Erstens, wir als GRÜNE diskutieren intern durchaus heftig zu diesem Thema, denn mehrere Verkehrspolitiker aus dem Bereich der GRÜNEN teilen das Konzept, was aus dem Hause Schäuble kommt, eine Bundesstraßenverwaltung sozusagen stärker in Richtung Bund zu verlagern.
(Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD: Das ist ja schon bezeichnend, dass das aus dem Hause Schäuble kommt und nicht Dobrindt.)
(Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD: Das ist ja schon bezeichnend, dass das aus dem Hause Schäuble kommt und nicht Dobrindt.)
Und der zentrale Vorwurf an die Länder ist, es werden zum Teil sinnlose Projekte aus politischer Motivation nach vorne geschoben, die dann aus Bundesmitteln heraus gebaut werden, die eigentlich keine Notwendigkeit haben, und das führt dazu, dass an anderer Stelle wichtiges Geld fehlt.
Für diese Sachverhalte gibt es Beispiele. Ich möchte ganz deutlich und klar die B 96 nennen, und zwar nicht den Abschnitt bis Samtens, sondern das, was ab Samtens bis zur Ortsumfahrung Bergen gebaut wird. Dort ist die Verkehrsinfrastruktur, so, wie sie ist, absolut ausreichend. Wer mal aktuell auf irgendwelche Stauseiten bei Google sieht, weiß, ab Bergen gibt es dann sicherlich Stau, aber es ist im Moment auf dieser Strecke überhaupt kein Stau, jeder kann da durchfahren. Über solche Projekte müssen wir reden, wenn wir nicht wollen, dass der Druck aus Berlin erhöht wird.
Sie haben das Gefühl, dass sozusagen Bundesverkehrsprojekte nach politischer Bedeutung und Proporz vergeben werden.
(Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD: Ja, sie wissen ja nicht, wie lange Dobrindt da bleibt. – Heiterkeit bei Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)
So, und ich will jetzt auch noch einen Satz sagen: Dass immer wieder angeführt wird das wunderschöne Beispiel unseres Verkehrsministers mit der Schneeberäumung, die sozusagen auf der Bundesstraße langfahren, und dann heben sie das Schild hoch, weil ab da Landesstraße ist, und umgekehrt, dazu muss man mal ehrlich sagen, das ließe sich durch Verträge miteinander relativ schnell klären. Das ist also nicht der zentrale Punkt,
sondern ich glaube, wir sollten das, was den Betrieb und den Unterhalt der Straßen angeht, möglichst bei uns vor Ort belassen, damit wir die Hand drauf haben, damit wir eine vernünftige Finanzierung auch für die Landesstraßen haben, denn die Auftragsverwaltung für die Bundesstraßen bringt eben Geld für das Vorhalten einer Infrastruktur, die wir dringend für die Landesstraßen genauso brauchen.
Und – das sehe ich genauso wie meine Kollegin von der LINKEN – wir haben es am Bahnverkehr erlebt, wie es ausgeht, nämlich dass man sagt, ihr übernehmt in Zukunft für eure Strecken vor Ort die Hoheit, wir geben euch tatsächlich die Mittel mit dazu und einen gewissen Aufwuchs, und dann werdet glücklich damit. Genauso ist es ausgegangen: Wir sind diejenigen, die viel zu wenig Mittel bekommen haben für die Bahnstrecken im Land, das reicht hinten und vorne nicht, und jetzt sind wir zwischen die politischen Fronten der richtig großen Länder geraten und die haben gesagt, wir brauchen zukünftig deutlich mehr Geld. Wir streiten jetzt gar nicht mehr darum, ob wir mehr kriegen,
sondern einfach, ob wir bei dem Stand, der jetzt schon nicht ausreicht, überhaupt noch bleiben dürfen. Und ansonsten zucken die anderen Länder mit den Schultern und sagen: Leute, Bahn ist vielleicht nicht das richtige Verkehrsmittel für euch, ihr seid doch viel zu wenige Menschen, die von A nach B wollen. Deswegen glaube ich, dass es der falsche Weg ist, weitere Kompetenz in Richtung Bund zu verlagern, um diese Diskussion dann nicht führen zu müssen, die immer zum Nachteil von Mecklenburg-Vorpommern ausgehen wird.
Aber ich möchte auch ein bisschen die Strategie erklären, die die GRÜNEN auf Bundesebene – das ist nicht allgemeine Meinung auf Bundesebene, aber die Verkehrspolitiker …
Die haben eine Strategie. Das Problem ist, dass es eine gewisse Logik gibt hinter der Strategie und dass es unter Umständen am Ende ähnlich ausgeht wie bei den Regionalisierungsmitteln, dass nämlich dann ein Bundesland nach dem anderen kippt, weil sie plötzlich die Vorteile eines solchen Systems erkennen. Deswegen ist es sinnvoll, über die Idee nachzudenken.
Die Idee ist, dass man die Maut für den Lkw-Verkehr, die bisher eigentlich nur auf den Bundesautobahnen erhoben wird, auch auf alle anderen Straßen ausweitet und dann den Ländern diese Mauteinnahmen mitgibt. Da kommt natürlich für uns raus, dass das bisschen Lkw-Verkehr, was wir da auf unseren Bundes- und Landesstraßen haben, keine großen Summen einspielen wird, die auch nicht dazu führen werden, dass wir wesentlich mehr Geld im Topf haben. Das ist bestenfalls ein Nullsummenspiel, wird aber nicht zu neuen Spielräumen führen. In Ländern wie Baden-Württemberg, NRW, die politisch auch die Schwergewichte sind, oder Bayern, sieht das ganz anders aus. Wenn die diese Einnahmen bekommen, dann sind das richtige Summen, mit denen man neue Projekte bauen kann, und ich muss kein Prophet sein, die werden da Dollarzeichen in den Augen kriegen und werden sagen, das rechnen wir uns noch mal genau durch.
