ist, eine Bevölkerungszahl von 95.000 hatten und jetzt noch eine Bevölkerungszahl von 75.000, und wir erwarten müssen, dass es in 10 bis 15 Jahren unter 60.000 sind, meine Damen und Herren,
dann können wir nicht so tun, als hätte eine solche Entwicklung auf die Struktur von Verwaltungen überhaupt keine Auswirkungen. Nein, diese Entwicklung muss Auswirkungen auf Verwaltungsstrukturen haben. Deswegen tun wir das, was wir hier tun.
Und wenn wir – der Ministerpräsident hat den Blick schon geöffnet – auf unser Nachbarland Schleswig-Holstein schauen, dann stellen wir fest, Schleswig-Holstein hat seine Verwaltungsreform abgebrochen. Manche in diesem Hause und viele Kommunalpolitiker haben uns das als Vorbild hingestellt und haben gesagt: Guckt mal an, was die für einen Mut haben. Die brechen ihre Kreisgebietsreform ab. Ich will hier nicht behaupten, dass die ganzen Probleme, die Schleswig-Holstein hat, aus diesem Abbruch der Kreisgebietsreform resultieren. Es gibt eine Reihe von anderen Ursachen und es gibt eine Reihe von anderen Fehlentscheidungen in diesem Land. Aber wenn wir in der Summe sehen, was im Moment in Schleswig-Holstein diskutiert wird, meine Damen und Herren, dann müssen wir uns einmal vor Augen halten: Wollen wir wie in Schleswig-Holstein eine Halbierung des Blindengeldes? Wollen wir die Medizinerausbildung in Lübeck komplett kippen?
(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist ein ganz schlechtes Beispiel. – Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)
Ach, Herr Ritter, ich habe das Beispiel mit Absicht genommen, weil auch wir zu einer Absenkung genötigt waren. Aber dass wir es halbieren, das können wir nun nicht behaupten.
Und wenn die Universität in Lübeck faktisch vor der Schließung steht, meine Damen und Herren, dann können Sie daran ermessen, wohin man ein Land bringt, wenn man nicht den Mut aufbringt, wichtige und notwendige Strukturentscheidungen durchzuführen. Wir jedenfalls wollen solche notwendigen Strukturentscheidungen für Mecklenburg-Vorpommern.
Und zu einer solchen verantwortlichen Politik, Herr Ritter, und dann können wir gleich weitermachen, gehört es natürlich nicht, wie von Ihrer Partei unterstützt, aber ich will gern sagen, auch von anderen, dass man neun Tage vor einem Gesetz die Wahl von Beigeordneten in den Kreisen vom Inkrafttreten des Gesetzes an untersagt, noch schnell einen Versorgungsposten ausfüllt und einen Beigeordneten in einem Kreis für weitere acht Jahre wählt.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Meine Fraktion in Ostvorpommern hat sich daran nicht beteiligt. Unsere wurden mehrheitlich nicht gewählt. Erzählen Sie nicht solche Märchen! Ich bin selber dabei gewesen.)
Lieber Herr Ritter, ich wollte das Argument nicht vertiefen, aber wenn Ihre Landrätin die Wiederwahl ihres Beigeordneten, dessen Amtszeit noch bis tief in den Herbst hinein geht, wenn die von den LINKEN gestellte Landrätin diese Wiederwahl wenige Tage vor dem Inkrafttreten eines solchen Gesetzes betreibt, und zwar mit Nachdruck betreibt, und dafür sorgt,
(Peter Ritter, DIE LINKE: Herr Müller, diese Landrätin hat beim Innenminister nachgefragt. Und der hat gesagt: Machen Sie es doch! – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)
dass der noch für acht Jahre seinen B-besoldeten Versorgungsposten hat, Herr Ritter, dann soll man nicht hierherkommen und mit Krokodilstränen über Kommunalfinanzen reden!
Meine Damen und Herren, auch Herr Ritter, der Redner muss wenigstens zu verstehen sein. Sie haben auch noch ausreichend Redezeit.
Herr Ritter, Sie können gerne hier herkommen und die Verhaltensweise der von Ihrer Partei gestellten Landrätin hier verteidigen und der Mehrheit Ihrer Kreistagsfraktion.
Und nun lassen Sie uns wieder zur Landespolitik zurückkehren, also zu dem, was wir hier zu entscheiden haben. Dass Ihnen da der Mut für solche Entscheidungen in zwischen abhandengekommen ist, ist inzwischen, glaube ich, deutlich geworden.
Meine Damen und Herren, es wird in der öffentlichen Diskussion häufig die Frage gestellt, ob denn diese Einsparpotenziale wirklich belegt seien. Ehrlich gesagt, diese Diskussion verstehe ich nun überhaupt nicht mehr, weil, wenn wir uns das angucken, da wird dann gesagt, da müsste doch mal ein Gutachten gemacht werden. Wir haben inzwischen sechs dieser Gutachten vorliegen, die von unterschiedlichen Positionen kommen mit unterschiedlichen Perspektiven und dieses Einsparpotenzial sehr eindeutig belegen.
