Wie hat sich die Sicherung des Unterrichts mit der Einführung der Selbstständigen Schule verbessert? Und welche Wirkungen hat die Einführung der schülerbezogenen Stundenzuweisungen und der Kontingentstundentafel?
Nun, ich habe die Pressemitteilung des Ministers vom 30.03.2010 zur Vorstellung des Berichts der Landesregierung mit sehr großer Aufmerksamkeit gelesen und war richtig begierig darauf, den Bericht zu bekommen, weil nämlich die Pressemitteilung übertitelt ist mit den Worten „Größere Flexibilität der Selbstständigen Schule hilft Unterrichtsversorgung zu sichern“. Da habe ich
gedacht: Donnerwetter, da kriegen wir ja jetzt mal eine Aussage zum 1. Schulhalbjahr, wie sich die Selbstständige Schule für die Unterrichtsversorgung im laufenden Schuljahr auswirkt. Null Aussage in diesem Bericht dieser Landesregierung zum Schuljahr 2009/2010, bis auf die Kapitulation: Wir haben die Bedarfe immer noch nicht ermittelt, es tut uns leid, und bei den Berufsschulen ist es ähnlich.
Nun ist uns fast zeitgleich mit der Unterrichtung zur Unterrichtsversorgung die Unterrichtung der Landesregierung zu den über- und außerplanmäßigen Ausgaben einschließlich der Vorgriffe im 2. Halbjahr 2009 mit Datum vom 7. April 2010 zugeleitet worden. Einen Blick in diese Unterrichtung kann ich Ihnen auch nur empfehlen. Dort werden nämlich für das 2. Halbjahr 2009 im Bereich des Bildungsministeriums zusätzlich – zusätzlich! – rund 10 Millionen Euro unter der Rubrik „Entgelte für Arbeitnehmer“ als zusätzliche Personalausgaben für die Gewährleistung der Unterrichtsversorgung, also dem Unterricht nach Stundentafel, ausgewiesen.
Besonders aufschlussreich ist die Begründung. Dort heißt es, Zitat: „Die Finanzierung der ausgebrachten Leerstellen erfolgte aus dem Personalausgabenbudget des Bildungsministeriums, ohne dass dies zum Zeitpunkt der Veranschlagung des Personalausgabenbudgets berücksichtigt werden konnte. 393 Leerstellen der Wertigkeit E 13 entsprechen einem Finanzvolumen von rd. 23.500.000 Euro. Im Rahmen der Bewirtschaftung ist es dem Bildungsministerium gelungen, die zusätzlichen Belastungen des Personalausgabenbudgets Schulen deutlich (nämlich auf 9.984.200 Euro) zu begrenzen.“ Ende des Zitats.
Wie schön, meine sehr verehrten Damen und Herren! Da fragt sich aber nur, zu wessen Lasten und welcher anderen im Haushalt geplanten Maßnahmen. 13,5 Millionen Euro schwitzt man nicht so ohne Weiteres aus einem Einzelhaushalt aus, von dem uns immer gesagt wird, er sei auf Kante genäht.
Und von den Prinzipien der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit will ich gar nicht reden. Nur am Rande sei erwähnt, dass für die Finanzhilfen an Schulen in freier Trägerschaft auch noch zusätzlich 5,1 Millionen Euro nachfinanziert werden mussten. Damit hat das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur insgesamt rund 15 Millionen Euro in Anspruch genommen. Allerdings wabert diese Summe von 15 Millionen Euro in vielen Zusammenhängen durch die bildungspolitische Debatte dieses Landes.
Damit ich nicht falsch verstanden werde: Jeder Euro, der für die Bildung ausgegeben wird, ist gut angelegtes Geld. Mit Planmäßigkeit und Transparenz allerdings hat dies jedoch kaum noch etwas zu tun. Und ich kündige schon mal an, dass wir uns diesen Fragen im Bildungsausschuss etwas ausführlicher widmen werden.
