dass dies im Übrigen an anderen Standorten in Deutschland und auch darüber hinaus ähnlich ist. Ich habe das ja in Russland sehen können. Das hilft uns nicht, sondern die Menschen erwarten natürlich zu Recht, dass wir alle Möglichkeiten nutzen, die wir haben, um einen solchen Prozess am Ende noch zu einer einigermaßen vernünftigen Lösung zu führen, was ohnehin schwierig ist, das will ich überhaupt nicht überspielen.
Meine Damen und Herren, von daher will ich jetzt auch gar nicht noch mal die Situation des Schiffbaus ganz allgemein hier darstellen. Dazu könnte man sehr viel sagen. Es ist in der Tat so, dass man, wenn man in Mecklenburg-Vorpommern von einer Industrie redet, natürlich sofort in den Bereich der maritimen Industrie kommt. Das ist nun einmal so. Das hat auch historische Wurzeln, die über Jahre ja eine große Rolle gespielt haben. Wenn Sie sich einmal daran erinnern, dass 1990 natürlich auch immer die Frage stand, wie geht es mit dem Schiffbau weiter, dann hat man sich damals bewusst politisch entschieden, diesen industriepolitischen Kern auch hier mit viel Geld zu unterstützen.
Entgegen der Meinung vieler sogenannter Fachleute, glaube ich, muss man sagen, dass diese damalige Entscheidung auch richtig war.
Ich meine, wissen Sie, wenn mir heute jemand sagt, hätte man damals nicht gleich anders handeln müssen,
(Udo Pastörs, NPD: Wissen Sie noch, was heute und morgen ist, Herr Minister? Wir kennen die Legende.)
dann sage ich, erstens bringt es nichts und zum anderen muss man noch mal darauf hinweisen, dass es in der Zeit, wo damals eine völlige Umstrukturierung in der Wirtschaft stattfand, nicht sehr hilfreich gewesen wäre, wenn man gesagt hätte, wir lassen jetzt mal eben die Werften umfallen mit 40.000 Leuten – so ungefähr war es damals – und gucken, wo die dann andere Jobs finden, wo aber auch alle anderen Industriezweige sich in einer totalen Umstrukturierung befanden. Ich will es jetzt dabei belassen.
Ich will aber darauf hinweisen, dass unsere Verantwortung für diesen Bereich auch darin zu sehen ist, dass wir ja konstatieren müssen, dass das verarbeitende Gewerbe für Mecklenburg-Vorpommern von enormer Bedeutung ist. Nun bin ich noch ein bisschen unter dem Eindruck des ITB-Besuches von gestern. Es ist schön, dass wir dort konstatieren können, dass wir im Tourismus im letzten Jahr ein Rekordergebnis hatten, dass wir eine Erfolgsstory über die Jahre geschrieben haben. Das tun auch alle Parteien. Ich finde das auch gut, dass wir das gemeinsam tun. Aber wir alle wissen auch, dass mit 13 Prozent verarbeitendem Gewerbe oder industrieller Entwicklung hier in Mecklenburg-Vorpommern die Struktur nicht stimmt. Da beißt die Maus keinen Faden ab.
(Udo Pastörs, NPD: Ich erzähle Ihnen das nur, damit Sie das nicht vergessen. – Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)
Wir haben übrigens 24 Prozent, das ist die deutsche Zahl. Aber das macht ja nichts, lesen Sie es doch nach.
Aus diesem Grund hat sich die Landesregierung auch unmittelbar mit Wirkung der Krise dem Thema zugewandt, nicht irgendwie beobachtet, um dann nachher die Katastrophe zu sehen, sondern wir haben sehr schnell gehandelt. Wo hat es das gegeben, frage ich Sie. Wir haben sehr schnell über ein Darlehen in Höhe von 60 Millionen Euro, auch dank Ihrer Hilfe, seinerzeit in ganz kurzen Abläufen entschieden,
und zwar vor Weihnachten im Jahr 2008. Und das war überhaupt nur die Möglichkeit, über die nächsten Monate zu kommen, es zu schaffen bis in das Frühjahr 2009. Dann hat das KfW-Sonderprogramm gegriffen mit 180 Millionen Euro und dann hat es die Massekreditentscheidung des Bundes gegeben. Ich bitte Sie, das mal zu registrieren. Gerade standen 180 Millionen Euro in Gefahr und man hat sich entschieden und gesagt, nein, wir müssen dort 194 Millionen Euro noch mal obendrauflegen, um zu sichern, dass die Stena-Fähren gebaut werden. Im Übrigen ist das die Beschäftigung, die gegenwärtig ja auf der Wismarer Werft läuft. Das ist die Finanzierung für die Schiffe, 194 Millionen Euro Massedarlehen der Bundesregierung. Und das alles haben wir gemeinsam, wie ich finde, sehr schnell, sehr unkompliziert, sehr unbürokratisch geschafft. Aber es reicht eben immer noch nicht, wie wir feststellen müssen.