Und dann fängt das gleiche Spiel an wie bei den Regionalisierungsmitteln, dass dieser Dominoeffekt einsetzt. Wir werden die letzten Aufrechten sein, aber es wird schwierig sein, diese Position, die wir im Moment richtigerweise hier auch gemeinsam beschließen, durchzuhalten. Da wünsche ich mir, dass wir gut vorangehen, stark bleiben, aber auch mit dem klaren Signal vorangehen, wir sehen die Verantwortung für das bundesweite Fernstraßennetz. Es kann nicht darum gehen, dass wir einfach nur sagen wollen, wir hätten gerne auch ein bisschen Investition bei uns, und uns Straßen an Land ziehen, die eigentlich in dieser Form, ich habe das Beispiel genannt, nicht unbedingt erforderlich sind.
Ich will noch einen kleinen Exkurs machen in Richtung der Kommunen, weil auch die haben ja jede Menge Straßenbauprojekte, Brückenprojekte und so weiter. Wir erinnern uns alle, da war die schöne Idee, wir führen das Doppiksystem ein und dann werden alle begreifen, weil wir jetzt wirtschaftlich denken, dass man nicht einfach so eine Brücke hinbauen kann, sondern man muss jedes Jahr auch eine Summe zurückstellen, damit man nach einer bestimmten Zeit diese Brücke wieder erneuern kann. Das widerspricht aber jeder politischen Erfahrung, die da heißt, alle paar Jahre schmeißt irgendjemand ein Fördermittelprogramm auf den Markt und sagt, gebt mal noch 10 Prozent dazu oder 20, oder was weiß ich, dann kriegt ihr die Mittel rübergeschoben und baut die Brücke neu. Solange solche Systeme existieren, lohnt es sich nicht, in irgendwelchen Kommunalhaushalten hart dafür zu streiten, irgendwelche Rücklagen zu bilden,
Deswegen sollten wir in den Kommunen noch mal darüber nachdenken, wie man das sinnvoller organisieren kann, dass, wer sich ein neues Projekt hinstellt, auch darüber nachdenkt, wie er es dauerhaft erhalten kann, und nicht sagt, na ja, wenn es kaputt ist, wird es schon irgendjemanden geben in der Politik, der mir das bezahlt.
Zum Letzten will ich noch auf das Thema „private Finanzierung“ eingehen. Da würde ich mir von der LINKEN etwas mehr Differenzierung wünschen, weil zum Beispiel im Energiebereich – aber ich komme auch gleich auf den Verkehrsbereich – es jede Menge Projekte gibt, wo man sagt, im Moment kann sich das die öffentliche Hand nicht leisten, es würde aber für die Gesamtgesellschaft ein erheblicher Vorteil entstehen, wenn man dieses Projekt schon realisieren könnte, wir kennen...
Nein, das ist eben falsch und das ist die einfache Engstirnigkeit sozusagen der LINKEN bei diesem Thema. Es gibt …
Ja, hören Sie doch mal zu! Ich will es ja am Beispiel erklären, und zwar an zwei Beispielen, einmal im Energiebereich – wenn Sie es nämlich grundsätzlich machen, gilt es auch für den –, da ist die Logik, dass man sagt, die Kommune ist nicht in der Lage, sich die Wärmedämmung für
die öffentlichen Gebäude zu leisten. Damit gibt sie deutlich mehr Geld für Energie aus. Ein Privater finanziert genau das vor, Wärmedämmung, Fenster und so weiter, spart dadurch Energie und teilt sich den möglichen Gewinn mit der Kommune. Das läuft in vielen Kommunen.
Aber im Verkehrsbereich haben wir das Thema WarnowTunnel. Dort hat die Politik, auch die Stadtpolitik in Rostock gesagt, wir haben ein Riesenproblem auf der ehemaligen B 105, das sind 60.000 Fahrzeuge am Tag, das ist Stau ohne Ende. Und wenn wir jetzt den Tunnel da oben hätten, würden dort 30.000 Autos oben und 30.000 unten langfahren. Rechnet sich super, also jedenfalls nach Maßgabe der Punkte für den Bundesverkehrswegeplan. Der damalige Bundesverkehrsminister hat gesagt: Leute, das ist nicht drin im Haushalt, aber was ihr machen könnt, ist natürlich, ihr finanziert das privat vor, dann habt ihr den Tunnel gleich, und wenn wir mal Mittel im Bundeshaushalt haben, dann steigt der Bund ein und verlängert die A 19 durch den Tunnel hindurch.
Am Ende wurde der Tunnel gebaut, es wurde eine Maut erhoben, es fahren zwischen 10.000 und 12.000 Autos hindurch. Jeder, der ein bisschen logisch denken kann, hätte das vorhersagen können,
weil klar ist, von 60.000 Fahrzeugen müssen nur ein paar weniger fahren, dann fließt der Verkehr nämlich da unten wieder auf der durch die Stadt führenden Straße.
Aber, und das ist gar nicht so schlecht, jetzt hat diesen Tunnel ein Privater an der Backe, der sich nämlich sozusagen von den Mauteinnahmen finanzieren muss.