Protokoll der Sitzung vom 29.04.2010

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

dass unter anderem Frau Professorin Mönch-Kalina diverse Dinge zum Thema Kindertagesstättenförderung und -finanzierung angeregt hat, die dann auch von Teilen der Freien Wohlfahrtspflege übernommen worden sind. Ich würde gerne einen Vorschlag, den Frau Professor macht, hier vortragen und darauf näher eingehen.

Ein Vorschlag, der von Frau Mönch-Kalina und von Teilen der Freien Wohlfahrtpflege gemacht wird, ist, die Elternbeiträge in der Finanzierung zu deckeln und sozial zu staffeln, und zwar über das gesamte Land – Elternbeiträge in einheitlicher Höhe. Wir sollen das im Gesetz festschreiben. Die Elternbeiträge sollen in einheitlicher Höhe gedeckelt werden, sie sollen sozial gestaffelt sein und den Rest, das heißt, das Defizit, das an der Stelle entsteht, sollen das Land und die Kommunen tragen.

Daraufhin haben wir den Hinweis gegeben, dass wir hier in unserer Kommunalverfassung das Konnexitätsprinzip verankert haben. Das bedeutet, das, was das Land regelt, ist auch vom Land zu bezahlen. Das heißt,

wenn wir so etwas in das Gesetz schreiben würden, würde das bedeuten, dass die Kommunen nichts zu tragen haben und das Land alles. Da hat man uns gesagt, dann sollen wir halt an dieser Stelle weiterverhandeln, das Konnexitäts prinzip müsste dann infrage gestellt und abgeschafft werden,

(Heinz Müller, SPD: Das wollen wir nicht! Das wollen wir nicht abschaffen. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Na, das ist aber ein Vorschlag!)

woraufhin wir gesagt haben, dass wir uns nicht vorstellen können, dass es für ein derartiges Vor- und Herangehen in diesem Landtag – egal, ob in den Regierungsfraktionen oder auch in den Oppositionsfraktionen – eine Mehrheit gebe.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Mit Sicherheit nicht.)

Das heißt, es sind auch Vorschläge gemacht worden, die mit der Realität in diesem Lande überhaupt nichts zu tun haben, die keinerlei Bodenkontakt haben.

(Irene Müller, DIE LINKE: Da sind aber sehr ordentliche Vorschläge drin.)

Sie werden verstehen, dass wir im Rahmen der Erarbeitung dieses Gesetzentwurfes solche Vorschläge nicht aufgreifen können, weil wir dann hierfür ausgelacht werden, und zwar nicht nur von unseren eigenen Leuten,

(Irene Müller, DIE LINKE: Man muss sich nicht nur immer das Negative raussuchen. Da ist auch viel Positives enthalten.)

sondern DIE LINKE und auch die FDP würden an dieser Stelle wahrscheinlich kräftig mitlachen.

Aber ich will noch mal ein paar Dinge herausarbeiten. Wir haben hier auch eine ganze Reihe von Zuschauern, auch jungen Zuschauern, im Saal, für die das Thema Kindertagesstättenförderung von Bedeutung ist. Was haben wir hier getan oder was wollen wir tun? Wir konzentrieren uns auf das Wesentliche. Wir glauben, wesentliche Elemente identifiziert zu haben, und darauf wollen wir uns konzentrieren. Es gibt auf der einen Seite die Möglichkeit, mit der Gießkanne übers Land zu gehen und Dinge zu tun, die letztendlich wirkungslos sind, oder es gibt die Möglichkeit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und zu versuchen, mit dem Geld, was man zur Verfügung hat, Effekte zu erreichen, messbare Effekte, ich betone, messbare Effekte. Darum geht es uns.

Wir bewegen uns hier bei der Kindertagesstättenförderung im Spannungsfeld einer Qualitätsdiskussion und einer Diskussion um sozialpolitische Maßnahmen. Qualitätsdiskussion bedeutet, dass auch Forderungen gemacht werden, den Personalschlüssel deutlich abzusenken oder beispielsweise die Ganztagsbetreuung verpflichtend einzuführen. Das sind Dinge, die in die Richtung Qualität gehen.