Es ist so, dass wir konstatieren müssen, dass wir auf der einen Seite große Schwierigkeiten im Schiffbaubereich haben, und auf der anderen Seite, finde ich, müssen wir den Menschen auch die Wahrheit sagen. Und da komme ich noch mal auf das Thema mit dem Vertrag, der ja im Rahmen der Insolvenz geschlossen wurde. Wir müssen den Menschen sagen, dass im Vertrag 1.200 Arbeitsplätze stehen, dass sie mit Strafgeldern belegt sind, wenn sie nicht kommen. Das heißt im Klartext, dass wir schon heute wissen, dass nicht alle Beschäftigten wieder einen Arbeitsplatz im Schiffbau in Wismar oder in Rostock bekommen werden.
Und ob sich das an den Standorten unterschiedlich ergeben wird, das kann jeder für sich entscheiden. Im Moment ist deutlich zu sehen, dass es für Rostock wesentlich schwieriger aussieht, was den Schiffbau betrifft, als für Wismar. Deswegen hat seinerzeit ja auch Herr Yusufov gesagt, dass er an dem Standort Rostock Offshore und Schiffbau machen will und in Wismar Schiffbau und Offshore. Das war seine Aussage. Insofern, finde ich, gehört dies eben auch dazu. Wir blenden natürlich diese Realität nicht aus und bemühen uns auch um andere Wirtschaftszweige oder um andere Branchen.
Der erste Punkt ist und bleibt, wir brauchen Aufträge, wir brauchen durchfinanzierte Aufträge. Das ist die entscheidende Frage. Ohne Arbeit lässt sich nichts machen. Da können wir auf- und abspringen und alle Instrumentarien versuchen einzusetzen, dann wird es uns nichts helfen. Aufträge sind die Schlüsselfrage.
Zweitens, das ist eben schon ausgeführt worden, in der Tat ist es so, in der gegenwärtigen Situation bekommt ein Investor eine Auftragsfinanzierung nicht alleine hin. Er braucht Hilfe. Nun haben wir ja das Bürgschaftssystem bei uns so ausgefeilt, wir gehen ja schon so weit, dass wir virtuell Bürgschaftsverfahren vorbereiten, damit es dann auch sehr schnell geht, wenn wirklich ein Antrag kommt. Nun ist es aber so, dass die Banken nicht mitspielen. Das heißt, wir haben es nur mit sehr wenigen Banken zu tun, die überhaupt bereit sind, Schiffsfinanzierung zu machen.
All das macht das Ganze natürlich außerordentlich schwierig. Ich denke, Land und auch Bund gehen über ihre bisher eingeschlagenen Wege weit hinaus, wenn sie gerade bei der Finanzierung Hilfen anbieten.
Und zum Dritten muss man natürlich sagen, wir müssen uns Gedanken machen, aber nicht nur Gedanken, sondern wir müssen konkreter werden in den Fragen der alternativen Industrieentwicklung. Gott sei Dank ist dort ja einiges am Standort Rostock-Warnemünde schon gelungen. Wenn man zum Beispiel das Aufwachsen bei EEW sieht, ist das sehr erfreulich. Die haben ja konkrete Erweiterungen, die haben Aufträge, die haben Arbeit, die brauchen Kapazitäten. Wir verhandeln hier. Aber auch das braucht seine Zeit, das muss man eben so sehen.
Nun will ich doch noch mal – und, Herr Holter, das ist der Unterschied – auf Ihren Antrag eingehen, weil ich finde, man muss klar sagen, wie sich die Situation darstellt. Erst einmal will ich eines sagen, gerade wenn ich mich jetzt auf die Ausführungen beziehe, die ich eben gemacht habe, die ich übrigens an uns alle gerichtet habe, ich will mich da gar nicht ausnehmen und auch die Landesregierung nicht: Jeder macht seinen Job und den muss er jetzt auch verdammt gut machen in der gegenwärtigen Phase. Wir haben uns hier nicht mit Lobhudelei in dem Antrag bewegt. Ich finde, man darf doch wenigstens einmal feststellen, was bisher getan wurde. Die Landesregierung, der Landtag hat seine Verantwortung wahrgenommen. Das darf man sagen, das muss man auch sagen.
