Protokoll der Sitzung vom 20.11.2015

und dabei ausklammern, dass es uns eben nicht gelungen ist, Einvernehmen über Finanzen für eine Podiumsdiskussion herzustellen. Aber da gehört es auch zur Ehrlichkeit zu erwähnen, dass es zum Beispiel von unserer Seite den Vorschlag gab, doch eine etwas kostengünstigere Version hier im Hause zu wählen, dass es aber andere gab – und das ist nun mal in einem Gremium so, das unterschiedliche Meinungen vertritt –, die da meinten, wir sollten das nach außerhalb verlagern, wenn dann die eine oder andere Fraktion bei diesen Kosten nicht mitspielt. Ich glaube, es war nicht nur die CDU, die gesagt hat, wir wollen diese Kosten nicht tragen. Das hast du jetzt bei der Gelegenheit vergessen zu erwähnen. Ja gut, dann ist es eure Auffassung.

(Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE: Es geht darum, sechsmal haben wir uns getroffen und Sie waren nicht da.)

Was das Thema...

(Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE: Sechsmal, und Sie waren nicht da.)

Ja, ich komme dazu, ich rufe dir gleich die Veranstaltung in Erinnerung, Hikmat. Ich rufe sie dir gleich in Erinnerung. Bleib ruhig!

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Auch was das Thema „sprachliche Integration“ betrifft, habe ich jetzt keine Lust, mich permanent zu wiederholen. Sie alle kennen meine Auffassung. Entgegen gewissen Behauptungen, die CDU würde sich ständig verweigern, habe ich mich ja hier wohl mit als einer der ersten CDU-Politiker sehr deutlich für eine sehr frühzeitige sprachliche Integration ausgesprochen. Insofern habe ich auch gar keine Lust, mich hier permanent zu wiederholen. Wenn es Ihnen nur um den Pool ginge, so, wie Sie hier den Eindruck vermittelt haben in Ihrer Rede, dann hätten Sie Ihren ganzen Antrag ja schon zurückziehen können.

(Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE: Eben nicht. Eben nicht.)

Aber darum ging es Ihnen überhaupt gar nicht. Es geht ja um viel,

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

es geht um viel, viel mehr als das, was die Landesregierung bereit ist zu geben, und als das, was Frau Ministerin Hesse angekündigt hat.

Ich möchte Ihnen ganz einfach mal das eine oder andere Highlight aus unserem Diskussionsprozess – wo Sie ja meinen, an dem ich nicht beteiligt gewesen wäre – in Erinnerung rufen. Ich erinnere mich zumindest noch so gut an diesen Prozess, dass ich zu dem einen oder anderen Punkt schon eine sehr eigene Meinung habe.

Seit dem 1. Januar sind bei uns 19.000 Flüchtlinge registriert und ich denke, das ist der augenscheinlichste Unterschied zu dem Jahr 2012, als wir uns gemeinsam mit dem Thema Dolmetscherpool beschäftigten. Damals hatten wir gerade 1.000 Flüchtlinge pro Jahr im Land. Das erklärt im Übrigen auch meine damalige ablehnende Haltung zum Dolmetscherpool, denn der Bedarf für eine Koordinierungsstelle auf Landesebene war nicht erkennbar.

Hinzu kommt, dass bereits zu diesem Zeitpunkt eine Vielzahl dezentraler Pools in Vereinen, städtischen Strukturen und den Hochschulen und Universitäten unseres Landes existierten. Ich habe immer wieder in der Diskussion, auch in unserer Auftaktdiskussion – am, meine ich, 28.03.2012 war das – darauf hingewiesen, warum hier mit einem Mal, gerade und insbesondere eine Partei, jetzt meine ich aber die GRÜNEN, Hikmat,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.)

die im Grunde genommen gegen jede staatliche Zentralfunktion ist, hier die Zentralisierung auf Landesebene gewünscht hat,

(Heiterkeit bei Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das stimmt doch überhaupt nicht.)

wo es ja in vielen Bundesländern hervorragende dezentrale Modelle gibt, wie gesagt.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zuhören ist nicht deine Stärke. – Zuruf von Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE)

