Protokoll der Sitzung vom 28.01.2016

Auf Bitten meines doch zugegebenermaßen schon etwas älteren Kollegen Jürgen Seidel – und das ist jetzt nicht ganz ernst gemeint –, aber er bat mich darum, das hier unbedingt anzuführen: Also für über 60-Jährige sollte Cannabis im Straßenverkehr doch mal freigegeben werden,

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Da können wir drüber reden, Herr Silkeit.)

weil er meint, er ist sich dann der notwendigen Verantwortung durchaus bewusst.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das war seine Forderung. Ich habe natürlich sofort Nein gesagt.

Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, der liebe Kollege Ritter hat vorhin gefordert, dass Anträge der LINKEN ernst zu nehmen sind. Und ich gehe mal ganz einfach davon aus, dass Peter Ritter damit nicht meinte, dass wir diesen Anträgen nur zustimmen, sondern dass er auch darum bittet, konstruktive Kritik zu erfahren. Dann haben wir uns richtig verstanden. Das Nicken beweist es mir. Denn ansonsten hätte ich mir jetzt einfach den Antrag gegriffen, hätte vier Sätze dazu formuliert und dann wäre das Thema gegessen.

Aber ich denke, dabei wollen wir es nicht bewenden lassen, sondern wir wollen ruhig noch einen kleinen Exkurs in die Vergangenheit dieser Landespolizei vornehmen, denn – und da beziehe ich mich mal frei auf HansFriedrich Bergmann, der sich wiederum dann so ein kleines bisschen bei Humboldt beliehen hat: „Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen. Wer die Gegenwart nicht versteht, kann die Zukunft nicht gestalten.“ Ich gebe zu, der Mann ist relativ unbekannt. Er bezeichnet sich selbst als Arbeiterpoet. Aber eins ist Fakt: Mit dem, was er sagt, hat er recht.

Als ich diesen Antrag las, lieber Peter Ritter, da ging es mir so ein bisschen wie Wilhelm Busch, der da sagt: „Stets findet Überraschung statt/ Da, wo man’s nicht erwartet hat.“ Und ja, ich war überrascht.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Dass man dich noch überraschen kann?!)

Ja, mich kann man immer noch überraschen, das ist auch ganz gut so.

Meinen Kolleginnen und Kollegen in der Landespolizei ging es ein bisschen anders. Die formulierten einiges ein bisschen ruppiger. Die höflichste Form war noch „Steigbügelhalter von Gottfried Timm“ und dergleichen. Das ist sehr böse, aber es ist auch ein Zeichen dafür, dass viele Kolleginnen und Kollegen nicht vergessen haben, was ihnen hier widerfahren ist, nicht nur auf der Schlossbrücke, sondern auch bei diversen Veranstaltungen im Landtag, und was mit den Argumenten der Gewerkschaft der Polizei, die ja auf diese Entwicklung, auf diese Situation – und nicht vor dem Hintergrund eines Katastrophenszenarios „Flüchtlinge“, sondern der normalen Tagessituation damals – hingewiesen haben, was mit diesen Argumenten passiert ist. Ich sage mal, Gerd Böttger war da noch der Freundlichste,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dass ich dafür Verantwortung übernehme, habe ich aber auch heute wieder erklärt.)

der meinte, er müsse sich mit Theo Körner immer schützend vor Innenminister Gottfried Timm stellen. Man stelle sich das Bild vor, diese zwei kleinen Herren vor dem langen Gottfried Timm!

Und deshalb zitiere ich Gerd Böttger einfach mal, 58. Sitzung, 3. Legislaturperiode, 04.04.2001: „Sie müssen sozusagen den Innenminister und diese Koalition schlechtreden und deshalb versuchen Sie“ – Dr. Armin Jäger –, „an Kleinigkeiten … rumzupopeln.“ Ich bringe auch die Popelei in Worte, Zitat Wolf-Dieter Ringguth: „Wir von der CDU wissen es seit Langem: Wer bei der Polizei spart, spart am falschen Ende.“ Was da nun Popeln war, kann ich mir nicht ganz erklären.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Der grundlegende Wandel vollzog sich vor zehn Jahren.)

Kein Problem! Kein Problem! Ach, dazu kommen wir doch jetzt, ist doch gar kein Thema.

Lieber Kollege Ritter, ich hatte die Vergangenheit zitiert und möchte jetzt auch auf die Vergangenheit eingehen. Ich kann mich wunderbar entsinnen, diese Landespolizei fing 1990/1991 mit 7.144 Beschäftigten an und man kann von der CDU-Regierung – CDU/FDP, so viel Zeit muss sein – damals sagen, was man will, aber ihr Sparwille bei der Landespolizei hielt sich in Grenzen. Das heißt, wir mussten nur ein einziges Mal den Rotstift spüren.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Dafür wurde bei Lehrern gespart.)

Das war nach 1992. Dort wurden 36 Stellen fürs zentrale Flüchtlingsamt abgezweigt mit der Maßgabe, wir sollten sie mal wiederbekommen. Das fand natürlich nicht statt.

Dann gab es 1994 – auch unter CDU-Ägide – eine Untersuchung der Landespolizei. Dort wurde das renommierte Kienbaum-Gutachterunternehmen nach Mecklenburg-Vorpommern geholt. Sie bewerteten die Landespolizei und kamen zu der Erkenntnis, in dieser Polizei fehlen 1.000 Stellen. 1994! Das wiederum gefiel im Mai 1995 der damaligen Finanzministerin und so wurde aus dieser Formulierung: Mecklenburg-Vorpommern hat 1.000 Stellen zu viel, aber aufgrund der Belastung – EUAußengrenze und, und, und – bleiben wir mal bei dieser Personalstärke.

