Der Innenausschuss empfiehlt in Ziffer I seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 6/5104(neu), den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/3908 abzulehnen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer I der Beschlussempfehlung des Innenausschusses mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE und NPD, bei Gegenstimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN angenommen.
In Ziffer II seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Innenausschuss, einer Entschließung zuzustimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer II der Beschlussempfehlung des Innenausschusses auf Drucksache 6/5104(neu) bei gleichem Stimmverhalten angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Reform des Bestattungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 6/5073.
Antrag der Fraktion DIE LINKE Reform des Bestattungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 6/5073 –
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Fraktion beschäftigt sich seit mehreren Monaten intensiv mit dem Thema Bestattungsgesetz. Angefangen haben wir mit einer Kleinen Anfrage an die Landesregierung. Die Landesregierung hatte mir im Mai letzten Jahres geantwortet, dass eine Reform des Gesetzes nicht geplant sei, alles in Ordnung sei und alles so bleiben solle, wie es ist – so die Botschaft der Landesregierung. Liegt die Landesregierung mit dieser Feststellung da wirklich richtig?
Eine Reform des Bestattungsgesetzes ist zweifelsfrei ein wichtiges und sensibles Thema, denn wenn wir über das Bestattungsgesetz reden, reden wir zugleich über Trauer, über Ehrfurcht vor dem Tod, über den letzten Willen, über Selbstbestimmung, über Glaubensfragen, über unsere Kultur und, ja, wir reden auch über Geld. Es wunderte mich daher nicht, dass auf meinen Vorschlag hin, das Bestattungsgesetz zu reformieren und den Friedhofszwang abzuschaffen oder zumindest zu lockern, zahlreiche Zuschriften bei mir eingegangen sind. Als langjähriger Abgeordneter des Landtages kann ich Ihnen eines versichern: Selten zuvor habe ich eine solche Resonanz erlebt. Vor allem das Thema Bestattungszwang stand und steht dabei im Mittelpunkt der Debatte. Der übergroße Teil der Zuschriften teilte hier meine Auffassung. Die Umfragen in den Zeitungen, zum Beispiel in der „Ostsee-Zeitung“, ergaben ein ähnliches Bild.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, unabhängig von dem hohen Zuspruch hat meine Fraktion den intensiven Dialog mit vielen gesellschaftlichen Akteuren gesucht und gefunden, mit Befürwortern und Kritikern. So haben wir uns mit Vertretern der Bestattungsfachverbände, der Kommunen, der Kirchen, der Friedhofsverwaltungen, der Friedhofsvereine und einer Verbraucherinitiative für Bestattungskultur intensiv ausgetauscht. Das Ergebnis dieses Dialoges haben wir in dem Ihnen vorliegenden Antrag zusammengefasst.
Im Hinblick auf die jüngsten Verlautbarungen aus den Fraktionen der SPD und CDU sage ich hier in aller Deutlichkeit: Nein, es soll hier nicht um einen Schnellschuss gehen. Es geht nicht um einen Schnellschuss, es geht nicht um Parteipolitik, um Populismus.
Es geht heute, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht um die Abschaffung des Friedhofszwanges. Es geht heute erst recht nicht um die Änderung des dafür verantwortlichen Gesetzes. Niemand muss heute sagen, ob er dafür oder dagegen ist, ob er diese oder jene Änderung befürwortet oder ablehnt. Das ist nicht Ziel unseres Antrages.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man den Antrag liest, wird man das Ziel erkennen, Kollege Kokert.