Das ist vor allem deswegen notwendig, meine sehr verehrten Damen und Herren, weil der Verdacht besteht, dass die Berechnungsmodelle für die schülerbezogenen Stundenzuweisungen wohl von der Zahl richtig sind, aber ihre Umsetzung in der Praxis unter anderen einsparungsorientierten Gesichtspunkten erfolgt. Wenn nach
Schuljahresbeginn in einer Größenordnung von 393 Stellen nachgelegt werden muss, muss etwas gewaltig aus dem Ruder gelaufen sein. Die Mitglieder des Bildungsausschusses werden sich erinnern.
Nach mehrmaliger Aufforderung hat uns das Bildungsministerium mit Datum vom 22.12.2008 detaillierte Berechnungen für jede einzelne Schule des Landes vorgelegt. Wir wollten damals im Ausschuss wissen, wie sich die Umstellung auf die schülerbezogene Stundenzuweisung in Abhängigkeit von der Schulart und der Schulgröße entwickelt.
Die Grundlage der Stellenberechnung für die Selbstständige Schule war die Meldung aus den Schulämtern zum Stichtag 1. September 2008. Die Botschaft hieß damals: Alles in Ordnung. Es gibt keine Probleme. Da muss die Frage doch erlaubt sein, was sich im 2. Halbjahr 2009 so geändert hat, dass bei den Personalkosten in dieser Größenordnung nachfinanziert werden musste.
Und es steht zu befürchten, dass sich die Berechnungen als nicht stichhaltig erwiesen haben, dass mindestens die 10 Millionen Euro aus der Gegenfinanzierung aus dem Haushalt zulasten der Stundenzuweisung gingen, also an den Schulen eingespart werden mussten. Ist das so, dann wird sich das so hochgepriesene Modell der Selbstständigen Schule letztlich doch als Sparmodell erweisen, das nämlich auf dem Rücken der Lehrkräfte und damit der Schülerinnen und Schüler realisiert wird.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zum Abschluss meiner Rede einem eher formalen Problem mit der jetzt vorliegenden Unterrichtung widmen: Wie in der Fußnote der Drucksache 5/3369 zutreffend ausgewiesen, ist die Grundlage für diese Unterrichtung des Landtages der geänderte Antrag der CDU-Fraktion aus der 4. Legislaturperiode, der am 12. April 2004 vom Landtag bestätigt wurde. Er lautet, ich zitiere: „Die Landesregierung wird aufgefordert, zweimal jährlich, zum Schuljahresbeginn bei gleichzeitiger Reflexion auf das abgelaufene Schuljahr sowie zum Halbjahr, an den Landtag einen Bericht über den Stand der Unterrichtsversorgung im Land zu geben.“ Ende des Zitats. Nun mag der Beschlusstext ja vielleicht etwas kompliziert zu verstehen sein, aber er ist trotzdem eindeutig. Die Landesregierung hätte folglich:
erstens spätestens zum Schuljahresbeginn, also zum 1. August 2009, einen Bericht zum abgelaufenen Schuljahr 2008/2009 mit einer Erwartung auf das Schuljahr 2009/2010 abgeben müssen,
zweitens zum Schulhalbjahr 2009/2010, also zum 5. Februar dieses Jahres, einen Bericht für das 1. Schulhalbjahr 2009/2010 jeweils als gesonderten Bericht vorzulegen.
Der letzte Bericht, meine sehr verehrten Damen und Herren, vom 11.12.2008 war auch schon nicht beschlusskonform, denn er befasste sich damals mit dem abgelaufenen Schuljahr 2007/2008 und mit dem abgelaufenen Schuljahr 2008/2009. Wir haben das damals nicht beanstandet, weil es auch so Sinn machen kann.