Außerdem darf ich daran erinnern, liebe Kollegin Gajek und lieber Kollege Al-Sabty, dass zum Beispiel angehörte Fachleute wie SprInt Rostock e. V. mehrfach auch darauf verwiesen haben, dass es ganz einfach an qualifizierten und flexiblen Ansprechpartnern fehlen würde, und das trotz vorhandener Budgets. Ich erinnere: Schon damals hat das BAMF eine nicht unerhebliche Summe zur Verfügung gestellt. Und ich will an dieser Stelle einfach dran erinnern, dass hier noch erhebliche Mittel des Bundes zu erwarten sind. Ich war vor drei Wochen im BAMF in Nürnberg und habe mich dort mit den Verantwortlichen über dieses Thema unterhalten dürfen. Da ist also sehr, sehr viel noch aus Richtung Bundesregierung zu erwarten. Aber wahrscheinlich war auch die 18-monatige Ausbildung eine Hürde, die viele Menschen nicht überwinden wollten.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, es ist eine Weiterführung.)

Auch das spielte dann übrigens im August des Jahres 2012 eine Rolle.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unsere erste Zusammenkunft, hatten wir gesagt, war am 28.03.2012. Wir stellten unter anderem fest, dass kein, ich betone es ausdrücklich noch einmal, kein Flächenbundesland zu diesem Zeitpunkt eine Zentralstelle Sprachmittlung eingerichtet hatte. Ich bin mir nicht mal sicher, ob überhaupt heute schon ein Bundesland außer Mecklenburg-Vor- pommern so etwas vorzuweisen hat.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und weil es ein anderer nicht macht, machen wir es auch nicht. – Zuruf von Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE)

Da werde ich mich sachkundig machen, liebe Kollegin Gajek, darüber werde ich Sie garantiert noch informieren. Aber überall existierten hervorragende dezentrale, teils ehrenamtliche Pools.

Vor dem Hintergrund der 100-prozentigen Finanzierung der Flüchtlingshilfe durch die Landesregierung, auf die ich ja gestern nun hinreichend eingegangen bin, haben Sie nunmehr meinen zweiten Kritikpunkt an Ihrem Ansinnen, übrigens damals wie heute. Sicherlich kann man sich im Leben vieles wünschen, aber man muss sich auch daran gewöhnen, dass nicht alle Wünsche erfüllt werden können. Sie haben gestern auch in Richtung Kommunen meinen Vergleich mit den 100 und 110 Prozent gehört. Sie bekommen hier schon 110 Prozent. Ich denke, man sollte die Kirche im Dorf lassen.

Am 28.03. einigten wir uns auch auf eine erste Expertenanhörung, die am 11.06.2012 stattfand. In dieser Anhörung gab es drei Schwerpunkte.

Erstens. Die angehörten Experten erweiterten unseren Kenntnisstand über bereits existierende Pools. So verwiesen sie auf Datenbanken des Psychosozialen Dienstes, der Krankenhäuser, der Sozialämter, der Gerichtsdatenbank, der polizeilichen Datenbank, beim Innenministerium, bei dem Landeskriminalamt und dem Polizeipräsidium. Das sind nicht wenige Datenbanken, derer man sich bedienen kann.

Zweitens. Frau Seemann-Katz vom Landesflüchtlings- rat schätzte die damaligen Implementierungskosten auf 50.000 Euro im Jahr. Wenn ich das jetzt flüchtlingsbezogen rechnen würde und damit aber auch nur den Anfall neu hinzukommender Flüchtlinge nähme, wären wir schon bei 950.000 Euro im Jahr. Aber das ist jetzt eine Querrechnung, die nicht unbedingt angestellt werden muss, wie Sie im Nachhinein noch sehen werden.

(Martina Tegtmeier, SPD: Die kann gar nicht angestellt werden.)

Letztendlich stellte der Kollege Al-Sabty in der anschließenden Diskussion fest, lieber Hikmat, das Innenministerium zahle pro angefangene Stunde 20 Euro. So sagt jedenfalls das Protokoll, und das habe ich nicht geschrieben, sondern eure Fraktion.

