Dieses Gesetz kommt nicht nur, um den Forderungen aus Kommunalpolitik und Planungsverbänden zu entsprechen, denn diese Beteiligung an der Wertschöpfung der Nachbarn vor Ort und der lokalen Kommune ist nicht nur ein Zweck an sich, sondern soll einen abstrakten Interessenausgleich im Rahmen des landesplanerischen Konfliktausgleichs bei der Ausweisung von Windeignungsgebie- ten ermöglichen, indem Gemeinden und Nachbarn etwas von den Umsätzen der Windkraftanlagen vor ihrer Haustür haben und damit die widerstreitenden Interessen bei der Abwägung besser oder, wohl genauer, überhaupt erst zum Ausgleich gebracht werden können. Deshalb auch die Forderung danach aus den Planungsverbänden, denn das große Ziel über diesem Gesetz ist selbstverständlich die Steigerung der Akzeptanz für den Windkraftausbau.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Akzeptanz erfordert natürlich nicht nur, dass Nachbarn und Kommune Windkraftausbau vor ihrer Haustür konstruktiv begleiten, sondern auch, dass die betroffenen Unternehmen weiterhin dieses Gesetz für praxistauglich halten. Deshalb werden wir – auch das war eben angesprochen worden – den Weg der ständigen Rückkopplung mit der Praxis fortsetzen, den wir bereits während der gesamten Gesetzeserarbeitung, ich habe eben darauf hingewiesen, begonnen haben. Es gibt erneut eine Arbeitsgruppe, in der Vertreter aus der Windkraftbranche, von Banken und Finanzierern sowie des Städte- und Gemeindetages mitarbeiten werden. Ziel ist es, von Anfang an die Praxis und die Umsetzung des Gesetzes im Blick zu behalten, um gegebenenfalls kurzfristig auch im Verwaltungsvollzug nachsteuern zu können. Damit werden wir weiterhin sicherstellen, dass das Gesetz sein Ziel der wirtschaftlichen Teilhabe erfüllt, dabei aber Windkraftausbau nicht unmöglich macht und Kommunen die Beteiligung tatsächlich im Regelfall ermöglicht wird, wenn sie es denn wollen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sofern ich die großen Linien der Kritik an unserem Gesetz anschaue, sind es zum einen ganz grundsätzliche ordnungspolitische oder verfassungsrechtliche Bedenken. Zu beiden haben wir von Anfang an Stellung genommen, zum Verfassungsrecht mit mehreren Gutachten. Diese sind in den Akten erkennbar wiederholt vorgetragen worden,
damit will ich Sie nicht quälen. Zu der grundsätzlichen politischen, ordnungspolitischen Frage haben wir sehr früh mit einer klaren Zieldefinition Bezug genommen: Wir wollen diese Teilhabe.
Soweit Einzelfragen kritisiert wurden, will ich gern versuchen, einige davon kurz aufzugreifen. Soweit kritisiert wurde und auch heute noch thematisiert wird, dass ein 5Kilometer-Radius gewählt worden ist, wie in Dänemark im Übrigen, oder dass jede Gemeinde und jeder Nachbar, der innerhalb dieses Radius wohnt, ein Beteiligungsrecht haben soll, wird man klar sagen müssen, dass auch jedes alternativ gedachte Modell das gleiche Problem bekommt, was hier kritisiert wird. Egal, ob Sie ein, drei, fünf oder zehn Kilometer nehmen, irgendwer fällt immer gerade raus und irgendwer fällt gerade noch rein. Ungerecht wird das in der Regel immer einer von beiden im Einzelfall finden und dabei ist es völlig unerheblich, welche Abgrenzungsvariante man wählt.
Soweit zuweilen gefordert wurde, nur Kommunen mögen ein Beteiligungsrecht erhalten, nicht aber der Bürger, wird dabei übersehen, dass wir mit dem Gesetz nicht nur Kommunen mitnehmen wollen, sondern auch die Nachbarn der Anlage, die diese Windkrafträder vor ihrer Nase haben werden. Der abstrakte Ausgleich von gegensätzlichen Interessen im Rahmen der Raumordnung soll gerade auch die Menschen aus Fleisch und Blut um die Anlage herum erfassen.
