE LINKE: Aber nicht flächendeckend.)

wobei es da Signale aus der einen oder anderen Schule gibt, dass die dafür zur Verfügung stehenden Stunden in diesem Schuljahr geringer geworden sind, was nicht unbedingt förderlich für diesen Prozess ist –, wir haben Schulen ans Netz und weitere Dinge. Ich glaube schon, dass die Zusammenarbeit in der regionalen Ebene angezeigt ist, dass dafür der Ursprungsantrag nicht ausreichend ist, wir dem Änderungsantrag der Fraktion der FDP beitreten oder ihm gerne zustimmen würden, aber wir würden uns in der Gesamtabstimmung enthalten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Danke schön, Herr Bluhm.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Wir werden jetzt die sofortige Abstimmung verlangen.)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schulte von der Fraktion der SPD.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Schöner Koalitionsantrag, aber die Koalition ist nicht da.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!