Ich muss aber der Ehrlichkeit halber auch darauf hinweisen, dass ebenso Stundensätze jenseits der 100 Euro diskutiert wurden, liebe Kollegin Tegtmeier. Ich verweise nur mal auf die Vereinigung der Sprachmittler, aber ich kriege jetzt den Namen nicht hin. Also wir haben ja auch Sprachmittler angehört.

(Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE: BDÜ.)

Genau, danke schön.

Da wir mehrheitlich noch erheblichen Erörterungsbedarf sahen, wurde besagte Projektkonferenz für den September 2012 angesetzt. Und ich sage es noch mal: Sie scheiterte an den Finanzen, sie scheiterte nicht, weil wir uns in der Sache grundsätzlich uneinig waren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, kehren wir noch einmal zu den 20 Euro des Kollegen Al-Sabty zurück und setzen diese einfach in Relation zu den derzeit im Land lebenden Flüchtlingen, so werden Sie zu interessanten Zahlen kommen. Bei 60.000 hier lebenden Flüchtlingen, Migranten und der Annahme, dass der Krankenstand lediglich zehn Prozent und der Aufwand der Dolmetscherleistung pro Patient eine Stunde beträgt, wären wir schon mal bei Kosten von 6 Millionen Euro. Wie da das Budget der Sozialministerin ausreichen soll, das vermag ich nicht zu erkennen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren der LINKEN und der GRÜNEN, Sie dürften festgestellt haben, dass ich mich nur auf medizinische Leistungen beschränkt habe. Sie fordern aber einen niederschwelligen flächendeckenden sowie qualifizierten Zugang zu Sprachmittlerleistungen gegenüber Behörden, Einrichtungen und Institutionen vor Ort,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Zugang.)

wobei Sie dabei auch außer Acht lassen, dass genau diese Behörden, Einrichtungen und Institutionen vor Ort diese Sprachmittlerleistungen bereits seit Jahren vorhalten.

Das, meine Damen und Herren, aus Ihrer Sicht, aus Sicht Ihres Antrags, ist nicht finanzierbar. Wie die Kontaktaufnahme des Flüchtlings mit dem Sozialministerium aussehen soll, werden Sie uns vielleicht auch noch verraten. Ich habe es vorhin der Sozialministerin gesagt, ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dort ein Flüchtling im Sozialministerium anruft und sagt, ich brauche einen Dolmetscher. Aber da kommen Sie bestimmt noch drauf.

Insofern bin ich ganz gespannt auf Ihre konzeptionellen Vorstellungen, denn von denen habe ich bisher in Ihrem Antrag überhaupt nichts bemerkt,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das stimmt doch gar nicht.)

Frau Gajek. Also wenn Sie in Ihrem Antrag eine Konzeption erkennen, dann haben Sie wirklich eine begnadete Phantasie.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie stellen Forderungen, Sie machen da eine Büchse auf, aber Sie haben kein Konzept. Ich hingegen glaube, dass der Mix aus Ehrenamt, den angekündigten Mitteln und Projekten des BAMF und dem Vorschlag der Sozialministerin durchaus eine Lösung sein kann, denn ich denke, wir müssten auf Landesebene wissen, wie viele Dolmetscher wir haben, wofür wir welche haben, wo wir sie haben. Das ist doch gar keine Frage. Deswegen bin ich ja auch dabei, aber ich habe diesen Versuch hier

unternommen und Sie sehen mich hier immer noch ratlos. Vor drei oder vier Tagen haben wir die Frage an das Ministerium gestellt und ich weiß bis heute noch nicht, wie viele wir für welche Sprache im Land haben.

Also daran können wir schon erkennen, dass das wichtig ist. Aber nicht so, wie DIE LINKE es in ihrem,

(Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE: Aber wir wissen es, welche Sprache, Herr Kollege.)

die LINKEN und GRÜNEN es in ihrem Antrag formulieren. Und deshalb denke ich, Sie sind ganz einfach gut beraten, wenn Sie unseren Kompromissvorschlag, der aus meiner Sicht ein Einstieg in diese Problematik ist,

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

indem Sie diesen Kompromissvorschlag annehmen, auch wenn er mir nicht 100-prozentig gefällt, aber wenn Sie diesen Kompromissvorschlag annehmen und Ihren Antrag ganz einfach zurückziehen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.