Protokoll der Sitzung vom 10.06.2010

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihr Stichwort „Stadtumbau Ost“ aufnehmen. Minister Schlotmann sprach unlängst von 20.000 Wohnungen, die mit dem Programm Stadtumbau Ost bis 2016 in Mecklenburg-Vorpommern vom Markt genommen werden müssen.

Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen beziffert den Rückbaubedarf sogar auf 5.000 Wohnungen pro Jahr über den Zeitraum der nächsten zehn Jahre. Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen schätzt, dass Wohnungen aus den Altverbindlichkeiten noch mit einer Restschuld von durchschnittlich 4.000 Euro je Wohnung belastet werden. Der Verband geht außerdem davon aus, dass beim Abriss ohne Altschuldenstreichung von den Wohnungsunternehmen noch weitere 25 bis 30 Jahre Kapitaldienst zu leisten ist.

Kolleginnen und Kollegen, das heißt für die Wohnungsunternehmen, dass sie noch weitere 25 bis 30 Jahre zu zahlen hätten, ohne dass sie irgendeine Einnahme hätten, denn die Wohnungen existieren ja nicht mehr. Und nun stellen wir uns das mal für 20.000 bis 50.000 Wohnungen vor! Da braucht man nicht höhere Mathematik studiert zu haben, um zu sehen, dass das für die kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen schlichtweg unmöglich ist.

Für viele kommunale und genossenschaftliche Wohnungsunternehmen steht die Existenz auf dem Spiel. Bislang sind in den neuen Bundesländern zwar kaum Insolvenzen angezeigt worden, aus Mecklenburg-Vorpommern ist mir zum Beispiel persönlich kein Fall bekannt, aber der Schein trügt leider. Erst vor Kurzem behandelten wir den Kommunalfinanzbericht 2009, liebe Kolleginnen und Kollegen, den Teil 2 des Jahresberichtes des Landesrechnungshofes, in den Ausschüssen. Darin heißt es, dass die Berichte über die Jahresabschlüsse zeigen, dass sich die kommunalen Unternehmen der Wohnungswirtschaft zunehmend in einer wirtschaftlichen Krise befinden und in ihrer Existenz bedroht sind.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Das habe ich aus dem Bericht. Das habe ich aus dem Bericht.

Was bedeutet das im Klartext? Zur Rettung von Wohnungsunternehmen werden zunehmend Sanierungskonzepte gebraucht. Und wie sehen solche Sanierungsmaßnahmen aus? Die Gesellschafter, also die Kommunen, werden gezwungen, Eigenkapital nachzuschieben. Personalabbau wird stattfinden und damit natürlich auch Serviceabbau. Mit den Banken wäre über bessere Konditionen und Umschuldungen zu verhandeln. Aber geht das überhaupt in Zukunft, frage ich Sie.

Den Kommunen steht das Wasser bis zum Hals. Wie sollen sie wohl dann die Wohnungsgesellschaften stützen? Bislang ist es doch vielfach andersherum. Die Wohnungsgesellschaften stützen doch die Kommunen. Und wir wissen alle, wie sich die Banken bei angeschlagenen Unternehmen verhalten. Kurzum, etwa die Hälfte der kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen sind wirtschaftlich in unruhigem Fahrwasser und steuern auf einen Sturm zu. Deshalb sagt DIE LINKE, die Altschulden müssen weg.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Wir stehen außerdem vor der großen Herausforderung, den Wohnungsbestand den geänderten Bedarfen anzupassen. Zum Beispiel nenne ich einfach den Trend zu den Singlehaushalten. Der zunehmende Bedarf auch an barrierefreien Wohnungen, geänderte Lebensgewohnheiten und damit auch sich wandelnde Wohnungsbedürfnisse und vor allem auch die Senkung des Energiebedarfs für Gebäude und die Umstellung auf erneuerbare Energien erfordern in den kommenden Jahrzehnten erhebliche Investitionen. Dafür wird Geld gebraucht.