Das alleinige Ziel unseres Antrages ist erkennbar ein anderes: Wir wollen, dass der Landtag über zahlreiche Punkte mit Vertretern der Kommunen, der Religionsgemeinschaften, der Friedhofsverwaltungen, der Bestattungsunternehmen, der Rechtsmedizin, der Ärztekam
mer, der Justiz, des Verbraucherschutzes sowie des Gartenbaus in einen ergebnisoffenen Dialog eintritt. Wir wollen eine Befassung der Fachausschüsse. Wir wollen eine öffentliche Anhörung. Am Ende dieses Diskussionsprozesses könnte eine Gesetzesänderung oder eine Empfehlung an den neuen Landtag stehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, warum werbe ich für diese Verfahrensweise? In unserer Verfassung steht, dass der Landtag „Stätte der politischen Willensbildung“ ist. Ausweislich der Kommentierung unserer Verfassung gehört es zu unseren Aufgaben, politische Willensbildungsprozesse anzustoßen, Auffassungen zu entwickeln und Meinungen zu diskutieren. Dem Landtag kommt vor allem die Aufgabe zu, sämtliche das Volk interessierende Angelegenheiten öffentlich zu debattieren. Diese Kommentierung stammt von unserem Landtagsdirektor. Ein herzliches Dankeschön dieser Stelle für die Klarstellung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn die Reform des Bestattungsgesetzes im Allgemeinen und die Lockerung des Bestattungszwangs im Besonderen aktuell so intensiv und zum Teil kontrovers diskutiert werden, die Menschen und die Medien die Debatte so aktiv und interessiert verfolgen, dann frage ich mich, dann frage ich Sie: Wer, wenn nicht wir, und wann, wenn nicht jetzt,
sollte der Reformbedarf des Bestattungsgesetzes hier im Landtag mit allen Beteiligten öffentlich und ergebnisoffen diskutiert werden?
Betroffen sind alle drei Bereiche des Gesetzes, nämlich das Leichenwesen, das Bestattungswesen und das Friedhofswesen. Eine Reihe von Fragen wurde in anderen Landtagen bereits diskutiert. Wir wollen auch in Mecklenburg-Vorpommern mit Fachleuten ins Gespräch kommen und Fragen erörtern.
Herr Dr. Nieszery, wenn Sie sagen, drei Monate vor den Landtagswahlen ein solches Thema zu diskutieren, sage ich Ihnen, dann müssen wir drei Monate vor den Landtagswahlen die Arbeit hier im Landtag einstellen.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Aber wann wollen Sie denn das Gesetzgebungsverfahren machen, rein technisch? Erzählen Sie mal!)
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Doch, ich begreife das. Aber alles das, was wir hier beschließen, fällt der Diskontinuität anheim. Das wissen Sie doch, Sie sind doch nicht erst seit gestern hier im Landtag! Reine Polemik!)
Es geht hier nicht um die Einleitung eines Gesetzgebungsverfahrens, Herr Dr. Nieszery. Es geht um einen offenen Dialog in den Fachausschüssen des Landtages.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Dann müssen Sie das in der nächsten Legislatur wieder diskutieren! – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)
(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Dann werden wir das in der nächsten Legislatur wieder diskutieren.)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen ins Gespräch kommen und Fragen erörtern. Hier eine kurze Auswahl …
(Vincent Kokert, CDU: Sie haben doch geschrien und ich habe Ihnen zugehört. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)
Erstens. Sollte die Todesfeststellung und die erste Leichenschau nicht durch Fachärzte der Rechtsmedizin oder auf diesem Gebiet nachweislich qualifizierte Ärzte durchgeführt werden?
Drittens. Brauchen wir eine Klarstellung, dass und unter welchen Voraussetzungen auch sarglose Bestattungen möglich sind?
Fünftens. Sollen wir die Fristen für Erdbestattungen verkürzen, um religiösen Bedürfnissen zu entsprechen?
Sechstens. Sollten Bestattungsunternehmen und Bestattungsfahrzeuge zertifiziert sein, um qualitativen Mindestanforderungen zu entsprechen?
Siebtens. Brauchen wir eine gesetzliche Grundlage dafür, dass die Friedhofsträger zum Erlass von Satzungen ermächtigt sind, die festlegen, dass nur Grabsteine und Grabsteinfassungen verwendet werden dürfen, die fair gehandelt und ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt wurden?