Soweit die Sorge geäußert wurde, dass mit der Beteiligung Neid unter den Nachbarn befördert würde, ist jedes neu gekaufte Auto, jede Hausrenovierung eher geeignet, Zwist und Neid unter Nachbarn hervorzurufen, weil diese Dinge von den Nachbarn eben konkret gesehen werden können. Wer sich am Ende auf ein Angebot zur Beteiligung an einer Windkraftanlage tatsächlich einlässt, kann von außen überhaupt nicht erkannt werden. Dieses Gesetz führt damit zumindest nicht zu mehr Neid oder Zwist in den Kommunen, als dort nach Auffassung dieser Kritiker bisher herrschen soll. Ich habe im Übrigen schon Bedenken, ob überhaupt dieser Neid und Zwist bisher vor Ort zu finden ist.
Soweit einige kritische Stimmen gefordert hatten, eine gesetzliche Pflicht sollte nicht kommen, sondern man sollte auf Freiwilligkeit setzen, vor allen Dingen aus der Wirtschaft gefordert, wäre dies vor acht oder zehn Jahren mit Sicherheit ein wunderbares und absolut taugliches Modell gewesen. Zwischenzeitlich, meine Damen und Herren, haben uns jedoch die Folgen des lange überwiegenden Nichtstuns eingeholt und ich bin felsenfest überzeugt, die Zeit, in der man mit freiwilligen Modellen arbeiten konnte, ist seit mehreren Jahren abgelaufen. Es hätte der Wirtschaft im Übrigen freigestanden, diesen Weg vor einigen Jahren zu gehen. Heute ist das kein taugliches Modell mehr, der Zug ist schlicht abgefahren.
Soweit im Energieausschuss im Rahmen der Anhörung seitens der verschiedenen Wirtschaftsverbände kritisiert wurde, dass mit diesem Gesetz den Unternehmen, die in Windkraft investieren, etwas weggenommen wird, ist die Antwort darauf ebenfalls glasklar: Ja, genau das ist der
Die Standortkommunen der Windkraftanlagen und deren Nachbarn um die Anlage herum sollen, wenn sie es denn wollen, etwas vom Windkraftkuchen abbekommen. 20 Prozent sollen künftig in Standortgemeinden und den Menschen im 5-Kilometer-Radius um die Anlage herum zustehen. Wer das kritisiert, hat also genau ins Schwarze getroffen. Genau das wollen wir mit dem Gesetz erreichen. Künftig wird es im Land keine neue bundesimmissionsschutzpflichtige Windkraftanlage mehr geben, ohne dass in der Region von der daraus entstehenden Wertschöpfung etwas bleibt.
Ich darf mich zum Abschluss ganz herzlich bei allen bedanken, die bei der Gesetzesentstehung mitgearbeitet haben. Das waren viele, deswegen stellvertretend in die gesamte Runde an die Kolleginnen und Kollegen in den Verbänden meinen herzlichen Dank! Da wir das Wagenrad komplett neu erfinden mussten, weil wir ein Novum schaffen, war jede Hilfe für uns wertvoll und jede kritische Frage hat uns im Regelfall ein ganzes Stück weitergebracht. Deshalb allen Beteiligten meinen recht herzlichen Dank! Ich freue mich, dass künftig mit jeder Windkraft Wertschöpfung vor Ort bleiben wird, und freue mich insbesondere, dass wir künftig gemeinsam mit Ihnen diese Praxis umsetzen dürfen, zum Wohle der Menschen und vor allem der Städte und Gemeinden in unserem Land. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit diesem Gesetz beschreitet Mecklenburg-Vorpommern Neuland. Sowohl der Kollege Borchert als auch der Minister haben das ebenfalls betont. Wir greifen damit direkter ins Privateigentum zugunsten der Allgemeinheit ein als in allen anderen Regelungen und Gesetzen, die ich überblicken kann. Das ist schon ziemlich bemerkenswert. Die soziale Verantwortung von Privateigentümern einzufordern, so, wie es das Grundgesetz vorschreibt, das begrüßen wir ausdrücklich.
