Protokoll der Sitzung vom 17.12.2015

Unabhängig davon gibt es ohne eine echte Perspektive auf Fälle und Case Mix kein Personal und ohne Personal

gibt es am Ende auch keine Versorgung. So einfach ist die Rechnung an der Stelle. Deshalb bin ich auch dankbar dafür, dass die Landesregierung und alle an der Versorgung Beteiligten diese Zeichen der Zeit sehr wohl erkannt haben und vor diesem Hintergrund an Lösungen arbeiten. Was wir dazu als Enquetekommission aufgeschrieben und uns gedacht haben, das werden wir im Rahmen der Generalaussprache aufrufen. Diesen Weg wollen wir fortsetzen. – Ich danke Ihnen erst mal für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Frau Gajek.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Geschäftsordnung sieht ja vor, hier nichts zu zeigen. Ich hätte Ihnen sonst gerne den Versorgungsatlas von Vorpommern gezeigt. Er sieht aus wie ein Schulatlas, den Sie vielleicht noch von früher kennen, gut eingebunden in Hartpappe. Dieser Atlas enthält sehr viele Daten. Ich erlaube mir, am Anfang ein paar Sachen zu benennen, weil ich denke, dass das für diese Debatte nicht ganz unerheblich ist.

Von rund 600 Orten, also 60 Prozent in Vorpommern, dauert die ÖPNV-Verbindung in eine der Kliniken, nämlich der Geburts- und Frauenheilkunde oder der Kinder- und Jugendmedizin, länger als zwei Stunden,

(Bernd Schubert, CDU: Die fahren doch nicht mit dem Bus zur Geburt. – Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

das heißt, nur von knapp 10 Prozent dieser Orte aus, also nicht mal 100 Orten, und von unter 40 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner Vorpommerns ist eines dieser stationären Angebote mit dem ÖPNV in weniger als zwei Stunden erreichbar.

(Marc Reinhardt, CDU: Wir können ja einen Geburtsbus einrichten. – Heiterkeit und Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Ich finde, das ist überhaupt nicht zum Lachen, Herr Glawe.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

Möglicherweise verfügen Sie ja über ein Auto.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Was hat denn der ÖPNV mit einer Geburtslinie zu tun? – Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

Der ÖPNV hat sehr viel damit zu tun, dass ich,

(Torsten Renz, CDU: Wer fährt denn mit dem Bus zur Geburt?)

wenn ich kein Auto habe, auch von A nach B komme.

(Heinz Müller, SPD: Zur Geburt mit dem Bus? – Torsten Renz, CDU: Ich habe noch nie gehört, dass einer mit dem Bus zur Geburt gefahren ist in den letzten zwei Jahren. Kein Mensch!)

Ich finde es unangemessen, Herr Glawe, dass Sie bei dem Thema so lachen.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU: Ja, wissen Sie, ich stelle mir gerade vor, wenn Schwangere zur Geburt im Bus …)

Gerade die Entfernungen sind wichtig und es sind viele Menschen nach wie vor auf den ÖPNV angewiesen.

(Harry Glawe, CDU: Das ist doch unrealistisch. – Zurufe von Heinz Müller, SPD, und Dr. Norbert Nieszery, SPD – Glocke der Vizepräsidentin)

Die Realität ist in Mecklenburg-Vorpommern so und der Atlas liegt da, den können Sie sich gerne nehmen und können gerne da reingucken.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nicht mal in Mecklenburg-Vorpommern fahren die Frauen mit dem Bus zur Geburt.)

Ich denke, ich habe ein Recht, hier zu reden,

(Harry Glawe, CDU: Jaja.)

und wie ich das tue, ist immer noch meine Entscheidung, Herr Glawe.

(Harry Glawe, CDU: Jaja.)

Lassen Sie mich weitersprechen!

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Jetzt rede ich!

(Harry Glawe, CDU: Ja, können Sie doch. – Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU)

Ich hoffe, das geht nicht von meiner Zeit ab?!

(Harry Glawe, CDU: Nein. – Wolfgang Waldmüller, CDU: Hoffentlich.)

