im Entwurf der Landesregierung zum Doppelhaushalt spiegeln sich diese Ziele nicht oder nur unzureichend wider.
(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Dann sollten Sie tiefer einsteigen.)
Sehr geehrter Herr Renz, wir werden uns den Haushalt in aller Ruhe in den nächsten Tagen und Wochen durchschauen.
Wir machen ja an dieser Stelle keine Versprechungen. Vielleicht haben Sie einen Informationsvorsprung, indem Sie schon länger die Unterlagen zur Verfügung haben.
Was in der Tat, sehr geehrte Damen und Herren, aber auffällt – und der Kollege Holter hat das auch schon angesprochen –, ist, dass weder die Finanzministerin und auch gerade Herr Gundlack in der Definition der Schwerpunkte der Regierungsfraktionen beziehungsweise der Landesregierung nicht mit einem Wort den Begriff „Bildung“ genannt haben, und ich meine da den Begriff „Schulbildung“.
Und ich möchte an dieser Stelle, weil es uns besonders wichtig ist, auf diesen Bereich am Anfang eingehen. Die Schulpolitik, sehr geehrte Damen und Herren, in Mecklenburg-Vorpommern ist, vorsichtig formuliert, deutlich entwicklungsfähig. Sie ist geprägt von sozialer Ungerechtigkeit, sie schafft es nicht, junge Menschen erfolgreich zum qualifizierten Schulabschluss zu bringen. Sie lässt die Berufsschulen im Regen stehen und sie qualifiziert viel zu wenig junge Menschen für eine Hochschulausbildung.
Wenn wie bei uns in Mecklenburg-Vorpommern – so, wie in der aktuell vorgelegten Studie der Bertelsmann Stiftung dokumentiert – Kinder von Akademikern viermal größere Chancen haben, ein Gymnasium zu besuchen, als Kinder aus sozial schwächer gestellten Familien,
dann ist unbedingt Handlungsbedarf angezeigt. Wenn in Mecklenburg-Vorpommern 40,1 Prozent aller Schülerinnen und Schüler eines Schuljahrgangs, doppelt so viel Jugendliche ihre Schule ohne Schulabschluss verlassen wie im Bundesdurchschnitt, auch dann ist unbedingter Handlungsbedarf angezeigt.
Wenn nur 35,7 Prozent aller Schülerinnen und Schüler in Mecklenburg-Vorpommern ihr Abitur machen – im Bundesdurchschnitt sind es über 46 Prozent –, dann ist auch hier unbedingter Handlungsbedarf gegeben.
Sehr geehrte Damen und Herren, in der schulischen Bildung in Mecklenburg- Vorpommern schrillen die Alarmglocken. Sie schrillen schon lange und seit Jahren scheint die rot-schwarze Landesregierung – sie ist ja jetzt nicht erst seit einem halben Jahr im Amt – dieses laute Schrillen zu überhören.
Wenn wir nicht engagiert gegensteuern, wird sich die Situation in den nächsten Jahren weiter verschärfen, wird der Fachkräftemangel größer werden,
wird der Bedarf an schulisch gut ausgebildeten jungen Menschen immer mehr wachsen. Das ist inzwischen nicht mehr nur eine gesellschaftliche oder eine schulpolitische Problematik, das ist immer mehr auch eine wirtschafts- und eine finanzpolitische Problematik. Vor allem aber, wir haben eine Verantwortung gegenüber unseren Kindern und Jugendlichen, eine Verantwortung für ein gutes Schulsystem und ein hervorragendes Bildungsangebot, und in dem Zusammenhang finde ich es schon bemerkenswert, dass Sie diese Schwerpunkte hier nicht benennen.
Die Konsequenz, sehr geehrte Damen und Herren, ist, dass wir gerade hier im Bildungsbereich neben allen anderen notwendigen konzeptionellen und inhaltlichen Maßnahmen einen klaren finanziellen Schwerpunkt setzen müssten,
so, wie Sie dies richtigerweise bei den Kitas getan haben. Dem Entwurf des Haushaltes ist das Bekenntnis zu diesem schulpolitischen Schwerpunkt allerdings nicht zu entnehmen.
Nehmen wir den Bereich der Kulturpolitik. Still ruht der See, allerdings nur aufseiten der Landesregierung. Bei den
Theatern und Orchestern tobt inzwischen der kulturpolitische Orkan. Es werden Spartenschließungen diskutiert. Es werden Entlassungen in Größenordnungen vorbereitet. Es werden Schließungen in Bereichen vorbereitet, in denen seit Jahren gut und erfolgreich gearbeitet wird.
Nach wie vor sind die Mittel des Landes eingefroren, nach wie vor fehlen Theater- und Kulturkonzepte und nach wie vor laden Sie die Probleme auf den Schultern der Kommunen ab. Unseren Vorschlag für ein zweijähriges Moratorium, ein Zeitraum, in dem man seriös über die Zukunft der Theater und Orchester hätte reden und entscheiden können, haben Sie sang- und klanglos in der letzten Sitzung dieses Landtages abgelehnt. Und auch in diesem Haushaltsentwurf finden sich keine Ansätze, die der kulturpolitischen Verantwortung des Landes mit Verfassungsrang Rechnung tragen. Damit zeichnen Sie erneut einen Offenbarungseid für die Perspektive der Theater und Orchester in Mecklenburg-Vorpommern. Dies, sehr geehrte Damen und Herren, ist nicht hinnehmbar.
Oder nehmen wir – wir haben heute Morgen schon darüber gesprochen – die immer wieder angekündigte Energiewende. Wir sind uns einig darin: Unser Bundesland hat hervorragende Möglichkeiten, den Umbau weg von den fossilen Energieträgern, weg von der Atomenergie und hin zu den erneuerbaren Energien aktiv zu gestalten,
wichtige Beiträge zum Klimaschutz zu erbringen und daraus auch einen nicht zu unterschätzenden wirtschaftlichen Nutzen abzuleiten und finanzielle Mittel zu generieren. Und wir sind uns einig darin, dass wir – das teile ich, Herr Ministerpräsident, ausdrücklich – die Bundesregierung zu einer konsequenten Umsetzung der Energiewende auffordern müssen. Aber das kann keine Ausrede sein für die landespolitische Verantwortung, die Energiewende auch hier in diesem Bundesland zu gestalten.
Ich bin völlig ehrlich, Herr Dr. Nieszery. Meine Einschätzung, erlauben Sie mir das, unterscheidet sich völlig von der Ihren,
denn die Landesregierung, wenn ich Sie mal erinnern darf, hatte sich vorgenommen, hier einen deutlichen Schwerpunkt ihres landespolitischen Handelns zu setzen,
Bei allem Respekt und bei aller Zurückhaltung, Herr Sellering, Herr Schlotmann, Herr Dr. Nieszery, bisher ist Ihnen das nicht gelungen und, vorsichtig formuliert, auch der Haushaltsentwurf lässt nicht erwarten, dass Sie Ihren Worten Taten folgen lassen werden, die dem entsprechen, was Sie seinerzeit vor der Konstituierung des Landtages im Wahlkampf angekündigt haben.