Was uns nun aber heute vorliegt, meine sehr verehrten Damen und Herren, habe ich zunächst nur für einen
Druckfehler gehalten. Aber was ist Fakt? Mit dieser Unterrichtung versucht man offensichtlich zu kaschieren, dass die Unterrichtung zum Schulhalbjahr 2008/2009 und zum Schuljahr 2009/2010 1. Schulhalbjahr nicht vorgelegt worden ist. Diese vorliegende Unterrichtung befasst sich ja auch gleich zweimal mit dem Schuljahr 2008/2009, einmal mit dem ersten Halbjahr und dann mit der Gesamtsicht auf das Schuljahr. Anders gesagt, man versucht, den Beschluss zu umgehen und nur einmal jährlich zu berichten.
Ich kann mir gut vorstellen, dass das für den einen oder anderen von Ihnen, die sozusagen nicht damit befasst sind, etwas kompliziert ist. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, das können wir uns doch nicht gefallen lassen. Und ich sage hier mit allem Nachdruck: Wir sollten uns fraktionsübergreifend einen solchen Umgang mit dem Parlament nicht gefallen lassen!
Das ist nicht der Bericht, der diesen Landtag hätte erreichen müssen. Ich beantrage deshalb, die vorliegende Unterrichtung an die Landesregierung zurückzuverweisen.
Meine Vorredner haben ja nun schon vieles dazu gesagt. Und, Herr Bluhm, zu Beginn möchte ich Folgendes sagen: Ich war ja in der 4. Legislaturperiode nicht dabei, aber ich finde es erst einmal gut, dass Sie eine gewisse Leidenschaft für CDU-Anträge entwickelt haben. Insofern …
Das haben Sie einstimmig alle beschlossen? Ja, dann wird man das sicherlich nachvollziehen und prüfen können.
Es ist eigentlich vieles gesagt worden und man könnte den Bericht zur Kenntnis nehmen. Ich will es mir jedoch nicht ganz so einfach machen, weil auch wir den Bericht sehr intensiv gelesen haben. Und wenn dort auf der einen Seite steht, im Schuljahr 2008/2009 konnte eine rechnerisch 100-prozentige Unterrichtsversorgung mit den zur
Verfügung stehenden Mitteln und Stellen abgesichert werden, dann beruhigt mich das nur auf der einen Stelle. Auf der anderen Stelle ist es natürlich auch beunruhigend, weil es tatsächlich heißt, dass es nicht nur Stellen gab, die zur Vertretung ausgeschrieben waren und gegeben wurden, sondern es gab tatsächlich auch Stunden, die ausgefallen sind. Und diese sind im Vergleich zum Schuljahr 2007/2008, wenn auch nur minimal, jedoch gestiegen.
Jede ausgefallene Unterrichtsstunde ist eine Unterrichtsstunde zu viel. Und wenn eine ausgefallene Unterrichtsstunde zur Vertretung ansteht, Herr Bluhm ist kurz darauf eingegangen, kann auch dieser Fakt nicht zu meiner Zufriedenheit beitragen, da wir nicht genau wissen, ob diese Unterrichtsstunde tatsächlich von einem Lehrer vertreten wurde oder die Schüler in dieser Stunde Stillarbeit mit oder ohne Anleitung erledigen mussten. Hier, denke ich, wird es in Zukunft durch die Überarbeitung der Ausfallstatistik im Schulinformations- und Planungsprogramm zu deutlich besseren Einblicken kommen. Diese Einbindung soll dann eine detaillierte Datenerfassung in deutlich kürzeren Intervallen möglich machen.
Kurzfristig, und da unterstütze ich das Bildungsministerium und unseren Bildungsminister, sollen zum Schuljahr 2010/2011, wir haben es vom Minister gehört, Schulbudgets für Mittel für den Vertretungsunterricht eingeführt werden. Das ist ein weiterer Schritt in Richtung Selbstständige Schule.
(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ja, das ist eine Ankündigung mehr. Wir wissen zu diesem laufenden Schuljahr gar nichts.)
in Abhängigkeit des Lehrkräftebedarfs insgesamt 75 Prozent der im Landeshaushalt für Vertretungsunterricht zur Verfügung stehenden Mittel zu bewirtschaften.