Auf der anderen Seite gibt es Forderungen nach sozialpolitischen Maßnahmen in die Richtung, dass man sagt, die Elternbeiträge müssen abgesenkt werden, die dürfen nicht weiter steigen. Das Essen muss kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Wenn man diese Forderungen erfüllen will,

(Irene Müller, DIE LINKE: An erster Stelle steht aber die Erziehung der Kinder.)

dann kommt man letztendlich in finanzielle Dimensionen, die das Land Mecklenburg-Vorpommern nicht tragen kann. Das muss man einfach sehen.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Wir haben von unserer Seite aus, SPD-fraktions seitig, zusammengerechnet, was es kosten würde, wenn man all die qualitativen Elemente, die in der Diskussion sind, ausfinanziert. Dann ist man bei Hunderten Millionen Euro. Da ist noch kein Euro Elternentlastung dabei, da ist noch kein Euro dabei für das Essen und so weiter und so fort, 100 Millionen Euro alleine nur für das Thema Qualitätsverbesserung. Das muss man wissen, wenn man sich darüber ein Urteil erlauben will, was hier diskutiert wird.

Wir haben heute mehrfach gehört, wir haben 15 Millionen zur Verfügung und 5 Millionen Euro wollen wir dafür verwenden, dass es der kommunalen Ebene und den Eltern besser geht. Das heißt, dass sie nicht mehr diejenigen sind, die die gestiegene Inanspruchnahme alleine auszufinanzieren haben, sondern wir haben gesagt, daran wird sich das Land künftig beteiligen. Das ist unsere Ansicht. Wir halten das für richtig. An dieser Stelle wollen wir unsere Verantwortung wahrnehmen, das machen wir. Wir dynamisieren unsere Beträge. Wir dynamisieren sie um zwei Prozent per annum. Das sind gewaltige Anstrengungen. Und wir werden die Finanzierung umstellen auf Pro-Platz-Gesichtspunkte, das heißt, die Einrichtungen und die örtlichen Jugendhilfeträger erhalten das Geld künftig unter dem Gesichtspunkt belegter Plätze.

Dann will ich auf den wesentlichen inhaltlichen Aspekt der SPD-Fraktion und auch der CDU-Fraktion letztendlich zu sprechen kommen, der getragen ist von der Überlegung sozialer Gerechtigkeit und Partizipationsmöglichkeiten. Sowohl die Ministerin als auch die Kollegin Lochner-Borst haben vorgetragen, wie die Situation bei vielen Kindern in unserem Lande ist. Die haben Entwicklungsdefizite in der Sprache, in der Motorik, sie sind teilweise übergewichtig. Wir sind der Meinung, dass das die Kinder sind, auf die wir uns mit unseren Maßnahmen zuerst konzentrieren sollten. Das machen wir. Das ist heute unser Schwerpunkt. Wir sagen, da setzen wir gezielt an, und das versuchen wir signifikant zu verbessern. Das kann man mit dem Begriff „Defizitpädagogik“ abqualifizieren, man kann es aber auch, wie wir es tun, als Anstrengung sehen, hier nach Jahren, wo in dem Bereich nichts passiert ist, für eine deutliche Verbesserung Sorge zu tragen. Das ist unser Ziel.

Ich würde auch gerne noch ein Stück weit auf das eingehen, was von der LINKEN hier vorgetragen worden ist. Frau Dr. Linke, auch in das Gesetz, was wir beide zusammen gemacht haben, ist das Thema „Sozialraumorientierte Förderung“ aufgenommen worden.

(Zuruf von Dr. Marianne Linke, DIE LINKE)

Ich weiß das deshalb ganz genau, weil die Formu lierung von mir ist. Das ist nur nie so richtig umgesetzt worden. Das steht da relativ vage drin, aber man hat sich in unserer Legislaturperiode halt nicht auf die Kinder konzentriert, die einer besonderen Förderung bedürfen,

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Die zurückliegenden vier Jahre auch nicht.)

denn ansonsten hätten wir in den Schuleingangsuntersuchungen nicht solche Ergebnisse zu verzeichnen gehabt. Das muss man noch mal ganz klar an der Stelle sagen. Das wollen wir besser machen und das halte ich für gut und richtig.