Das ging also einige Jahre gut, bis dann das Jahr 1999 kam und Innenminister Gottfried Timm meinte, er müsse eine Qualitätsoffensive in der Landespolizei durchsetzen. Das nannte sich damals Personalentwicklungskonzept. Die Stelle mit der Entwicklung haben alle Polizistinnen und Polizisten verschlafen, letztendlich wurde es der größte Stellenklau der Landesregierung.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Da spricht doch der Gewerkschafter.)

Wir haben damals schon auf die Konsequenzen dieser Situation hingewiesen. Niemandem – weder der Gewerkschaft der Polizei noch der CDU – wurde Glauben geschenkt. Das Ergebnis haben wir heute.

Und, lieber Kollege Ritter, wenn ich vorhin sagte, ich habe so ein bisschen meine Probleme mit der Ernsthaftigkeit eures Antrages, dann sage ich mal ganz einfach, ich kann mich auch noch an einen Peter Ritter erinnern, der Ende der 4. Legislaturperiode, im Juni 2006,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Als du noch bei der SPD warst!)

noch einmal nachhaltig das Personalentwicklungskonzept verteidigte und deutlich machte, dass es nun nicht so unüblich sei, bei der Landespolizei den Stellenabbau voranzutreiben wie bei der anderen Verwaltung,

(Egbert Liskow, CDU: Was? Das hat er gesagt?)

bei dem Rest der öffentlichen Verwaltung.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Tu mal nicht so, als wenn das ein anderes Bundesland wäre, wo das passiert ist!)

Das wollte ich nur mal sagen an dieser Stelle.

Wenn wir die Vergangenheit jetzt im Schnelldurchlauf haben Revue passieren lassen, dann kommt bei einem Polizeibeamten immer die Frage, warum eigentlich dieser Antrag,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Jetzt kommt die Frage, was hat sich seit 2006 geändert.)

also die Frage nach dem Motiv, Kollege Ritter.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wo die CDU wieder den Innenminister stellt.)

Das Motiv spielt bei Polizisten immer eine Rolle. Und da gibt es eine Möglichkeit, die erste, das wäre dieses berühmte Schimpfwort vom Trittbrettfahrer. Ich meine, das ist im Moment ja gesellschaftlich durchaus aktuell, zieht sich durch alle Parteien. Der Zug dürfte inzwischen ganz schön voll sein, sodass es ziemlich eng werden dürfte auf dem Trittbrett. Aber die Möglichkeit kann man ja zumindest in Betracht ziehen.

Die zweite Möglichkeit – das fiel heute auch schon, der Verdacht wurde geäußert, und nicht nur von mir – könnte der Wahlkampf sein. Und nun weiß ich dank einer Wertestudie der Friedrich-Ebert-Stiftung aus dem Jahr 2010, dass sich die Klientel der Linkspartei, was das Sicherheitsbedürfnis betrifft, nicht sehr gravierend von der der

CDU unterscheidet. Insofern würde es durchaus erklärbar sein, dass sie möglicherweise auf diese Anliegen eingeht.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ja, das mag durchaus sein. Das mag alles dummes Zeug sein, gar keine Frage. Diese Antworten habe ich ja damals schon bekommen. Diese Antworten, als ich diese Situation vorhersagte, habe ich vor zehn Jahren schon bekommen, da war es auch dummes Zeug. Also insofern bleibt ihr wenigstens eurer Linie absolut treu.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Was hast du in den letzten zehn Jahren gemacht oder in dieser Legislaturperiode?)

So, und jetzt komme ich genau zu der Stelle, lieber Kollege Ritter, was ich gemacht habe. Jetzt komme ich ganz genau …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nichts hast du geändert. Hör doch auf mit deinem Gerede!)

Meine beiden Herren, ich bitte, von Dialogen abzusehen! Hier ist das Rednerpult und ansonsten können Sie auch gerne eine Frage stellen.

Herr Silkeit, bitte.

(Egbert Liskow, CDU: Jetzt kommst du mal zur Öffentlichkeit!)

Und jetzt komme ich – genau – zu der Stelle, was ich gemacht habe. Ich habe die Möglichkeit genutzt, die ich 2011 geboten bekommen habe, meine sicherheitspolitischen Kenntnisse, meine Polizeikenntnisse, meinen polizeilichen Sachverstand in die Arbeit der CDU-Landtagsfraktion einzubringen. Der Kollege Caffier hat ganz ausdrücklich heute auf das Thema Evaluation verwiesen. Ich sage jetzt mal, die Linkspartei hat es mehrfach versprochen, die Evaluation der Landespolizei, die CDU hat es angeregt, unser Koalitionspartner ist diesen Weg mitgegangen, wir haben es in der Koalitionsvereinbarung so vereinbart. Und auf diese Leistungen bin ich stolz.

Ich habe damals auch erklärt, dass mein größtes Ziel wäre, dass wir diese Landespolizei personell verstärken, Kollege Ritter. Und auch, wenn es nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist, und auch, wenn es nur der Anfang eines Weges ist, kann ich Ihnen ganz genau sagen, auch auf diese Lösung, die wir gemeinsam gefunden haben, bin ich stolz. Jetzt wissen Sie, was ich dazu beigetragen habe.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nein, weiß ich immer noch nicht, weiß ich immer noch nicht.)

Ansonsten wissen wir ganz genau, was wir von Ihrem Antrag zu halten haben: Schaufenster. – Danke schön für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)