Der zweite wichtige Grundsatz, der diesem Gesetz zugrunde liegt, ist, Menschen, die sich bisher fragten, was sie denn überhaupt von den Windrädern haben, die sich vor ihren Haustüren drehen, können jetzt auf gesetzlicher Grundlage teilhaben am Gewinn. Sie haben nicht nur wie
bisher höhere Kosten, sondern für sie selbst und ihre Gemeinden kann daraus Gewinn entstehen und das bleibt nicht dem Goodwill der Investoren überlassen, es steht im Gesetz. Wer die Belastungen der Energiewende trägt, der muss auch etwas davon haben. Das war von Anfang an unsere Hauptforderung und das ist sie noch heute. Fast jeder, mit dem ich über das Gesetz spreche, meint allerdings schon zu wissen, dass es Klagen dagegen geben wird. Das kann schon sein und es ist auch nicht sicher, ob dann die Richter die Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz bestätigen, aber es ist gut, dass es das Land auf den Weg bringt.
Trotzdem hat sich meine Fraktion schwergetan mit dem Gesetz. Dabei ging es nicht um die Behauptung, man wolle die Menschen lediglich kaufen – wir können niemanden daran hindern, das zu behaupten, aber davon wird dieser Quatsch nicht besser –, nein, wir haben viele Fragen gestellt. Die Frage, warum auch Bürger, einzelne Bürger daran beteiligt werden sollten, war auch darunter, aber da vertrete ich keine andere Auffassung, als sie der Minister hier dargelegt hat. Die wichtigste Frage war allerdings: Wird es tatsächlich gelingen, dass die Kommunen die Erträge für Vorhaben einsetzen können, die sie selbst bestimmen und die dann auch noch dem Gemeinwohl dienen? Und gilt das auch für die betroffenen Gemeinden, auch für die, die keinen ausgeglichenen Haushalt haben?
Für mich sind die Fragen eindeutig mit Ja beantwortet worden, aber nicht alle in meiner Fraktion sind mit dieser Antwort zufrieden.
Der Knackpunkt ist die Notwendigkeit, Erträge aus der direkten Beteiligung in die Haushaltskonsolidierung stecken zu müssen, also dann, wenn sich die Kommune dafür entscheidet, Anteile zu kaufen. Das kann man ja umgehen, indem die Gemeinde die Ausgleichsabgabe wählt und nicht Anteile erwirbt.
Dennoch bleiben bei einigen Zweifel, ob das Gesetz nicht doch, wie so oft, Schlupflöcher offen lässt und die Menschen wieder übers Ohr gehauen werden. Das wird sich zeigen. Ich bin bereit, dem Vorhaben eine Chance zu geben, denn mit dem Gesetz sind wir an einem Punkt angelangt, wo die viel beschworenen Chancen, die die erneuerbaren Energien für Mecklenburg-Vorpommern bringen sollen, konkret werden: konkret für konkrete Menschen und die Gemeinden, in denen sie zu Hause sind.
Der Klimaschutz ist zwar ein übergeordnetes und hehres Ziel, das mit der Energiewende erreicht werden soll, für den Einzelnen ist es aber schwer greifbar. Die Sanierung einer Turnhalle oder des Kindergartens im Dorf oder die Schaffung eines Gemeindezentrums, finanziert durch den Windpark vor der Haustür, sind schon viel konkreter. Über allem steht natürlich die Frage: Was ist überhaupt zu verteilen?
Ich kann Ihre Zweifel, Kollege Jaeger, sehr gut verstehen. Aus anderen Gründen als Sie habe auch ich die Zweifel.
