Sehr geehrte Damen und Herren, Abschiebungen zwingen Menschen, ihr neues Zuhause ad hoc zu verlassen.
(Udo Pastörs, NPD: Zu Recht. – Michael Andrejewski, NPD: Dafür kommen sie in ihr altes Zuhause zurück.)
Das sind Menschen, die sich in einer prekären psychologischen und sozialen Situation befinden. Das sind Menschen, die endlich Ruhe und Frieden bei uns gefunden haben.
Das sogenannte Asylpaket II mit drastischen Verschärfungen im Asylrecht sollte eigentlich gestern im Bundeskabinett beschlossen werden, aber es gibt noch keine Einigkeiten …
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Helmut Holter, DIE LINKE – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Genau.)
Vorgesehen sind Verschärfungen im Asylrecht, die vielen Asylbewerberinnen und Asylbewerbern weitere Nachteile bringen werden und zu weiteren Ungerechtigkeiten führen. Dazu gehören Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten wie zum Beispiel Serbien, Bosnien-Her- zegowina und Albanien. Dazu gehören auch Menschen, die Folgeanträge gestellt haben. Und Flüchtlinge ohne gültige Papiere sollen innerhalb einer Woche einen abschließenden Bescheid zum Ergebnis des Asylantrags bekommen. Eine Woche, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist deutlich zu kurz,
um über die tatsächliche Situation, die Fluchtgründe und Gefährdungen im Herkunftsland zu befinden. So kann ein faires Asylverfahren nicht stattfinden.
Sehr verehrte Damen und Herren, Menschen auf der Flucht haben auch nicht unbedingt Papiere bei sich oder sie haben diese zum Zeitpunkt der Einreise verloren
oder sie wurden gestohlen. Wie groß die Zahl der Menschen ohne Papiere ist, kann ich hier nicht schätzen.
Das zeigt, dass es zu schnell und ungeprüft zu Abschiebungen kommen kann, und das ist nicht zu verantworten, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es wird dabei nicht hinterfragt, welche Situation die Menschen in ihren Herkunftsländern erwartet. Es wird einfach in Kauf genommen, dass Menschen auch durch Abschiebungen in große Gefahr gebracht werden, oftmals in eine Gefahr für Leib und Leben. Es betrifft in vielen Fällen Familien mit Kindern, das muss ich hier noch einmal deutlich hervorheben. Abschiebungen sind willkürlich
Die Minderheit der Roma wird zum großen Teil wieder in ihre Herkunftsländer auf dem Balkan zurückgeschickt.
Sie haben oft keinen Zugang zu beheizbarem Wohnraum, sauberem Trinkwasser, zu ärztlicher Versorgung und so weiter. Darunter befinden sich viele Familien mit Kindern.
Ich frage mich und ich frage auch Sie, Herr Caffier: Wo bleibt das Kindeswohl? Die UN-Kinderrechtskonvention gilt für jedes Kind unabhängig von Status und Herkunft.
Ein weiteres Beispiel, meine Kolleginnen und Kollegen, sind die Opfer von Zwangsprostitution. Frauen und Mädchen, die Opfer von Zwangsprostitution werden, haben nur ein Aufenthaltsrecht, wenn sie im Strafverfahren aussagen. Ist das Strafverfahren abgeschlossen, müssen sie gehen.
Die Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes for- dert von der Politik, den Opfern von Menschenhandel und Zwangsprostitution einen unbegrenzten Aufenthalt zu geben,
die Frauen und Mädchen gefügig machen und gefügig halten. Viele Frauen bleiben aus Angst vor der Abschiebung bei ihren Peinigern. Zudem sind die Frauen und Mädchen nach einer Abschiebung in die Heimatländer dort ebenfalls ihren Peinigern schutzlos ausgeliefert.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben eine Gesamtverantwortung, wenn es darum geht, Kindern, Männern, Frauen und Älteren nach unseren Möglichkeiten Sicherheit zu geben.
Genauso trifft uns die Verantwortung, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir ihnen diese Sicherheit wegnehmen, indem wir sie abschieben. Ich kann das mit meinem Gewissen nicht vereinbaren. Und ich frage Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, ob Sie das mit Ihrem Gewissen vereinbaren können?
Sehr geehrte Damen und Herren, worauf wir uns konzentrieren müssen, ist eine gut funktionierende Aufnahme, Unterbringung und die Integration in unsere Gesellschaft. Wir brauchen jede und jeden in unserer Gesellschaft.
Bestehende Programme wie das REAG/GARP-Pro- gramm sollen bundesweit die freiwillige Rückkehr finanziell unterstützen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Der vorliegende Antrag betrifft auch Kinder und Familien. Abschiebungen in der Nacht, im Mutterschutz, aus Schulen und Kitas sollen unterbleiben. Das gebietet die Mensch- lichkeit. Es ist eine Schande, dass das mit einem Antrag im Parlament überhaupt erst gefordert werden muss. Des Weiteren fordert der Antrag, dass beeidigte Dolmetscherinnen und Dolmetscher die Abschiebungen begleiten.