Wer sich die Arbeit macht, sich mit diesem Gutachten auseinanderzusetzen, der wird vielleicht an dem einen oder anderen Punkt – das Papier des Landesrechnungs
hofes ist im Innenausschuss heftig und kontrovers diskutiert worden – sicherlich Kritik anzumelden haben. Aber das, was die Gesamtlinie dieser Gutachten ist, meine Damen und Herren, das kann hier nicht in Zweifel gezogen werden. Und wenn eines dieser Gutachten von der kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung gemacht worden ist, dann darf ich diejenigen, die sich in dieser Szene nicht so auskennen, vielleicht darauf hinweisen, dass dieses ein Institut ist, das von der kommunalen Ebene, und zwar bundesweit, selbst gegründet worden ist und von der kommunalen Ebene getragen wird.
Und auch dieses Institut, das übrigens in der Szene einen ausgesprochen hohen Ruf hat, kommt sehr klar zu dem Ergebnis, uns hier ein Einsparpotenzial zu attestieren, das sich nicht im ersten Jahr der Kreisgebietsreform einstellen wird, das aber schon sehr schnell und in einer Größenordnung, der Ministerpräsident hat 50 Millionen Euro genannt, einige Gutachten gehen darüber hinaus, das sich sehr schnell einstellen wird, das wir in der kommunalen Ebene dringend brauchen.
Ich habe hier leider noch nicht das Argument gehört – und deswegen möchte ich es bringen –, Kreise werden hochgradig auch von der Kreisumlage der kreisangehörigen Gemeinden bezahlt. Und wer deren Finanzsituation beklagt, der darf nicht gleichzeitig Kreisverwaltungen einen Schutzstatus verleihen, wie Sie das teilweise tun, sondern der muss sagen, ja, dann müssen wir auch gerade unter den demografischen Vorzeichen über Kreisverwaltungen nachdenken. Also, meine Damen und Herren, finanzpolitisch motiviert, ja, Einsparungen belegt, ja, effektiv, ja. Und dann kommen die LINKEN und sagen, aber das verschieben wir jetzt erst einmal.
Herr Ritter, ich darf Sie daran erinnern, dass Sie schon einmal einen entsprechenden Antrag gestellt haben und dass wir die Argumente schon einmal ausgetauscht haben. Selbst wenn wir nur 50 Millionen Euro zugrunde legen, dann wäre ein Verschieben um drei Jahre ein Verschieben um 150 Millionen Euro. Dieses, meine Damen und Herren, können und dieses wollen wir uns nicht leisten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich würde gern noch einen Aspekt hier in die Diskussion einfügen – vieles ist von meinen Vorrednern gesagt worden –, den ich bisher vermisst habe. Das ist der Blick auf die Beschäftigten in unseren Kreisverwaltungen. Ich glaube, dass eine solche Reform, wie überhaupt Verwaltungsreformen, erfolgreich gegen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht zu machen ist. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unser wertvollstes Kapital in solchen Verwaltungen und mit solchem Kapital muss man sorgfältig und pfleglich umgehen.
Ich weiß, in vielen Kreisverwaltungen haben wir eine Arbeitssituation, wo die Schraube so weit angezogen ist, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Limit dessen arbeiten, was leistbar ist. Aber gerade weil das so ist, meine Damen und Herren, können wir nicht zulassen, dass der Arbeitsdruck sich weiter erhöht. Und genau deshalb brauchen wir Strukturen, die zumindest ein Stück weit die Spielräume eröffnen, die unsere Verwaltungen brauchen. Wir brauchen Spielräume, insbesondere – und darauf sollten auch zukünftige Kreise Wert legen – für eine Qualifizierungsoffensive bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, und wir brauchen Personalentwicklungskonzepte, damit unsere Verwaltungen auch zukünftig in hoher fachlicher Qualität und kostengünstig ihre Aufgaben erledigen können.
Es war uns als Koalition deshalb ein sehr wichtiger Punkt, dass wir die Rechte der Personalvertretungen gestärkt haben, dass wir insbesondere nicht zugelassen haben, dass es zu einer personalratslosen Zeit kommt, sondern dass wir das Gesetz entsprechend verändert und für eine vernünftige Übergangsregelung gesorgt haben. Wir brauchen gerade in dieser Übergangszeit gut funktio nierende Personalräte zur Vertretung der Interessen der Beschäftigten.
Und wir haben genauso dafür gesorgt, dass es bei dem Personalübergang und bei dem Zusammenführen von Personalkörpern keinen Zweistufenplan gibt, dass zunächst die Kreise mit ihrem Personal zusammengeführt werden und später andere Beschäftigte dazukommen. Die könnten doch dann nur das bekommen, was übrig geblieben ist. Funktionsstellen, das kennt jeder, der Verwaltungen kennt, wären doch dann besetzt. Wir wollen, und wir haben dies in einem Änderungsantrag im Innenausschuss so beschlossen, dass dies alles zeitgleich passiert und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wo auch immer sie herkommen mögen, alle in den neuen Verwaltungen gleiche Chancen haben.