Mir geht es nicht um den Radius von fünf Kilometern – da kann ich auch die Argumentation des Ministers gut nachvollziehen –, ich schaue vor allem mit Sorge auf die bundespolitischen Entscheidungen, die unmittelbar bevorstehen. Und von Bundesseite kommt nach wie vor nichts Gutes. Wir hören nur von Ausschreibungen mit dem Ziel der Kostensenkung, die erreicht werden kann oder auch nicht. Wir hören von Deckeln. Die „atmend“ zu nennen, das halte ich für einen ziemlichen Witz. Die Einspeisevergütung wird geringer und die Betreibervielfalt – besonders die lokalen Akteure – wird auf dem Altar des sogenannten Wettbewerbs geopfert. Den verbalen Zusicherungen, das gerade nicht zu wollen, stehen keinerlei Maßnahmen gegenüber, die die Akteursvielfalt tatsächlich erhalten.
In allen Bereichen der erneuerbaren Energien steht die Bundesregierung auf der Bremse, ganz zu schweigen von der Ausdehnung der Energiewende auf Verkehr und Wärme. Wie die Bundesregierung ihre klimapolitischen Ziele erfüllen will, das ist mir nach wie vor ein Rätsel.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, manchmal frage ich mich schon, warum ich mir den Stress mit den vielen Windkraftgegnern überhaupt antue, Stress auch in meiner eigenen Partei, wenn auf Bundesebene so gar nicht zu erkennen ist, dass die Energiewende als wichtigster Pfad im Kampf gegen den Klimawandel konsequent verfolgt wird.
Aber ich bin keine Opportunistin und bin zutiefst davon überzeugt, dass es zu den erneuerbaren Energien keine Alternative gibt, und zwar beim Strom, im Verkehr und bei der Wärmeversorgung. Ich stehe auch nach wie vor dazu, dass die Windenergie dabei eine ganz gewichtige Rolle spielen muss. Die technische Entwicklung geht weiter. Vielleicht haben wir in 10 bis 15 Jahren ganz andere technische Lösungen als Windräder, die immer höher werden. Aber auch dann kann nach meiner Auffassung die Basis nur das Erneuerbare sein. Auf jeden Fall würde mich schon interessieren, welche Meinung die Landesregierung zur EEG-Novelle 2016 vertritt. Die soll ja bereits am Freitag von den Ministerpräsidenten abgenickt werden.
Es ist gut, dass wir uns dazu verständigen konnten, seine Wirkungsweise bereits nach drei Jahren gründlich zu überprüfen. Es ist gut, dass es eine Begleitarbeitsgruppe geben wird. Es ist gut, dass die Beratung der Kommunen ganz oben auf der Agenda stehen soll. Es ist auch gut, dass das Gesetz wissenschaftlich begleitet wird. All das war meiner Fraktion wichtig. Selbstverständlich wäre es auch gut, eine solche Regelung auf Bundesebene zu
haben. Ich fürchte allerdings, das ist gegenwärtig eine Illusion. Da sage ich dann, besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Ich hoffe ja auch, dass das Gesetz zumindest dem Bundestrend entgegensteuert, der immer mehr die großen Player auf den Plan ruft und die Akteure vor Ort an den Rand drängt.
Meine Damen und Herren, die wirtschaftliche Teilhabe hat Einfluss auf die Akzeptanz. Das belegen alle Untersuchungen, die es diesbezüglich gibt. Menschen, die auch wirtschaftlich etwas von Windenergie haben, werden Belastungen eher als akzeptabel bezeichnen. Das Beteiligungsgesetz belegt, dass der notwendige ökologische Umbau mit sozialen gemeinwohlorientierten Elementen gepaart sein kann. Ich sage bewusst, er kann. Denn ein Naturgesetz ist das nicht, auch nicht mit diesem Gesetz. Das habe ich schon bei der Einbringung des Gesetzentwurfes gesagt.
Meine Damen und Herren, ob das Gesetz in gewünschter Weise wirkt, das werden wir sehen. Ich hoffe es. Wie Sie wissen, gibt es in meiner Fraktion keinen Fraktionszwang. Nicht alle werden zustimmen, ich werde es tun. – Danke für die Aufmerksamkeit.