Wir orientieren uns auch an keiner Stelle an Hartz-IV-Kriterien. Das müssen Sie mir im Gesetz mal zeigen.

(Dr. Marianne Linke, DIE LINKE: Das steht in der Begründung.)

Die Orientierung bei der Mittelverteilung erfolgt – das ist doch der Punkt, das hat Herr Grabow hier angesprochen –, was diese 5 Millionen für schwerpunktmäßige individuelle Förderung betrifft, an dem Gesichtspunkt von übernommenen Elternbeiträgen. Wir müssen das Geld ja nach irgendwelchen Kriterien von der Landesebene auf die Ebene der örtlichen Jugendhilfeträger kriegen. Das kann man nach zweierlei Gesichtspunkten machen: Wir können beim örtlichen Jugendhilfeträger einen Sachbearbeiter damit beauftragen, dass der jeden Einzelfall, jedes Kind prüft, wo ein Antrag gestellt wird auf eine besondere individuelle Förderung. Das wäre Bürokratieausweitung ohne Ende. Oder wir können uns einfache Kriterien überlegen, wie wir dieses Geld nach unten bringen. Wir sagen, das wird nach unten gebracht anhand des Kriteriums übernommener Elternbeiträge auf die Kreise und kreisfreien Städte, die das Geld dann wieder an die Einrichtungen weitergeben müssen.

(Ralf Grabow, FDP: Haben Sie das mal überrechnet? Haben Sie das mal überrechnet, was Sie eben gesagt haben?)

Das haben wir durchgerechnet, natürlich.

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

Ich habe gestern die Kita gGmbH in Schwerin erlebt. Klare Ausführungen an der Stelle konnte ich da nicht erkennen,

(Ralf Grabow, FDP: Auch falsch.)

die konnte ich nicht erkennen.

(Ralf Grabow, FDP: Nee, ist immer so. Immer Fachleute haben keine Ahnung.)

Wir geben 5 Millionen nach unten unter dem Gesichtspunkt übernommene Elternbeiträge.

(Ralf Grabow, FDP: Die Frage ist, ob sie ankommen.)

In Schwerin sind das 40 Prozent. 40 Prozent der Elternbeiträge werden in Schwerin vom örtlichen Jugendhilfeträger übernommen. In diesem Verhältnis kriegt die Stadt Schwerin auch das Geld aus diesen 5 Millionen. Im Landkreis Uecker-Randow werden 72 Prozent der Elternbeiträge vom örtlichen Jugendhilfeträger übernommen. Und da kriegt der Landkreis Uecker-Randow natürlich das Geld unter diesen Gesichtspunkten.

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

Das ist ein ganz einfaches Verteilungskriterium, wo wir davon ausgehen, dass man damit eine hohe Zielgenauigkeit hat. Denn eins ist auch klar, und das wissen wir:...

(Ralf Grabow, FDP: Das können wir ja in der Anhörung einmal klären.)

Herr Grabow, wir können in der Anhörung alles machen.

(Ralf Grabow, FDP: Das machen wir.)

Aber jetzt sollten Sie mir zuhören. Sie haben die Fragen aufgeworfen.

Es gibt Interdependenzen zwischen Entwicklungsverzögerungen bei Kindern und Elternhäusern und dem

sozialen Status in den Elternhäusern. Es sind in der Regel nicht insoweit die gut betuchten Elternhäuser, wo die Kinder in Erscheinung treten mit einer nicht altersgerechten Entwicklung. Das ist insoweit belegt an vielen, vielen Stellen. Diese Interdependenzen gibt es und diesen Interdependenzen ist bei der Verteilung der Mittel Rechnung zu tragen. Das müssen wir an dieser Stelle konstatieren und das werden wir auch umsetzen.

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Und im Übrigen haben Sie uns ja insoweit Ihr Vertrauen ausgesprochen als Oppositionspartei, dass wir das schon auf dem rechten Weg machen werden. Das denke ich insoweit auch und Sie können sich ja dann entsprechend daran beteiligen.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Grabow?