Protokoll der Sitzung vom 11.03.2010

Natürlich hat das in einem Flächenland mit dünner Besiedlung eine Konsequenz. Der Minister hat darauf hingewiesen, dass wir über 100.000 Schüler haben. Wenn jetzt von dieser freien Schulwahl von über 100.000 Schülern Gebrauch gemacht wird, können die Schülerbeförderungswege kreuz und quer durch das Land gehen. Es kann doch niemand ernsthaft glauben, dass ein Staat in der Lage ist, die individuellsten Verkehrswege nicht nur zu organisieren, sondern auch noch zu bezahlen.

(Hans Kreher, FDP: Braucht er ja nicht.)

Ich mache einmal ein anderes Beispiel auf, Herr Kreher, weil das im Grunde das ist, was Sie fordern.

(Zuruf von Beate Schlupp, CDU)

Der Staat finanziert Theater in Schwerin, in Greifswald und in Rostock. Sie wohnen in der Nähe von Schwerin. Was Sie im Prinzip fordern, nur nicht für die Theater, sondern für die Schulen, ist Folgendes: Es gibt ein Theaterstück in Greifswald, das würden Sie gern besuchen, und Sie fordern vom Land, dass es einen Reisekostengutschein gibt, damit Sie dahin fahren können und nicht so viele Kosten haben, obwohl Sie auch nach Schwerin fahren könnten.

(Michael Roolf, FDP: So viel dummes Zeug am Stück!)

Das ist das, was Sie in der Sache vorschlagen.

Ihren Zwischenruf weise ich zurück, Herr Abgeordneter Roolf.

Ich glaube, der Minister hat da recht. Der eigentliche Hintergrund sind nicht die ganzen Schüler, sondern der eigentliche Hintergrund sind die Schulen in freier Trägerschaft für Sie.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genauso ist das.)

Sie haben heute Morgen in der Fragestunde auch hervorgehoben, dass das Ihr Kernproblem ist im Schulbereich. In der Tat hat der Gesetzgeber auf Wunsch der kommunalen Ebene die gesetzliche Pflicht zur Erstattung

von Fahrtkosten für Schüler an freien Schulen abgeschafft. Das war der Wunsch der kommunalen Ebene, Herr Kreher.

Das gibt mir auch die Gelegenheit, noch einmal darauf hinzuweisen, wer für das Thema eigentlich zuständig ist.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

Das Land ist für die Bezahlung und die Organisation der Schülerbeförderung nicht zuständig. Ihr Antrag ist ein Ablenkungsmanöver. Und das Schulgesetz verbietet nicht, dass die kommunale Ebene, die dafür sachlich zuständig ist, auch weiterhin – ich nehme an, mein Kollege Reinhardt wird darauf eingehen –, wenn sie will, die Fahrtkosten bezahlen kann für Schüler, deren Schulwahl von der örtlich zuständigen Schule abweicht.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Das Schulgesetz beschreibt einen Mindeststandard, verbietet aber nicht, dass die Kommunen so wie in der Vergangenheit darüber hinausgehen. Und jetzt wird es spannend. Sie sind doch Bürgermeister. Es ist ein kommunales Thema. Sie sollten nicht hier im Landtag Anträge stellen, für die wir gar nicht zuständig sind, sondern wenn es Ihr Wunsch ist als Bürgermeister, das zu ermöglichen, dann holen Sie doch bitte aus Ihrer Region Ihre Bürgermeisterkollegen und die Landrätin an einen Tisch,

(Zuruf von Minister Lorenz Caffier)

dann packen Sie gemeinsam aus dem Gemeindehaushalt Geld auf den Tisch und finanzieren das, was Sie hier fordern.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

So einfach könnte man das machen.

Wenn Sie das nicht wollen, dann frage ich mich, wozu Sie der Bürgermeister sind und hier Anträge im Landtag stellen, die Sie sich vor Ort eigentlich selbst vorlegen und umsetzen müssten. An dem Punkt wird einfach deutlich, dass Ihr Antrag – Herr Minister sagte es und das unterstütze ich ausdrücklich – populistisch und ein Ablenkungsmanöver ist.

Wir werden in diesem Land die freie Schulwahl einführen. Wir werden das mit der kostenlosen Beförderung bis zum Abitur für alle Schüler im staatlichen Schulsystem garantieren. Wir werden das evaluieren und schauen, ob es Probleme gibt. Das Land wird da seiner Verantwortung gerecht, aber wir lassen uns nicht auf diesen Irrweg bringen, den Sie uns mit Ihrem Antrag vorschlagen und unterbreiten. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Herr Brodkorb.

