Protokoll der Sitzung vom 10.03.2016

Meine Damen und Herren, warum nun ein Antrag der NPD gegen die politischen Stiftungen? Das kann ich Ihnen sagen, dazu muss man sich einmal den Auftrag der Stiftungen anschauen.

(Tino Müller, NPD: Selbstbedienungsauftrag.)

Da gibt es vor allem drei Punkte, die benannt sind.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Das Erste ist die politische Bildung, das Zweite die Förderung des Demokratiebewusstseins und das Dritte ist die internationale Zusammenarbeit und Verständigung.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Jede einzelne dieser Aufgaben muss für Sie eine Provokation an sich sein: politische Bildung, Demokratieförderung und internationale Verständigung.

(Michael Andrejewski, NPD: Leider sind das nur Phrasen und Werbesprüche.)

Eine der wichtigsten Aufgaben, wie gesagt, ist die politische Bildung, die allen Menschen offensteht, schließlich sind die Stiftungen ja auch gemeinnützig.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD – Michael Andrejewski, NPD: Gemein ja. – Stefan Köster, NPD: Vor allem eigennützig.)

Die Bildungsangebote kann sich jede und jeder im Internet ansehen und das für ihn oder sie Passende raussuchen. Und ja, die Bildung ist kostenfrei beziehungsweise fast kostenfrei und wird vom Staat bezahlt. Das ist auch richtig, denn wer Demokratie will, der muss Demokratie bezahlen.

Wir wollen Demokratie, deswegen stellen wir die Mittel dafür auch ein. Die NPD will offenbar keine Demokratie, deswegen will die NPD den Stiftungen, wie heißt es so schön, „einen Riegel vorschieben“.

(Michael Andrejewski, NPD: Ihrer Pseudodemokratie.)

Die NPD hat etwas gegen politische Bildung und, meine Damen und Herren, das ist auch nachvollziehbar. Wer politisch gebildet ist, fällt nicht so leicht auf eine dumpfe und nationale Ideologie herein.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Ich bin mir sicher, Ihnen, meine Herren von der NPD, wäre es am liebsten, wenn die Menschen einem Führer hinterherlaufen. Da braucht natürlich niemand politisch gebildet zu sein. Ihnen würde es reichen, wenn die Menschen den politischen Horizont einer knienden Ameise hätten, nur das Dorf und die Nation sehen, so sind die Menschen aber nicht.

(Stefan Köster, NPD: Und diesen Horizont erreichen Sie noch nicht mal.)

Dass das so ist, ist auch den politischen Stiftungen zu verdanken, denen ich hiermit ganz herzlich und ausdrücklich für ihre Arbeit danke.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Der zweite Auftrag der Stiftungen ist die Stärkung der Demokratie. Und repräsentative Demokratie bedeutet, dass die Menschen sich entsprechend ihrer Grundüberzeugung in den Parlamenten widerspiegeln. Das hat natürlich mit einer nationalistischen Diktatur oder einem Führertum recht wenig zu tun, zumal dann, wenn die Umfragen die NPD aus dem letzten noch verbliebenen Landesparlament fliegen sehen.

(Michael Andrejewski, NPD: Das werden wir sehen.)

Sie, meine Herren von der NPD, verstehen sich als Kaltmamsell nationalsozialistischer Ideologie, Sie wollen Ihre braune Suppe anrühren und über Deutschland kippen. Da stören natürlich demokratische Stiftungen. Da stören die vielen Veranstaltungen, die Weiterbildungen und Seminare. Deshalb sind Ihnen politische Bildung und erlebte und gelebte Demokratie auch ein Graus.

Sie stützen sich hier in Ihren Aussagen auf Herrn von Arnim. Ja, es hat auch bei den Stiftungen schon Vorgänge gegeben, die nicht in Ordnung waren.

(Michael Andrejewski, NPD: Ach wirklich?! – Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Dafür gibt es aber unabhängige Kontrollen und immer auch das Damoklesschwert eines möglichen Entzuges der Gemeinnützigkeit.

(Udo Pastörs, NPD: Jaja. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Vor diesem Hintergrund können sich die Stiftungen Verstöße gar nicht leisten. Herr von Arnim scheint seit Jahren durch Talkshows zu ziehen, um pauschal gegen Parteiendemokratie zu wettern. Er hat damit einen Markt entdeckt, der wohl gern auch nachgefragt wird. Herr von Arnim ist aber auch der, der, als es konkret und konstruktiv werden sollte, gekniffen hat. Wir hatten Herrn von Arnim hier eingeladen als Sachverständigen

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und wollten mit ihm unser Abgeordnetengesetz beraten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: So ist es.)

Wer damals nicht gekommen ist, war Herr von Arnim.

(Michael Andrejewski, NPD: Das hielt er wohl für sinnlos.)

Da hätte er konstruktiv sein müssen und nicht nur pauschale Kritik öffentlichkeitswirksam anbringen können. Ich habe den Eindruck, dass Konstruktivität nicht zu seinen Stärken gehört.

Meine Damen und Herren, die politischen Bildungsstiftungen sind rechtlich von den Parteien getrennt.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Ja.)

Das ist auch gut so, damit es nicht zu einer Vermischung kommt.

(Michael Andrejewski, NPD: Aber alle haben die gleichen Parteibücher.)

Dennoch ist es richtig, dass die Stiftungen jeweils einer politischen Partei nahestehen.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist ein Spagat.)

Nahestehen bedeutet, dass sie an den politischen Grundüberzeugungen der jeweiligen Partei ausgerichtet sind,

(Michael Andrejewski, NPD: Das ist eine Soße.)

also die Konrad-Adenauer-Stiftung beispielsweise dem konservativ-christlichen Weltbild oder die FriedrichNaumann-Stiftung dem Gedanken der Liberalität nahesteht, oder die Heinrich-Böll-Stiftung sich als reformpolitische Zukunftswerkstatt für GRÜNEN-Ideen und -Projekte sieht oder die Friedrich-Ebert-Stiftung sich in der Tradition der Arbeiterbewegung sieht.

(Udo Pastörs, NPD: Ho, wer lacht da?)

Die Friedrich-Ebert-Stiftung wurde beispielsweise bereits 1925 gegründet, durch Arbeitergroschen aufgebaut. Ziel war damals, und, meine Damen und Herren, das gilt auch heute noch,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Zitat: „jungen, befähigten Proletariern Beihilfen für einen Studiengang an staatlich anerkannten Institutionen zu geben“, also ein Bildungsauftrag.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Da war klar, dass eine solche Stiftung den Nazis ein Dorn im Auge war. Mit der SPD wurde 1933 auch die Friedrich-Ebert-Stiftung verboten. So wie Nazis 1933 – so auch die NPD 2016.

(Michael Andrejewski, NPD: Wer will denn uns verbieten?)

Sie können es nicht ertragen, dass Menschen sich nach ihrem Weltbild in einer pluralistischen Gesellschaft frei entscheiden und weiterbilden. Die politischen Stiftungen spiegeln mit ihrer Aufteilung das demokratische Spektrum wider. Die Bürgerinnen und Bürger haben die Möglichkeit, entsprechend ihren Grundüberzeugungen aus den Angeboten auswählen zu können.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)