Wir haben Kritik aus den Reihen von Gewerkschaften – ob nun ver.di und DGB, ob Bund technischer Beamter und dbb – auch an anderen Stellen sehr ernst genommen. Ich möchte hier insbesondere darauf verweisen, dass wir das Thema Arbeitsschutz und technische Sicherheit aus dem Aufgabenzuordnungsgesetz, aus dem Gesetzentwurf der Landesregierung herausgenommen haben. Wir haben dies getan auf entsprechende Ausführungen der Gewerkschaften hin, aber – und das finde ich sehr wichtig – auch auf entsprechende Vorhaltungen der Unternehmerverbände.
Hier haben Gewerkschaften und Arbeitgeber sehr stark Hand in Hand gearbeitet und ihre Argumente waren sehr überzeugend. Und wer uns da den Vorwurf macht, ihr ändert gar nichts und eure Anhörungen sind Schauveranstaltungen, dieses, meine Damen und Herren, war ein großer Block des Aufgabenzuordnungsgesetzes, den wir dort herausgenommen haben. Das war richtig so, aber ich glaube, es belegt auch, dass wir sehr wohl bereit sind, unsere eigenen Vorstellungen zu korrigieren, Veränderungen vorzunehmen, wenn so etwas sinnvoll belegt ist.
Das haben wir auch bei den Kreisstrukturen getan, insbesondere bei der Frage der Grenzänderung im Kreis Demmin. Nun ist hier eben schon die Frage diskutiert worden, ob damit nicht ein Kreis entsteht, der von seiner Größe her verfassungsrechtlich nicht ohne Risiko sein könnte.
Nun, meine Damen und Herren, für uns war das entscheidende Argument, dass wir diese Veränderung gegenüber dem Gesetzentwurf vorgenommen haben, dass diese Veränderungen von den Beteiligten selbst gewollt wurden. Und wenn das Amt Demmin-Land und die Stadt Demmin, vertreten durch ihre Stadtvertretung, hier klar und deutlich sagen, wir würden gern zum Kreis Seenplatte gehören und nicht so gern zum Kreis Südvorpommern, dann finde ich es richtig, vernünftig und konsequent, wenn der Innenausschuss Ihnen heute vorschlägt, dass wir das dann auch tun und wir das so vollziehen. Ich würde gern das Geschrei hören, wir hätten
etwas anderes getan, dann wäre das vielleicht verfassungsrechtlich bedenklich. Nein, meine Damen und Herren, dieses zu verändern und dem Willen der Betroffenen zu folgen, ist richtig, und deswegen schlägt Ihnen der Innenausschuss dies vor.
Bei einem anderen Punkt allerdings, und der hat heute schon eine Rolle gespielt, wollen wir Ihnen eine Veränderung nicht vorschlagen, das ist das vielzitierte Thema Verbandsmodell. Meine Damen und Herren, wer sagt, wir hätten uns im Innenausschuss mit diesem Modell nicht auseinandergesetzt, sagt die Unwahrheit. Wir haben bei der ersten Anhörung den Protagonisten dieses Modells, den Neubrandenburger Oberbürgermeister Paul Krüger, gehört. Und die Anhörung, wer genau hingeguckt hat, hat da an dieser Stelle schon sehr lange gedauert, für viele verdächtig lange.
Zugegeben, Kollege Ritter, einem Antrag der Fraktion DIE LINKE, dieses noch einmal zu vertiefen und Herrn Oberbürgermeister Krüger noch einmal einzuladen, diesem Antrag haben wir selbstverständlich zugestimmt. Wir haben uns noch einmal mit ihm auseinandergesetzt. Und wir haben dann, wie sich das in einem Ausschuss gehört, in einer dritten Runde intern über das Thema diskutiert. Wer also sagt, wir hätten uns damit nicht auseinandergesetzt, der hat irgendwie die Wirklichkeit nicht mitbekommen. Wir haben uns damit auseinandergesetzt und wir haben mit sehr wohldurchdachten Argumenten gesagt, dieses Modell ist für uns nicht dasjenige, das uns das vorliegende Gesetzeswerk ersetzen kann.
(Torsten Renz, CDU: Dem haben die LINKEN sogar zugestimmt und die FDP auch. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
Dem haben die LINKEN sogar zugestimmt, richtig, Kollege Renz, und wenn wir uns die Beschlusslage in den kommunalen Verbänden anschauen, Herr Kollege Ritter, dann sagen die uns immer: Ja, man muss sich damit auseinandersetzen, ja, man muss diskutieren, ja, das ist eine Alternative. Aber es gibt keine Beschlüsse des Städte- und Gemeindetages, zu sagen, jawohl, das ist das Modell, das wir wollen,
weil es nämlich auch im Städte- und Gemeindetag und weil es auch im Landkreistag erhebliche Widerstände wegen dieses Modells gibt, Widerstände, die sehr wohl fachlich motiviert sind. Deswegen war es für uns auch etwas, was nicht etwa im Widerspruch zu den kommunalen Verbänden steht,