Ich betone, und da lege ich großen Wert drauf, natürlich gehen wir nicht konzeptionslos vor, wenn wir dort agieren. Wir haben diesbezüglich ein industriepolitisches Konzept. Ich bin auch gern bereit, mit Ihnen darüber im Ausschuss zu diskutieren. Ich kann Ihnen dazu, wenn es gewünscht wird, ein entsprechendes Papier vorlegen. Lassen Sie uns das besprechen. Aber wir haben auch nicht die Zeit, ewig über Konzepte zu reden, sondern wir müssen handeln und wir müssen vor Ort agieren. Deswegen will ich das auch gerne so anbieten.
Zum anderen fordern Sie im zweiten Punkt, eine Beteiligung von Bund und Land zu prüfen. Glauben Sie uns doch wirklich, das ist lange, lange geprüft worden. Aber ich bitte Sie, meine Damen und Herren, jetzt überlegen Sie doch mal mit mir: Was macht es denn für einen Sinn, wenn wir in der gegenwärtigen Situation jetzt sagen würden, jetzt nehmen wir die Werft? Glaubt denn einer ernsthaft, dass ein Akquisitionsteam – von mir aus ich an der Spitze und vier Leute von Ihnen, jede Fraktion bringt einen – es schaffen kann, Aufträge auf dem internationalen Markt zu akquirieren? Das ist doch falsch, wenn wir eine solche Hoffnung verbreiten würden.
(allgemeine Unruhe – Helmut Holter, DIE LINKE: Das ist eine falsche Vorstellung, Herr Wirtschaftsminister. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)
Insofern, will ich sagen, lehnen wir es ab. Das wäre wirklich ein Irrweg, den wir dort gehen würden. Sie sagen, wir wollen gemeinsam mit der Bundesregierung und dem Investor Lösungen zum Erhalt der maritimen Standorte herbeiführen. Na klar! Worum geht es sonst? Ich meine, das ist völlig selbstverständlich.
Natürlich haben wir beide Standorte im Blick. Es wird auch keiner glauben, dass wir sagen, Rostock ist ein Standort, der wird sich irgendwie alleine klären. Das tun wir nicht. Gerade in Rostock müssen wir agieren. Da laufen, wie gesagt, die Gespräche. Wir haben diesbezüglich eine Projektgruppe eingesetzt, die gerade, was das betrifft, gegenwärtig heftig agiert.
Dann sagen Sie, darauf hinzuwirken, dass eine vertragsgemäße Beschäftigung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erfolgt. Da haben wir jetzt einen kleinen Dissens, den will ich versuchen, Ihnen klarzumachen: Ich weiß, dass es Forderungen gibt, auch von der IG Metall, jetzt Leute einzustellen. Das klingt ja auch sehr schön. Nur wir haben gerade eben gesagt, dass es sehr wichtig ist, Aufträge zu bekommen.
Da, glaube ich, sind wir uns ja wohl einig. Aufträge sind nur Aufträge, die beschäftigungswirksam werden, wenn sie finanziert sind. Und nun sagen Sie mir mal, welche Bank wird denn bereit sein, selbst noch mal fünf Prozent im Eigenobligo zu machen. Wir nehmen ihnen ja schon fast alles weg. Es werden ja bereits 90 Prozent gesichert. Was glauben Sie, welche Bank bereit wäre, wenn wir jetzt sagen, du stellst jetzt 1.000 Leute ein? Dann hat der auf der einen Seite Kosten,
die er niemals mit ein oder zwei Aufträgen decken kann, die seine Verluste noch weiter erhöhen würden. Wir müssten von ihm noch höhere Eigenbeiträge fordern, weil kein Mensch diese Verluste finanzieren wird.
(Helmut Holter, DIE LINKE: Sie können natürlich die Vorschläge der Opposition zerlegen, aber Ihr Antrag ist auch nichts.)
Insofern lesen Sie sich mal unseren Antrag durch, der heißt nämlich, einzustellen „in Abhängigkeit des Orderbooks“, man könnte auch zu Deutsch sagen, des Auftragsbuches. Das klingt dann vielleicht noch ein bisschen besser.
(Helmut Holter, DIE LINKE: Das ist aber auch selbstverständlich. Das ist auch selbstverständlich. Das muss in einem Antrag aufgeschrieben werden.)