Ja, deutlich. Sie haben den Evaluationsbericht gelesen. Heißt es nicht in der Evaluation, dass es einen Rückgang von kleinen und mittleren Unternehmen an den öffentlichen Aufträgen gibt? Sie beteiligen sich nicht mehr. Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie denn daraus? Wollen Sie dabei bleiben oder wollen Sie Möglichkeiten schaffen, dass sich mehr kleine und mittelständische Unternehmen daran beteiligen?
Kein Wort finde ich darüber, wie es denn um das Verhältnis vom billigsten zu dem wirtschaftlichsten Angebot steht. Nach wie vor wird das billigste Angebot genommen.
Das muss man doch mal regeln können! Kein Wort über die Behandlung der Freiberufler, darüber hatte ich schon im Zusammenhang mit dem Ingenieurrat gesprochen.
Herr Schulte, was ist denn nun eigentlich mit sozialen und umweltbezogenen Kriterien oder Innovationen, die bei der Auftragsvergabe nach unserer Auffassung berücksichtigt werden sollten? Nichts davon finde ich in diesem Gesetzentwurf. Also Sie machen hier im Prinzip ein bisschen Verwaltung, die wird in diese Paragrafen hineingeschrieben, die werden dann verändert und es wird entfristet. Mehr ist aber nicht zu finden!
Wir haben bereits 2012 genau auf diese sozialen und ökologischen Belange hingewiesen, haben auch konkrete Vorschläge gemacht. Sie wussten es damals ja wieder besser.
Aber wie die Evaluierung zeigt, und genau die Evaluierung beschreibt das: Sie wussten es eben nicht besser!
Ich will mich noch auf das Europäische Parlament und den Europäischen Rat berufen. Die haben in einer Richtlinie zur öffentlichen Auftragsvergabe klargestellt, ich darf kurz zitieren, Zitat: „Forschung und Innovation, einschließlich Öko-Innovation und sozialer Innovation, gehören zu den Haupttriebkräften künftigen Wachstums und stehen im Mittelpunkt der Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum. Auftraggeber sollten die öffentliche Auftragsvergabe strategisch optimal nutzen, um Innovationen voranzutreiben.“ Soweit dieses Zitat.
Wie weit halten Sie sich eigentlich an diese Richtlinie und was finde ich davon in dieser Novelle des Vergabegesetzes? Nichts! Auch die Modernisierungen der öffentlichen Vergaben auf Bundesebene gehen in diese Richtung. Aber das scheint Ihnen alles wurscht zu sein, Sie ziehen hier Ihren Stiefel durch. Wie sagte bereits Johann Wolfgang von Goethe? „Der eine wartet, daß die Zeit sich wandelt, der andere packt sie kräftig an und handelt.“ Aber vom Anpacken und Handeln sind Sie weit entfernt!
Meine Damen und Herren, es wäre sinnvoll und geboten gewesen, wenn wir uns als Erstes über die Schlussfolgerungen der Landesregierung aus dem Evaluationsbericht unterhalten hätten und dann ein Gesetzentwurf vorgelegen hätte. Dazu ist es nicht gekommen, die Chance wurde vertan. Jetzt haben wir ein anderes Verfahren, aber ich kann Ihnen auch so sagen, denn wir haben uns mit dieser Frage – nicht nur mit der Evaluation, sondern auch mit dem Leben – intensiv auseinandergesetzt, das, was Sie hier vorlegen, ist keinen Schuss Pulver wert.
Dieses Vergabegesetz ist ein Instrument, um bedeutende strategische und politische Ziele zu erreichen, aber Sie vergeben diese Chance und nutzen dieses Instrument nicht, und wir sind mit der Europäischen Union hier im Einklang, das habe ich eben bewiesen.
Das, was Sie hier vorlegen, ist juristisch alles in Ordnung, Herr Schulte, aber es wird, glaube ich, den Herausforderungen und dem, was für die öffentliche Auftragsvergabe in Mecklenburg-Vorpommern notwendig ist, in keiner Weise gerecht. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit der Aufnahme der Mindestlohnregelung in das Vergabegesetz Mecklenburg-Vorpommerns hat der Landtag Mecklenburg-Vorpommern im Juni 2012 die Evaluierung des Vergabegesetzes beschlossen.
Herr Holter, ich kann Ihren Ärger verstehen, das Vergabegesetz ist ja ein Ergebnis von Koalitionsverhandlungen, an denen Sie nicht teilgenommen haben.
entscheidend ist, dass wir dieses Vergabegesetz auf den Weg gebracht haben und dass mittlerweile der Bund nachgezogen hat.
Von daher müssen wir nicht mehr alles regeln, sondern wir haben Dinge, Kontrollen, wie sie zum Beispiel durch den Zoll gewährt werden müssen. Das Wirtschaftsministerium hat 2013 hierzu ein Gutachten auf den Weg gebracht, das Sie auch haben, Herr Holter.
Nach Erkenntnissen der Gutachter sind die mit der Einführung des Vergabegesetzes befürchteten negativen Auswirkungen weitestgehend nicht eingetreten. Also alles das, was Sie hier an Beispielen gebracht haben, ist nicht eingetreten.
Das Gesetz hat danach einen positiven Beitrag zur Rechtssicherheit bei der Vergabe öffentlicher Aufträge geleistet, in gewissem Maße auch zur Erreichung wirtschafts- und sozialpolitischer Ziele, Herr Holter. Unternehmen und Vergabestellen hatten zuvor eine Steigerung der internen Bürokratie- und Prozesskosten sowie der Bearbeitungsdauern zu verzeichnen. Ein dauerhafter Mehraufwand konnte aber nicht bestätigt werden, Herr Holter. Bei den befragten Vergabestellen ist somit auch kein zusätzlicher Personalbedarf entstanden. Es wurden interne Umstrukturierungen vorgenommen.
Die Steigerungen haben dazu beigetragen, dass eine gewonnene Routine im Umgang mit dem Vergabegesetz festzustellen ist. Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse hat die Wegweiser GmbH Empfehlungen für eine behutsame Weiterentwicklung des Vergabegesetzes Mecklenburg-Vorpommerns gegeben. Mit dem jetzt beabsichtigten Änderungsgesetz werden die Konsequenzen aus dem Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes auf Bundesebene gezogen, Herr Holter. Zugleich wird die Gelegenheit für Korrekturen genutzt, die unter anderem Verständlichkeit und Anwenderfreundlichkeit des Gesetzes erhöhen,
Im Wesentlichen geht es um folgende Punkte: Es wird sichergestellt, dass bei öffentlichen Aufträgen in jedem Fall ein Mindestlohn von 8,50 Euro gezahlt wird. Außerdem werden verfahrenstechnische Erleichterungen für Unternehmen und Vergabestellen vorgesehen. Namentlich werden die bisherigen Vorschriften über weitergehende Anforderungen sowie Kontrollen und Sanktionen neu gefasst, Herr Holter.
Im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs können künftig nicht nur Tarifverträge aus Mecklenburg-Vorpom- mern, sondern auch Verträge aus dem übrigen Bundesgebiet als repräsentativ angesehen werden. Die Palette der Tarifverträge, die künftig als Maßstab für eine angemessene Entlohnung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Bereich dienen kann, wird damit erweitert.