Das Wort hat jetzt der Vizepräsident und Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE Herr Bluhm.

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, ich muss es ehrlich gestehen, auch ich hatte, als ich das erste Mal den Antrag der Kollegen der FDP gelesen hatte, so meine Probleme mit diesem Antrag. Das Ziel ist dabei noch relativ klar. Die FDP will im Kern die ungezügelte freie Schulwahl und eine kostenlose Schülerbeförderung zu allen Schulen.

Nun, eine für die Eltern und die volljährigen Schülerinnen und Schüler kostenlose Schülerbeförderung halten wir aus Gründen der Chancengleichheit bei der Nutzung von öffentlichen Bildungsangeboten für richtig. Das ist mittlerweile die Rechtslage bei uns im Land. Deswegen hat meine Fraktion damals der entsprechenden Regelung im Schulgesetz auch so zugestimmt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: So ist das.)

Was allerdings die ungezügelte freie Schulwahl betrifft, darf ich hier für meine Fraktion deutlich erklären, dass es aus unserer Sicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zielführend ist.

(Michael Roolf, FDP: So kann man das auch sagen.)

Eine absolut freie Schulwahl für alle Schulen und Schularten, die Sie hier in Ihrem Antrag wollen, also nicht nur ab Klasse 5 oder 7, sondern auch für die Grund-, Förder- und Berufsschulen, schränkt die perspektivischen Planungsmöglichkeiten für die Schulträger in diesem Lande ein, das vor allen Dingen auch deshalb,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das führt zur Schrumpfung.)

weil sich das Anmeldeverfahren ändert. Bisher meldeten die Kinder ihre Eltern an der örtlich zuständen Schule an,

(Udo Pastörs, NPD: Die Eltern ihre Kinder.)

außer sie wählten eine Schule in freier Trägerschaft oder eine Schule mit einem besonderen pädagogischen Angebot. Wollten sie ihr Kind auf eine gleiche Schulart eines anderen Schulträgers schicken, mussten sie eine Ausnahmegenehmigung nach Paragraf 46 Absatz 3 Schulgesetz beantragen, die dann meistens auch erteilt wurde. Mit dem neuen Schulgesetz gilt dieses Verfahren nur noch für den Primarbereich und die beruflichen Schulen. Das ist aus der Sicht meiner Fraktion auch gut so, denn für die Schulträger gibt es nach diesem Verfahren ein Mindestmaß an Planungssicherheit, weil die meisten Schülerinnen und Schüler zum Stichtag natürlich immer auch weiterhin an der örtlich zuständigen Schule angemeldet wurden. Auch die möglichen Ausnahmen werden wegen der Antragstellung bekannt.

Was die Umsetzung der jetzigen Regelungen betrifft – das hat die letzte Ausschusssitzung zumindest thematisiert –, bin ich nicht so ganz davon überzeugt, dass das alles glattläuft, aber in dieser Frage sind wir im politischen Diskurs. Was allerdings tatsächlich eine generelle Einführung einer freien Schulwahl inhaltlicher Art betrifft, ist das aus der Sicht meiner Fraktion im Moment nicht auf der Tagesordnung.

(Michael Roolf, FDP: Das ist eine klare Aussage, ja.)

Und nun zum Inhalt Ihres Antrages, Herr Roolf, weil Sie hier so tun, als wären Sie der Erfinder parlamentarischer Verfahren.

Erstens. Was meinen Sie mit der Formulierung, ich zitiere Ihren Antrag: „Die Landesregierung wird aufgefordert, das Schulgesetz und den öffentlichen Personennahverkehr so aufeinander abzustimmen...“? Wie wollen Sie das machen? Wie wollen Sie dieses realisieren? Der Personennahverkehr und damit auch die Schülerbeförderung, das ist hier schon deutlich geworden, sind eine kommunale Aufgabe.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Wenn es denn etwas abzustimmen gibt, dann formal nicht das Schulgesetz auf den Personennahverkehr, sondern umgekehrt, den Personennahverkehr auf die Umsetzung des Schulgesetzes.

(Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

Dabei verkenne ich natürlich nicht,

(Hans Kreher, FDP: Das ist aber das, was ich gesagt habe.)

dass die Gestaltungsbedingungen des Schulgesetzes auf die Schülerbeförderung wirken.

Zweitens. Was meinen Sie eigentlich mit dieser These „Einfrieren aller Zuweisungen für den öffentlichen Personennahverkehr auf den Stand von 2009“?

(Michael Roolf, FDP: Planungssicherheit.)

2009 ist Geschichte, meine Herren von der FDP.