Wir fordern, dieses Geld darf nicht weiter für die Bedienung von willkürlich festgelegten Altschulden eingesetzt werden. Das Geld wird gebraucht, um die Zukunftsfähigkeit der Wohnungsunternehmen und somit die Zukunft der Städte und Gemeinden zu sichern. Und deshalb fordere ich Sie noch einmal auf: Stimmen Sie unserem Antrag zu!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Harry Glawe, CDU: Heute nicht.)

Danke, Frau Lück.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Heydorn von der Fraktion der SPD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Frau Lück, die Fraktion der SPD stimmt Ihnen in der Sache voll zu. Wir stimmen Ihnen in der Sache voll zu. Gleichwohl werden wir dem Antrag nicht zustimmen, weil wir wissen, dass sowohl unser Bauminister als auch die anderen ostdeutschen Bauminister an dem Thema dran sind und dass das beim Bund ständig beackert wird. Nur, ich habe den Eindruck, dass einige von den Leuten, die heute hier ans Mikrofon gegangen sind, nicht so richtig wissen, wie die Welt an der Stelle funktioniert.

(Udo Pastörs, NPD: Hauptsache, Sie wissen das, Herr Heydorn.)

Ja, Sie treten immer auf: ahnungslos in der Sache, dezidiert in der Auffassung und harsch im Ton.

(Udo Pastörs, NPD: Hauptsache, Sie wissen das.)

Anderes haben Sie doch hier nicht zustande gebracht.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Sie haben doch hier noch nichts anderes zustande gebracht,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

außer hier den Larry geben und ansonsten passiert doch nichts. Sie reden hier von „hohl“. Die Einzigen, die hohl sind, sind doch Sie.

(Udo Pastörs, NPD: Was ist ein Larry? Erklären Sie mir mal, was ist ein Larry?!)

Also, man muss doch einfach mal ganz deutlich sagen, die Altschulden sind …

Herr Abgeordneter Heydorn!

… Schulden der Wohnungswirtschaft, an deren Zustandekommen …

Herr Abgeordneter Heydorn!

(Stefan Köster, NPD: Kommen Sie mal wieder runter!)

Auch Sie müssen sich hier an den parlamentarischen Brauch halten.

(Stefan Köster, NPD: Auch Sie!)

Ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf.

(Michael Andrejewski, NPD: Oh, starke Leistung. – Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Also noch mal: Die hiesige Wohnungswirtschaft hat an dem Zustandekommen der Altschulden keinen Anteil.

(Regine Lück, DIE LINKE: So ist es.)

Das sind Schulden aus der ehemaligen DDR.

(Harry Glawe, CDU: Richtig.)

Die hatten wir an der Backe, dann war das da und man musste damit fertigwerden.

(Michael Andrejewski, NPD: Das waren dieselben Blockparteien wie heute.)

Und wenn heute darüber geredet wird, der Stadtumbau Ost muss weitergehen,

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

dann besteht der zum großen Teil auch aus Abriss. Und jetzt stellen Sie sich mal vor, da haben Sie einen Haufen Buden stehen, die wollen Sie abreißen und da sind noch Altschulden drauf. Wie soll das funktionieren? Ich reiße das Gebäude weg und habe dann die Schulden zu bedienen.

(Udo Pastörs, NPD: Die haben Sie auch noch zu bedienen, wenn Sie sie nicht wegreißen, Sie Spezialist.)

Das ist doch …

Die habe ich nicht mehr zu bedienen, wenn die Altschulden nicht mehr da sind. Das müssten doch selbst Sie verstehen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Das ist doch der kardinale Punkt.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Durch die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion.)

Stadtumbau geht doch nur, wenn das Thema Altschulden auch beackert wird, ansonsten wird das nicht funktionieren.

Frau Lück hat doch völlig recht, wenn sie darauf aufmerksam macht, dass wir noch große Investitionen werden vornehmen müssen in Wohnungsbestände, wenn wir sie demografiefest machen wollen. Wie soll das denn laufen? Das geht doch nur, wenn wir das an der Stelle abschließend regeln.