Denn ich empfinde es mittlerweile als sehr unangemessen, wie sich Minister Glawe hier aufspielt.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Ich möchte zu einem Punkt etwas sagen, nämlich zu den ländlichen Räumen. Ich denke, das ist das, was Frau Stramm uns mit der Krankenhausplanung der nächsten Jahre kundtun wollte. Sie haben mir jetzt im Grunde genommen etwas in den Mund gelegt, was ich noch ein bisschen weiterentwickeln möchte.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU: Ja, holen Sie mal aus!)

Ich komme als Zweites auf die Enquetekommission. Und, Herr Barlen,

(Julian Barlen, SPD: Anwesend.)

natürlich haben wir dort Handlungsempfehlungen erarbeitet, die ja schon sehr, sehr, sehr, sehr, sehr lange liegen.

(Torsten Renz, CDU: Ach, so lange?!)

Ich dachte auch, dass wir diese Handlungsempfehlungen kurz nach der Sommerpause hier kundtun. Dass wir das jetzt erst im Januar tun – sei es drum.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Aber – und das ist das Entscheidende – in der Enquetekommission hat man sich auf Handlungsempfehlungen geeinigt, die den Umbau statt Abbau thematisieren. Und das, worüber wir heute reden, ist – der Anlass, denke ich, ist Wolgast, wozu wir nachher noch einen Antrag haben –, dass Stationen und keine Kliniken, darauf muss man Wert legen, sowie bestimmte Professuren gegeneinander ausgespielt oder ausgetauscht werden. Das ist die Brisanz dabei. Auf diese Punkte würde ich gerne zu sprechen kommen.

(Unruhe bei Harry Glawe, CDU, Torsten Renz, CDU, und Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir Bündnisgrüne – Herr Renz, Sie können auch noch zu dem Thema reden –, wir Bündnisgrüne haben uns unter der Klammer „Poliklinik 2.0“ sehr wohl Gedanken gemacht, wie eine zukünftige Ambulantisierung mit stationären Angeboten aussehen soll. Das eine ist die Tan- dempraxis, beispielsweise Medizinische Versorgungszentren, das andere sind lokale Gesundheitszentren, also verschiedene Modelle, die sektorenübergreifend und integrierend arbeiten. Diese sollen im Land umgesetzt werden. Von daher denke ich, dass bei einer Krankenhausplanung perspektivisch immer über einen ambulanten Bereich nachgedacht wird. Das ist, glaube ich, das Wichtige und auch das Schwierige, dass mit der großen Privatisierung, die wir haben, eine regionalisierte, patientenorientierte und bedarfsgerechte Krankenhausplanung auf den Weg gebracht wird.

(Unruhe und Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU, und Michael Silkeit, CDU)

Hier liegt die Schwierigkeit und natürlich ist die Entfernung ein Aspekt. Und ich finde das nicht zum Lachen, Herr Silkeit.

Es geht darum, die Stärkung einer bedarfsgerechten und regionalen, sektorenübergreifenden Versorgungsplanung auf den Weg zu bringen, beispielsweise entlang der Grenzen regionaler Planungsverbände, die eine Leistungserbringung im Bund fördert, eine fachliche Schwerpunktsetzung ermöglicht und somit auch die Planungssicherheit erhöht, die wiederum wichtig ist für die Gewinnung von Fachkräften, wie Ärztinnen und Ärzte, aber auch Pflegepersonal. Zugleich wird dadurch die Gefahr gesenkt, zu fehlinvestieren.

Die Öffnung kleiner Krankenhäuser für ambulante Leistungen sichert die Versorgung in der prekär versorgten Fläche und genau darum geht es. Sicherstellungszuschläge für defizitäre, aber notwendige Krankenhäuser werden nach dem Krankenhausstärkungsgesetz zukünftig möglich. Das war eine lange Forderung von uns auf Bundesebene und ist endlich umgesetzt. Geld, das für Pflege kalkuliert wird und zu Recht kalkuliert werden muss, muss auch in der Pflege ankommen. Wir hatten das Thema vorhin. Das ist eine langjährige GRÜNENForderung und muss sich natürlich auch im Personalstel

lenerhalt beziehungsweise im Ausbau von Pflegestellen niederschlagen. Deshalb begrüßen wir das Pflegestellenförderprogramm, sagen aber gleichzeitig, dass es zu schwach ist und dass die Nachhaltigkeit unbedingt gesichert werden muss.