Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 93. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet.
Die vorläufige Tagesordnung der 93., 94. und 95. Sitzung liegt Ihnen vor. Im Ältestenrat bestand Einvernehmen darüber, den Tagesordnungspunkt 6 nach dem Tagesordnungspunkt 7 sowie den Tagesordnungspunkt 8 nach dem Tagesordnungspunkt 5 aufzurufen. Wird der so geänderten vorläufigen Tagesordnung widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 93., 94. und 95. Sitzung gemäß Paragraf 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.
Die Fraktion DIE LINKE hat einen Antrag zum Thema „Widerspruch innerhalb der Landesregierung zum Afghanistaneinsatz auflösen“ vorgelegt, der auf Drucksache 5/3424 verteilt wird. Wir werden diese Vorlage, um die die Tagesordnung erweitert werden soll, nach Verteilung an die Mitglieder des Landtages sowie einer angemessenen Zeit für eine Verständigung innerhalb und zwischen den Fraktionen nach dem Tagesordnungspunkt 1 aufrufen. Ich werde das Wort zur Begründung dieses Dringlichkeitsantrages erteilen sowie die Abstimmung über dessen Aufsetzung durchführen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion DIE LINKE hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „8. Mai – Tag der Befreiung – Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg“ beantragt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In wenigen Tagen, am 8. Mai 2010, jährt sich zum 65. Mal der Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus und der Beendigung des Zweiten Weltkrieges. In Mecklenburg-Vorpommern ist dieser Tag zu Recht ein Gedenktag. Zu Recht wird seit 2002 der 8. Mai im Gedenken und Erinnern an die Befreiung vom nationalsozialistischen Terrorregime begangen.
Indem wir der Opfer des deutschen Faschismus gedenken und an das millionenfache Leid der Jahre des Zweiten Weltkrieges erinnern, bleibt uns und unseren Nachgeborenen bewusst,
und dass die unantastbare Würde des Menschen stets neu gegen jegliche Angriffe verteidigt werden muss. Der 8. Mai 1945 ist gleichbedeutend mit einer weltgeschichtlichen Zäsur. Er ist die wichtigste Zäsur des 20. Jahrhunderts. Entschieden wurde mit diesem Tag die Frage: Gibt
es weiter eine menschliche Zivilisation in Europa oder nicht? Hätte der deutsche Faschismus in diesem Krieg gesiegt, würde es heute keine Zivilisation mehr geben.
Am 1. September 1939 hatte Adolf Hitler den Zweiten Weltkrieg mit dem Überfall auf Polen entfesselt.
Am 8. Mai 1945 endete dieser Krieg, wurden Deutschland und die Welt von einem Regime befreit, das Mord und Tod, das Elend und Verderben über viele Völker gebracht hatte.
(Stefan Köster, NPD: Danach fielen sehr viele Opfer, sehr viele deutsche Opfer Ihrem Terror zugrunde.)
Weitere Abertausende wurden Opfer der NS-Tötungsmaschinerie: Kommunistinnen und Kommunisten, Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten,
Meine Herren von der Fraktion der NPD, ich bitte Sie, sich zurückzuhalten. Sie haben im Rahmen der Aktuellen Stunde die Möglichkeit, sich hier an der Aussprache zu beteiligen.
Herr Fraktionsvorsitzender Pastörs, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf. Ich denke, dass die Äußerungen, die Sie hier tätigen, nicht dazu angetan sind,
Herr Köster, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf, weil Sie meine Entscheidung hier kommentieren. Das steht Ihnen nicht zu.
Meine Herren von der NPD, Sie haben offensichtlich nicht zugehört. Das Wort hat jetzt Herr Holter. Ich bitte Sie, sich jetzt mit Wortäußerungen zurückzuhalten. Sie haben die Möglichkeit, sich im Rahmen der Aktuellen Stunde durch Redebeiträge hier vorne einzubringen.
Die meisten Historiker gehen heute von weit mehr als 50 Millionen Toten aus. Und zu den vielen Millionen Toten des Zweiten Weltkrieges wären wahrscheinlich weitere Millionen hinzugekommen. Es gab Planungen, die Hälfte der Bevölkerung der Sowjetunion auszulöschen. Das Wüten der deutschen Faschisten hätte dort sicherlich keinen Halt gemacht.
Deshalb ist es falsch, vom 8. Mai 1945 nur vom Ende dieses verheerenden Zweiten Weltkrieges zu sprechen. Natürlich markiert dieser Tag das Kriegsende, aber seine Bedeutung geht weit darüber hinaus. In der alten Bundesrepublik hat es 40 Jahre gedauert, bis ein Bundespräsident den 8. Mai 1945 als „Tag der Befreiung“ bezeichnete und nicht mehr lediglich vom „Tag der Kapitulation“ gesprochen wurde. Zu Recht wurde gerade diese Würdigung anlässlich des 90. Geburtstages von Richard von Weizsäcker weit über die Grenzen Deutschlands hinaus hervorgehoben und geschätzt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit dem Ende des bis dahin schrecklichsten Krieges der Menschheitsgeschichte ist wohl kaum eine andere Frage so oft diskutiert worden wie die Frage: Befreit oder besiegt? Ich denke, die demokratischen Fraktionen sind sich in der Beantwortung dieser Frage einig: Das deutsche Volk wurde befreit. Das deutsche Volk wurde vom unmenschlichen Hitlerfaschismus befreit,
(Stefan Köster, NPD: Befreit von der Freiheit. – Raimund Frank Borrmann, NPD: Und der antifaschistische Schutzwall?)
befreit von einem Regime, das die Ermordung von Millionen von Menschen industriemäßig geplant und durchgeführt hat, befreit von einem Regime, das politisch Andersdenkende gnadenlos verfolgte.
Das deutsche Volk wurde befreit von einem Regime, das die Demokratie beseitigte und den millionenfachen Tod auf den Schlachtfeldern des Krieges sowie Flucht, Vertreibung und Zerstörung weiter Teile Europas und des eigenen Landes zu verantworten hatte. Das deutsche Volk wurde von außen befreit,
denn es war selbst dazu nicht in der Lage, obwohl der deutsche Widerstand mit vielen Opfern immer wieder gegen den Faschismus aktiv wurde.
Ich darf zitieren: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln... Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ Dass dieser Schwur der befreiten Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald bis heute aktuell ist,